Cover-Bild Mutters Lüge
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17,90
inkl. MwSt
  • Verlag: Literki Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 382
  • Ersterscheinung: 25.10.2021
  • ISBN: 9783033092617
  • Empfohlenes Alter: ab 11 Jahren
Monika Hürlimann

Mutters Lüge

Das kommunistische Polen, 1984. Die fünfzehnjährige Marta wird aus ihrem gewohnten Leben gerissen, als sie mit ihrer Mutter und dem Bruder nach Westdeutschland flieht. Mutter stammt doch aus Lemberg/Ukraine und ihre Vergangenheit hat irgendwie mit den Nazis zu tun, denkt sie. Warum also flieht die Familie ausgerechnet nach Deutschland? Marta fühlt, dass ein dunkles Lebensgeheimnis über ihrer Mutter schwebt.
Was 1984 beginnt, endet nach einigen Stolpersteinen und Zwischenstationen unter anderem im Berlin der ersten Stunde nach der Deutschen Wiedervereinigung in der Schweiz. Marta beginnt hier ein neues Leben als Psychiaterin. Doch als ihre verschlossene Mutter stirbt, muss sie sich mit der Vergangenheit ihrer Familie auseinandersetzen. Denn es kommt eine große Lüge von historischer Tragweite ans Tageslicht. Für Marta fügen sich endlich Erinnerungen und merkwürdige Begebenheiten zu einem logischen Ganzen.
Die Autorin legt mit diesem Buch einen mitreißenden Entwicklungsroman vor: Sie verwebt Tatsachen, Wirren und Träume miteinander und macht ein Stück europäischer Zeitgeschichte für den Leser persönlich erfahrbar.
Hinreissendes, aktuelles Buch, als Neuerscheinung wurde es VIER Mal auf Schweizer Bestsellerliste geführt!
LESEPROBE::
„Übermorgen fahren wir nach Deutschland», sagt Mutter.
«Für immer.»
«Nach Deutschland…? Für immer?» Hinter meiner Brust spüre ich einen dicken Knoten. Mein Zwillingsbruder Tomek führt seinen linken Mittel- und Ringfinger zur Schläfe, lässt die Hand dann in den Schoß fallen und öffnet weit den Mund.
«Es ist illegal», betont Mutter.
«Und Joka?», kommt es wie ein Krächzen aus meiner Kehle. Ich kauere mich nieder zu meiner Hündin und drücke sie fest an mich.
«Kein Wort zu niemandem! Sonst lande ich im Gefängnis, und du, Marta, darfst nicht ins Lyzeum und wirst nie Medizin studieren», bekräftigt Mutter und blickt auf den abgewetzten Spannteppich. «Am Montag geht ihr zur Schule und ich zur Arbeit. Wie üblich.»
«Aber …» In meinem Kopf rasen so viele Gedanken, dass ich mich unmöglich auf einen einzelnen konzentrieren kann. Joka löst sich aus der offensichtlich zu starken Umarmung und legt sich unter den Tisch.Mutters himmelblaue Augen durchdringen mich förmlich. Es fühlt sich unangenehm und ungewohnt an, weil sie mich normalerweise nicht direkt anschaut.
«Ihr teilt euch ein Gepäckstück», sagt sie, holt aus dem Hausflur ein Monster von einem Koffer und stellt ihn mitten ins Wohnzimmer. «Dieses hier.»
Ein Wunder, dass er nicht schon geklaut wurde, in unserem anonymen Hochhaus. Eignen sich unsere Pfadfinderrucksäcke nicht dafür, frage ich mich.
«Ich gehe Gassi mit Joka», sagt Mutter, ruft die Hündin und lässt die Wohnungstür hinter sich zuknallen.

Eisige Stille umhüllte das Sofa, auf dem wir saßen. Tomek stützte seine Ellbogen auf die Knie und kaute an seiner Faust herum. Mir wurde plötzlich kalt und mein Unterhemd begann auf dem Rücken zu kleben. Ich fühlte mich hilflos wie ein Kind, obwohl ich fast stolze fünfzehn Jahre alt war. War das Ganze ein makabrer Scherz? Was, wenn ich nicht mitwollte? Was sollte aus Joka werden?
«Wusstest du davon?», fragte Tomek.
«Nein.», antwortete ich bissig.
«Sind da Kommunisten im Spiel?»
«Hast du in der Schule was Gefährliches gesagt?», fuhr ich auf.
«Was denkst du von mir?»
Er konnte mich nicht ganz überzeugen, zumal er gleich wortlos in der Küche verschwand, in deren Nische sein Bett stand. Ich betrachtete unser Regal: entlang der ganzen Wand stehend, und voller Bücher. Die machten mich immer stolz, und jetzt trösteten sie mich. Ich würde mitnehmen, was ich besaß: den Rock, Hose, Unterhose, zwei Paar Socken, die ..."

