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Veröffentlicht am 24.11.2019

Wer erbt schon ein Detektivbüro?

Die Nordseedetektive. Das geheimnisvolle Haus am Deich
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Seit Erich Kästners bemerkenswertem Klassiker der Kinderliteratur "Emil und die Detektive", aber spätestens seit den wenige Jahre später erschienenen spannenden Romanen der Vielschreiberin Enid Blyton ...

Seit Erich Kästners bemerkenswertem Klassiker der Kinderliteratur "Emil und die Detektive", aber spätestens seit den wenige Jahre später erschienenen spannenden Romanen der Vielschreiberin Enid Blyton erfreuen sich Kriminalromane für Kinder ungebrochener Beliebtheit! Längst ist der Dschungel der Kinderkrimis undurchdringlich geworden und man muss schon Glück haben, auf solche zu stoßen, die ein wenig herausragen aus dem Überangebot. Die Reihe um die Nordseedetektive ist schon wegen seiner erfrischenden Charaktere eine solche erfreuliche Vertreterin ihrer Gattung!

Die Kinderliedermacherin Bettina Göschl und der allseits bekannte Autor der Ostfriesenkrimis Klaus-Peter Wolf haben sich vor nicht langer Zeit zusammengetan, um Kinderkrimis zu schreiben - eine gute Idee, wie man nach der Lektüre des ersten Bandes um die selbsternannten Nordseedetektive Lukas, Emma und Vater Mick - auch gibt es noch Mutter Sarah, die allerdings hier nicht auftaucht, weil sie als Schauspielerin und Sängerin durch die Lande tourt - feststellen kann! Die Krimis haben eine für die Zielgruppe angenehme Länge, erfreuen mit nicht zu kleiner Schrift und durchgängigen, sehr ansprechenden Illustrationen, für die Franziska Harvey verantwortlich zeichnet.

Vorliegender erster Band erzählt so witzig wie aufregend und ohne unnötig zu verkomplizieren, wie alles begann mit den unkonventionellen Nordseedetektiven, wie nämlich unsre Protagonisten, die Janssens, quasi über Nacht nicht nur zu Besitzern einer alten und ziemlich heruntergekommenen Villa werden, sondern mit dem Haus auch die Profession des verstorbenen Onkels geerbt haben. Letzterer war ein cleverer Privatdetektiv, wie die Janssens bald herausfinden, bei dem das Geld aber offensichtlich knapp war, denn das Erbstück, die Villa, ist dringend reparaturbedürftig, es gibt keinen Strom und die Heiztanks sind auch leer! Nun, von derartigen Lappalien lassen sich Vater Mick, der rothaarige Lebenskünstler mit den beiden linken Händen und dem unpraktischen Kopf und seine beiden ebenso rothaarigen Kinder, die voller nützlicher Ideen stecken und sich mit Improvisationen aller Art auskennen - Kunststück, mussten sie sich doch, wie vermutet werden darf, ihr ganzes Leben lang irgendwie behelfen! - nicht entmutigen. Was kostet die Welt, das kriegen wir schon hin - scheint das Motto der Familie zu sein. Und recht haben sie, zumal das Glück auf der Seite der fröhlichen Janssens ist - und alsbald schon der erste Klient vor der Tür steht, eine reichlich seltsame Dame, die auf der Suche nach ihrem verschwundenen Ehemann ist. Zuversichtlich, den Gatten zu finden und zudem mit einer tüchtigen Anzahlung verlockt, die sie dringend brauchen können, denn der Magen knurrt schon ganz gehörig, nehmen Mick, Lukas und Emma den Auftrag an! Bewaffnet mit dem Handbuch für Detektive, das der Onkel zum Glück ebenso hinterlassen hat wie einen Koffer voller Werkzeuge, gehen sie systematisch zu Werke - und geraten alsbald in eine spannende und nicht ungefährliche Geschichte, und gleichzeitig von einem Missgeschick ins nächste, woran der bislang erfolglose Schriftsteller Mick nicht ganz unschuldig ist! Doch obwohl sie blutige Anfänger im Detektivgeschäft sind, lösen sie am Ende auf ihre eigene pfiffige Weise den Fall, bei dem nichts so ist, wie es zunächst den Anschein hatte....

