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Veröffentlicht am 05.05.2018

Lebensbilanz auf Sizilien

Die Lichter unter uns
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Für Anna, Ehemann Jo und die Kinder Bruno und Judith steht ein gemeinsamer Urlaub in Taormina auf Sizilien an. Dort wollen sie abschalten und ihre Sorgen hinter sich lassen, die ihnen das tägliche Miteinander ...

Für Anna, Ehemann Jo und die Kinder Bruno und Judith steht ein gemeinsamer Urlaub in Taormina auf Sizilien an. Dort wollen sie abschalten und ihre Sorgen hinter sich lassen, die ihnen das tägliche Miteinander schwer machen. An jenem Ort war Anna nach ihrer Hochzeit mit ihrem Mann in den Flitterwochen. Doch kaum sind sie dort angekommen, verfällt Anna ins Grübeln, stellt sie doch Überlegungen an, was von ihren damaligen Träumen und Plänen Wahrheit geworden ist und was in all den Jahren auf der Strecke geblieben ist. Eines Tages lernt sie Alexander kennen, der so unbeschwert sein Leben genießt zusammen mit seinem Sohn und seiner Freundin Zoe, die mit dem gemeinsamen Kind schwanger ist. Anna verfällt immer mehr in eine Sinnkrise und macht es dadurch gleichzeitig ihrer Familie schwer, die Ferien als Auszeit zu genießen. Wird sich Anna wieder fangen und ihrem Leben eine neue Chance geben?
Verena Carl hat mit ihrem Buch „Die Lichter unter uns“ einen recht komplizierten Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und teilweise sogar melancholisch zu nennen, fängt er doch die Grundstimmung des Grübelns und die Selbstzweifel der Protagonisten auf. Allerdings kann die Handlung nicht richtig fesseln aufgrund der Oberflächlichkeit in der Ausarbeitung, wodurch sich schnell Langeweile einstellt. Durch die wechselnden Erzählperspektiven erfährt der Leser viel über das Gefühlsleben von Anna und ihre Frustration in Bezug auf das Leben, das sie führt sowie über Alexander und dessen Familienleben, wobei der Leser immer auf Distanz bleibt. Aufgrund von Reflexionen erfährt man auch einiges aus der Vergangenheit der Charaktere. Anstatt den Urlaub wirklich als Ferien zu betrachten, verfallen die Protagonisten in eine regelrechte Sinnkrise oder geben Dinge vor, die nicht so sind. Einzig die stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen des Urlaubsortes auf Sizilien können überzeugen und spiegeln ein wenig die Ferienstimmung wieder.
Die Charaktere sind recht schlicht gehalten, sollen sie doch alltägliche Personen darstellen, mit denen sich der Leser identifizieren kann, was leider gar nicht gut gelingt. Keiner von ihnen strahlt viel Sympathie aus, so dass man sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen kann. Anna ist Mitte Vierzig und mit ihrem Leben unzufrieden, sie wirkt ständig genervt von Mann und Kindern und wünscht sich, aus allem ausbrechen zu können. Gleichzeitig hinterlässt sie das Bild einer missgünstigen Frau, die anderen ihr Glück neidet. Die Blicke eines fremden Mannes lassen ihr Herz höher schlagen und sich erniedrigen, nur um dieses Kribbeln nochmals zu empfinden. Ehemann Jo ist ein Langweiler, der ständig im Netz unterwegs ist, sich allerdings rührend um die gemeinsame Tochter kümmert. Er lebt selbst ein unehrliches Leben, denn er wagt nicht, zu dem zu stehen, wer er ist. Alexander ist ein erfolgreicher Anwalt, der auf andere selbstsicher und unbeschwert wirkt. Aber insgeheim fürchtet er sich vor dem Altern und auch sonst ist in seiner Familie nicht alles zum Besten bestellt.
„Die Lichter unter uns“ ist ein Roman mit wenig sympathischen Charakteren und zähem Handlungsverlauf. Durch die durchweg hadernden und frustrierten Gefühlswelten der Protagonisten wird das Gefühl von etwas Harmonie und Feriengefühl übermächtig und das Ende des Buches regelrecht herbeigesehnt. Nicht für jeden geeignet, deshalb eine eingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 05.05.2018

Fatale Leidenschaft

Alles Begehren
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Als Kate Andrews und Callum McGregor sich zum ersten Mal 1985 in einer Bar in Schottland über den Weg laufen, ist sie eine lebensbejahende 21-jährige Schauspielstudentin und er ein 36-jähriger Familienvater. ...

