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Veröffentlicht am 27.04.2019

Halbschwestern

Gelateria Paradiso
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1964 kommt der Italiener Lucio Paradiso nach Deutschland, um als Gastarbeiter zu arbeiten und sich mit dem Geld in seiner Heimat den Traum einer eigenen Eisdiele zu erfüllen, während in Venezien Tiziana ...

1964 kommt der Italiener Lucio Paradiso nach Deutschland, um als Gastarbeiter zu arbeiten und sich mit dem Geld in seiner Heimat den Traum einer eigenen Eisdiele zu erfüllen, während in Venezien Tiziana auf seine Rückkehr wartet. Aber wie es das Schicksal will, trifft Lucio mit Monika die Liebe seines Lebens…
2018. Susanne Werner hat die 50 bereits überschritten und arbeitet als Tischlerin und Restauratorin. Die Auflösung des 70er Jahre Interieurs einer bereits geschlossenen Eisdiele hat ihr Interesse geweckt, weshalb sie ins Bergische Land reist, um die Möbel zu begutachten und vielleicht ein Schnäppchen zu machen. Die Stewardess Francesca Adler verkauft mit dem Nachlass das Erbe ihres Vaters. Während der Besichtigung der Stücke findet Susanne das Foto des früheren Ladeninhabers und muss feststellen, dass sie ihm sehr ähnlich sieht. Schon lange sucht Susanne nach ihren leiblichen Eltern, denn sie wurde zur Adoption freigegeben. Auch Francesca ist die Ähnlichkeit zwischen Susanne und ihrem Vater Lucio aufgefallen. Deshalb setzt sie ihre vermeintliche Halbschwester Susanne kurzerhand vor die Tür, um nur ja nicht an einem alten Geheimnis zu rühren. Aber sie hat nicht mit Susannes Hartnäckigkeit gerechnet, denn diese reist nach Italien, um sich auf Spurensuche zu begeben…
Stefanie Gerstenberger hat mit „Gelateria Paradiso“ einen tiefgründigen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der mit einem eingängigen und fesselnden Schreibstil den Leser schnell in seinen Bann zieht und nicht wieder loslässt. Die eingestreuten italienischen Redewendungen sowie die Lebensart und die Köstlichkeiten lassen die Geschichte noch authentischer wirken, wobei auch die Recherchearbeit der Autorin mit einem Adoptivkind und ehemaligen Gastarbeitern sowie realistische Beschreibungen der damaligen Lebensverhältnisse dazu beitragen. Die Beschreibung der Örtlichkeiten sind farbig und bildgewaltig, gerne folgt der Leser der Einladung, sich in das mediterrane Italien zu begeben, um dort vor Ort die Protagonisten zu beobachten und auch das Geheimnis zu ergründen. Durch gut platzierte Perspektivwechsel zwischen Francesca und Susanne sowie den Einblick in Lucios Vergangenheit erhält der Leser einen sehr guten Eindruck in die so unterschiedlich verlaufenen Leben sowie in die Gedanken- und Gefühlswelt, wodurch auch die so verschiedenen Verhaltensweisen der beiden Frauen zwar nachvollziehbar und verständlich sind, wenngleich sie auch nicht immer sympathisch sein müssen. Sehr geschickt strickt die Autorin ein altes Familiengeheimnis, an dem mancher fast zerbrochen wäre.
Die Charaktere sind sehr schön portraitiert und mit viel Leben versehen worden. Sie wirken glaubhaft, individuell und sehr authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich ihnen nah zu fühlen, sich in sie hineinzuversetzen und mit ihnen zu fiebern. Susanne hatte eine unschöne Kindheit als ungeliebtes Adoptivkind. Sie ist eine sehr sympathische Frau, die immer auf der Suche ist. Sie ist fleißig und offen, aber auch stur. Mit Francesca muss man als Leser erst warm werden, denn sie wirkt sehr selbstbezogen, gierig und intrigant, aber auch verloren und einsam. Obwohl sie beruflich erfolgreich ist, ist es gerade die von ihr verströmte Lieblosigkeit, die den Leser immer wieder hinterfragen lässt, was ihr wohl Schlimmes passiert sein mag. Lucio ist ein Mann, dessen Leben arbeitsreich, aber auch geheimnisvoll ist. Aber auch Lennart, Tiziana und Monika tragen ihren Teil dazu bei, dass die Handlung immer im Fluss und durchweg spannend bleibt.
„Gelateria Paradiso“ ist ein wunderschöner und gefühlvoller Roman über ein altes Familiengeheimnis, eine Zeitreise in ein Stück deutscher Geschichte und viel italienischem Flair. Herrlich erzählt, so dass man das Buch gar nicht aus der Hand legen mag und enttäuscht ist, sobald die letzte Seite gelesen ist. Hierfür gibt es eine absolut verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.04.2019