Fazit: ein erheiternder und etwas anderer Kriminalroman für Kinder, bei denen Spaß und Kriminalfall gleichwertig nebeneinanderstehen, der sicherlich keinen großen Anspruch auf Kinderliteratur a la Kästner stellt, was aber der Spannung und dem Vergnügen keineswegs Abbruch tut. Im Gegenteil wartet man, längst gut Freund mit der rothaarigen Familie, schon neugierig auf den nächsten Fall....

Veröffentlicht am 18.11.2019

Austerndiebe, Austernbarone, Klimawandel - und zwei Morde!

Winteraustern
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"Im Herzen Franzose", so bezeichnet sich der 1982 in Ost-Berlin geborene Autor Alexander Oetker selbst, und so ist es nur folgerichtig, dass sein Commissaire Luc Verlaine, der dem Leser in vorliegendem ...

"Im Herzen Franzose", so bezeichnet sich der 1982 in Ost-Berlin geborene Autor Alexander Oetker selbst, und so ist es nur folgerichtig, dass sein Commissaire Luc Verlaine, der dem Leser in vorliegendem Kriminalroman bereits zum dritten Mal begegnet, genau das ist: ein echter Franzose! Ein Bonvivant, der gerne isst, trinkt, die Frauen und das Leben liebt und dazu noch ein sehr erfolgreicher Kriminalist ist. Eine willkommene Abwechslung nach so düsteren und gescheiterten, oft dem Trunk hingegebenen Ermittlern der Krimiwelt, wie sie vor allem die Skandinavier mit Vorliebe zu erschaffen pflegen.
Als Schauplatz der Reihe um den gelassenen Genießer Luc Verlaine, der nach erfolgreichen Berufsjahren in Paris aus familiären Gründen zurückkehrt zu seinen Ursprüngen, nämlich dem Aquitaine, hat der Autor eine der wohl schönsten Regionen Frankreichs gewählt, denn nicht nur ist das Aquitaine der Inbegriff des "Savoir Vivre", sondern zeichnet sich auch aus durch kilometerlange Traumstrände, die es zum Paradies für Surfer und Meeresliebhaber machen, und durch grandiose Farben, denn alles im Aquitaine ist intensiv und wunderschön - ein Fest für alle Sinne! Zudem liegt nur zwanzig Kilometer von der Küste entfernt mit dem Medoc, Saint Emilion und Pomerol die traditionsreichste Weinregion Frankreichs und man kann wohl sagen der ganzen Welt.
Aber noch etwas befindet sich im Aquitaine - das Bassin d'Archachon nämlich, eine riesige Bucht des Atlantiks und Zentrum der französischen Austernzucht!
Genau hier, unter den Austernfischern, lässt Alexander Oetker diesmal seinen Commissaire ermitteln. Die Austern sind nicht nur die Spezialität schlechthin dieser Gegend und nehmen einen Sonderplatz in der französischen Küche ein, dürfen gerade an Weihnachten auf keiner Tafel fehlen, sondern sind dazu noch ganz offiziell französisches Kulturgut!