Als Kate Andrews und Callum McGregor sich zum ersten Mal 1985 in einer Bar in Schottland über den Weg laufen, ist sie eine lebensbejahende 21-jährige Schauspielstudentin und er ein 36-jähriger Familienvater. Die können sich der gegenseitigen Anziehung nicht entziehen und stürzen sich Hals über Kopf in eine Affäre, die erst durch die Entdeckung von Callums Ehefrau Belinda ein jähes Ende findet. 17 Jahre gehen ins Land, Kate ist inzwischen mit Matt verheiratet und Mutter einer Tochter, gleichzeitig ist sie als Schauspielerin erfolgreich, da steht ihr Callum plötzlich wieder gegenüber. Die Begegnung wirbelt beider Leben kräftig durcheinander und stürzt sie in ein Gefühlschaos. Wie wird sich ihrer beider Leben verändern?
Ruth Jones hat mit ihrem Buch „Alles Begehren“ einen sehr unterhaltsamen und emotionalen Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und fesselt den Leser von der ersten Seite an. Die Geschichte wird auf verschiedenen Perspektiven erzählt, so dass der Leser einen guten Rundumblick aus erster Hand über die Gedanken und Gefühle von Callum, Kate, Matt und Belinda erhält. Gleichzeitig wird durch den Wechsel zwischen den Jahren 1985 und 2002 dem Leser Einblick in Callums und Kates gemeinsame Geschichte in der Vergangenheit geliefert, um die Beziehung der beiden besser zu verstehen. Gleichzeitig erfährt er aber auch, was die beiden in der Zwischenzeit bis zur erneuten Begegnung alles wiederfahren ist. Die Autorin erzählt die Geschichte mit viel Geschick, ohne sie besonders auszuschmücken, sondern recht nachvollziehbar und bedient sich dabei auch recht schwieriger Themen wie Alkoholismus, Magersucht und Depressionen, die sie aber sehr glaubhaft in die Handlung hineinwebt und so den Leser manche Dinge besser verstehen lässt.
Die Charaktere sind sehr schön ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken sehr menschlich sowohl aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften als auch in Hinblick auf ihre Gefühls- und Gedankenwelt, was sie sehr authentisch macht. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen. Callum ist ein freundlicher Mann, der eigentlich ein glückliches Leben mit seiner Familie führt. Aber das reicht ihm nicht, er lässt sich von seinem Begehren steuern und verliert dabei den Blick auf die wesentlichen Dinge, die ihm Sicherheit geben. Er geht Risiken ein und oftmals wirkt er einfach dumm, weil er nicht darüber nachdenkt, was ihn das alles kosten wird. Kate ist eine sehr selbstbewusste und starke Frau, die sich einfach nimmt, was sie will ohne Rücksicht auf Verluste. Ihre Ehe macht sie nicht glücklich, dafür trauert sie immer noch der Vergangenheit und Callum hinterher. Gleichzeitig ist sie von vielen Ängsten befallen, und kämpft gegen einige Dämonen, unter anderem gegen Depressionen an. Vielleicht, weil sie doch nicht alles bekommen hat, was sie sich erträumte? Auch die weiteren Protagonisten wie Callums Ehefrau Belinda und Kates Mann Matt sind sehr gut dargestellt und geben der Handlung zusätzlichen Input.
„Alles Begehren“ ist ein gekonnt erzählter fesselnder Roman über Vertrauen, Betrug, Liebe und Begehren und über die Folgen, die daraus entstehen, weil viele andere Menschen wie ein Sog mit in eine schicksalshafte Spirale gezogen werden. Absolute Leseempfehlung für eine Entdeckung!

