Nette Geschichte mit (zu) vielen Perspektivwechseln
Cafe Engel – Eine Neue Zeit ist der Auftakt zu einer Trilogie über ein Cafe in Wiesbaden, seine Besitzer und Gäste in der Nachkriegszeit. Dieser erste Band spielt hauptsächlich 1945 in den letzten Kriegswochen ...
Cafe Engel – Eine Neue Zeit ist der Auftakt zu einer Trilogie über ein Cafe in Wiesbaden, seine Besitzer und Gäste in der Nachkriegszeit. Dieser erste Band spielt hauptsächlich 1945 in den letzten Kriegswochen und der Nachkriegszeit.
Vor dem Krieg war das Cafe Engel ein gut laufendes Cafe und zweites zu Hause von vielen Künstlern. Jetzt versucht die junge Hilde Koch gemeinsam mit ihrer Mutter das Cafe Engel wieder aufzubauen.
Luisa, aufgewachsen als uneheliche Tochter eines Adligen auf einem Gutshof in Ostpreußen, flieht vor den Russen nach Westen und muss auf ihrer Flucht viele, oft grausame Situationen meistern. Ihr Ziel ist das Cafe ihres Onkels in Wiesbaden. Ob sie es je erreichen wird?
Mit dem Schreibstil des Romans hatte ich so meine Schwierigkeiten. Mich haben die ständigen Perspektivwechsel verwirrt. Die Geschichte wird nicht nur aus der Perspektive von Hilde und Luisa, sondern auch noch von zahlreichen anderen Personen erzählt. Im einen Moment ist man noch im Cafe Engel, wo Hilde versucht gegen alle Hindernisse, wieder einen Cafebetrieb aufzubauen, dann wechselt man zu Luisa, die auf der Flucht vor den Russen Schlimmes erlebt, im nächsten Kapitel befinden wir uns in einem französischen Kriegsgefangenenlager und dann wieder erleben wir die Nachkriegszeit aus der Sicht einer überlebenden Jüdin, die sich im Cafe Engel versteckte oder eines Franzosen, der nach dem Krieg in seine französische Heimat zurückkehrt. Hierdurch blieb für mich immer eine gewisse Distanz zu der Geschichte und zu den Personen. Ich bin einfach nicht so richtig in der Geschichte angekommen. Immer wenn ich grade anfing, in die Welt der erzählenden Person einzutauchen, wechselte wieder die Perspektive. Auch die Sprache war für mich etwas schwierig, sie wirkte sehr einfach und kindlich, so dass sich für mich keine wirkliche Spannung aufbaute.
Die Geschichte tröpfelt an einigen Stellen so vor sich hin, dass es mir schon zu langatmig wurde. An anderen Stellen gibt es dann wieder große Sprünge, wo ich mir ein wenig mehr gewünscht hätte, um die Handlungen der Personen besser zu verstehen. So kommen immer mal wieder 180 Grad Drehungen in den Ansichten und Verhaltensweisen der Personen vor, die ich nicht nachvollziehen konnte.
Die Charaktere sind sehr verschieden:
Hilde ist eine verwöhnte Zicke, die meint, dass alles nach Ihrem Willen und Ihrer Nase laufen muss. Sie kommandiert ihre Mitmenschen rum und ist beleidigt, wenn sie nicht bekommt was sie will. Ob sie andere damit verletzt ist ihr herzlich egal. Andererseits kann sie wirklich anpacken und bringt durch ihre Ideen, ihren Mut und ihren Einsatz das Cafe trotz Rationierungen und Mangelwirtschaft wieder auf die Beine.
Luisa hat in ihrem Leben viel Ablehnung erfahren. Als uneheliches Kind wurde sie auf dem Gutshof des Vaters nur geduldet und nach seinem Tod vertrieben, auf der Flucht vor den Russen erlebt sie Ungerechtigkeit, Angst und Gewalt. Das führt dazu, dass sie sich wertlos fühlt und niemandem zur Last fallen will. Als sie endlich im Cafe Engel ankommt, ist sie erleichtert und danbar mit Wärme und Freundlichkeit aufgenommen zu werden. Nur mit Hilde, die eifersüchtig ist und ihr das Leben schwer macht, kommt sie leider trotz aller Bemühungen nicht klar.
Einige Charaktere haben mich auch total aufgeregt. Ihre Handlungen waren für mich dermaßen naiv und unverständlich, dass ich sie am liebsten geschüttelt hätte. Im Ganzen hat der Roman für mich viel zu viele Randfiguren, die zwar ganz nett sind, aber mich auch verwirrt haben, da man sich irgendwann nicht mehr auskennt, wer jetzt wohin gehört.
Das Ende war für mich etwas sehr konstruiert. Alle sind glücklich und feiern das erste Nachkriegsweihnachten. Luisa und Hilde finden sogar ihr Glück in einer wunderbaren Beziehung und selbst die unsympathischsten Personen sind auf einmal großzügig und freundlich. Das war mir dann doch etwas zu viel des Guten.
Wie es mit dem Cafe Engel weitergeht, werden dann vielleicht die nächsten zwei Teile der Trilogie zeigen.
Fazit:
Für mich war der Roman durch die vielen Perspektivwechsel sehr verwirrend und ich konnte nicht wirklich in die Geschichte eintauchen. Die Charaktere blieben mir zu distanziert. Daher werde ich die nächsten Teile der Trilogie wohl nicht lesen. Deshalb kann ich auch mit dem happy End ganz gut leben, auch wenn es sehr konstruiert wirkt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschichte sich mehr um das Cafe und das Zusammenspiel von Hilde und Luisa dreht.