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.08.2022

Eine komplexe Lebensgeschichte

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„...“Übermorgen fahren mir nach Deutschland“, sagte die Mutter. „Für immer.“...“

Mit diesem Satz beginnt ein Roman, der das Leben der Autorin widerspiegelt und dabei eine Menge tiefgreifender Themen beinhaltet. ...

„...“Übermorgen fahren mir nach Deutschland“, sagte die Mutter. „Für immer.“...“

Mit diesem Satz beginnt ein Roman, der das Leben der Autorin widerspiegelt und dabei eine Menge tiefgreifender Themen beinhaltet. Es geht um eine komplizierte Mutter – Tochter – Beziehung, um Lüge und Wahrheit und um die Frage, was Heimat ist.
Der Schriftstil ist häufig ernst und eine Spur melancholisch.
Alles beginnt im Jahre 1984. Joanna flieht mit ihren 15jährigen Zwillingen Marta und Tomek aus Breslau in die Bundesrepublik. Joanna fragt sich, wieso ihre Mutter perfekt Deutsch spricht und es ihren Kindern nie beigebracht hat. Noch ahnt sie nicht, welche Lebenslüge sich dahinter verbirgt.
Erst einmal erzählt Marta aus ihrem Leben. Sehr eindringlich wird das armselige Leben in Polen beschrieben. Mangel ist die Regel. Die Mutter arbeitet als Alleinerziehende hart. Trotzdem habe ich als Leser der Eindruck, dass sie ihr Privatleben nicht im Griff hat. Einerseits fehlt es an Ordnung und Regeln. Andererseits werden die ausgezeichneten Schulleistungen der Tochter als selbstverständlich hingenommen, während jeder noch so keine Erfolg des Sohnes eines Lobes wert ist. Martas Trauer darüber ist mit den Händen greifbar. Sie findet Halt und Liebe bei den Großeltern, die aber nicht ihre wirklichen Großeltern sind. Mit ihm führt sie auch Gespräche über die Lage in Polen.

„...“Opa, warum arbeiten alle und trotzdem hat kaum jemand etwas davon?“ „Das ist eine der Fragen, mit denen wir uns nicht laut beschäftigen dürfen, wenn wir Probleme vermeiden wollen.“...“

Angekommen in Deutschland sieht Marta zwar die Angebote in den Läden, doch das kann ihr Heimweh nicht mildern. Wieder fühlt sie sich allein gelassen. Die Mutter interessiert sich nicht für ihr Leben. Marta bemüht sich, die neue Sprache schnell zu lernen.

„...Zum ersten Mal seit der Ausreise dachte ich: Es wird gut. Jetzt kam es nur auf mich selbst an, ich musste das Beste aus der Situation machen...“

Ein Thema zieht sich wie eine roter Faden durch das Buch. Trotz dem besseren Leben und dem Studium der Medizin in Berlin bleibt für Marta Polen die Heimat. Sie geht mit offenen Augen durch die Zeit und sieht, dass auch in Deutschland vieles nicht in Ordnung ist. Die erstmalige Rückkehr nach Breslau nach der Wende wird sehr berührend und emotional beschrieben.
Praktikum und Facharztausbildung macht Marta in der Schweiz. Wieder gilt es, sich in einem neuen Land und mit einer anderen Sprache zurecht zu finden. Der Kontakt zur Mutter ist nur noch sporadisch. Mit den Jahren aber wird ihr die Schweiz zur Heimat.
Mittlerweile ist Marta 40 Jahre alt. Da passiert das, was der Klappentext des Buches ankündigt. Die Mutter stirbt. Ruth, eine nahe Bekannte, informiert Marta darüber, dass ihre Mutter sie ein Leben lang belogen hat..
Es bleiben dann nur noch wenige Seiten, um zu erfahren, wie Marta damit umgeht.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es wirft Fragen auf, die nicht so einfach zu beantworten sind. Die Frage, wo für den einzelnen die Heimat ist, ist nur eine davon.

