Die Werke von Michael Ende zählen seit meiner Kindheit zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Momo, Die unendliche Geschichte, Jim Knopf,… - welcher große Buchliebhaber kennt und liebt sie nicht?
Mir stellte sich dann auch gar nicht erst die Frage, ob ich sein neues Buch lesen möchte. Bei diesem handelt es sich um das gemeinsame Werk von Michael Ende und Wieland Freund. 20 Jahre lang war es nur ein Romanfragment von Ende und nun, endlich, wurde es beendet. Da ich schon einige Bücher von Wieland Freund gelesen habe und weiß, dass er richtig gut schreiben kann, war ich hier sehr guter Dinge, dass mir „Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe“ sehr gut gefallen wird.
Die Eltern des Jungen Knirps sind Puppenspieler und ziehen zusammen mit ihrem Sohn in einem kunterbunten Wagen durchs Land. Knirps aber spürt, dass das Puppenspielerleben nichts für ihn ist. Er ist für mehr berufen; er ist überzeugt davon, dass er das Zeug zu einem echten Raubritter hat! Er fasst daher den Entschluss, bei dem berüchtigten Rodrigo Raubein in die Lehre gehen. Er büxt heimlich aus und macht sich auf zur Schauderburg in der Rodrigo haust. Von den vielen Grabsteinen und Skeletten vor der Burg lässt sich Knirps nicht abschrecken, er fürchtet den gefährlichen Rodrigo nicht, obwohl dieser den Ruf eines sehr üblen Räubers hat. Mutig, wie Knirps ist, bittet er Rodrigo darum, sein Knappe werden zu dürfen. Der Räuber fordert ihn zunächst zu einer Mutprobe heraus. Knirps scheut diese nicht und stürzt sich ein spannendes, gefährliches Abenteuer.
Was für ein wundervolles Kinderbuch! Hätte ich es nicht gewusst, wäre ich niemals auf den Gedanken gekommen, dass hier zwei Autoren am Werk waren. Im Buch steht, dass die ersten drei Kapitel aus Endes Feder stammen; ab dem vierten hat Wieland Freud übernommen. Beim Lesen spürt man diesen Wechsel überhaupt nicht. Wieland Freud ist hier Großartiges gelungen und hat dieses wunderschöne Romanfragment würdig beendet.
„Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe“ erzählt ein märchenhaftes, witziges und spannendes Abenteuer, welches von den ersten Seiten zum Mitfiebern einlädt. Längen gibt es keine, zumindest ich habe keine empfunden. Vieles war für mich zwar etwas vorhersehbar, aber gestört hat mich das nicht. Es gab auch eine Menge überraschender Szenen, sodass bei mir beim Lesen an keiner Stelle Langeweile aufkam.
Ich habe das Buch für mich alleine gelesen, kann mir aber sehr gut vorstellen, dass es sich wunderbar zum Vorlesen eignet. Mädchen und Jungen ab 6 Jahren, die gerne spannende, lustige Abenteuergeschichten mögen, werden hier jede Menge Spaß beim Zuhören haben. Zum Selberlesen ist das Buch für Leseanfänger meiner Meinung nach zu schwierig. Die Schrift habe ich doch als recht klein empfunden und der Schreibstil ist etwas anspruchsvoller. Das Buch liest sich aber echt toll und so schön!
Besonders gut gefallen hat mir die Zeit, in der die Geschichte spielt. Das Mittelalter hat mich schon immer sehr gereizt; Bücher, die in dieser aufregenden Zeit spielen, fallen schon seit ich lesen kann in mein Beuteschema. Ich finde, dass solche Bücher immer eine ganz eigene Atmosphäre haben, in die ich immer liebend gerne eintauche.
Auch hier ist die Atmosphäre wunderbar gelungen. Verstärkt wird sie noch durch die bezaubernden Illustrationen von Regina Kehn. Regina Kehn zählt schon lange zu meinen Lieblingsillustratorinnen. Ich liebe ihren Zeichenstil und habe mich daher sehr darüber gefreut, dass sie „Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe“ illustriert hat. In meinen Augen ist sie hier die perfekte Wahl. Ihre ganzseitigen, farbenfrohen Bilder geben das Geschehen im Text erstklassig wieder und auch die kleinen Zeichnungen an den Kapitelanfängen sind wundervoll.
Das Buch ist insgesamt wirklich toll gestaltet. Allein schon das Cover finde ich unheimlich gut gelungen, aber auch der Innenteil ist so schön. Bereits wenn man das Buch aufschlägt, wird man von einer hübschen Einbandgestaltung empfangen, die alle wichtigen Figuren zeigt, auf die wir im Buch treffen werden.
Die Figuren wurden wunderbar ausgearbeitet. Manche sind äußerst schräg und haben mir des öfteren breite Schmunzler entlockt. So zum Beispiel der liebe Knirps, den ich für seinen Mut sehr bewundert habe und der mich mit seinem großen Tatendrang sehr zum Lächeln gebracht hat. Allerdings wird auch der aufgeweckte Knirps während seines großes Abenteuers lernen müssen, was Angst haben bedeutet und wie man damit umzugehen hat.
Knirps jedenfalls habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Auch die anderen Charaktere habe ich während des Lesens sehr liebgewonnen wie die Prinzessin Flip, auf die Knirps stoßen und mit der er sich anfreunden wird oder Rodrigo Raubein, der in Wahrheit ganz anders ist, als alle immer denken.
In dem Buch tummeln sich wirklich lauter interessante, ulkige Charaktere: Der sprechende Papagei Sokrates, der Drache Wak, die Eltern von Knirps, ein habgieriger Zauberer - sie alle tragen dazu bei, dass einem hier ein lustiges, spannendes und herrliches Leseerlebnis beschert wird, welches einfach zeitlos und für jedermann absolut lesenswert ist, egal ob Jung oder Alt.
Fazit: Spannend, lustig, fantasievoll und märchenhaft schön! Wieland Freud hat hier Großartiges vollbracht und das Romanfragment von Michael Ende wundervoll beendet. Ich war am Mitfiebern und am Schmunzeln und konnte mich an den tollen Illustrationen von Regina Kehn gar nicht sattsehen. „Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe“ ist ein richtig schönes Abenteuerbuch für Groß und Klein und es erhält es von mir gerne 5 von 5 Sternen!