Winterzeit ist Austernzeit! Dann sind sie reif, die glibbrigen und doch festen Meeresfrüchte, werden zu Tausenden von Tonnen geerntet, können ganz frisch in den kleinen Häfen der Region verkostet werden oder landen auf Millionen von Tellern in ganz Frankreich.
Luc Verlaine ist nicht nur leidenschaftlicher Austernesser, wie man leicht vermuten kann, sondern darüber hinaus der Sohn eines Austernfischers, verfügt also über profunde Kenntnisse dieses Metiers, die ihm bei seinen Ermittlungen nützlich sind. Der rechte Mann am rechten Ort also! Doch gerne hätte er darauf verzichtet, die an Pfählen festgebundenen Leichen von zwei jungen Männern finden zu müssen, als er eines frühen Morgens mit seinem Vater Alain auf einem Gendarmerieboot unterwegs ist, das allnächtlich im Bassin patrouilliert, um die kostbaren Meeresfrüchte vor den zahlreichen Austerndieben zu schützen, die den Züchtern erhebliche finanzielle Einbußen bescheren.
Die Väter der jungen Männer sind Austernzüchter wie Vater Alain, und letzterer begreift vielleicht als einziger wirklich die Tragweite ihres Todes für die hinterbliebenen Familien, denn gemäß der Tradition führen die Söhne das Geschäft der Austernzucht weiter - eigentlich, denn auch hier hat natürlich ein Bruch stattgefunden, wollen die Söhne sich nicht zwingenderweise mit der harten und nur für die Austernzüchter mit großen Pfründen wirklich einträglichen Profession ein Leben lang auseinandersetzen. Und ein solcher, der "Austernbaron" der Gegend nämlich, gerät sehr bald schon ins Visier der Kommissare, zu denen neben Verlaine auch sein komplizierter baskischer Kollege Etxeberria und die attraktive Anouk, die gleichzeitig die Frau ist, die Luc liebt, gehören. Jener reiche Mann, Chevalier mit Namen, hat, nachdem sein Vorschlag, mit Überwachungskameras das nächtliche Treiben im Bassin zu kontrollieren, abgelehnt wurde, nämlich höchstselbst dafür gesorgt, dass seine Austern nicht gestohlen werden, indem er einfach ein privates Sicherheitsteam des Nachts zu den Austerbänken schickt. War der Tod der beiden Jungen also eine Art Kollateralschaden?
Die Ermittlungen, im Zuge derer der Leser nicht nur gemeinsam mit Luc und seinen Kollegen die Hintergründe der Morde aufzudecken versucht, sondern während derer er auch so einiges erfährt über die wirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen der Austernzucht, auf die der Klimawandel gravierende Auswirkungen hat, gestalten sich kompliziert und es dauert, bis Verlaine auf Umwegen endlich auf der richtigen Spur ist und zur Lösung des Rätsels findet, die allseits für Überraschung sorgen dürfte....

Noch ein Frankreichkrimi? Das mögen sich viele potentielle Leser des vorliegenden Romans fragen - denn in der Tat gibt es kaum ein Land, dessen Regionen so gründlich auf Kriminalebene durchforstet sind wie Frankreich. Und dann ist es auch schwer, etwas wirklich Neues zu schreiben oder aus altbekanntem Stoff etwas ganz Eigenes zu machen. Doch genau das ist Alexander Oetker mit seiner Reihe um den Bilderbuchfranzosen Luc gelungen! Nicht nur sind die drei Bände typische Länderkrimis, geben also immer wieder Informationen zu Land, Leuten und den vielfältigsten Genüssen, die deren Leben bietet, sind also im besten Sinne ein wenig wie Urlaub, sondern sind immer auch, so sagt der Autor selbst, als Reiseempfehlung zu verstehen.
Und richtig - denn wer hätte nach den durchaus etwas düsteren, vor allem aber - was ungewöhnlich für Bordeaux und Umgebung ist - verschneiten "Winteraustern" nicht Lust, sich unverzüglich auf den Weg ins Aquitaine zu machen, pflückfrische Austern mit dunklem Brot, gesalzener Butter und einem Glas Muscadet zu genießen, durch das geschichtsträchtige, kulturell wie kulinarisch spannende und ganz bezaubernde Bordeaux zu streifen oder die Dune du Pilat zu erklimmen?
Und dann sind es natürlich die Charaktere, die für sich einnehmen, ihr Agieren untereinander und der herzliche Umgang miteinander, das Zwischenmenschliche, dem Alexander Oetker viel Raum gewährt und das gleichwertig neben dem zu lösenden Kriminalfall steht.
Es ist dieser eine Art von Krimi, die ich mag, einer, von dem trotz des tragischen Hintergrundes eine Leichtigkeit ausgeht, die eben auch über einer in Frankreich spielenden Geschichte, gleich welchem Genre man sie zuordnet, schweben muss. Ja, der Autor, der dazu auch noch ein begabter Schreiber und Erzähler ist, was man längst nicht als selbstverständlich voraussetzen darf heutzutage, hat alles richtig gemacht! Seinen Roman zu lesen war buchstäblich ein Genuss für alle Sinne, von dem man gar nicht genug bekommen kann.
Einem weiteren Fall des Franzosen Luc Verlaine, des Bonvivant und Liebhaber alles Schönen, all dessen, das das Leben lebenswert macht, darf man hoffentlich mit Vergnügen und Vorfreude entgegenblicken!

Veröffentlicht am 16.11.2019

Wie aus Rick ein Retter und aus Humphrey ein Held wurde

Das Geheimnis der Geister von Craggyford
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Ob es nun ihre gefühlvollen, berührenden Romane für Erwachsene sind oder ihre phantasievollen und ganz bezaubernden Bücher für junge Leser - Eva Ibbotson zu lesen ist immer ein Fest! Kaum jemand sonst ...

