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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.05.2019

Das schöne Collegeleben

Patty auf dem College
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Patty Wyatt genießt ihr Leben auf dem College in vollen Zügen. Verbote sind dazu da, sie zu umgehen, man arbeitet nur so viel wie nötig und wenn es brenzlig wird, fällt ihr immer etwas ein. Für ihre Geschichten ...

Patty Wyatt genießt ihr Leben auf dem College in vollen Zügen. Verbote sind dazu da, sie zu umgehen, man arbeitet nur so viel wie nötig und wenn es brenzlig wird, fällt ihr immer etwas ein. Für ihre Geschichten und Ausflüchte ist sie berühmt, was niemanden daran hindert, ihren treuherzigen Entschuldigungen immer wieder Glauben zu schenken. So laviert sie sich in die unmöglichsten Situationen, die mal komisch und mal skurril sind.

Jean Websters Debütroman liegt Dank Nadine Erler zum ersten Mal in deutscher Sprache vor. Eine erheiternde und kurzweilige Lektüre, die bereits das Flair von „Daddy Langbein“ hat, wenn die Geschichte auch noch episodisch bleibt. Patty ist mit all ihren selbstverständlichen Lügengeschichten eine liebenswerte Protagonistin, die vor allem durch ihre schonungslose Selbsterkenntnis, ihren selbstlosen Einsatz für ihre Freundinnen und Kommilitoninnen und ihre immer wieder überraschende, gnadenlose Ehrlichkeit das Herz des Lesers im Sturm erobert.

Das Buch schildert das Leben an einem amerikanischen Mädchencollege zu Beginn des 20. Jahrhunderts, trotzdem kommen einem die Szenen nicht eine Spur altmodisch vor. Fast alles könnte sich auch heute so abspielen. Ich habe jede Seite genossen. Das Flair des Studentenlebens, die Sorglosigkeit und Selbstüberzeugung, die wirklich komischen Geschichten machen das Buch zu einer wunderbaren Lektüre, die einfach glücklich macht. Am Ende fehlte mir nur der rote Faden, um den fünften Stern zu vergeben.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Ein Mord ohne Gelegenheit

Tod in den Wolken
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Es sollte ein einfacher Flug nach England werden, doch direkt vor Poirots Augen geschieht ein Mord – hoch oben in den Wolken und niemand schien Gelegenheit dazu gehabt zu haben. Abgesehen von Poirot selbst. ...

Es sollte ein einfacher Flug nach England werden, doch direkt vor Poirots Augen geschieht ein Mord – hoch oben in den Wolken und niemand schien Gelegenheit dazu gehabt zu haben. Abgesehen von Poirot selbst. Der kleine Belgier lässt das natürlich nicht auf sich sitzen und beginnt zu ermitteln.

Ein äußerst begrenzter Verdächtigenkreis und die verflixte nicht vorhandene Gelegenheit machen nicht nur dem berühmten Detektiv Kopfzerbrechen, auch der Leser steht vor einem Rätsel. Mich hat eine völlig unscheinbare Szene auf die richtige Spur gebracht, doch Agatha Christie schafft es wieder einmal meisterhaft dem Leser alle Karten aus der Hand zu nehmen und ihm mitleidig den Kopf zu tätscheln, weil er so völlig im Dunkeln tappt.

Ein schöner Poirot-Krimi, bei dem mir das Motiv am Ende allerdings etwas zu verschwurbelt war. Ein bisschen zu viel des Guten, doch sehr viel überzeugender als ich es in ihren letzten Büchern finden konnte. Besonders schön sind in diesem Buch die vielen falschen Fährten, bei denen sich der Leser noch wie irre freut, weil die Ermittler sie übersehen und doch ist man selber der Krimi-Queen auf den Leim gegangen.

Ein toller Poirot-Krimi, der den Leser lange im Dunkeln lässt.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Das Tier ist stärker als der Mensch

Die Insel des Dr. Moreau
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Niemand hat Edward Prendick seine aberwitzige Geschichte geglaubt als er nach seiner Rettung auf Hoher See von den grauenhaften Kreaturen des Dr. Moreau berichtete. Erst nach Edwards Tod findet sein Neffe ...

Niemand hat Edward Prendick seine aberwitzige Geschichte geglaubt als er nach seiner Rettung auf Hoher See von den grauenhaften Kreaturen des Dr. Moreau berichtete. Erst nach Edwards Tod findet sein Neffe dessen Aufzeichnungen und erfährt die Wahrheit über die 11 Monate, in denen sein Onkel verschollen war.

