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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein 2 in 1-Roman

Afterworlds
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Gebundene Ausgabe: 704 Seiten
Verlag: FISCHER Sauerländer; Auflage: 1 (20. August 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3737352222
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
Originaltitel: Afterworlds
Preis: ...

Gebundene Ausgabe: 704 Seiten
Verlag: FISCHER Sauerländer; Auflage: 1 (20. August 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3737352222
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
Originaltitel: Afterworlds
Preis: 22,99 €

Ein 2 in 1-Roman

Zugegeben, der Preis klingt erst mal happig, aber man bekommt dafür auch gleich zwei Bücher auf einen Schlag. Denn der Aufbau dieses Buches ist ganz besonders.

Die Rahmenhandlung bildet die Geschichte von Darcy Patel. Darcy ist gerade mal 18 Jahre jung, als sie ihren ersten Roman schreibt. Er trägt den Titel „Afterworlds“. Ihr Traum ist es, als Autorin von ihrer Arbeit leben zu können. Für ihren Debütroman bekommt sie einen Riesenvorschuss vom Verlag. So beschließt sie, vorerst nicht zu studieren, sondern zum Schreiben nach New York zu ziehen. Hier verliebt sie sich und überarbeitet ihren Roman für die Veröffentlichung. Beides ist nicht ganz komplikationslos, sonst wäre dieses Buch ja auch langweilig.


Abwechselnd mit Darcys Geschichte bekommen wir Leser immer ein Kapitel aus „Afterworlds“ zu lesen, sodass wir Stück für Stück das ganze Buch, das Darcy geschrieben hat, lesen können. Theoretisch ergeben beide Perspektiven jeweils eine vollständige Geschichte, die man auch getrennt lesen könnte, aber natürlich hängen sie auch irgendwie zusammen. Immer wieder bespricht Darcy Passagen ihres Romanes mit befreundeten Autoren. Leider wird hierbei an zwei Stellen Handlung des Romans verraten, die erst im Kapitel danach kommt. Aber das ist nicht sehr tragisch.

Die zwei verschiedenen Perspektiven sind durch verschiedene Schriftarten leicht zu erkennen. Außerdem ist die Darcy-Handlung in der 3. Person, die ihres Romans in der 1. Person aus der Sicht der Protagonistin Lizzie Scofield (wollte der Autor Scott Westerfeld sich hier verewigen?) geschrieben.

Lizzie hat eine Art Nahtoderlebnis und erlangt dadurch die Fähigkeit, in die Anderwelt zu gehen, wo sie sich in den Jungen Yamaraj verliebt. Außerdem kann sie danach auch Geister sehen, und zwar auch in der Oberwelt. Ihr Leben wird dadurch zunehmend komplizierter, vor allem, als sie auch noch ein Jahrzehnte altes Verbrechen aufklären will.

In gewisser Weise fand ich dieses Buch schon faszinierend, hauptsächlich wegen des ungewöhnlichen Aufbaus. Beide Geschichten haben auch durchaus ihren Reiz, sind interessant und bis zu einem gewissen Maß spannend, besonders zum Schluss hin. Doch fehlte mir bei beiden Geschichten auch das gewisse Etwas, die Tiefe. Lizzies Geschichte wirkte zuweilen etwas unausgegoren, so als hätte eine 18-Jährige sie geschrieben (was ja auch so ist, da es ja Darcys Roman ist). Aber auch Darcys Geschichte schien mir an einigen Stellen etwas oberflächlich und unrealistisch. Zum Beispiel braucht Darcy ihre kleine Mathegenie-Schwester, um sich ausrechnen zu lassen, wie weit 150.000 Dollar reichen, wenn sie 3000 Dollar Miete bezahlen muss. Hier konnte ich nur mit den Augen rollen.

Die Liebesgeschichten in beiden Perspektiven konnten mich auch nicht ganz überzeugen. Sie waren plötzlich da, ohne sich langsam zu entwickeln. Die Gefühle kamen auch später nicht so ganz bei mir an, zumindest die Gefühle von Lizzie und Yamaraj. Darcys Romanze war da schon etwas emotionaler, zumindest von ihrer Seite aus.

Interessant dürfte für viele Leser der Einblick ins Verlagswesen sein. Hier lernt man einiges über die Arbeit von Schriftstellern und über die Zusammenarbeit der verschiedenen an einer Buchveröffentlichung beteiligten Personen.