Veröffentlicht am 01.05.2018

Die Magie der Farben - das Kaleidoskop der Liebe

Die Fäden des Glücks
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Schon als junges Mädchen hat Carlotta in der Turiner Oper, wo ihre selbstbewusste Mutter Mimi als Gewandschneiderin arbeitet, Zuflucht vor den Verspottung anderer Kinder gesucht, die sie als dick und unansehnlich ...

Schon als junges Mädchen hat Carlotta in der Turiner Oper, wo ihre selbstbewusste Mutter Mimi als Gewandschneiderin arbeitet, Zuflucht vor den Verspottung anderer Kinder gesucht, die sie als dick und unansehnlich bezeichnet haben. Nur Daniele, der Sohn des Stofffabrikanten Giordano, ist ihr ein enger Freund und die beiden erleben so manche Abenteuer in dem Opernhaus, bis Daniele in ein Internat muss und Carlotta nie wieder etwas von ihm hört, ihn über all die Jahre aber schmerzlich vermisst. Nun besitzt Carlotta, die inzwischen zu einer schönen und selbstbewussten Frau geworden ist und insgeheim vom Bereisen der Welt träumt, zusammen mit ihren jüngeren Schwestern Rosina und Susa die kleine Damenschneiderei „La Cerentola“ in Turin. Die drei lieben es, in bunten Stoffen und leuchtenden Farben zu schwelgen und den Kundinnen, die ihr Geschäft betreten, eine individuelle Kreation auf den Leib zu schneidern, der ihrer Persönlichkeit Ausdruck verleiht und sie sich wie neugeboren fühlen zu lassen. Vor allem Carlotta lässt es sich nicht nehmen, jedem Kunden eine geheime Botschaft in den Saum zu sticken, auf dass dieser Wunsch sich erfüllen möge. Als Carlotta eines Tages die geerbte Weberei ihres Vaters verkaufen möchte, trifft sie in dem interessierten Käufer auf Vincenzo Giordano, den Vater von Daniele, der kurz davor ist, sein Unternehmen an seinen Sohn zu übertragen, um dann seinen Lebensabend im Ausland zu verbringen. Wird Carlotta auf ihren alten Jugendfreund treffen, den sie immer schon geliebt hat? Oder hat das Leben etwas anderes mit Carlotta vor?
Julia Fischer hat mit ihrem Buch „Die Fäden des Glücks“ einen sehr fesselnden und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur mit Worten in einen Farbenrausch versetzt, sondern auch den Hauch italienischen Flairs und dem wundervollen Gefühl von Liebe, Sinnlichkeit und stilvoller Mode so nah bringt, dass es eine wahre Pracht ist. Der Schreibstil ist flüssig, detailreich und bildgewaltig, der Leser taucht nicht nur in dramatische Opernszenen ein, sondern auch in melancholische Erinnerungen und in pure Lebensfreude. Durch die lebhaften und farbenfrohen Beschreibungen der Autorin wird ein Streifzug durch Turin und seine Umgebung zu einem wahren Highlight, denn der Leser darf es hautnah erleben und ist doch unsichtbar mal an der Seite von Carlotta, Vincenzo, Mimi, Pasquale