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Veröffentlicht am 25.08.2018

Chris Carter bleibt sich treu

Blutrausch - Er muss töten (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 9)
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Los Angeles. Das Model Linda Parker wird grausam entstellt ermordet aufgefunden. Sie wurde nicht nur gehäutet, sondern ihr fehlen auch Hände und Füße. Zudem hat der Täter ihr kunstvoll eine lateinische ...

Los Angeles. Das Model Linda Parker wird grausam entstellt ermordet aufgefunden. Sie wurde nicht nur gehäutet, sondern ihr fehlen auch Hände und Füße. Zudem hat der Täter ihr kunstvoll eine lateinische Botschaft in den Rücken geritzt. Als Detective Robert Hunter mit seinem Partner Carlos Garcia am blutbesudelten Tatort eintreffen, brennt sich dieser unvergesslich in ihre Netzhaut. Als das FBI auch noch dort erscheint und den Fall übernehmen will, da es bereits weitere Opfer gibt, gibt es zunächst Kompetenzgerangel, doch schnell wird man sich einig, dass eine gemeinsame Zusammenarbeit wesentlich produktiver ist, um den Mörder dingfest zu machen. Die Suche nach dem Mörder stellt sich als äußerst schwierig heraus und bringt die Ermittler schnell selbst in Gefahr…
Chris Carter hat mit seinem Buch „Blutrausch – Er muss töten“ den 9. Band um seine Ermittler Hunter und Garcia in Los Angeles vorgelegt, der den Vorgängern an Spannung, Grausamkeit und Nervenkitzel in nichts nachsteht. Der Schreibstil ist flüssig, schonungslos grausam und einfach nur super. Der Leser steht schon nach den ersten Seiten selbst mit am Tatort, erlebt einen Gänsehautschauer nach dem anderen und erleidet immer wieder Schnappatmung anhand der Szenen, die sich vor dem inneren Auge auftun. Das Buch klebt regelrecht an den Händen, da der Leser unbedingt bei der Mörderjagd dabei sein will und suggeriert bekommt, dass die Polizei nie schläft, bis sie den Täter dingfest gemacht hat. So leidet man lieber unter Schlafmangel als einen Moment zu verpassen, während der Adrenalinspiegel sich dauerhaft auf dem höchsten Niveau eingependelt hat. Die Handlung wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, so erfährt der Leser mal vom Opfer, mal vom Täter und dazu kommen die Ermittlungen. So steigert sich die Spannung noch zusätzlich. Carter versteht es wunderbar, seinen Täter bis wirklich ganz zum Schluss im Dunkeln zu halten, da kann der Leser Rätsel wie er will. Der Autor ist jederzeit für Überraschungen gut, so fügt er in diese Handlung einen Paukenschlag ein, der den Leser ungläubig und fassungslos zurücklässt und jede Menge Fragen aufwirft. Eine Auflösung muss man nun leider bis zum nächsten Carter-Buch abwarten.
Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet und geben einen Einblick in die reale Welt der Ermittlungen und die Arbeit der Polizei, wobei dem Leser deutlich vor Augen gehalten wird, welcher Anblick sie oftmals erwartet. Sowohl Hunter als auch Garcia in diesem Buch gezwungen, mal mit einem anderen Team zusammenzuarbeiten. Das ist für die beiden ungewohnt und birgt auch einige Schwierigkeiten. Die private und berufliche Entwicklung von Hunter und Garcia wird auch in diesem Roman vorangetrieben. Hunter bleibt sich allerdings treu, indem man seine extremen Gedankensprünge weiter verfolgen kann und sich immer wieder wundert, wie der Mann auf gewisse Dinge kommt.
„Blutrausch – Er muss töten“ ist ein Psychothriller mit absoluten Pageturner-Qualitäten. Mehr Spannung und Nervenkitzel ist kaum noch möglich. Alle Thrillerfans kommen hier voll auf ihre Kosten. Das Warten auf den nächsten Carter wird lang! Absolute Leseempfehlung für schlaflose Nächte und Gänsehautfeeling!