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Veröffentlicht am 08.08.2022

Autobiographische Aufarbeitung einer Mutter-Tochter Beziehung

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Die aus Polen stammende Schweizer Psychiaterin Marta schildert ihr Leben und resümiert ergreifend die Beziehung zu ihrer Mutter. Jene war in den 80er Jahren illegal mit Marta und ihrem Bruder aus Polen ...

Die aus Polen stammende Schweizer Psychiaterin Marta schildert ihr Leben und resümiert ergreifend die Beziehung zu ihrer Mutter. Jene war in den 80er Jahren illegal mit Marta und ihrem Bruder aus Polen nach Deutschland emigriert. Diese Entwurzelung ist bis heute für Marta von besonderer Relevanz, sorgt für eine permanente Suche nach Heimat und wird zusammen mit dem Geheimnis ihrer Mutter zum großen Gegenstand dieses Buches. Die spät - zum Zeitpunkt der Beerdigung - aufgedeckte Lebenslüge der Mutter gegenüber den Kindern und der Umwelt bringt sowohl Klarheit aber auch Rätsel für Marta mit sich, die bis ins Mark erschüttern. Inwiefern der Roman wirklich autobiographisch oder autofiktiv ist, bleibt für mich offen. Im Klappentext steht, das Buch beruhe auf der Lebensgeschichte der Autorin, obwohl auf Seite 4 steht, dass Ähnlichkeiten mit lebenden und toten Personen nicht gewollt und rein zufällig sind.
Eine Beurteilung dieses autobiographischen Buches von Monika Hürlimann fällt mir schwer, weil eine Biographie als solche in ihrer Wahrhaftigkeit wertzuschätzen ist, die Lebensleistung schlicht anzuerkennen ist. Es ist erstaunlich, was so alles in ein Leben passt. Es ist großartig, wie Marta - sicher stellvertretend für Monika Hürlimann - mit den Herausforderungen des Lebens umgegangen ist. Und doch fehlt mir bei aller emotionaler Beteiligung am Schicksal von Marta etwas, denn die literarische Leistung bleibt hinter dem Inhalt zurück. Der Schreibstil zeigt deutlich, dass Monika Hürlimann keine Schriftstellerin ist und ein eigenes, auch emotional geprägtes und auf Kränkungen basiertes Interesse bestand, diesen Text von der Seele zu schreiben. Das Buch liest sich wie eine Selbsttherapie, welche sich die eigene Wirklichkeit so konstruiert, dass sie leichter auszuhalten ist. Forciert wird dies durch die Erzählperspektive aus der Ich-Sicht von Marta. Diese erzeugt besonders Verständnis und Empathie für die Brille von Marta, es bleibt jedoch bei dieser einen Seite der Medaille. So wirkt Marta auf mich stets ein wenig zu selbstbezogen und unreflektiert, auch weil kaum eigene Fehler und Anteile an den Entwicklungen benannt werden. So erscheint mir Marta stets wie ein Opfer der Umstände, der Unnahbarkeit der Mutter, ihres Exfreundes, obwohl sie dies sicher nicht immer war. Bspw. akzeptiert Marta als Kind gegenüber der Mutter und auch als Erwachsene gegenüber ihrem Partner Timo des öfteren Widersprüche, die sich als schmerzhaft und kränkend erweisen ohne eigeninitiativ entgegen zu wirken und sich somit selbst zu helfen. Mich würde dies nicht stören, wenn Marta diese Erkenntnis benannt hätte, statt nur aus Opfersicht zu schildern, was ihr „angetan“ wurde.
Somit kann ich, obwohl ich das Buch flüssig lesen konnte, aufgrund der nicht ganz optimalen schriftstellerischen Leistung und der in Teilen fehlenden Reflexivität von Marta keine volle Punktzahl geben. Ich empfehle das Buch aber, zumindest allen, die Interesse an bewegten Lebensläufen haben, die gern in Familiengeschichten eintauchen oder ähnliche biographische Elemente wie Marta teilen.