oder einer Kundin, die sich gerade überlegt, ob sie den Mut hat, die Schneiderei zu betreten, um ihr Leben zu verändern. Das Handwerk der Schneiderei wird so wunderbar in diesem Buch zelebriert, dass das Annähen von Glasperlknöpfen einem fast die Tränen in die Augen treibt, so hoffnungsvoll anmutig und traurig zugleich ist die Situation. Durch die eingewebten Verwicklungen der Personen untereinander und die nicht vorhersehbaren Wendungen ist der Leser immer wieder zum Mitdenken animiert, wie sich die Lage wohl weiter entwickeln wird. Die Autorin hat ein wunderschönes und märchenhaftes Kaleidoskop von Farben geschaffen, die je nach Lichteinstrahlung immer wieder anders leuchten, mal vorherrschen oder sich zurücknehmen und untermalt werden von den sinnlich schönen Tönen mancher Opernarie, die von Verlust, Leid, Hoffnung oder Liebe erzählen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und individuell ausgestaltet worden, die in ihrer Denk- und Handlungsweise alle sehr real und doch auch irgendwie märchenhaft anmuten. Es gibt den etwas schrulligen und klapprigen Butler, der auch eine kriminelle Energie zu besitzen scheint, die man gar nicht glauben will. Der Rüstmeister der Oper ist der ewig Verschmähte, der seiner Angebeteten immer zur Seite steht und vielleicht wird er doch endlich einmal von ihr erhört. Carlotta ist eine Frau, die anderen Träume erfüllt, vielleicht weil sie selbst nicht die Courage besitzt, ihre zu leben? Vincenzo ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der lieber in Stoffen und Farben schwelgt, als sich mit dem eigentlichen Business zu befassen. Ergreift er deshalb lieber die Flucht, in dem er das Geschäft seinem Sohn übergibt? Beatrice ist eine Goldgräberin und hält am liebsten selbst die Fäden in der Hand. Daniele will das Unternehmen in die Zukunft führen, noch es fehlt ihm die Leidenschaft für das, was er tut. Er hat sich selbst noch nicht gefunden und sucht danach. Mimi ist eine selbstbewusste Frau, die Angst vor Bindungen hat, dafür aber drei Töchter von nur ihr bekannten Vätern und einen sehr individuellen Geschmack, mit dem sie immer wieder aus der Menge heraussticht. Selbst die Protagonisten sind hier ein vielfältiger bunter Strauß von Individuen, die allerdings hervorragend miteinander harmonieren und der Geschichte auch gerade dadurch Einzigartigkeit verleihen. Man kann sie fast alle nur lieben!
„Die Fäden des Glücks“ ist ein zauberhafter gesponnener und gewebter Traum von Farben, Erinnerungen, Hoffnungen, Musik und vor allem der Liebe, der sich in das Herz des Lesers bohrt und sich dort verhakt – es gibt kein Entrinnen. Chapeau, besser geht es nicht!!! Absolute Leseempfehlung für ein sehr gelungenes Kleinod!