Auch wenn ich einiges zu kritisieren hatte, hat mir Scott Westerfelds neues Werk ganz gut gefallen. Es hat mich über viele Stunden gut unterhalten und war nie langweilig.

★★★★☆

Veröffentlicht am 15.09.2016

Für Ärzte, Patienten und ganz normale Menschen :-)

Leben ist nicht schwer
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Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 2 (20. April 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3596031146
Originaltitel: Alors Voilà!
Preis: 12,99 €

Für Ärzte, Patienten und ganz normale ...

Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 2 (20. April 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3596031146
Originaltitel: Alors Voilà!
Preis: 12,99 €

Für Ärzte, Patienten und ganz normale Menschen

Baptiste Beaulieus Schriftsteller-Karriere begann mit einem Blog, in dem er von seinem Alltag in der Notaufnahme eines französischen Krankenhauses berichtete. Nun hat er seine Erlebnisse und die seiner KollegInnen zu einem Roman zusammengefügt. Doch nach wie vor bleibt der Tagebuch- bzw. Blogcharakter seiner Erzählung bestehen. Wir begleiten den damals 27-jährigen Assistenzarzt während einer Woche bei seiner Arbeit zwischen Notaufnahme und Palliativstation, wo er immer wieder seine Lieblingspatientin besucht. Er nennt die rothaarige Frau die Feuervogelfrau. Auch für die anderen Patienten und für manche Kollegen hat er eigene klang- und bedeutungsvolle Namen, wie zum Beispiel Chefin Pocahontas oder Frau Zuspruch.


Eingebettet in die Rahmenhandlung, die hauptsächlich daraus besteht, dass der junge Arzt die Patientin in Zimmer 7 bis zum Tod begleiten will bzw. sie solange am Leben erhalten will, bis deren Sohn eintrifft, sind unzählige Anekdoten und kleine Geschichten über die unterschiedlichsten Patienten, aber auch über die Kollegen, mit denen er die Feuervogelfrau erfreut und der todkranken Frau ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Viele dieser Geschichten sind recht witzig, einige traurig, andere machen nachdenklich.

Baptiste Beaulieu erzählt mit einer enormen Leichtigkeit, er verpackt die zum Teil schlimmen Schicksale in Ironie und Sarkasmus und vermittelt so zwischen Leben, Krankheit und Tod. Er schreibt witzig und charmant, aber nie respektlos. Selbst wenn er die älteren Herrschaften Oma und Opa nennt, wirkt das bei ihm sehr liebevoll.

Dieses Buch empfinde ich als Mut machend, als ein Plädoyer für das Leben und für Mitmenschlichkeit. Es wirbt um Verständnis für die oft überarbeiteten Ärzte und für die Nöte der Patienten. Eine wunderbar warmherzige Lektüre, die ich einfach jedem empfehlen möchte, egal ob er selbst Arzt ist, ob er Patient ist oder es erst später werden wird.

★★★★★

Veröffentlicht am 15.09.2016

Sind wir nicht alle Helden?

Das Morgen ist immer schon jetzt
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Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: cbj (27. Juni 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3570172667
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 12 Jahren
Originaltitel: The Rest of Us Just Live Here
Preis: 16,99€
auch ...

Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: cbj (27. Juni 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3570172667
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 12 Jahren
Originaltitel: The Rest of Us Just Live Here
Preis: 16,99€
auch als E-Book erhältlich



Sind wir nicht alle Helden?

Meine Meinung:

Patrick Ness hat es mir nicht leicht gemacht, in diesen Jugendroman hineinzufinden. Ich hatte anfangs das Gefühl, ins eiskalte Wasser geschubst zu werden, ohne irgendwelche Erklärungen zu bekommen, und ich bin mir auch jetzt, nachdem ich das Buch zu Ende gelesen habe, nicht wirklich sicher, ob ich den Roman richtig verstehe. Dem Lesevergnügen tut dies allerdings keinen Abbruch. Man kann das Buch auf jeden Fall genießen, wenn man sich einfach mal fallen lässt und kein Problem damit hat, 5 gerade sein zu lassen.