Ein schauerlicher Klassiker aus der Feder H.G. Wells, der von den grauenhaften Vivisektionsexperimenten des Dr. Moreau berichtet. Wells bringt die Möglichkeiten der Forschung nicht nur an die Grenzen der ethischen Frage, sondern auch auf den Punkt, was den Menschen vom Tier trennt und wie zweifelhaft diese Unterscheidung ist. Die versteckte Gesellschaftskritik dahinter, die bis hin zum ad absurdum geführten Katholizismus führt, ist für den uneingeweihten Leser nicht so ohne weiteres herauszulesen. Hier fand ich das Nachwort von Jorge Luis Borges sehr aufschlussreich. Es machte mir allerdings auch schmerzlich bewusst, dass diese Ausgabe keinen Anmerkungsteil beinhaltet und mir so viele Interpretationsansätze und der Tiefgang des Textes entgehen. Als pure Unterhaltungslektüre lässt sich die Geschichte allerdings auch genießen. Die Wissenschaftskritik bleibt offensichtlich und spannend wie unheimlich ist das Buch sowieso. H. G. Wells bietet Grusellektüre auf hohem Niveau und immer mit einem Schubs zum Nachdenken.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Buch vs. Leben

Ein Buchladen zum Verlieben
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Als Sara sich endlich aufrafft, um ihre Brieffreundin Amy in Broken Wheel zu besuchen, kommt sie zu spät. Amy ist verstorben. Die Einwohner der heruntergekommenen Kleinstadt beäugen sie misstrauisch. Was ...

Als Sara sich endlich aufrafft, um ihre Brieffreundin Amy in Broken Wheel zu besuchen, kommt sie zu spät. Amy ist verstorben. Die Einwohner der heruntergekommenen Kleinstadt beäugen sie misstrauisch. Was kann eine schwedische Touristin ihrer sterbenden Stadt wollen? Doch alle haben Amy geschätzt und so machen sie sich widerwillig daran Sara zu helfen. Diese ist selbst in ihrem Leben verloren, doch sie merkt schnell, dass sie dieser Stadt etwas geben kann, von dem sie überzeugt ist, dass sie es dringend braucht: Bücher!

Ein melancholisches Buch, dass zu Herzen geht mit seiner stillen Lebenslust, seinem leisen Humor und der unverbrüchlichen Zuversicht zum Leben. Die Verbindung zwischen Büchern und (Über-)Lebenswillen, Neuanfang und erwachender Kreativität sowie warmer Freundschaft und dem absoluten Zusammenhalt einer Kleinstadt machen den Leser glücklich. Das Buch spendet Kraft ohne eine rosarote Glücksgeschichte zu bieten. Im Gegenteil. Es geht um Menschen, die aufgegeben haben, die dahin vegetieren und ihrer Stadt wie sich selbst nur noch kraftlos beim Sterben zusehen können – bis Sara kommt. Eine Protagonistin, die nichts weniger als stark, hübsch oder energiegeladen ist. Gerade diese ungewöhnliche Kombination macht den Charme dieses Buches aus. Der Leser wird wie die Protagonisten von der allmählichen Bewegung, die in die Geschichte kommt überrascht. Erstaunlich ist die Ruhe, die von der Erzählung ausgeht, ohne dass sie ereignislos, tragisch oder langweilig wäre. Sie geht zu Herzen mit ihrer stillen Melancholie und ihrem starken Optimismus.

Das Buch macht zuversichtlich, dass Geschichten und Phantasie Kraft geben, sich der Realität nicht nur zu stellen, sondern sie auch zu verändern. Genau das wird hier vorgeführt und lässt den Leser lachen, weinen und einfach glücklich sein!

Veröffentlicht am 11.05.2019

Die Funktion der Freundschaft in der Gesellschaft

Vom Glück der Freundschaft
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Freundschaft bedeutet für jeden Menschen Glück und Zufriedenheit. Wir können uns gar nicht vorstellen ohne sie zu sein und diejenigen, die keine Freunde haben, stehen am Rande der Gesellschaft. Doch Freundschaft ...

Freundschaft bedeutet für jeden Menschen Glück und Zufriedenheit. Wir können uns gar nicht vorstellen ohne sie zu sein und diejenigen, die keine Freunde haben, stehen am Rande der Gesellschaft. Doch Freundschaft ist viel mehr als ein Beitrag zum persönlichen Wohlbefinden und ein Zeitvertreib für laue Sommerabende. Wilhelm Schmid beleuchtet die soziale Funktion dieses Konstrukts und seinen Wandel im Laufe der Geschichte. Er zitiert Aristoteles und Cicero, unterscheidet zwischen verschiedenen Graden der Freundschaft und geht auch auf das moderne Phänomen der Internet-Freundschaften ein, die er als neue Spielart mit eigenen Funktionen betrachtet.

Komprimiert auf 95 Seiten lässt sich Schmids philosophischen Ausführungen sehr gut folgen. Anspruchsvoll und doch verständlich führt er den Leser durch die Zeiten und den zeitlosen Aspekt der Freundschaft, die für das soziale Gefüge der menschlichen Gesellschaft in vielen Facetten von großer Bedeutung ist.

Ein hochinteressantes Büchlein, das neugierig auf die Basistexte des Autors macht. Hier sind seine wesentlichen Theorien auf den Punkt gebracht und trotz der wenigen Seiten sehr gut abgerundet. Eine tolle Einführung in ein komplexes Thema.