Veröffentlicht am 25.08.2018

Ein Kessel voll Buntes

Eine Tüte buntes Glück
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Frederike hat alles verloren, nicht nur ihren Ehemann. So wird es Zeit für einen Neuanfang, und mit all ihren verbliebenen Habseligkeiten im Auto sucht sie den in dem alten Haus ihres Großvaters auf der ...

Frederike hat alles verloren, nicht nur ihren Ehemann. So wird es Zeit für einen Neuanfang, und mit all ihren verbliebenen Habseligkeiten im Auto sucht sie den in dem alten Haus ihres Großvaters auf der dänischen Insel Fünen, wo sie als Kind jeden Sommer verbracht und mit Oma Henni zusammen Bonbons hergestellt hat. Kaum ist sie auf der Insel angekommen, stolpert sie über ihre alte Jugendliebe Rasmus, den sie nie vergessen und der sie damals so sehr enttäuscht hat. Aber auf Rasmus möchte Frederike keinen Gedanken verschwenden, hat sie doch genug mit der Renovierung des alten Hauses zu tun, dass jetzt ihrer Mutter gehört und verkauft werden soll. Doch während Frederike das Haus in Ordnung bringt, begegnet sie jeden Tag alten Freunden und ihrer Vergangenheit. Schon bald fühlt sie sich auf Fünen wieder zuhause, was auch an Oma Henni und vor allem an Rasmus liegt. Frederike würde ihre Zukunft gern hier aufbauen mit einem kleinen Bonbonparadies, doch sie kennt Rasmus‘ Geheimnis noch nicht und auch ihre alte Freundin Mille spielt ein falsches Spiel. Wird Frederike doch noch einmal das Glück finden?
Kim Henry hat mit ihrem Buch „Eine Tüte buntes Glück“ einen wunderschönen, gefühlvollen und unterhaltsamen Liebesroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, einfühlsam und bildhaft, der Leser wird schnell in die Handlung hineingesogen und darf als unsichtbarer Gast Frederike begleiten, während ihre Gedanken und Gefühle ihm offen liegen wie ein Buch. Die einzelnen Kapitel wechseln sich mit tollen Rezepturen der verschiedenen Bonbons ab, die alle gleichzeitig wie Tagebucheinträge Auszüge aus Frederikes Vergangenheit enthalten und vom Bonbonnamen her wunderbar zum darauf folgenden Kapitel passen. Die Autorin beschreibt einfühlsam, wie einsam Frederikes Weg für lange Zeit war, denn durch kriminelle Machenschaften ihres Ehemanns war sie eine Gebrandmarkte, die Freunde verlor und mit ihnen jegliche seelische Unterstützung, um die schlimme Lage durchzustehen. Auch die Themen Eifersucht, falsche Entscheidungen, Standesdenken und Eltern, die ihre Kinder in eine Karriere pressen wollen, werden hier angesprochen und gut in die Handlung eingewebt. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig und wunderschön, geben sie dem Leser doch das Gefühl, selbst über die Insel zu streifen und sich den Meereswind um die Nase wehen zu lassen, während man am Strand entlang streift.
Die Charaktere sind ausnahmslos sehr individuell angelegt und detailliert ausgearbeitet. Jedem von ihnen wurde von der Autorin Leben eingehaucht und nach einer Weile fühlt sich der Leser bereits als Teil der alten Clique. Frederike ist eine sympathische Frau, die schon einiges einstecken musste. Von einer lieblosen Mutter in jungen Jahren schon eine musikalische Karriere getrieben, hat sie bei ihren Großeltern ein richtiges Zuhause nur im Sommer erlebt. Frederike ist einfühlsam, fleißig und gleichzeitig einsam, denn sie muss allein wieder auf die Füße kommen, nachdem ihr Mann sich feige aus der Affäre gezogen hat. Sie krempelt mutig die Ärmel hoch und steht ihre Frau. Gleichzeitig sehnt sie sich nach einer starken Schulter zum Anlehnen und nach einem glücklichen Leben. Oma Henni ist die Seele der Geschichte. Sie ist eine liebevolle Frau, die sich um alles und jeden kümmert. Rasmus ist ein intelligenter Mann, der in einer Zwickmühle steckt. Er ist warmherzig und ebenso trägt er ein Geheimnis, das viel Schaden anrichten kann. Julia ist Frederikes einzige verbliebene Freundin. Sie ist Ärztin und eine treue Seele, die auf einmal selbst dem Glück gegenübersteht, das sie gar nicht gesucht hat. Mille ist eine alte Freundin aus Frederikes Jugendtagen. Sie ist unterkühlt, selbstsüchtig und eifersüchtig. Auch die weiteren Protagonisten tragen zur rundum gelungenen Handlung bei.
„Eine Tüte buntes Glück“ ist ein wunderschöner Liebesroman, dessen Hauptthemen Hoffnung, alte Freunde, Träume und ein Neuanfang sind. Tolle Lektüre, die man nicht aus der Hand legen kann und die eine absolute Leseempfehlung verdient hat!

