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Veröffentlicht am 15.09.2016

Potential nicht ausgeschöpft

Die Canterbury Schwestern
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Che de Milans Verhältnis zur Mutter war immer schon kompliziert. Ihr verdankt sie nicht nur den außergewöhnlichen Namen, sondern auch eine turbulente Kindheit, da ihre Hippieeltern sich in einer Kommune ...

Che de Milans Verhältnis zur Mutter war immer schon kompliziert. Ihr verdankt sie nicht nur den außergewöhnlichen Namen, sondern auch eine turbulente Kindheit, da ihre Hippieeltern sich in einer Kommune auslebten. Als Erwachsene reagiert Che mit einem sehr strukturierten Leben auf ihre Kindheitserfahrung. Nun hat ihre Mutter "nach dem Verlust eines Lungenflügels und ihres Ehemanns" (S.10) zurück in den Schoss der katholischen Kirche gefunden und je weiter der Krebs fortschreitet, umso glühender wird der Wunsch nach einer Pilgerreise nach Canterbury.


Auch wenn Diana de Milan den Weg nicht mehr gehen kann - der Tod kam ihr zuvor - die Verpflichtung ihre Asche dort hin zu bringen, gab sie ihrer Tochter mit. Nun sitzt Che also in einem Gasthaus in Southwark, beäugt kritisch ihre Pilgerschwestern und zögert noch, ob sie sich ihnen zu erkennen geben soll.


Nun wandert sie trotz ihrer Vorbehalte mit den acht Frauen, die Asche der Mutter in ein einem Plastikbeutel im Rucksack. 5 Tage soll die Wanderung dauern und ganz nach Chaucers Vorbild regt die Reiseleiterin Tess an, jede der Frauen soll mit einer Geschichte den Weg verkürzen. Nun hören wir also Lebensbeichten und Lebenslügen der einzelnen Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch ihre Lebensgeschichten haben fast alle nur ein Thema.
Lange konnte ich die Frauen nicht richtig auseinander halten, zu belanglos und oberflächlich erschienen mir ihre Erzählungen von toten Ehemännern, zerbrochenen Ehen und gescheiterten Lebensentwürfen. Allmählich aber blättert die Fassade und ein Kern Wahrheit bricht sich Bahn, aber bevor die Frauen wieder zu sich selbst finden, ist der Weg auch schon zu Ende.


Der Roman ist locker und leicht erzählt, es gibt Annäherungen und neue Erfahrungen, aber eigentlich nie eine echte Teilnahme an den Figuren. Vielleicht weil sie zu blass und austauschbar geschildert werden, es fehlt den Figuren einfach an Persönlichkeit! Gegen Ende der Geschichte agiert dann Drama und Hektik, aber so richtig fesselnd wird die Geschichte für mich dadurch auch nicht.
Nach den Einführungen der Reiseleiterin Tess hätte ich mir etwas mehr „Chaucer“ erhofft, aber da Tess eine der blassesten Figuren des Roman ist, kam da gar nicht viel.


Es ist eine nette Lektüre, aber ich finde, das Thema hätte viel mehr Potenzial gehabt, das leider nicht ausgeschöpft wurde.


Veröffentlicht am 15.09.2016

Frische Brise

Krabbe mit Rettungsring
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Ninas 30iger Jahre sind bald Vergangenheit, genau wie es ihre Bikinifigur schon seit Jahren ist, aber nichts trübte ihre Energie und Lebensfreude. Sie ist eine eifrige Bloggerin und mit ihrem Blog „Curvy ...

