Gedankensammlung
Inhalt:
Die namenlose Ich-Erzählerin ist eine Schwarze Frau, die sich in der Londoner Finanzwelt mit harter Arbeit nach oben kämpfen will. Die stetige Belastung ihrer Arbeit, ihre eigenen Ansprüche ...
Inhalt:
Die namenlose Ich-Erzählerin ist eine Schwarze Frau, die sich in der Londoner Finanzwelt mit harter Arbeit nach oben kämpfen will. Die stetige Belastung ihrer Arbeit, ihre eigenen Ansprüche an sich selbst und die zahllosen Mikroaggressionen, denen sie tagtäglich ausgesetzt ist, spaltet sie sich immer weiter von ihrem eigenen Selbst ab, nimmt ihre Umwelt nur noch von außen wahr. Als sie die Diagnose Brustkrebs erhält, sieht die Erzählerin deshalb keine Sinn eine Therapie aufzunehmen und fährt stattdessen mit ihrem weißen Freund zu dessen wohlhabenden Eltern aufs Land.
Meine Meinung:
„Zusammenkunft“ hat von allen Seiten viel Lob erhalten und das ganz bestimmt zurecht. Das Buch ist es besonders, weil es schafft auf sehr wenigen Seiten unwahrscheinlich viele und komplexe Themen abzuhandeln. Das tut es auf eine poetische, manchmal undurchsichtige, aber immer aufrichtige und vor allem aufrüttelnde Art und Weise.
Die Zustände innerhalb der britischen Gesellschaft, die hier beschrieben werden, sind sicher in vielerlei Hinsicht auf Deutschland übertragbar, wenn mir auch nicht alle Zusammenhänge abschließend klar geworden sind. Genau das ist auch mein einziger, wenn auch nicht ganz unbedeutender Kritikpunkt am Buch. Aufgrund der Knappheit und Dichte des Textes, geht für mich an manchen Stellen wichtige Information verloren, die in meinen Augen nötig gewesen wäre, um die Geschichte besser verständlich zu machen. Ich verstehe, dass es mit Sicherheit nicht die Absicht der Autorin gewesen sein kann, ein rundum nachvollziehbares und detailliert ausgestaltetes Buch geschrieben. Sonst wäre „Zusammenkunft“ nicht die poetische und einhomogene Ansammlung an Textfragmenten, die es ist. Das Buch spricht allerdings so wichtige Themen an, dass ich diesen an der ein oder anderen Stelle mehr Raum gewünscht hätte.
Nichtsdestotrotz ist Natasha Brown ein besonderer Text in einer besonderen Sprache gelungen, der es lohnt gelesen zu werden. „Zusammenkunft“ porträtiert eine noch junge Frau, die an ihrem eigenen von einer feindselig eingestellten Gesellschaft bestimmten Ansprüchen zu zerbrechen droht. Die Ich-Erzählerin schleicht dabei immer wieder um eine Art passiven Todeswunsch als kurzfristigen Ausweg herum. Ihr eigenes Leben scheint ihr nichts mehr Wert zu sein. Auch an dieser Stelle, hätte ich es schön gefunden, wenn die Autorin in irgendeiner Form zu verstehen gegeben hätte, dass es sich bei der Denkweise ihrer Protagonistin um Gedanken handelt, die von einer psychischen Erkrankung geprägt sein müssen. So wird der Leser dahingehend im Unklaren gelassen.
Fazit:
„Zusammenkunft“ ist ein ganz besonderes Stück Prosa. Ein Buch, das man gelesen haben sollte, eben weil es thematisch so nah am gesellschaftlichen Puls des Jahres 2022 ist und weil es eine Thematik aufgreift, die von der Gegenwartsliteratur viel zu lange größtenteils ignoriert worden ist.