Spannend und unterhaltsam: Tagebuch einer obsessiven Ehe
Mein MannWell, that was fun!
Die Sunday Times sagt auf dem Klappentext: »Dieser absolut faszinierende Roman gehört in den Kanon, in dem auch Jane Eyre und Gone Girl ihren Platz haben.«
So weit würde ich jetzt ...
Well, that was fun!
Die Sunday Times sagt auf dem Klappentext: »Dieser absolut faszinierende Roman gehört in den Kanon, in dem auch Jane Eyre und Gone Girl ihren Platz haben.«
So weit würde ich jetzt nicht gehen, denn sowohl Jane Eyre als auch Gone Girl gehören nämlich zu meinen absoluten Best of Lieblingsbüchern. Ich weiß ich nicht, ob „Mein Mann“ es dahin schaffen wird.
Der Roman, der in Frankreich bereits ein Bestseller ist, ist in Form eines Tagebuch in der Ich-Perspektive geschrieben. Die Schreiberin ist eine, nach eigenen Angaben, sehr (!) attraktive Frau Anfang 40, die lebt wie auf einem Instagram Kanal. Ein perfekter, liebender Ehemann, zwei perfekte, geräuscharme und wartungsfreie Kinder, ein wunderschönes Zuhause und zwei stimulierende Teilzeitjobs als Lehrerin und Übersetzerin.
Was will frau mehr? Frau will in dem Fall gar nicht mehr, sie will dass alles so bleibt wie es ist, sprich sie will, dass ihr Ehemann sie für immer liebt.
Klingt erstmal nach einem verständlichen Wunsch in einer Ehe, aber es zeigt sich in den Tagebucheinträgen schnell, dass die Erzählerin wahnhaft besessen ist von ihrem Mann. Also so richtig.
Die Frau hat sich eine komplett andere Persönlichkeit zugelegt, von der sie vermutet, dass ihr Mann darauf abfährt. Eigentlich ist ihr Haar kastanienbraun und sie färbt es blond. Eigentlich hat sie gerne leidenschaftlichen und intensiven, lauten Sex, aber ergreift bei ihrem Mann nie die Initiative oder übernimmt den aktiven Part. Eigentlich mag sie ihre Kinder nicht, spielt aber die perfekte Mutter. Eigentlich weiß sie genau, was sie will, gibt sich aber devot.
Sie interpretiert jede kleine Veränderung im Verhalten ihres Mannes und für jeden vergessenen Kuss hat sie ein komplexes Bestrafungssystem.
Ihr Mann merkt von all dem nichts, er ist glücklich über seine perfekte Frau und sein wunderbares Familienleben.
Es ist klar, dass dieses obsessive Verhalten der Erzählerin ein Ventil braucht…
Geschrieben ist der Roman in einem ziemlich spannenden, lockeren und direkten Stil, der mich stark an die psychologischeren Romane der frühen Mary Higgins Clark erinnerte, die ich sehr mochte. Ventura spart sich tiefgründige Erklärungen für das Verhalten ihrer Figuren, obwohl es minimale Andeutungen von Daddy Issues gibt. Für mich gehörte aber diese unerklärliche Psychopatie mit zum Spaß.
Ich las den Roman unheimlich gerne und fasziniert gefesselt, aber das Beste ist auf jeden Fall die Pointe. Sie kickt richtig und gibt den Roman am Schluss nochmal einen kompletten Dreh in eine nachdenklichere Richtung.
Ob ich jetzt denke, dass der Roman eine normale Ehe widerspiegelt? Nein, das denke ich nicht, aber sicher bin ich natürlich nicht, denn ich war (zum Glück?) noch nie verheiratet.
Auf jeden Fall fand ich „Mein Mann“ einen aufregenden, spannenden und wahnsinnig unterhaltsamen Schmöker, der mich wunderbar von meinen weitaus trivialeren Beziehungsproblemen abgelenkt hat! Eine uneingeschränkte Leseempfehlung für jeden Lesegeschmack.