Ninas 30iger Jahre sind bald Vergangenheit, genau wie es ihre Bikinifigur schon seit Jahren ist, aber nichts trübte ihre Energie und Lebensfreude. Sie ist eine eifrige Bloggerin und mit ihrem Blog „Curvy Couture“ gibt sie Modetipps für Plus Size Größen.
Doch dann meint ihr Chef und immerhin Gelegenheitslover, dass an den Empfang der Firma eine junge schlanke Frau gehört und Nina in einem Kabüffchen mit Buchhaltungsaufgaben besser aufgehoben ist. Empört wirft sie die Brocken hin!
Sie bewirbt sich spontan bei einer Abnehm Challenge für das Fernsehen, weil sie dahinter schon immer eine abgekartete Sache vermutete und das ein tolles Thema für ihren Blog wäre. Sie wird ausgewählt und das Ziel ist leider nicht sehr exotisch, sondern das Nordseebad St. Peter Ording.
Sie lernt die anderen Teilnehmer ihres Teams kennen, allen voran ihre Zimmergenossung und ehrgeizigste „Abnehmerin“ Silke. Die Wochen gestalten sich dann aber etwas anders als geplant und Nina wird auf vielen Fronten herausgefordert.
„Krabbe mit Rettungsring“ – der Titel und das gelungene Cover signalisieren bereits, was die Leserin erwarten darf: eine leichte, sommerbrisenfrische Unterhaltung ohne allzuviel Tiefgang und Problemen. Die einzelnen Figuren stehen für die typischen Übergewichtigen (Stressfutterer, schlimme Kindheit, Problembewältigung usw) und werden typgerecht geschildert. Das ist immer liebenswert, locker zu lesen und es macht Spaß Nina und ihre Teamkollegen die 6 Wochen der Challenge zu begleiten. Es stellt sich von der ersten Seite ein Urlaubs- und Wohlgefühl ein. Das nach den sechs Wochen die Pfunde bei vielen gepurzelt sind und sich bei allen Teilnehmern ein neues Lebensgefühl einstellt, ergibt ein richtiges Happy End. Das teilt Nina regelmäßig mit ihren Blogbesuchern, die sie eifrig mit Kommentaren unterstützen, vom Undercovereinsatz ist nicht mehr die Rede, Nina wurde auch vom Ehrgeiz gepackt.Dass der Blog „Curvy Couture“ dann aber immer mehr zum Abnehmtagebuch wird, je weiter Ninas Pfunde schmelzen, zeigt wieder mal, dass es doch keine ganz glücklichen Plus Size Frauen gibt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Stinmiger Kiezkrimi

Blaue Nacht
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Die Hamburger Staatsanwältin Chastity Riley (der Name ist etwas gewöhnungsbedürftig) hat sich durch interne Ermittlungen nicht grade beliebt gemacht. Das wirkt sich auch auf ihre bisher makellose Karriere ...

Die Hamburger Staatsanwältin Chastity Riley (der Name ist etwas gewöhnungsbedürftig) hat sich durch interne Ermittlungen nicht grade beliebt gemacht. Das wirkt sich auch auf ihre bisher makellose Karriere aus, sie wurde zur Opferanwältin „befördert“ und aus den aktuellen Ermittlungen ausgeschlossen. Ihr neuester Klient ist ein Opfer, das mit fast keinem heilen Knochen im Leib in der Klinik liegt. Sie soll in bewachen und im besten Fall zum sprechen bringen.
Es ist die Ironie des Schicksals, das ausgerechnet dieser Mann Riley auf die Spur einer lang gesuchten und aalglatten Kiezgröße führt, den die Kollegen schon lange vergebens jagen.
Ich kannte die Reihe um Chastity Riley bisher nicht, aber die kurzen Rückblenden und aus den Dialogen der Personen kann man genug erfahren um nahtlos in das Geschehen einzusteigen. Chastity fällt nicht nur durch ihren Namen aus der Reihe, es ist ihre ganz eigene Art zu ermitteln. Schnoddrig, sozusagen Herz mit Schnauze, kann sie sich immer auf ihren großen Freundeskreis verlassen, der bis ins Milieu reicht, in dem sie genauso zu Hause ist, wie auf den Gerichtsfluren. Dieser Stil war anfangs für mich etwas gewöhnungsbedürftig - kurze knappe Sätze, Dialoge wie aus der Pistole geschossen - aber das alles passt zu ihr. Sie ist eine starke, taffe Frau, hat aber auch eine emotionale und verletzliche Seite, ist immer menschlich und mitfühlend, das hat mich schnell für sie eingenommen.
Wenn man den Hamburger Kiez kennt, diese Szene mag, kann man in diesen besonderen Krimi richtig eintauchen, die Atmosphäre ist toll getroffen, ohne in Sozialkitsch abzudriften. Auch die Mischung aus Verletzlichkeit und Härte machen Chastity real.
Ein wirklich spannender Krimi, der tiefer geht, gesellschaftliche Schwachstellen einbezieht und von der ersten Seite an bestens und niveauvoll unterhält.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein trauriges Schicksal

Rabenfrauen
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In den 6oiger Jahren verlieben sich Christa und Ruth in den gleichen Mann: Erich lernen sie bei einer Ferienfreizeit einer Freikirche kennen. Beide sind fasziniert von diesem charismatischen Typ und Christa ...