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Veröffentlicht am 13.07.2022

Schicksalhafte Unwahrheiten

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In Monika Huerlimanns autobiografischem Roman tut sich ein Abgrund auf.

Nach dem Tod ihrer Mutter ändert ein kurzes Gespräch mit einer Kindheitsfreundin der Mutter alles, was Marta bis zu diesem Zeitpunkt ...

In Monika Huerlimanns autobiografischem Roman tut sich ein Abgrund auf.

Nach dem Tod ihrer Mutter ändert ein kurzes Gespräch mit einer Kindheitsfreundin der Mutter alles, was Marta bis zu diesem Zeitpunkt für gegeben geglaubt hatte.

Vieles, was ihr schon irgendwann aufgefallen war bekommt jetzt ein total verändertes Bild und es ist schwer für sie, das zu verstehen, denn es gibt kaum jemanden, der ihr bei der Suche nach Fakten und Wahrheiten weiterhelfen kann.

Martas Kindheit und Jugend im kommunistischen Polen, die Emigration nach Deutschland mit ihrer Mutter und dem Zwillingsbruder, der von der Mutter immer bevorzugt worden war, der unbekannte Vater, der sich kaum an die Zeit mit der Mutter erinnern kann oder will, die knappen Erzählungen aus dem Leben der Mutter, die Familie, die gar nicht ihre Familie war, all das stellt Marta vor einen riesigen Berg voller Fragen.

Ein Roman, den man kaum erfinden kann .

Ein sehr schönes, stimmiges Cover lädt zum Zugreifen ein.

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Veröffentlicht am 06.07.2022

Marta

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Marta steht am Grab ihrer Mutter und ahnt nicht, was auf sie zu kommt. Es geht um ihre eigene dramatische Familiengeschichte, die weit zurück führt.
Der Klappentext hat mich neugierig gemacht und das Buch ...

Marta steht am Grab ihrer Mutter und ahnt nicht, was auf sie zu kommt. Es geht um ihre eigene dramatische Familiengeschichte, die weit zurück führt.
Der Klappentext hat mich neugierig gemacht und das Buch erzählt, was im Leben von Marte so passiert ist. Wie sie aufwächst, was beruflich passiert, was die Liebe mit ihr macht und was der Tod der Mutter auslöst. Ein sehr einfühlsamer Roman, den man nicht so nebenbei lesen kann, sondern man muss sich darauf einlassen, Das Buch hat mir sehr gut gefallen, ein angenehmer Schreibstil von Monika Hürlimann und es regt zum Nachdenken an.

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Veröffentlicht am 25.06.2022

Die späte Wahrheit

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Inhalt übernommen:

Als die erfolgreiche Schweizer Psychiaterin Marta am Grab ihrer Mutter steht, ahnt sie nicht, dass bald eine ungeheuerliche Lüge ans Tageslicht kommt. Sie muss sich der eigenen, bewegenden ...

Inhalt übernommen:

Als die erfolgreiche Schweizer Psychiaterin Marta am Grab ihrer Mutter steht, ahnt sie nicht, dass bald eine ungeheuerliche Lüge ans Tageslicht kommt. Sie muss sich der eigenen, bewegenden und nicht minder dramatischer Familiengeschichte stellen, die weit zurück in ihrer Kindheit führt, nach Polen, wo alles begann. Ein bitterzarter Roman über die aufwühlende Suche nach Wahrheit und Geborgenheit im täglichen Kampf gegen den Schmerz des Nicht-Vergessen-Könnens. Und über das Glück und die Liebe.

Meine Meinung:

Die Geschichte wird aus der Sicht von der Protagonistin Marta erzählt.Zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Tomek führt sie ein bewegtes Leben mit mehreren gravierenden Einschnitten durch größere Ortswechsel.Ihre Mutter ist alleinerziehend, wodurch die Kinder sehr viel sich selbst überlassen sind.Marta leidet unter der stellenweise deutlich erkennbaren Zurücksetzung durch die Mutter.Durch die Aufdeckung der Lebenslüge ihrer Mutter werden einige Dinge in einen anderen Zusammenhang gebracht.

Obwohl die Geschichte mich emotional angefasst hat, konnte ich keinen tieferen Bezug zu den Protagonisten herstellen.Ich denke, es lag an dem etwas holprigen Schreibstil, der auf mich wie eine Aneinanderreihung von Ereignissen wirkte.