Ob es nun ihre gefühlvollen, berührenden Romane für Erwachsene sind oder ihre phantasievollen und ganz bezaubernden Bücher für junge Leser - Eva Ibbotson zu lesen ist immer ein Fest! Kaum jemand sonst erschafft so liebenswerte Charaktere, mit denen man unglaublich schnell vertraut wird, ganz so, als würde man sie schon ewig kennen, kaum jemand sonst auch webt so feine, zu Herzen gehende, nachdenklich machende Geschichten, in denen sie ihre Botschaften unaufdringlich und mit viel Charme, Humor und immer auch einer guten Portion Exzentrik zum Leser transportiert, wie die einst in Wien geborene englische Schriftstellerin, die im Jahre 2010 hochbetagt verstarb! Und ihre Botschaften sind immer die gleichen, welche Geschichte auch immer sie erzählte: soziales Bewusstsein und Toleranz, Respekt, Wertschätzung, freundlicher und verantwortungsvoller Umgang miteinander und mit der Welt, in der wir alle leben. Ihre Kinderbücher standen völlig zu Recht stets auf den renommierten Bücherlisten ihres Landes und die fantastischen unter ihnen, von denen die allermeisten in der Vor-Harry Potter-Zeit veröffentlicht wurden, erleben im Zuge von Joanne K. Rowlings Bestsellern eine wohlverdiente Renaissance!

An dieser Stelle habe ich das große Vergnügen, Eva Ibbotsons allererstes Kinderbuch, "Das Geheimnis der Geister von Craggyford" zu besprechen, das bereits 1975 unter dem englischen Titel "The Great Ghost Rescue" und in den 90er Jahren unter dem sehr passenden deutschen Titel "Aktion Geisterrettung" erschienen ist.

Sympathisch sind sie allemal, diese auf den ersten Blick gar nicht ansprechenden Gespenster mit ihren seltsamen, stark gewöhnungsbedürftigen Marotten, die sich aber flugs und dank der liebevollen Anteilnahme ihrer Schöpferin an ihrem Schicksal ins Herz des Lesers schleichen - um sich fest darin zu verankern! Man muss ja Mitgefühl haben mit dieser Geisterfamilie, die da so plötzlich ihrer Heimstatt, einem alten Schloss, beraubt wurde, das zu einem blitzblanken Ferienpark ausgebaut werden soll. Die Reinlichkeit, die von nun an in ihrem einst so gemütlichen, von Spinnweben überwucherten Spukschloss einziehen soll, ist überdies nichts, was ihrem Ektoplasma, dem Stoff, aus dem Geister nun mal gemacht sind, und das nur in schmutzigen Ecken erhalten und gepflegt werden kann, förderlich wäre! Guter Rat ist teuer - aber der glückliche Zufall und womöglich auch eine Art siebter Sinn führen die Geisterfamilie - Humphrey, den Schrecklichen, der vergeblich bemüht ist, seinem Namen Ehre zu machen, seine Eltern, die übel duftende Hexe und ihren geliebten Ehemann, den beinlosen Schottischen Kilt, samt den Geschwistern, George, der Schreiende Schädel, und die Wehklagende Winifred - eines schönen Tages direkt vor Ricks Bett in einem Jungeninternat irgendwo in England. Und sie hätten sich kein besseres Ziel aussuchen können, denn Rick ist ein besonderer Junge - wie alle Protagonisten in Eva Ibbotsons Romanen! Er hat, wie man so schön sagt, das Herz auf dem rechten Fleck, ist so hilfsbereit wie abenteuerlustig und macht sich darüberhinaus viele Gedanken um all die Missstände, über die man bereits vor über 40 Jahren zu reden begann, wie Klima, Umweltzerstörung und Artenschutz. Ein echter Pionier also, der gemeinsam mit der so klugen wie patenten Barbara, einziges Mädchen in der Jungenschule, deren Besuch ihr nur deshalb gestattet ist, weil sie die Tochter der Köchin ist, mit der man es sich unter keinen Umständen verderben möchte, einen Plan schmiedet, um den Fortbestand der Geister Großbritanniens, einer aussterbenden Spezies, zu sichern. Gemeinsam mit der Geisterfamilie macht sich Rick auf den Weg nach London, um beim Premierminister höchstpersönlich wegen eines Geisterreservats vorstellig zu werden, eine Reise, die äußerst turbulent verläuft, auf der sie weitere, ihrer Behausung beraubter Geister aufsammeln und an deren Ende sich ein gewisser Lord Bullhaven bereit erklärt, für das geplante Reservat seinen verkommenen Landbesitz Insleyfarne an der wilden schottischen Küste zur Verfügung zu stellen. Eine Falle, wie sich herausstellt, als es schon fast zu spät ist, denn Lord Bullhaven - man ahnt es schon bei der ersten Begegnung mit ihm - ist ein gar unsympathischer Zeitgenosse; er hasst Geister, wie er überhaupt alles hasst, was nicht britisch ist. Und Geister sind für ihn, man lese und staune, Ausländer!

