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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2025

Trauer und Liebe

Vermissen auf Japanisch
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Ein interessantes Debüt von Yukiko Tominanga, die die Geschichte der Japanerin Kyoko erzählt, die in San Francisco als Witwe ihren Sohn Alex großzieht. Als Leser:innen begleiten wir über mehrere hinweg ...

Ein interessantes Debüt von Yukiko Tominanga, die die Geschichte der Japanerin Kyoko erzählt, die in San Francisco als Witwe ihren Sohn Alex großzieht. Als Leser:innen begleiten wir über mehrere hinweg Kyokos Gefühlswelt, welche die Autorin in einer philosophischen Sprache zu Papier gebracht hat. Es geht in dem Buch um Trauer, um Liebe, das Muttersein als Alleinerziehende, um Alltagssorgen sowie um das Leben als Witwe.

Mich haben insbesondere die Stellen bewegt, in denen Kyoko ihre Ehe und den Verlust ihres Mannes reflektiert. Denn es handelte sich nicht um die absolute, große Liebe, wenngleich ihre Ehe nicht unglücklich war. Nach dem Tod ihres Mannes empfindet die Protagonistin nicht nur Trauer, sondern auch eine große Wut. Sie ist wütend, dass ihr Mann gestorben ist, dass er keine Lebensversicherung abgeschlossen hat, dass er sie mit Schulden alleine gelassen hat. Sie hat Sorgen die Erziehung ihres Sohnes alleine zu vermasseln und reflektiert immer wieder die Liebe.
Diese ehrlichen Emotionen hat die Autorin überzeugend zum Ausdruck gebracht und sie bilden für mich die Stärke sowie den Kern dieses Romans, der durch einen ganz eigenen Stil besticht.

Kyokos Geschichte wird nicht als linear aufgebauter Roman erzählt, sondern eher episodenhaft und mit Zeitsprüngen. So lesen wir in einem Kapitel über Alex' erste Beziehung zu einem Mädchen und im nächsten Kapitel ist Kyokos Sohn wieder ein Kind. Diesen zeitlichen Sprünge und den örtlichen Wechsel zwischen den USA und Japan zu folgen empfand ich als durchaus anspruchsvoll. Schade fand ich es, dass Kyokos Schwiegermutter und die Beziehung zu ihr nicht mehr im Vordergrund stand. Denn gerade die Schwiegermutter empfand ich als wunderbar schrullig und herzlich. Hier hatte ich auf Grund des Klappentextes wohl mit einem stärkeren Fokus gerechnet.

Fazit: Ein Buch über Trauer und das Leben als Witwe, das anspruchsvoll ist und sprachlich überzeugt hat. Ich empfehle es besonders für Lesekreise, da es viele Aspekte zum Austausch anbietet!

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Veröffentlicht am 18.02.2025

Originelle Story mit Tiefgang

Mickey und Arlo
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"Mickey und Arlo", ein Roman über zwei Halbschwestern, die getrennt voneinander aufwachsen und sich erst dann Kennenlernen, als die eine bei der anderen auf der Therapiecouch liegt. Man könnte meinen, ...

"Mickey und Arlo", ein Roman über zwei Halbschwestern, die getrennt voneinander aufwachsen und sich erst dann Kennenlernen, als die eine bei der anderen auf der Therapiecouch liegt. Man könnte meinen, dass es sich hier um eine lockeren Roman handelt. Auch bei dem bunten Cover erwartete ich keinen großen Tiefgang.

Umso mehr war ich überrascht, dass ich letztlich eine Geschichte las, in der die Autorin Halbschwestern zeichnete, deren Leben stark durch den Vater geprägt sind. So rutschte Mickey schon früh in ihrem Leben in eine tiefe Alkoholsucht ab, nachdem ihr Vater sie und ihre Mutter mit einem Berg Schulden hat sitzen lassen. Arlo hingegen wächst finanziell abgesichert auf und glorifiziert ihren Vater nahezu, obwohl er mit seiner Alkoholsucht und seinem Verhalten auch Arlos Leben negativ beeinflusst hat.

"Mickey und Arlo" war für mich ein überraschend tiefgründiges Leseerlebnis, das den Einfluss von Vätern auf ihre Kinder in den Fokus nimmt. Auch wenn ich die Story hier und da als etwas zu konstruiert empfand, spreche ich gerne eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 17.02.2025

Anders als erhofft, aber lesenswert

Russische Spezialitäten
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"Russische Spezialitäten" von Dmitij Kapitelman - ein hochaktueller Roman, der eine Familie in den Fokus stellt, in der Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine ein Riss geht, als die Familienmitglieder ...

"Russische Spezialitäten" von Dmitij Kapitelman - ein hochaktueller Roman, der eine Familie in den Fokus stellt, in der Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine ein Riss geht, als die Familienmitglieder sich auf unterschiedliche Seiten des Konfliktes stellen. Die Mutter bleibt trotz ihrer Jahre in Kiew dem russischen Staat treu und verfolgt mit voller Überzeugung die russische Staatspropaganda im Fernsehen vom Leipziger Wohnzimmer aus, Anders geht es ihrem Sohn, dem Hauptprotagonisten und Erzähler des Romans, der sich auf die ukrainische Seite stellt.
Im ersten Teil des Romans geht es um das Leben der Familie in Leipzig, im zweiten Teil begleiten wir den Protagonisten nach Kiew, wo er trotz des Krieges hinreist, um die Situation vor Ort zu sehen und mit alten Freunden und Bekannten zu sprechen.