Kalosoríste stin Kríti (Willkommen auf Kreta)

Oliven zum Frühstück
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Lisa, Tochter eines recht bekannten Archäologen, bekommt die Leitung einer Ausgrabung in Roussolakos auf Kreta übertragen und wähnt am Ziel der Karriereleiter. Man erhofft sich von der Grabung und den ...

Lisa, Tochter eines recht bekannten Archäologen, bekommt die Leitung einer Ausgrabung in Roussolakos auf Kreta übertragen und wähnt am Ziel der Karriereleiter. Man erhofft sich von der Grabung und den dabei zum Vorschein kommenden Ruinen, dass die Ausgrabungsstätte ein ebenso großer Touristenmagnet wird wie der antike Ort Knossos südlich von Heraklion, der mit dem größten minoischen Palast auf Kreta aufwarten kann. Lindas Ehrgeiz, diesen Beweis zu erbringen, wird jäh gedämpft, denn die Mühlen der Behörden mahlen langsam, das Geld wird immer knapper und die Grabausrüstung lässt auch zu wünschen übrig. Aber die meisten Probleme bereitet ihr der ortsansässige Olivenbauer Charis, auf dessen Land sich die archäologischen Funde versteckt halten sollen, denn der will seine Olivenplantagen nicht durch Grabungen kaputt machen lassen, schließlich lebt er von den Früchten seiner Arbeit. Doch Lisa lässt nicht so schnell locker, dabei kommt ihr entgegen, dass sie sich in der Pension von Charis‘ Familie eingemietet hat. Während Charis und Lisa sich immer wieder Schlagabtäusche liefern, springt zwischen ihnen langsam der Funke über…
Pia Casell hat mit ihrem Buch „Oliven zum Frühstück“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Erzählstil ist locker-leicht und farbenfroh, er lässt den Leser gedanklich schnell auf die größte griechische Insel Kreta Im Mittelmeer reisen, wo er sich an der Seite von Lisa niederlässt und sie bei ihren Aufgaben begleitet, wobei ihre Gedanken- und Gefühlswelt wie ein offenes Buch vor ihm liegt. Die Autorin versteht es geschickt, das Kopfkino des Lesers anzukurbeln, denn die Beschreibung der Landschaft und Örtlichkeiten sind sehr detailliert und bildhaft, so dass man sich alles wunderbar vorstellen kann und das Fernweh geweckt wird, den wahnsinnig blauen Himmel und die vielen weißen Häuser nebst bunten Dächern zu besuchen, um die berühmte Gastfreundschaft der griechischen Landsleute genießen zu dürfen. Wer schon einmal in Griechenland war, weiß um die Liebe der Griechen zu ihren Oliven, gelten sie doch als Baum des Friedens, das von ihnen produzierte Öl gehört mit zu den besten der Welt und das Holz der Bäume ist eines der teuersten und schönsten überhaupt. Insofern kann man als Leser schnell nachvollziehen, dass kein Bauer begeistert wäre, seine Plantagen umpflügen zu lassen für eine Handvoll alter Steine, denn Ruinen, alte Stadtmauer und Paläste gibt es in Griechenland mehr als sonst irgendwo zu besuchen, man stolpert praktisch an jeder Ecke darüber.
Die Charaktere sind liebevoll gestaltet und vermitteln sehr schön die extrovertierte und fröhliche Natur der Griechen, die nicht nur als Familienmenschen bekannt sind, sondern sich auch mit ihrer Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft in das Herz eines jeden Besuchers schleichen. Die Protagonisten wirken sehr lebendig und realitätsnah, was beim Lesen zum einen ein Gefühl von Urlaub vermittelt, zum anderen dem Leser die Möglichkeit gibt, sich mit ihnen wohlzufühlen. Lisa ist eine karrierebewusste Frau, die unbedingt aus dem Schatten ihres Vaters treten will. Sie muss lernen, dass in Griechenland die Uhren anders ticken und auch die Menschen Lebensqualität höher schätzen als Gewinn und Ansehen. Charis ist ein Mann, der sein Land verteidigt und dabei recht stur und unnachgiebig auftritt. Er hat einen Sinn für Tradition und die Werte, die seine Vorfahren geschaffen haben, die die Familie bis heute ernähren. Seine Familie ist typisch griechisch: laut und herzlich, immer bereit zu kuppeln, liebenswert. Sie stecken ihre Nase immer in Angelegenheiten, die man lieber für sich behalten würde und geben jederzeit ungefragt Ratschläge, einfach herrlich nervig.
„Oliven zum Frühstück“ ist ein unterhaltsamer Roman mit viel griechischem Flair und der Lebensfreude, die für das Land so typisch ist. Ein schöne Auszeit vom Alltag mit dem unterschwelligen Wunsch, baldmöglichst die Koffer zu packen und dorthin zu fliegen. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.04.2019