In diesem Buch werden zwei Handlungen erzählt. Zum einen haben wir die Geschichte von Mikey, der als Ich-Erzähler fungiert. Der 17-Jährige steht kurz vor dem Highschool-Abschluss. Seine Tage verbringt er mit seinen Schwestern Mel und Meredith und seinen Freunden Jared und Henna. Auf die Eltern ist er eher nicht gut zu sprechen – die Familie ist schon ziemlich verkorkst. Aber das sieht wahrscheinlich die Mehrheit der Jugendlichen für sich ebenso. Seit ewigen Zeiten ist Mikey in Henna verliebt, doch traut er sich nicht, ihr dies zu sagen. Und Henna weiß auch gar nicht wirklich, was sie selbst eigentlich will. Jared ist ein wunderbarer Freund, wie man sich keinen besseren wünschen kann. Und auch Mel steht ihrem Bruder stets zur Seite, obwohl sie mit eigenen Problemen zu kämpfen hat.

Wären wir also bei den Problemen. Davon gibt es in diesem Jugendbuch reichlich. Mikey leidet unter einer Zwangsstörung, die ihm ziemlich zu schaffen macht. Auch Mel hat ein psychisches Problem. Jared hat eine besondere Gabe, aber auch er ist damit nicht ganz glücklich. Und Hennas Eltern haben Pläne mit ihrer Tochter, die dieser überhaupt nicht zusagen.

Daneben ereignen sich in der kleinen Stadt mysteriöse Dinge. Immer wieder tauchen blaue Lichter auf, Kinder kommen zu Tode. Die Clique um Mikey sieht mehr, als die Erwachsenen wahrnehmen, nämlich Vampire, Zombies oder Seelenesser, die die Menschen bedrohen. Dabei handelt es sich bei „Das Morgen ist immer schon jetzt“ eigentlich nicht um einen Fantasyroman. Stehen diese aggressiven Wesen also für etwas anderes? Zum Beispiel für die ganz alltäglichen Schrecken, die ein Jugendlicher auf seinem Weg zum Erwachsenen erlebt?

Der zweite Erzählstrang ist nun tatsächlich die Zusammenfassung eines Fantasyromans mit einem Prinzen und einer jahrtausendealten Liebe und Helden, die die Welt retten müssen. Am Anfang eines jeden Kapitels wird ein Stück dieser Fantasy erzählt. Und irgendwie ist diese Fantasygeschichte auch immer wieder mit Mikeys Geschichte verzahnt. Mikey, der gerne ein Held sein möchte, der Angst hat, dass er nicht gebraucht wird, der Angst hat, dass er seine Freunde mehr braucht als sie ihn.

Nicht nur Mikey, auch die anderen Charaktere haben mir sehr gut gefallen. Auch die weniger sympathischen Figuren konnte ich gut nachvollziehen. Sie wirken alle sehr authentisch und bis zu einem gewissen Grad absolut alltäglich. Genau solche Menschen kenne ich selbst auch. Mikey und seine Freunde entwickeln sich im Laufe des Romans, wachsen an den Herausforderungen des Alltags. Dies wird sehr schön dargestellt und macht Jugendlichen, die vor ähnlichen „normalen“ Problemen stehen, Mut, sich ihrem Leben und ihrer Zukunft zu stellen.

Mal davon abgesehen, dass ich teilweise von der Handlung verwirrt war und die Fantasygeschehnisse nicht einordnen konnte, fand ich dieses Buch großartig. Der Schreibstil des Autors ist einfach klasse. Er schafft damit eine wunderbar dichte Atmosphäre. Zwar ist der Hintergrund eher düster, doch trotzdem gelingt es Patrick Ness, mit seinem Roman Hoffnung zu verbreiten. Zwischen den Zeilen gibt es so vieles zu entdecken. Und für mich bleibt ein wundervolles Fazit:

Nicht jeder muss die Welt retten. Den meisten bleibt nichts anderes übrig, als ihr Leben zu leben, so gut sie eben können, Dinge zu tun, die ihnen wichtig sind, tolle Freunde zu haben, ein besseres Leben anzustreben und die Menschen um sie herum aufrichtig zu lieben. (S. 218)

Wir müssen nicht die Welt retten, um Helden zu sein. Wir alle sind die Helden unseres eigenen Lebens, und das ist spannend und überraschend genug!