Es ist ein Roman, der trotz seiner nicht einmal 200 Seiten ein Vielzahl von Themen aufgreift. Insbesondere im ersten Teil geht um Themen wie Identität, Zugehörigkeit und Familiendynamiken, die der Autor zwischen Geschichten um den familieneigenen, russischen Lebensmittelladen spinnt. Im zweiten Teil erhalten wir Einblicke in das Leben in Kiew, das zum einen fast normal und gewöhnlich zu laufen scheint, aber sich mit dem Angriff Russlands völlig verändert hat. Interessant fand ich auch die Ausführungen zur Sprache und wie politisch es ist, in der Ukraine russisch bzw. ukrainisch zu sprechen und wie auch die Identität des Protagonisten von der russischen Sprache geprägt ist. Trotz der Ernsthaftigkeit hat der Roman auch eine humorvolle Seite, was dem Buch die Schwere nimmt. Deshalb und weil der Roman trotz des Humors voller tiefgründiger Gedanke und Sätze ist, empfand ich die Lektüre als ausgesprochen bereichernd.

Dennoch hatte ich nach dem Lesen des Klappentextes andere Erwartungen an den Roman. So wurde mir der Konflikt zwischen Sohn und Mutter wurde mir viel zu wenig betrachtet. Es gab eher hier und da Sticheleien bzgl. der politischen Ansichten, aber keinerlei tiefergehenden Auseinandersetzungen und Diskussionen. Ich fand es schade, nicht mehr darüber zu erfahren, was das Denkmuster der Mutter ist und warum sie Russland so die Treue hält, trotz ihrer Jahre in Kiew. Auch die Reise des Protagonisten nach Kiew hatte für mich zu wenig Bezug zur Mutter.

Auch wenn ich andere Erwartungen hatte: Eine lesenswerte Lektüre!

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Veröffentlicht am 17.02.2025

Ein Highlight

Achtzehnter Stock
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Wie sehr ich es doch liebe, wenn ich ohne große Erwartungen an einen Roman rangehe und dieser mich dann völlig unerwartet umhaut!

Bei "Achtzehnter Stock", dem Roman mit dem hübschen Buchcover und der ...

Wie sehr ich es doch liebe, wenn ich ohne große Erwartungen an einen Roman rangehe und dieser mich dann völlig unerwartet umhaut!

Bei "Achtzehnter Stock", dem Roman mit dem hübschen Buchcover und der als "cooler, sommerlicher Großstadtroman" vom Verlag beworben wird, erwartete ich einen netten Roman für zwischendurch. Doch stattdessen las ich einen Roman, der mich mit seinem Tiefgang, der rauen, ehrlichen Protagonistin und dem besonderen Schreibstil absolut fesselte.

Mareike Fallwickl beschreibt das Buch als "hart und rau und schön" und damit trifft sie den Nagel auf den Kopf. Es ist eine Geschichte über das Leben im Hochhaus, wo es Armut gibt und das Leben mitunter hart ist, und wo eine junge, alleinerziehende Mutter versucht ihre Träume zu erreichen. Wanda, die Protagonistin, will raus aus diesem Leben, sie ist wütend und will es als Schauspielerin schaffen. Doch als alleinerziehende Mutter ist dies alles andere als einfach und sie wird immer wieder von der Glamourwelt zurück in die Realität der Hochhaussiedlung geworfen.

Wanda mag nicht immer die sympathischste Protagonistin sein, doch sie ist ehrlich, authentisch und ihre Wut und ihren Ehrgeiz konnte ich absolut nachvollziehen. Sara Gmuer hat es geschafft, dass ich mit Wanda mit gefiebert habe und ich gespannt bis zum Ende war, ob sie ihren Traum letztlich verwirklichen kann.

Fazit: Ein gelungenes, packendes Debüt, das ich uneingeschränkt empfehle! Und für mich ein überraschendes Highlight, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.

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Veröffentlicht am 27.01.2025

Toll illustriert!

Widder Willi will aber!
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In dem Kinderbuch "Widder Willi will aber", aus der Feder von Romy Pohl, geht es um die nicht immer ganz so einfache Autonomiephase von Kindern. Hier ist es der "widerwillige" kleine Willi, der mit seinem ...

In dem Kinderbuch "Widder Willi will aber", aus der Feder von Romy Pohl, geht es um die nicht immer ganz so einfache Autonomiephase von Kindern. Hier ist es der "widerwillige" kleine Willi, der mit seinem Trotz die erwachsenen Schafe auf Trab hält.

Für mich bekommt das Buch großes Lob für die Illustrationen von Marta Balmaseda, die dem kleinen Widder und seinem Freund Hörnchen zuckersüß gezeichnet und damit ganz eigene Charaktere geschaffen hat. Die Emotionen wurden in den Gesichtern wunderbar widergeben, sodass auch meine dreijährige Tochter gut benennen konnte, wann die beiden Böcke schlecht gelaunt, wütend oder fröhlich waren. Ich als Erwachsene empfand Oma und Opa Schaf als großartig illustriert.

Jedoch hatte ich nicht das Gefühl, dass die Story mein Kind wirklich gepackt hat. Die Redewendungen und der subtile Humor (Opa Bock hat Rücken, der Onkel heißt Saschaf, usw.) haben mich als Erwachsene zum Schmunzeln gebracht, ist aber für eine Dreijährige natürlich noch nicht wirklich zu verstehen. Ich denke, dass das Buch bei älteren Kindern besser ankommt.

Fazit: Ich vergebe 3,5 Sterne für dieses toll illustrierte Kinderbuch, dessen Geschichte insbesondere auch Erwachsene zum Schmunzeln bringt.

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