Spätestens hier wird dem schon etwas älteren Leser klar, dass die Autorin, wie in den meisten ihrer Romane, eigene bittere Erfahrungen reflektiert, gehörte sie doch, als österreichischer Flüchtling in den frühen Nazijahren, zu eben jener unerwünschter Volksgruppe, der ob ihres vermeintlichen Andersseins in den Augen leider allzuvieler Menschen kein Platz auf unsrem Planeten zugebilligt wurde. Und indem Eva Ibbotson ihre Craggyford-Geister nebst allen anderen vertriebenen Angehörigen dieser Spezies einen Ort zum Leben fordern lässt, plädiert sie gleichzeitig für Toleranz allen Andersartigen gegenüber, ob Mensch, Tier, Geist oder Vampir, und deren Rechte auf Glück und Sicherheit.

Dass die Geister dem vom bösen Bullford angeordneten Exorzismus, der, obwohl er so fatale Folgen hat, ausgesprochen vergnüglich zu lesen ist, nicht zum Opfer fallen, darf fest vermutet werden, denn die Schriftstellerin, eine erklärte Anhängerin des Happy Ends, lässt ihre fantastischen und weniger fantastischen, auf jeden Fall aber phantasievollen Geschichten stets gut ausgehen. Doch wie ihr das im vorliegenden Roman gelingt und welche Rolle Rick und der reizende Geist Humphrey mit dem rosa Ektoplasma und dem sanften Gemüt, der so gerne schauerlich und schrecklich wäre, dabei spielen, soll an dieser Stelle selbstverständlich nicht preisgegeben werden! Denn eine Lektüre der Geschichte mit ihren so wundersamen und wunderbaren Charakteren, allen voran den Craggyford-Geistern, vor denen man sich wirklich nicht zu fürchten braucht, - schließlich sind die wahren Bösewichte immer nur die Menschen! - lohnt sich in jedem Fall!

Veröffentlicht am 16.11.2019

Intrigen in der Wikingerstadt Haithabu

Die Zeitdetektive 7: Der Schatz der Wikinger
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Wenn Fabian Lenk in seiner "Zeitdetektive"- Reihe seine Helden Julian, Kim und Leon in den sechs Vorgängerbänden auf ihren Zeitreisen stets historischen Persönlichkeiten begegnen ließ, weicht er in vorliegender ...

Wenn Fabian Lenk in seiner "Zeitdetektive"- Reihe seine Helden Julian, Kim und Leon in den sechs Vorgängerbänden auf ihren Zeitreisen stets historischen Persönlichkeiten begegnen ließ, weicht er in vorliegender Geschichte, in der die drei abenteuerlustigen und überaus neugierigen Kinder aus dem fiktiven Städtchen Siebenthann in das Jahr 965 nach Christus in die Wikingerstadt Haithabu schickt, von diesem Prinzip ab. In seinem Nachwort nennt er uns den Grund dafür: es ist nicht überliefert, wer zu der von ihm gewählten Zeit, einer Epoche, in der der christliche Glaube bereits begonnen hatte, den heidnischen abzulösen und der Tag nicht mehr fern war, an dem der norwegische König Harald Hadrade die Stadt völlig zerstören ließ, der Jarl, also der Anführer, das Oberhaupt der Stadt war. Nun, so konnte er nach Herzenslust fabulieren, was der spannenden und wie alle Bücher der Reihe gut und verständlich geschriebenen und im besten Sinne atmosphärisch dichten Geschichte zugute kommt!