Veröffentlicht am 25.08.2018

Das alte Versprechen

Zwischen uns ein ganzes Leben
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Washington. Die junge Französin Béatrice bekommt während ihrer Arbeit bei der Weltbank arge Probleme und ist froh, durch die Versetzung ins Archiv erst einmal aus der Schusslinie zu kommen. Sie hat den ...

Washington. Die junge Französin Béatrice bekommt während ihrer Arbeit bei der Weltbank arge Probleme und ist froh, durch die Versetzung ins Archiv erst einmal aus der Schusslinie zu kommen. Sie hat den Wunsch, sich ehrenamtlich zu engagieren und trifft so als Betreuerin auf die schwer kranke und pflegebedürftige Jacobina, eine etwas schrullige alte Dame, die es Béatrice zu Beginn nicht leicht macht. Doch je mehr Zeit die beiden Frauen miteinander verbringen, umso mehr taut Jacobina auf und vertraut sich Béatrice an, denn sie benötigt deren Hilfe, um ein 50-Jahre altes Versprechen einzulösen dass Jacobina einst ihrem Vater am Sterbebett gegeben hat. Béatrice soll für Jacobina deren unbekannte Halbschwester Judith finden, die seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen ist. Béatrice ist neugierig und von der Geschichte so fasziniert, dass sie sich sofort auf Spurensuche begibt. Dabei trifft sie auf Gregoire, der ihr Herz zum Flattern bringt. Ob es Béatrice mit Jacobinas und Gregoires Hilfe gelingt, Judith tatsächlich aufzuspüren?
Melanie Levensohn hat mit ihrem Buch „Zwischen uns ein ganzes Leben“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, er lässt den Leser schnell in die Geschichte eintauchen, wo er mal in der Gegenwart an Béatrices Seite bei der Suche nach Judith dabei ist, mal ins Jahr 1940 nach Paris reist, um dort die junge jüdische Studentin Judith und ihre große Liebe zum Bankierssohn Christian mitzuerleben und sich die schlimme Nazizeit wieder vor Augen führen zu lassen. Die Handlung lebt von den wechselnden Perspektiven, die zum einen die Gegenwart und Suche nach der Nadel im Heuhaufen beschreiben, zum anderen die Vergangenheit wieder lebendig werden lassen. Jedoch sind die Übergänge nicht so fließend, wie man es sich als Leser wünschen würde. Auch kommt der Gegenwartspart gegenüber der Vergangenheit viel zu kurz, wodurch ein Ungleichgewicht entsteht und das Gesamtpaket nicht mehr so harmonisch wirkt. Unglücklicherweise