Dem Leben mutig entgegen treten

Das Herz voller Träume
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Die Schwestern Megan und Crystal Jacobs sind zwar Zwillinge, aber ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch was ihre Gesundheit angeht. Megan musste sich aufgrund eines kranken Herzens ...

Die Schwestern Megan und Crystal Jacobs sind zwar Zwillinge, aber ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch was ihre Gesundheit angeht. Megan musste sich aufgrund eines kranken Herzens einer Transplantation unterziehen und hat das Herz der jungen Amanda, genannt Amy, bekommen. Aufgrund von Megans Krankheit wandte sich die Aufmerksamkeit in der Familie fast ausschließlich auf sie, während Crystal etwas am Rand blieb. Doch nun ist Megan auf dem Weg in ein neues Leben, was sie erst einmal mit einem Besuch bei den Eltern der Spenderin Amanda startet. Von ihnen erhält Megan neben dem Tagebuch auch eine beigefügte 25-Punkte-Wunschliste, die Amy geführt hat. Megan kommt die Idee, die Wunschträume einer Toten zu erfüllen und macht sich in Begleitung ihrer Schwester Crystal auf eine Weltreise, während der sich das Leben der beiden Schwestern für immer verändert.
Lindsay Harrel hat mit ihrem Buch „Das Herz voller Träume“ einen sehr berührenden und fesselnden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flüssig und gefühlvoll, der Leser wird mit den ersten Zeilen in das Leben der beiden Zwillingsschwestern katapultiert, um sie bei ihrer abenteuerlichen Reise zu begleiten, aber auch ihre Differenzen, Gedanken- und Gefühlswelten kennenzulernen. Aber auch Amanda „Amy“ ist oftmals präsent und wächst dem Leser ans Herz mit ihren Wünschen, die sie sich für ihr Leben vorgenommen hat, aber leider nicht mehr ausführen konnte. Die Autorin hat so einige Themen für ihre Geschichte auf der Agenda, da geht es um die Angst, wieder ein normales Leben führen zu können, die Angst um die eigene Karriere und die Angst, dem Druck der Umgebung nicht standzuhalten. Während die Schwestern mit allerlei Beziehungsstress und Ängsten unterwegs sind, kann der Leser sich eigene Gedanken machen und auch Parallelen für das eigene Leben ziehen. Ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit viel Fingerspitzengefühl lässt die Autorin ihre Protagonisten an ihren Aufgaben wachsen und ihre zwischenmenschlichen Probleme ans Tageslicht kommen. Währenddessen reist der Leser mit den beiden rund um den Globus an eindrucksvolle Orte, um immer wieder die eine oder andere Mutprobe zu bestehen und etwas Aufregung ins Leben zu bringen. Bildgewaltig und farbenfroh ist diese Reise, nicht nur, was die Orte angeht, sondern auch die Beziehung zwischen den Schwestern, deshalb besteht immer eine gewisse Spannung. Auch der Glaube spielt in diesem Buch eine Rolle und leitet die Schwestern auf ihrem Reiseweg.