Wie so oft nimmt auch die neue Zeitreise die Schülerin Kim, ein mutiges, nie auf den Mund gefallenes Mädchen, sowie ihre Freunde, den klugen und vorsichtigen Julian und den sportlichen und risikofreudigen Leon, nebst der so wunderschönen wie rätselhaften Katze Kija, die den Kindern im Anschluss an eine vorherige Reise ins alte Ägypten zur Zeit der Pharaonin Hatschepsut gefolgt war, ihren Anfang nach einem Klassenausflug, diesmal ins Museum der alten Wikingerstadt Haithabu, dem heutigen Schleswig. Wie immer hat ihnen der sympathische, doch recht ehrgeizige Geschichtslehrer Tebelmann aufgetragen, einen langen Aufsatz über die ehemalige Wikingerhochburg zu schreiben, über dem sie stöhnend im Lesesaal der uralten Bibliothek des Bartholomäusklosters ihres Heimatstädtchens brüten. Wie gewöhnlich auch haben die drei Freunde wieder recht konträre Sichtweisen, dieses Mal auf die Wikinger: während Kim sie lediglich für eine Bande von Plünderern hält, weiß Leon, dass sie nicht nur mutige Krieger, Entdecker und hervorragende Seemänner waren, sondern noch dazu großartige Handwerker und Schmiede, was auch die Artefakte in der Ausstellung beweisen. Julian seinerseits führt als Beleg ein herrlich gearbeitetes Schwert an, das im Museum zu sehen war und dem die Wikinger magische Kräfte zuschrieben. Da Kim nicht von ihren Vorurteilen abzubringen ist, beschließen die Kinder kurzerhand, dem geheimnisvollen Zeit-Raum Tempus wieder einmal einen Besuch abzustatten, mittels dessen sie in jedes Jahr der Weltgeschichte reisen können, um herauszufinden, wie das wirklich war mit den Wikingern - und ob es tatsächlich diese magischen Schwerter oder gar Trolle und Elfen gegeben hatte und was es denn wohl auf sich hatte mit den vielen Göttern, mit Thor, Freya und Odin, und den beiden sagenhaften Raben Hugin und Mugin, die Odin als Spione dienten.

Dass Zeitreisen nicht ungefährlich sind, wissen die Freunde aus eigener , Erfahrung; dennoch sind sie nicht vorbereitet auf das, was da auf sie zukommen und was sie das Fürchten lehren wird in der grausamen Epoche, in der die Wikinger die Geschichte Europas prägten, in der sie natürlich plünderten, töteten, brandschatzten, in der sie aber auch, wie zumindest Kim lernen soll, bewiesen, welch vorzügliche Geschäftsleute und Händler sie waren, die florierende Städte errichteten und deren Wohlstand mehrten. Und, einmal gelandet im Haithabu des Jahres 965 nach Christus, treffen die drei Siebenthanner auf den Wikingerjungen Tjorgi, der seinen Vater Leif überredet, Julian, Leon und Kim nebst Kija in der Familie aufzunehmen. Ein perfekter Ausgangspunkt, finden die Freunde, die sehr bald schon in spannende, unheimliche, unerklärbare Vorfälle hineingezogen werden, die sich bald als handfester Kriminalfall herausstellen werden, bei dem das Schwert, das sie auf dem Klassenausflug bewundert haben und das sie nun,fast ein Jahrtausend zuvor, in den Händen des Jarls Erik sehen, eine zentrale Rolle spielt und bei dessen Untersuchung - denn natürlich versuchen sie auf eigene Faust herauszufinden, was dahintersteckt! - sie auf Intrigen stoßen, auf Hass und Neid, und dabei entdecken, dass der Glaube an die nordischen Götter nicht nur allgegenwärtig ist, sondern dass man weder Trolle und Elfen noch gar Odins Raben, seine Boten und Kundschafter, als Märchen abtun kann....Durch sorgfältiges Beobachten und kluges Kombinieren gelingt dem wagemutigen Leon zuletzt die Aufdeckung eines hinterlistigen Verbrechens und er hilft dadurch, den Frieden im Ort wiederherzustellen.

Dass nach der Rückkehr nach Siebenthann der Aufsatz, der ihnen so großes Kopfzerbrechen bereitet hatte, nunmehr ein Kinderspiel sein wird, darf getrost vermutet werden - und nicht nur die drei Zeitdetektive haben eine Menge dazu gelernt, sondern mit ihnen auch die jungen Leser, die Fabian Lenks fesselnd und informativ geschriebener Geschichte folgen durften! Auf weitere Bände aus der "Zeitdetektive" - Reihe darf gespannt gehofft werden!"