Veröffentlicht am 30.04.2018

Das Leben besteht nicht nur aus Erinnerungen...

Die Frauen von Long Island
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Maggie hat jeden Tag aufs Neue damit zu kämpfen, sich und ihre kleine Tochter Lucy durchzubringen. Das Geld ist immer knapp, da kommt die Nachricht genau zur rechten Zeit, in der ihr mitgeteilt wird, dass ...

Maggie hat jeden Tag aufs Neue damit zu kämpfen, sich und ihre kleine Tochter Lucy durchzubringen. Das Geld ist immer knapp, da kommt die Nachricht genau zur rechten Zeit, in der ihr mitgeteilt wird, dass sie die Erbin eines Strandhauses in Sag Harbor in den Hamptons ist. Maggie kann es gar nicht kaum fassen, allerdings hat das Erbe eine Auflage, denn sie muss sich fortan um die 82-jährige Edith kümmern, die ebenfalls in dem Haus lebt und an Alzheimer leidet. Maggie tritt das Erbe an und zieht mit ihrer Tochter ins Haus, doch zwischen Edith und Maggie stehen von Beginn an die Zeichen auf Sturm. Edith macht Maggie das Leben schwer und diese hat keine Lust auf die ständige Nörgelei der alten Dame. Erst Ediths Freundin Ester, die den beiden Frauen mal deutlich ins Gewissen redet, glättet die Wogen etwas. Und je länger Edith und Maggie unter einem Dach leben, umso mehr wird daraus eine kleine Gemeinschaft, von denen jeder für sich schon so manchen Schicksalsschlag verkraften musste…
Zoe Fishman hat mit ihrem Buch „Die Frauen von Long Island“ einen sehr berührenden und gleichzeitig fesselnden Roman vorgelegt, der den Leser von Beginn an zu faszinieren weiß. Der Schreibstil ist flüssig, einfühlsam und mit einer Prise Witz gespickt. Schnell taucht der Leser in die Welt von Maggie und Edith ein und kann anhand ihres Altersunterschiedes die verschiedenen Ansichten, Gedanken und Gefühle aus erster Hand erfahren. Die Autorin hat sich mit der Krankheit Alzheimer ein schwieriges Thema ausgewählt und beschreibt sehr sensibel und gleichzeitig ehrlich die Symptome und die Auswirkungen, die es auf Edith und ihre Erinnerungen hat sowie die direkte Folge für Maggie, wenn diese davon betroffen ist. Wunderbar ist auch der Humor, der oftmals hinter mancher Aussage von Edith steckt, auch wenn es eine Art Galgenhumor ist, mit dem sie ihre Unzulänglichkeit zu überspielen versucht, während ihr nur allzu klar ist, wie sehr die Krankheit sie immer mehr in ihrem Netz gefangen hält.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und wirken jeder auf seine Art sehr individuell und authentisch. Der Leser kann sich sehr schön in sie hineinversetzen und mit ihnen leiden, hoffen und lachen. Maggi ist eine nette Frau, die schon so einige Schicksalsschläge verkraften musste und ihre Tochter und sich allein durchbringen muss. Sie ist fleißig und hilfsbereit, gleichzeitig hat sie eine Engelsgeduld. Sie ist eine Perfektionistin und hat es gern ordentlich und sauber, was sich schon fast zu einem Spleen entpuppt. Edith ist eine sehr anspruchsvolle Frau, die es ihrem Umfeld nicht gerade leicht macht. Sie versucht alles, um ihrer Krankheit immer wieder ein Schnippchen zu schlagen, was ihr nicht immer gelingt. Sie stemmt sich gegen das Vergessen und weiß doch, dass sie verlieren wird. Aber sie ist zäh und gibt nicht auf, was einem Respekt abringt. Auch hat sie ihren Humor nicht verloren, wenn es auch nur darum geht, auf diese Art ihre Krankheit normaler wirken zu lassen. Ester ist eine sympathische Frau, die trägt das Herz auf der Zunge und sagt offen, was sie denkt. Sie ist eine gute Freundin und die passende Vermittlerin bei Streitigkeiten.
„Die Frauen von Long Island“ besticht durch eine anrührende Geschichte, einen fesselnden Erzählstil und eine gelungene Mischung von Ernsthaftigkeit und Humor. Absolute Leseempfehlung für eine echte Entdeckung!

Veröffentlicht am 29.04.2018

La vida loca

Der Mut zur Freiheit
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1947 Madrid. Kurz nach dem Krieg ist das Land in Aufbruchsstimmung, obwohl es unter der Knute von Diktator Franco steht. Langsam lassen die Menschen ihre Hauptstadt aus den Trümmern wieder auferstehen ...