Die Charaktere sind sehr individuell ausgestaltet und mit viel Leben gefüllt. Sie wirken realitätsnah und sehr glaubwürdig, was den Leser dazu verleitet, sich mit ihnen verbunden zu fühlen und sich gut in sie hineinversetzen zu können. Megan war lange Zeit aufgrund ihrer Krankheit vom Leben abgeschirmt. Nun, da sie gesund ist, fehlt ihr der Mut, hinaus in die Welt zu gehen und Normalität in ihr Leben zu bringen, alles das zu tun, worauf sie bisher verzichten musste. Ihre Wandlung ist wunderschön zu beobachten, von einer zurückhaltenden Frau wagt sie sich selbstbewusst und mutig hervor, tut Dinge, die sie vorher nicht zu träumen gewagt hätte. Crystal ist eine knallharte Karrierefrau, sie musste sich schon früh ihr Stück vom Leben sichern, denn alles drehte sich nur um Megan. Crystal will alles, beruflich wie privat, und trotzdem hängt sie dazwischen und ist unzufrieden mit sich selbst, denn sie kann es niemals allen recht machen. So steht ihre Ehe auf der Kippe, weil ihr der Mut fehlt, zu ihren Gefühlen zu stehen. Auch sie macht eine Wandlung durch, begreift, was wirklich wichtig ist im Leben, um sich glücklich zu fühlen. Ebenso überzeugen Caleb und auch Brian in der Geschichte.
„Das Herz voller Träume“ ist ein rundum gelungener Roman über Wünsche, geheime Träume, Beziehungsschwierigkeiten, Stärke und die Liebe zum Leben und den Menschen. Wunderschön erzählt mit einem kleinen Wink an den Leser, das Leben immer in vollen Zügen zu genießen und den Mut nie zu verlieren! Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.04.2019

Bedrohliche Geheimnisse

Das bedrohte Glück
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1894. Luise sich dem Willen des Vaters gefügt und Hans Petersen geheiratet, doch diese Ehe macht sie nicht glücklich, denn sie ist in Gedanken noch immer bei ihrer großen Liebe Hamza. So versucht sie, ...

1894. Luise sich dem Willen des Vaters gefügt und Hans Petersen geheiratet, doch diese Ehe macht sie nicht glücklich, denn sie ist in Gedanken noch immer bei ihrer großen Liebe Hamza. So versucht sie, sich mit der Arbeit im Hamburger Familienkontor abzulenken, denn dort ist genug zu tun. Allerdings macht ihre Schwangerschaft Luise zu schaffen, denn sowohl für ihre Karriere als auch ihre Ehe sowie ihr gesamtes Leben ist diese nicht nur eine große Umstellung. Luise hütet ein Geheimnis, dass alles zunichte machen und die Familie zudem in große Bedrängnis bringen könnte. Währenddessen versucht Onkel Karl in Wien, sein eigenes Geheimnis zu schützen, doch leider ist es gar nicht mehr so geheim, Karl droht die Bloßstellung vor seiner Familie und allen, die ihm wichtig sind…