In den 6oiger Jahren verlieben sich Christa und Ruth in den gleichen Mann: Erich lernen sie bei einer Ferienfreizeit einer Freikirche kennen. Beide sind fasziniert von diesem charismatischen Typ und Christa engagiert sich immer mehr in der Missionsarbeit der Gruppe und verlässt letztendlich Deutschland um mit Erich, Onkel Paul und Gleichgesinnten in Chile eine Gemeinde aufzubauen.
Viele Jahre später versucht Anna, Ruths Tochter, nach dem Tod ihres Lebenspartners wieder Halt zu finden und lernt zufällig Menschen kennen, die zur „Colonia Dignidad“ gehörten und das weckt in Ruth die Erinnerung an ihre Freundin Christa und die Ereignisse des Sommers. Es ist unausweichlich, dass sie sich der Vergangenheit stellen muss.
Erst in den letzten Jahren sind die schlimmen Vorgänge der Colonia Dignidad in Chile an die Öffentlichkeit gekommen. Viel zu lange stand diese „Mustersiedlung“ der deutschen Freikirchler unter dem Schutz beider Regierungen und deren Politikern. Man wollte nicht zu genau hinschauen, obwohl es schon lange Gerüchte über Missbrauch und Gewalt gab und Paul Schäfer, der Leiter der Sekte schon lange im Verdacht stand, die Gemeinde wie eine Strafkolonie zu leiten. Aber die Bilder von fröhlichen jungen Menschen in Dirndl und Lederhosen, die Volkslieder sangen, bestimmten in der Öffentlichkeit lange das Bild dieser Sekte.
Die drei Hauptfiguren Ruth, Christa und Anna erzählen aus ihrer Sicht die Geschehnisse und das hat mich sofort in Bann gezogen. Es ist der Autorin gelungen, mit einem fast schon dokumentarischen Roman die Geschehnisse ans Licht zu holen. Wobei mir Christas Erinnerungen am stärksten unter die Haut gingen. Die Abhängigkeit an den charismatischen „Onkel Paul“ machte diese Sektenstruktur überhaupt erst möglich und nun kann ich verstehen, wie schwer es ist, sich daraus zu lösen.
Mit der Beschreibung von Christa und Ruth, aber auch Anna, sind der Autorin wunderbare Frauenportraits gelungen, die lange im Gedächtnis bleiben und mich lange über die Lektüre hinaus beschäftigt haben. Dadurch war ich viel tiefer und emotionaler berührt, als es bei den sachlichen Berichte und Reportagen über die Colonia der Fall war, die zwar Entsetzen hervorriefen, aber so fern schienen. Die Mischung aus emotionaler Geschichte und dokumentarischen Einschüben hat mir gut gefallen. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und meine Gefühle mein Lesen nicht verbergen: Trauer, Rührung, Entsetzen – es ist mir unter die Haut gegangen.
Dieses Buch wird noch lange in mir nachwirken und ich möchte es uneingeschränkt empfehlen.
Nur noch ein Wort zum Titelbild, es fängt wunderbar die Stimmung des Sommers 1959 ein, in dem Alles seinen Anfang nahm.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wunderbares Sommerbuch - unbedingt lesen

Glück ist, wenn man trotzdem liebt
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Isa hat ihr Leben im Griff, sie hat es durchgetaktet und auf Jahre hinaus geplant. Kleinigkeiten können sie da schon mal komplett aus der Bahn werfen, wie die Tatsache dass ihr geliebter Vietnamimbiss ...

Isa hat ihr Leben im Griff, sie hat es durchgetaktet und auf Jahre hinaus geplant. Kleinigkeiten können sie da schon mal komplett aus der Bahn werfen, wie die Tatsache dass ihr geliebter Vietnamimbiss mit der täglich servierten Nudelsuppe geschlossen hat. Statt dessen gibt es da jetzt so was ambitioniertes mit Mangoldschaumsüppchen. Das gibt schon mal ein heißes Wortgefecht mit Jens Thiel, dem Chefkoch und Inhaber.
Als kurz darauf Isa noch einen renitenten Teenager beim Klauen in ihrem Blumenladen erwischt und sich das Mädchen als Halbschwester von Jens herausstellt, kann Isa ihren Triumph so richtig auskosten - oder doch nicht?
Mit Isa und Jens gibt es in dieser Geschichte zwei Hauptfiguren, die ich sofort ins Herz geschlossen habe. Dass sie sich streiten und fetzen und kabbeln, hat überhaupt nichts zu bedeuten, jeder weiß doch, was sich liebt, das neckt sich. Wie das bei den Beiden vor sich geht, ist wunderbar leicht und liebenswert geschrieben. Das Buch zaubert ein Dauerlächeln auf die Gesichter der Leser, wenn sie sich nicht grade die Lippen lecken, wenn Jens mit einer Dessertkreation seine Gäste oder Isa verwöhnt.
Es ist ein sonniges Hamburg, das die prächtige Kulisse für den Roman abgibt, voller liebenswerten Typen und Situationen. Man möchte hinfahren, sofort - das "Thiel's" suchen, sich einen der Tische draußen schnappen und ein Schokoladenmalheur bestellen.
So stelle ich mir eine gelungene Urlaub-und Sommerlektüre vor, heiter, aber nie albern, liebenswert und voller Charme und genau das hat die Autorin mit diesem Buch geschafft.
Die gelungene Ausstattung, Klappenbroschur mit einen sehr schönen Cover unterstreicht das noch.