1947 Madrid. Kurz nach dem Krieg ist das Land in Aufbruchsstimmung, obwohl es unter der Knute von Diktator Franco steht. Langsam lassen die Menschen ihre Hauptstadt aus den Trümmern wieder auferstehen und gehen mit einigen Blessuren zurück in die Normalität ihres Alltags. In diesen Tagen leben Margarita, Tochter Valentina und Enkelin Olivia unter einem Dach. Margarita, als junge Frau unverheiratet schwanger und vom Vater aus dem Haus gejagt, konnte bei ihrer Tante Leonora Unterschlupf finden und hat mit viel Kraft und Entbehrungen ein eigenes Geschäft aufgebaut, während sie nebenbei ihre Tochter allein großzog. Valentina hat ebenfalls kein Glück in der Liebe und setzt auf den falschen Mann, der sie mit einem Kind allein lässt und eine andere heiratet. Doch Valentina ist die Tochter ihrer Mutter, sie lässt sich nicht unterkriegen und erlangt neben der Erziehung von Tochter Olivia ebenfalls geschäftliches Ansehen. Olivia erwählt den Tanz zu ihrem Beruf und wird eine sowohl gefragte als auch erfolgreiche Folkloretänzerin. Aber auch Olivia lässt sich mit einem Mann ein, der ihrem Leben schaden könnte…
Katja Maybach hat mit ihrem Buch „Der Mut zur Freiheit“ einen sehr fesselnden und unterhaltsamen Roman vorgelegt, der vor historischer Kulisse die Lebenswege von drei sehr starken Frauen nachzeichnet, die gezwungenermaßen und entgegen den damaligen gesellschaftlichen Konventionen ihr Leben in die eigenen Hände genommen haben. Der Schreibstil ist flüssig, dabei bildhaft und gleichzeitig einfühlsam, der Leser wird ab der ersten Seite in die Geschichte hineingesogen und kann sich ihrer nur schwer entziehen, denn die drei Protagonistinnen ziehen jede für sich vom ersten Augenblick in ihren Bann. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind bildgewaltig und farbenfroh, sie vermitteln dem Leser das Gefühl, im damaligen Madrid an Ort und Stelle hautnah mit dabei zu sein. Eine weitere Stärke der Autorin ist ihre hervorragende Hintergrundrecherche, die sie mit ihrer Geschichte verknüpft und ein reales Bild der damaligen Zeit zeichnet. Sie lässt den Leser sowohl am politischen Geschehen als auch am gesellschaftlichen Leben teilhaben und die damaligen Ansichten und Vorurteile der Menschen wieder aufleben.
Starke Frauenpersönlichkeiten sind ein Markenzeichen von Katja Maybach, die ihre Protagonistinnen viele Schicksalsschläge durchlaufen lässt, um wie Phönix aus der Asche daraus umso stärker herauszutreten und sich dem Leben mutig und teilweise auch trotzig entgegen zu stellen mit Leidenschaft und Hingabe. Sie wirken real und authentisch, dabei individuell in ihren Gedanken und Gefühlswelten. Der Leser fühlt sich ihnen so nah, dass er mit ihnen leiden, hoffen, bangen und sich freuen kann, als wären es enge Freunde, mit denen man ein Stück Lebensweg teilt. Margarita ist eine gestandene Geschäftsfrau, die schon in frühen Jahren auf eigenen Beinen stehen musste, was ihr Zähigkeit und Durchhaltevermögen eingebracht hat sowie die Gewissheit, es auch ohne Mann weit bringen zu können. Gleichzeitig hat sie sich ein hartes Fell angeschafft, denn als alleinerziehende und unverheiratete Frau war sie der harten Verurteilung durch ihre Mitmenschen ausgesetzt. Valentina hat diese Attribute von ihrer Mutter geerbt, da sie selbst durch eine ähnliche harte Schule musste. Jedoch stand ihr die Mutter zur Seite, wo sie stets Unterstützung erfuhr und nicht allein mit ihrem Schicksal war. Olivia erfuhrt die Liebe zweier starker Frauen, die ihr für ihren Lebensweg sämtliche guten Eigenschaften mit auf den Weg gegeben haben, um sich ebenfalls in der Welt zu behaupten.
„Der Mut zur Freiheit“ ist eine Geschichte über starke Frauen, die leidenschaftlich für ihr selbstbestimmtes Leben und ihre Träume kämpfen. Eine Homage an alle, die nicht aufgeben, das Leben annehmen und immer wieder die Kraft finden, den Widrigkeiten zu trotzen. Chapeau, besser geht es nicht! Absolute Leseempfehlung für einen außergewöhnlich schönen Roman!