Ellin Carsta hat mit ihrem Buch “Das bedrohte Glück” den dritten Band ihrer Hansen-Saga vorgelegt, das nahtlos an die Vorgängerbände anschließt und Einblick in den weiteren Verlauf der Familiendynastie Hansen gibt. Der Schreibstil ist flüssig und unterhaltsam zugleich, der Leser findet sich schnell sowohl in Hamburg als auch in Wien in den beiden Familienzweigen zurecht und darf sich auf weitere Abschnitte in deren Leben freuen, wobei die Gefühle und Gedanken der einzelnen Protagonisten immer wie ein offenes Buch vor ihm liegen. Die wechselnden Standorte und Perspektiven lassen die Spannung der Handlung immer wieder in die Höhe schnellen. Durch die wunderbar bildhaften Beschreibungen und die gute historische Recherchearbeit lässt die Autorin den Leser zudem mühelos in das vergangene 19. Jahrhundert reisen und erweckt diese Zeit nochmals zum Leben. Allerdings werden in diesem Band die Ereignisse in Kamerun nur sporadisch erwähnt, die Konzentration liegt vielmehr auf den Geschehnissen in Hamburg und Wien bzw. bei Luise und Karl, deren Geheimniskrämerei einiges an Spannung bietet, was sich aber leider erst zum Ende dieses Buches zeigt. Dieses Buch ist ein typischer Zwischenband, der zwar die Vorgänge zu den vorherigen Büchern logisch verknüpft, doch nicht so überraschen kann, wie die ersten beiden Bände.

Die Charaktere haben sich nicht viel weiter entwickelt, sind aber weiterhin lebendig gestaltet und vermitteln Authentizität. Man fühlt sich ihnen als Leser gleich wieder verbunden und fiebert mit ihnen mit. Luise ist eine Geschäftsfrau durch und durch. Sie hat sich dem Wunsch des Vaters gebeugt und auf ihr eigenes persönliches Glück verzichtet. Aber Luise hat sich noch immer einen kleinen Teil ihrer Träume bewahrt und hält an ihnen fest in der Hoffnung, dass sie sich vielleicht doch noch erfüllen lassen. Frederike ist in diesem Band eher eine Randfigur, ihr wird nicht viel Raum eingeräumt. Dafür ist Karl sehr präsent, er ist ein wahrer Sympathieträger. Sein Geheimnis bringt ihn an den Rand des Wahnsinns, die Situation ist fast aussichtslos und seine Schuldgefühle vergällen ihm das Leben. Auch Therese, Georg, Richard und Robert treten wieder in Erscheinung und lassen den Leser sich auf den letzten Teil dieser Familiengeschichte freuen, in der hoffentlich alle offenen Fäden verknüpft werden.

“Das bedrohte Glück” führt das Leben der einzelnen Hansen-Familienmitglieder weiter aus und lässt den Leser weiterhin an Intrigen, Geheimnissen und Familientragödien teilhaben. Nicht so spannend wie die Vorgänger, aber durchaus lesenswert, was durchaus zu einer Leseempfehlung berechtigt.

Veröffentlicht am 22.04.2019

"Gedächtnis ist das Tagebuch, das wir immer mit uns herumtragen." (Oscar Wilde)

Drei Dinge über Elsie
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Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr ...

Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr droht, sie in eine andere Einrichtung abzuschieben, da Florence als recht starr- und eigensinnige Person eigene Vorstellungen davon hat, wie ihr Leben verlaufen sollte. Und sie findet, dass sie gar nicht zwischen die ganzen Bewohner passt. Eines Tages zieht ein neuer Bewohner in das Heim und als Florence ihn zu Gesicht bekommt, erschrickt sie zu Tode, denn Ronnie Butler ist ihr bestens bekannt, aber eigentlich müsste er tot sein. Komisch nur, dass sich der Mann nun Gabriel Price nennt, was soll das bedeuten? Dann stürzt Florence in ihrer eigenen Wohnung, und während sie auf dem Boden liegt, arbeitet ihr Gehirn auf Hochtouren, denn mit Ronnie alias Gabriel verbindet sie eine bewegte Vergangenheit, die Florence erst nach und nach zusammensetzen kann…