Nicht so gelungen finde ich die Altersempfehlung des Verlags von 12 Jahren. Sicher sind Kinder und Jugendliche verschieden reif, aber die 12-Jährigen, die ich kenne, wären mit diesem Buch hoffnungslos überfordert. Ich würde es eher ab 14 Jahren empfehlen.

★★★★☆

Vielen Dank an den cbj Verlag und das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Nicht ganz so witzig wie der 1. Band, aber okay

Die ganze nackte Wahrheit
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Broschiert: 288 Seiten
Verlag: FISCHER Scherz; Auflage: 1 (26. März 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3651000247
Originaltitel: Pants are everything…when you’re definitly NOT a nudist
Preis: 14,99 €

ACHTUNG: ...

Broschiert: 288 Seiten
Verlag: FISCHER Scherz; Auflage: 1 (26. März 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3651000247
Originaltitel: Pants are everything…when you’re definitly NOT a nudist
Preis: 14,99 €

ACHTUNG: SPOILER ZU BAND 1

Nicht ganz so witzig wie der 1. Band, aber okay

Inhalt:

Für Michael Swarbrick geht immer alles schief. Nach seinem Ritt mit dem Esel und seinem (Nackt-)Bad im Meer mit seinem Schwarm Lucy King wird Michael verhaftet und der Schule verwiesen. Im Internet wird er als Nudist berühmt, dabei liegt ihm nichts ferner. Er ist weder ein Nudist, noch will er berühmt sein. Und zu allem Übel kommt auch sein Bruder Steven wieder nach Hause …


Meine Meinung:
Es ist wohl besser, wenn man den 1. Band zuvor gelesen hat, denn einige grundlegende Dinge werden hier nicht noch einmal groß erläutert, sind aber für den Verlauf der Handlung wichtig.

Mark Lowery knüpft hier nahtlos an den 1. Band, „Das peinlichste Jahr meines Lebens“, an. Im gleichen Stil wie im Vorgängerband erzählt Michael uns seine Geschichte. Diesmal wechseln sich seine Gedanken zu den peinlichen Erlebnissen mit seinem Praktikumsbericht ab. Denn Michael muss ein Praktikum absolvieren, um sich zu rehabilitieren – ausgerechnet bei seinem „Lieblings“-Psychologen Chas. Der 49-jährige Möchtegern-Jugendliche sorgt wieder für witzige Szenen.

Auch wenn Michael und einige andere Personen sich ein bisschen weiterentwickeln und die Ereignisse andere sind als im 1. Band, bietet dieses Buch doch nicht viel Neues. Man kann die Charaktere nun schon ziemlich gut einschätzen, sodass die Handlung in weiten Teilen etwas vorhersehbar ist. Der Knalleffekt fehlte mir hier ein bisschen. Nichtsdestotrotz denke ich, dass Leser, die sich beim Lesen des Vorgängers amüsiert haben, durch die frische und humorvolle Schreibweise von Mark Lowery auch hier auf ihre Kosten kommen werden.

Die Reihe:
1. Das peinlichste Jahr meines Lebens
2. Die ganze nackte Wahrheit

★★★★☆

Veröffentlicht am 15.09.2016

Berührend und schockierend

Jeden Tag ein bisschen mehr
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Gebundene Ausgabe: 560 Seiten
Verlag: FISCHER FJB; Auflage: 1 (24. September 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3841422293
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
Originaltitel: Lies Like Love
Preis: ...

Gebundene Ausgabe: 560 Seiten
Verlag: FISCHER FJB; Auflage: 1 (24. September 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3841422293
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
Originaltitel: Lies Like Love
Preis: 16,99 €

Berührend und schockierend

Inhalt:

Audrey ist 16, als sie mit ihrer Mutter Lorraine und ihrem 5-jährigen Bruder Peter umziehen muss, in ein verlottertes Haus in der Pampa, irgendwo in England. Audrey ist nicht wie andere Mädchen. Sie ist krank und muss jede Menge Tabletten schlucken. Immer wieder muss sie zum Arzt, und ihre Mutter kümmert sich rührend um sie. Soziale Kontakte hat sie praktisch nicht, in der Schule fehlt sie krankheitsbedingt oft und hat große Lücken. Als sie den Nachbarjungen Leo kennenlernt, scheint sich das Glück für Audrey zu wenden.


