Trauer und Liebe
Vermissen auf JapanischEin interessantes Debüt von Yukiko Tominanga, die die Geschichte der Japanerin Kyoko erzählt, die in San Francisco als Witwe ihren Sohn Alex großzieht. Als Leser:innen begleiten wir über mehrere hinweg ...
Ein interessantes Debüt von Yukiko Tominanga, die die Geschichte der Japanerin Kyoko erzählt, die in San Francisco als Witwe ihren Sohn Alex großzieht. Als Leser:innen begleiten wir über mehrere hinweg Kyokos Gefühlswelt, welche die Autorin in einer philosophischen Sprache zu Papier gebracht hat. Es geht in dem Buch um Trauer, um Liebe, das Muttersein als Alleinerziehende, um Alltagssorgen sowie um das Leben als Witwe.
Mich haben insbesondere die Stellen bewegt, in denen Kyoko ihre Ehe und den Verlust ihres Mannes reflektiert. Denn es handelte sich nicht um die absolute, große Liebe, wenngleich ihre Ehe nicht unglücklich war. Nach dem Tod ihres Mannes empfindet die Protagonistin nicht nur Trauer, sondern auch eine große Wut. Sie ist wütend, dass ihr Mann gestorben ist, dass er keine Lebensversicherung abgeschlossen hat, dass er sie mit Schulden alleine gelassen hat. Sie hat Sorgen die Erziehung ihres Sohnes alleine zu vermasseln und reflektiert immer wieder die Liebe.
Diese ehrlichen Emotionen hat die Autorin überzeugend zum Ausdruck gebracht und sie bilden für mich die Stärke sowie den Kern dieses Romans, der durch einen ganz eigenen Stil besticht.
Kyokos Geschichte wird nicht als linear aufgebauter Roman erzählt, sondern eher episodenhaft und mit Zeitsprüngen. So lesen wir in einem Kapitel über Alex' erste Beziehung zu einem Mädchen und im nächsten Kapitel ist Kyokos Sohn wieder ein Kind. Diesen zeitlichen Sprünge und den örtlichen Wechsel zwischen den USA und Japan zu folgen empfand ich als durchaus anspruchsvoll. Schade fand ich es, dass Kyokos Schwiegermutter und die Beziehung zu ihr nicht mehr im Vordergrund stand. Denn gerade die Schwiegermutter empfand ich als wunderbar schrullig und herzlich. Hier hatte ich auf Grund des Klappentextes wohl mit einem stärkeren Fokus gerechnet.
Fazit: Ein Buch über Trauer und das Leben als Witwe, das anspruchsvoll ist und sprachlich überzeugt hat. Ich empfehle es besonders für Lesekreise, da es viele Aspekte zum Austausch anbietet!