ist die Geschichte aber auch oftmals übertrieben und überzogen, so dass der Leser sich nicht völlig wohl mit ihr fühlt. Die Autorin, von der eigenen Familiengeschichte inspiriert, lässt die grausame Zeit des Naziregimes und die Judenverfolgung ebenso wieder aufleben, wie sie auch den Gegenwartsteil mit der nun einsamen und bedürftigen Jacobina dem Leser näher bringt. Der geschichtliche Hintergrund wurde gut in die Handlung eingeflochten und lässt sie dadurch realitätsnah wirken.
Die Charaktere sind interessant ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie besitzen individuelle Eigenschaften, so dass der Leser seine Sympathien verteilen und mit den Protagonisten fühlen und leiden kann. Béatrice sollte mit über Vierzig eigentlich eine intelligente Frau sein, die für ihr Alter recht oft widersprüchliche Reaktionen zeigt. Sie wirkt naiv und einfältig, geradezu leblos. Sie lässt sich herumschubsen und alles mit sich machen. Man wartet regelrecht darauf, dass sie mal mit der Faust auf den Tisch haut. Béatrices Entwicklung innerhalb dieses Romans wirkt wenig glaubwürdig, weshalb es schwer fällt, sich in sie hineinzuversetzen. Jacobina ist eine verdrießliche alte Dame, die eher mundfaul ist und wenig Interesse an ihrer Umwelt zeigt. Deshalb wirken ihre Schuldgefühle gegenüber dem alten Versprechen nicht gerade glaubwürdig. Auch Judith ist ein recht eigenwilliger Charakter. Als junge jüdische Studentin im naziverseuchten Paris sollte man meinen, dass sie sich mehr vorsieht und sich darum kümmert, unauffällig zu sein und andere nicht in Gefahr zu bringen. Sie zeigt keinerlei Verständnis für die politische Lage und hofft doch, dass andere sie unterstützen und sie retten. Christian ist der einzige Charakter, der Sympathie verdient. Er ist ein warmherziger und liebevoller Mann, der sich um seine Liebe sorgt, ihr jegliche Hilfe angedeihen lässt und sich selbst in große Gefahr bringt, um andere zu schützen.
„Zwischen uns ein ganzes Leben“ ist ein historischer Roman mit einer Familien- und einer Liebesgeschichte, aber auch einen Blick zurück in die Nazizeit. Leider fehlt es ihm durch Übertreibungen an Glaubwürdigkeit und Tiefgang innerhalb der Handlung. Für zwischendurch ganz nett, aber nicht herausragend. Eingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 25.08.2018

Augen zu und durch

Der Blaubeergarten
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Greer O‘Reilly ist eine alleinerziehende Mutter, die mit ihrer kleinen Tochter Sophie in Australien lebt und in einer PR-Agentur arbeitet. Ihr Ex-Freund Nick ist Fotograf und überall auf der Welt zuhause, ...

Greer O‘Reilly ist eine alleinerziehende Mutter, die mit ihrer kleinen Tochter Sophie in Australien lebt und in einer PR-Agentur arbeitet. Ihr Ex-Freund Nick ist Fotograf und überall auf der Welt zuhause, deshalb hat er sie mit dem Kind sitzenlassen. Irgendwie bekommt sie ihr Leben nicht auf die Reihe, sie kann nicht wirklich für ihre Tochter da sein, da ihr der Job alles abverlangt und ihre Chefin auch nicht viel Rücksicht darauf nimmt, dass sie ein Kind hat. Deshalb verliert Greer auch dann ihre Arbeit und muss sich etwas Neues für sich und ihre Tochter ausdenken. Ein Immobilieninserat über eine Blaubeerplantage in Huntley weckt in ihr den Wunsch, diese zu erwerben und mit Sophie nochmals ganz neu anzufangen. Charlie, der ehemalige Eigentümer der Plantage, ist ein alter Kauz und weigert sich, sein altes Zuhause zu verlassen. Da hat Greer alle Hände voll zu tun, sich gegen Charlie und vor allem gegen seinen Sohn Warren zu wappnen. Ob es ihr wohl gelingt, mit Sophie auf der Plantage heimisch zu werden?
Glenna Thomson hat mit ihrem Debüt „Der Blaubeergarten“ einen leichten Unterhaltungsroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser nach kleinen Anfangsschwierigkeiten gut in die Geschichte eintauchen. Schnell steht er unsichtbar an Greers Seite und erlebt ihr kompliziertes Leben und ihre anfängliche Pechsträhne hautnah mit. Die Autorin gibt neben der Geschichte auch einen guten Einblick über den Anbau und die Ernte von Blaubeeren, was recht informativ ist. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr detailliert und farbenfroh, so dass der Leser alles sehr gut vor Augen hat. Auch die Thematik, wie schwer es alleinerziehende Mütter haben, Beruf und Kind unter einen Hut zu bringen, während die Arbeitgeber wenig Rücksicht darauf nehmen, kommt in der Handlung gut zum Ausdruck.
Die Charaktere sind individuell ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken lebendig und authentisch. Gleichzeitig bleiben die meisten von ihnen auch recht unnahbar, so dass es dem Leser schwer fällt, mit ihnen zu fühlen und sich in sie hineinzuversetzen. Greer ist eine Frau, die es nicht leicht hat in ihrem Leben. Sie muss allein für sich und ihre Tochter sorgen, ist auf ihre Arbeit angewiesen. Dabei kommt ihr Kind leider zu kurz, was ihr natürlicherweise ein schlechtes Gewissen verursacht. Greer wirkt oftmals kopflos und leider auch sehr naiv. Sie lässt sich mit einem Kunden ein, ohne wirkliche Gefühle für ihn zu hegen. Dann trifft sie von jetzt auf gleich weitreichende Entscheidungen, ohne groß darüber nachzudenken nach dem Motto „alles ist besser als was ich jetzt habe“. Tochter Sophie wirkt dagegen wie ein typisches kleines Mädchen, die gern mehr Zeit mit ihrer Mutter verbringen würde. Charlie ist zwar ein grantiger alter Kerl, aber er hat das Herz auf dem rechten Fleck. Er ist hilfsbereit und „ein alter Baum, den man nicht mehr verpflanzt“. Kein Wunder, dass er sich an sein Zuhause klammert. Auch die weiteren Protagonisten geben der Handlung zusätzlichen Input.
„Der Blaubeergarten“ ist ein locker-leichter Roman über einen Neuanfang mit Zuckerguß, der dem Leser kurzweilige Unterhaltung bietet. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 11.08.2018

"Für jene, die leiden im wilden Meer"

Beim Ruf der Eule
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Die fast 80-jährige Maeve Maloney führt das Sea View Lodge, das sie von ihren Eltern übernommen hat und schon immer ihr Elternhaus war. Ihre Gäste sind von besonderer Art, denn sie sind gehandicapt. Besonders ...