Veröffentlicht am 16.11.2019

Wer hat das goldene Horn gestohlen?

Der kleine Drache Kokosnuss und die starken Wikinger
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Der augenzwinkernd-einfallsreiche Autor Ingo Siegner erfreut auch in dem 17. Band um den kleinen Feuerdrachen Kokosnuss und seine Freunde, das wortgewandte Stachelschwein Matilda und den wissbegierigen ...

Der augenzwinkernd-einfallsreiche Autor Ingo Siegner erfreut auch in dem 17. Band um den kleinen Feuerdrachen Kokosnuss und seine Freunde, das wortgewandte Stachelschwein Matilda und den wissbegierigen Fressdrachenjungen Oskar, der für sein Leben gern zur Schule geht, was eigentlich sehr ungewöhnlich ist für die Vertreter seiner Art, die viel lieber Ochsen verspeisen - am Stück, versteht sich! - als dass sie auf die Idee kämen, sich Bildung anzueignen, seine zahlreichen kleinen Leser samt den dazugehörigen Vorlesern! Launig wie immer hat er sich ein Abenteuer ausgedacht, das voller Situationskomik steckt, das erheitert und so ganz nebenbei ein paar Kenntnisse über die als kampflustig bekannten Wikinger vermittelt. Wie alle Kokosnuss-Bände ist das Wikingerabenteuer mit sehr eingängigen, wunderbar farbenfrohen Illustrationen versehen, die das Lesevergnügen noch steigern und die perfekte Ergänzung sind zu der so phantasievollen und mit den gewohnt witzigen Wortkreationen angereicherten Geschichte, die auch beim, so wage ich zu behaupten, häufigeren Wiederlesen nichts von ihrem Reiz verliert!

Langweilig wird es auf der Dracheninsel, die unsre sympathischen Helden samt ihren Familien und Freunden und weiteren unzähligen Wesen beherbergt, erfahrungsgemäß nie! Aber, da sind sich Kokosnuss, Oskar und Matilda einig, es schadet auch nichts, ab und an einmal ihre Nase über den Tellerrand hinausschnüffeln zu lassen und in ferne Welten oder Zeiten aufzubrechen. Die Gelegenheit dazu ergibt sich mit der Ankunft des untröstlichen Wikingers Gudröd auf der Dracheninsel, der von seiner Sippe verstoßen und ausgesetzt wurde, weil er angeblich das goldene Trinkhorn des Anführers gestohlen hatte, das seitdem verschwunden ist. Nur leider hat man in Gudröds Truhe das Lederband gefunden, an dem das Horn befestigt war! Dass der traurige Wikinger unschuldig ist, braucht er unsren Freunden nicht zu versichern. Die glauben ihm sofort und beschließen, sich auf die Suche nach dem wirklichen Dieb zu machen, damit Gudröd wieder zu seiner Sippe zurückgehen kann. Zu diesem Zwecke baut ihnen Kokosnuss Opa Jörgen ein seetüchtiges Boot, mit dem sie alsbald in See stechen und rasch Erik, den Anführer, und seine Mannen einholen, die sich gerade auf Island befinden, um ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Überfall und Plündern der dortigen Siedlungen, nachzugehen.

Wie es dem nie um gute und brauchbare Einfälle verlegenen kleinen Feuerdrachen gelingt, den wahren Dieb zu entlarven und schließlich auch zu überführen, soll hier natürlich nicht vorweggenommen werden - doch soviel darf gesagt werden: in Ingo Siegners Geschichte sind die Wikinger keineswegs die wilden und furchterregenden Räuber, die man gemeinhin mit ihnen assoziiert sondern vielmehr ein ulkiger, nicht allzu gescheiter, aber liebenswerter Haufen von Raufbolden, die meisterhaft fluchen können, die gerne dem Met zusprechen und überhaupt am allerliebsten rauschende Feste veranstalten. Und wer weiß, vielleicht waren sie das ja wirklich - auch - als sie zu ihrer Zeit die Nordmeere unsicher machten und Küstenstädte reihenweise überfielen? Besser als ihr Ruf waren sie, und das ist unzweifelhaft, allemal!