Meine Meinung:
Selten kann mich ein Buch von Anfang an so sehr in seinen Bann ziehen wie „Jeden Tag ein bisschen mehr“. Schon der erste Satz klingt so unglaublich und macht den Leser neugierig auf das, was dahintersteckt.
Ich bin dreimal gestorben, bevor ich fünf Jahre alt war. (S. 11)

Und genauso unglaublich ist dann die ganze Geschichte, die folgt. Und doch gibt es so etwas auch in der Realität immer mal wieder. Doch auch wenn die Situation ziemlich unglaublich und ausweglos erscheint, ist es umso wichtiger, genau hinzuschauen und zu helfen, so gut es geht. Genau das tut Leo. Dieser fast 18-jährige Junge, der selbst schon viel Schmerz erlebt und gerade einen Weg gefunden hat, sich in seinem Leben neu einzurichten, hat feine Antennen, was Audreys Probleme angeht. Und dazu ein großes Herz am rechten Fleck, sodass er ihr ein wirklich guter Freund und eine große Stütze sein kann. Leo ist der eigentliche Held in dieser Geschichte. So einen Leo, der hundertprozentig zu einem hält, wünsche ich jedem Menschen.

Doch nicht nur Leo, auch Audrey selbst, war mir sehr sympathisch. Trotz aller Widrigkeiten sorgt sie liebevoll für ihren kleinen Bruder, ist ihm fast wie eine Mutter. Doch sie leidet natürlich sehr unter ihrer Krankheit, unter „dem Ding“, wie sie es nennt, das ihr seltsame Dinge einflüstert, das will, dass sie sich selbst etwas antut, das daran schuld ist, dass ihr ständig übel ist. Audreys Zustand schwankt zwischen klar und benebelt, zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Als Leser kann man das fast am eigenen Körper nachempfinden.

Das Buch ist unterteilt in 3 Teile, die verschiedene Abschnitte in Audreys Leben beinhalten. Erzählt wird über einen Zeitraum von 11 Monaten, September bis Juli. Diese Einteilung nach Monaten fand ich sehr gelungen, da man so ein sehr gutes Gefühl dafür bekommt, wie viel Zeit inzwischen vergangen ist. Louisa Reid wechselt zwischen zwei Erzählperspektiven, die sich in der Schriftart unterscheiden und zudem mit „Audrey“ bzw. „Leo“ überschrieben sind. Dabei erzählt Audrey in der Ich-Form. Leos Perspektive übernimmt ein personaler Erzähler. Es hat mir sehr gut gefallen, dass wir die Sicht von zwei Personen kennenlernen, denn so wird die Handlung noch mehr abgerundet. Zum Teil überschneiden sich die zwei Erzählungen und wir lesen dasselbe Ereignis aus der Sicht beider Protagonisten, aber es gibt auch vieles, was nur einer von ihnen erlebt.

Louisa Reid schreibt wahnsinnig subtil und emotional. Sie schafft damit eine ganz besondere Atmosphäre, die mich an dieses Buch gebunden hat. Ich konnte mich kaum davon losreißen, und innerhalb von 24 Stunden war es ausgelesen. Doch dies ist ein Buch, das mich noch längere Zeit beschäftigen wird. Es gibt viele Anstöße zum Nachdenken und zum Recherchieren.

Ich habe beim Lesen eine breite Palette von Gefühlen erlebt. Ich habe mit den Protagonisten gebangt, war mit ihnen glücklich oder verzweifelt, hoffnungsfroh und am Boden zerstört. Ich war traurig, energiegeladen, mutig und verliebt, dann wieder mutlos, schwach und verzagt. Ich habe Wut in mir verspürt und auch Unglauben. Es war also ein wirkliches Wechselbad der Gefühle. Wenn auch die Geschichte eher bedrückend wirkt, ist doch das Ende einigermaßen versöhnlich und hoffnungsfroh.

Bei der Altersempfehlung sollte man sich an die Vorgabe des Verlags halten. Für die meisten 14-Jährigen ist das Buch sicher gut lesbar. Jüngere können mit der Thematik noch überfordert sein. Nach oben hin sind allerdings keine Grenzen gesetzt. Das Buch ist für Jugendliche wie auch für Erwachsene ein Juwel.

★★★★★