Lebensbilanz auf Sizilien
Die Lichter unter unsFür Anna, Ehemann Jo und die Kinder Bruno und Judith steht ein gemeinsamer Urlaub in Taormina auf Sizilien an. Dort wollen sie abschalten und ihre Sorgen hinter sich lassen, die ihnen das tägliche Miteinander ...
Für Anna, Ehemann Jo und die Kinder Bruno und Judith steht ein gemeinsamer Urlaub in Taormina auf Sizilien an. Dort wollen sie abschalten und ihre Sorgen hinter sich lassen, die ihnen das tägliche Miteinander schwer machen. An jenem Ort war Anna nach ihrer Hochzeit mit ihrem Mann in den Flitterwochen. Doch kaum sind sie dort angekommen, verfällt Anna ins Grübeln, stellt sie doch Überlegungen an, was von ihren damaligen Träumen und Plänen Wahrheit geworden ist und was in all den Jahren auf der Strecke geblieben ist. Eines Tages lernt sie Alexander kennen, der so unbeschwert sein Leben genießt zusammen mit seinem Sohn und seiner Freundin Zoe, die mit dem gemeinsamen Kind schwanger ist. Anna verfällt immer mehr in eine Sinnkrise und macht es dadurch gleichzeitig ihrer Familie schwer, die Ferien als Auszeit zu genießen. Wird sich Anna wieder fangen und ihrem Leben eine neue Chance geben?
Verena Carl hat mit ihrem Buch „Die Lichter unter uns“ einen recht komplizierten Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und teilweise sogar melancholisch zu nennen, fängt er doch die Grundstimmung des Grübelns und die Selbstzweifel der Protagonisten auf. Allerdings kann die Handlung nicht richtig fesseln aufgrund der Oberflächlichkeit in der Ausarbeitung, wodurch sich schnell Langeweile einstellt. Durch die wechselnden Erzählperspektiven erfährt der Leser viel über das Gefühlsleben von Anna und ihre Frustration in Bezug auf das Leben, das sie führt sowie über Alexander und dessen Familienleben, wobei der Leser immer auf Distanz bleibt. Aufgrund von Reflexionen erfährt man auch einiges aus der Vergangenheit der Charaktere. Anstatt den Urlaub wirklich als Ferien zu betrachten, verfallen die Protagonisten in eine regelrechte Sinnkrise oder geben Dinge vor, die nicht so sind. Einzig die stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen des Urlaubsortes auf Sizilien können überzeugen und spiegeln ein wenig die Ferienstimmung wieder.
Die Charaktere sind recht schlicht gehalten, sollen sie doch alltägliche Personen darstellen, mit denen sich der Leser identifizieren kann, was leider gar nicht gut gelingt. Keiner von ihnen strahlt viel Sympathie aus, so dass man sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen kann. Anna ist Mitte Vierzig und mit ihrem Leben unzufrieden, sie wirkt ständig genervt von Mann und Kindern und wünscht sich, aus allem ausbrechen zu können. Gleichzeitig hinterlässt sie das Bild einer missgünstigen Frau, die anderen ihr Glück neidet. Die Blicke eines fremden Mannes lassen ihr Herz höher schlagen und sich erniedrigen, nur um dieses Kribbeln nochmals zu empfinden. Ehemann Jo ist ein Langweiler, der ständig im Netz unterwegs ist, sich allerdings rührend um die gemeinsame Tochter kümmert. Er lebt selbst ein unehrliches Leben, denn er wagt nicht, zu dem zu stehen, wer er ist. Alexander ist ein erfolgreicher Anwalt, der auf andere selbstsicher und unbeschwert wirkt. Aber insgeheim fürchtet er sich vor dem Altern und auch sonst ist in seiner Familie nicht alles zum Besten bestellt.
„Die Lichter unter uns“ ist ein Roman mit wenig sympathischen Charakteren und zähem Handlungsverlauf. Durch die durchweg hadernden und frustrierten Gefühlswelten der Protagonisten wird das Gefühl von etwas Harmonie und Feriengefühl übermächtig und das Ende des Buches regelrecht herbeigesehnt. Nicht für jeden geeignet, deshalb eine eingeschränkte Leseempfehlung.