Die fast 80-jährige Maeve Maloney führt das Sea View Lodge, das sie von ihren Eltern übernommen hat und schon immer ihr Elternhaus war. Ihre Gäste sind von besonderer Art, denn sie sind gehandicapt. Besonders Len und Steph gibt sie ein Zuhause und kümmert sich rührend um die beiden. Eines Tages wird Maeve durch den Besuch ihres alten Jugendfreundes Vincent Roper überrascht. Die beiden haben sich sehr lange nicht gesehen, der Kontakt war mehr oder weniger sporadisch, denn Maeve hat Vincent nach einer geplatzten Hochzeit vor über 50 Jahren aus ihrem Leben gejagt. Aber Vincent blieb über all die Jahre hartnäckig und schrieb Briefe und Postkarten. Durch sein Auftauchen wird für Maeve allerdings die Vergangenheit wieder sehr präsent, erinnert er sie doch an ihre Zwillingsschwester Edie, die sie über alles geliebt hat…
Emma Claire Sweeney hat mit ihrem Buch „Beim Ruf der Eule“ einen wunderschönen und gefühlvollen Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und trägt den Leser direkt in die Handlung hinein. Der Leser schaut von Beginn an über Maeves Schulter und erlebt sie beim Führen und Agieren in ihrer Pension und mit ihren Gästen. Dabei erhält er einen sehr guten Einblick in Maeves Gedanken- und Gefühlswelt. Die Handlung beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Gegenwart, sondern wird immer wieder durch Einschübe unterbrochen, die entweder Maeves Rückblenden an die Vergangenheit oder Gedanken von Edie beinhalten, dazu gibt es Arztberichte und Briefe von anderen Protagonisten, die Licht in einzelne Situationen der Geschichte bringen und zum besseren Verständnis beitragen. Gerade durch die verschiedenen Blickwinkel wird dem Leser das Gefühl gegeben, alles hautnah mitzuerleben und die Gedanken und Reaktionen der Protagonisten nachvollziehen zu können. Die Autorin beschäftigt sich in ihrem Roman sehr einfühlsam mit einem schwierigen Thema, da sie diesbezüglich eigene Erfahrungen gemacht hat. Das Leben mit einem behinderten Familienmitglied ist für alle Angehörigen anstrengend, kräftezehrend und von Entbehrungen geprägt. Gleichzeitig wird ihr Leben durch viele schöne und außergewöhnliche Momente bereichert und lässt sie sehr viel enger zusammenrücken. Erschütternd zu lesen waren die Ansichten der Ärzte über eine mögliche Sterilisierung aufgrund der jeweiligen Erkrankung, wenn sie auch durchdacht und bis zu einem gewissen Grad verständlich sind.
Die Charaktere sind einzigartig ausgearbeitet und wirken deshalb umso glaubwürdiger und lebendiger. Der Leser hat das Gefühl, als könne er sie leibhaftig vor sich sehen und kommt ihnen während der Lektüre wahnsinnig nah. Dabei bleibt es nicht aus, dass die Achterbahn der Gefühle, die sich durch die Geschichte zieht, auch den Leser erwischt. Maeve ist inzwischen eine alte Dame, die immer noch sehr energisch ihre Pension sowie ihre Angestellten und ihre Gäste im Griff hat. Sie wirkt wie eine selbstbewusste Frau, doch in ihren Gedanken an die Vergangenheit ist sie eher weich und voller Empathie, oftmals ängstlich und mit wenig Selbstbewusstsein ausgestattet. Sie leidet seit Ewigkeiten unter Schuldgefühlen und man hofft als Leser einfach, dass sie endlich mit sich selbst Frieden schließen kann. Len und Steph sind zwei Pensionsbewohner mit Down Syndrom, um die sich Maeve liebevoll kümmert und für die sie die Verantwortung auf sich genommen hat. Die beiden wirken ein wenig chaotisch, aber herrlich normal, während sie die erste Liebe entdecken. Zenka ist die gute Seele der Pension, ein Mädchen für alles, die so liebevoll mit allen umgeht und nie ein böses Wort ihre Lippen verlässt. Vincent ist ein ruhiger und zurückhaltender Mann, der Maeve wohl schon immer sehr geliebt hat und als einziger um Maeves Vergangenheit und ihre Schicksalsschläge weiß. Auch die übrigen Protagonisten wie Lens Mutter Dot, Dave oder auch die Sozialarbeiterin spielen wichtige Rollen in der Handlung und geben zusätzliche Spannung.
„Beim Ruf der Eule“ ist ein rundum gelungener emotionaler und auch nachdenklich stimmender Roman, den man nicht einfach mal eben so liest. Die Autorin nimmt den Leser an die Hand und führt ihn durch verschiedene miteinander verwobenen Lebenläufe, die sich immer wieder in einer Ausnahmesituation befinden, aber gleichzeitig auch so bereichernd und voller Liebe sind. Ein wunderbares und besonderes Buch, dessen Geschichte noch lange bleibt, während die letzte Seite gelesen ist. Absolute Leseempfehlung für eine echte Entdeckung!