Joanna Cannon hat mit ihrem Buch “Drei Dinge über Elsie” einen sehr unterhaltsamen und ebenso anrührenden Roman vorgelegt, der von Beginn an begeistern kann. Der Schreibstil ist flüssig, einfühlsam und gleichzeitig fesselnd, die Autorin versteht es wunderbar, ihrer Geschichte einen minutiösen Anstrich zu verleihen und dem Leser die Spannung bis zum Schluss zu erhalten. Die Geschichte beginnt um 16:48 Uhr, als Florence stürzt, und endet um 23:12 Uhr. In 13 Zeitabschnitten lässt die Autorin sowohl Florence als auch Miss Ambrose und den Hausangestellten Simon im Wechsel zu Wort kommen, dabei ist eindeutig Florence die Hauptakteurin, während Simon und Miss Ambrose ihre Sicht auf die Abläufe wiedergeben und ihre eigenen Gedanken und Gefühle ebenfalls offenlegen. Die Autorin gibt dem Leser einen guten Einblick in das Leben in einem Seniorenheim, gleichzeitig gibt sie aber auch einfühlsam den Gesundheitszustand der Einwohner sehr gut wieder und zeigt auf, wie oft einem das Gedächtnis einen Streich spielt, wenn es um Erinnerungen und wichtige Dinge geht. Auch das Thema Demenz spielt in dieser Geschichte eine Rolle und sorgt für einige Überraschungen, was die Auflösung des Puzzles betrifft, zu dem die Autorin den Leser mit ihrer Geschichte einlädt. Sehr gekonnt führt die Autorin den Leser immer wieder auf eine neue Fährte und man ist sich beim Lesen nie sicher, welche davon denn nun wirklich stimmt. Gleichzeitig stimmt die Handlung auch nachdenklich und man wünscht sich einfach, sein Gedächtnis noch lange in bester Verfassung zu wissen.

Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, besitzen individuelle Ecken und Kanten, wirken lebendig und vor allem realitätsnah. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen. Florence ist eine ältere Dame, die seit 5 Jahren in einem Seniorenheim lebt, obwohl sie den Eindruck vermittelt, dass sie lieber nicht dort wäre. Sie ist eine recht eigensinnige Person, dazu starrsinnig, lässt sich die Butter nicht vom Brot nehmen und ist auch recht gewitzt. Aber man spürt auch ihre Angst, wenn sie das Gefühl hat, die Welt spiele ihr einen bösen Streich, oder wenn Miss Ambrose wieder einmal mit einer Verlegung droht, sollte sie nicht nach deren Pfeife tanzen. Elsie ist die gute Seele, die Florence bei allem zur Seite steht. Sie ist seit Ewigkeiten Florence beste Freundin, die beiden teilen alles miteinander. Jack ist ein älterer und einfühlsamer Herr, der sich mit Florence anfreundet. Simon ist handwerklich begabt, zweifelt aber oft an sich und seinen Fähigkeiten, dabei hat er ein gutes Herz. Cheryl ist die Friseurin im Heim und hütet ein Geheimnis, das nur Florence zu ahnen scheint. Miss Ambrose fühlt sich meist zu höherem berufen, doch fehlt ihr der Mut, sich woanders zu bewerben. Auch Ronnie und weitere Bewohner geben der Handlung zusätzlichen Input und machen sie rund.

“Drei Dinge über Elsie” ist eine sehr unterhaltsame und gleichzeitig berührende Geschichte, die sich erst nach und nach entfaltet und ihren wahren Kern preisgibt. Wenn man sich erst einmal mit Florence angefreundet hat, möchte man sich gar nicht mehr von ihr trennen. Wunderbar erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet.