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Veröffentlicht am 04.06.2024

Der lange Weg von der Kutsche zum selbstfahrenden Wagen

Bertha Benz und die Straße der Träume
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Ich lese sehr gern Romanbiografien und bin durch das Cover und den allseits bekannten Namen Benz auf das Buch aufmerksam geworden.
Pforzheim, 1863: Bertha ist eins von neun Kindern. Als sie sich in den ...

Ich lese sehr gern Romanbiografien und bin durch das Cover und den allseits bekannten Namen Benz auf das Buch aufmerksam geworden.
Pforzheim, 1863: Bertha ist eins von neun Kindern. Als sie sich in den jungen Ingenieur Carl Benz verliebt, sind ihre Eltern zunächst gegen eine Verbindung der beiden. Carl stammt aus einfachen Verhältnissen und ist das einzige Kind seiner Mutter, die früh verwitwet ist. Der Vater kennt ihn von Treffen bei der Eintracht, einem Verein, dem beide angehören. Er schätzt ihn durchaus, bezeichnet ihn aber als Luftikus mit verrückten Ideen, mit denen sich kein Geld verdienen lässt. „Das darf doch wohl nicht wahr sein, du kommst hier an mit einem Mann, der Einzelkind ist, fast keinen Groschen auf der Bank hat und auch noch katholisch ist!“ (S. 67). Doch immerhin hat Carl studiert und arbeitet als Ingenieur bei einer angesehenen Firma. Bertha setzt die Verlobung mit Carl durch, es dauert jedoch noch zwei Jahre, bis die beiden heiraten und sich in Mannheim niederlassen.
Carl tüftelt seit eh und je in jeder freien Minute an einem selbstfahrenden Wagen. Er gründet mehrere Firmen, in denen sich seine Geschäftspartner um den Verkauf und die Buchhaltung kümmern, er hat daran kein Interesse. Bertha unterstützt ihn, wann immer sie kann, und sie interessiert sich auch für die technischen Aspekte seiner Arbeit. Carl steckt sie mit seiner Begeisterung für einen selbstfahrenden Wagen an, der nicht nur Personen, sondern auch Waren transportieren kann. Bis dahin wurden längere Strecken ausschließlich mit der Eisenbahn oder Kutschen und Droschken zurückgelegt, die von Pferden gezogen wurden.
1888 ist es soweit, Bertha beschließt, Carls selbstfahrenden Wagen der Welt zu zeigen und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Eines Morgens weckt sie ihre Söhne Eugen (15) und Richard (13) und geht mit ihnen auf die Reise von Mannheim nach Pforzheim. Für die 100 Kilometer brauchen sie den ganzen Tag, unterwegs müssen sie mehrmals in der Apotheke Ligroin kaufen und haben einige kleinere Pannen, die Bertha beherzt mit Hilfe ihrer Hutnadel und ihres Strumpfbandes behebt. Die Ketten werden vom Schmied gestrafft, die Bremsklötze mit einem Stück Leder belegt. Berthas Reise ging in die Geschichte ein, und sie hat ihr Ziel erreicht, Carls Erfindung bekannt zu machen. Da der Wagen sehr laut war und eine Dampfwolke aus Abgasen verursachte, hatten nicht nur die Menschen, die das unbekannte Gefährt zum ersten Mal sahen, große Angst. Es waren vor allem Tiere, die vor dem Wagen Reißaus nehmen wollten, Pferde scheuten, Kutscher schimpften und schwangen voller Wut die Peitsche in Berthas Richtung.
Doch es gab auch viele, die den Fortschritt begrüßten und großes Interesse für den Wagen zeigten. So schrieb ein Reporter einen langen Artikel über Bertha und Carls selbstfahrenden Wagen, was dazu führte, dass Berthas Rückreise viel erfreulicher ausfiel. Sie wurde kaum noch beschimpft, dafür von Bewunderern umringt.
Im Nachwort erfahren wir, welche Personen und Ereignisse fiktiv und welche faktisch sind. Der Autor hat Fiktion und Wahrheit wirklich meisterhaft verknüpft, so dass das Buch durchweg spannend war und auch Menschen wie ich, die keine Ahnung von Autos und Technik haben, alles gut verstehen können. Von mir eine Leseempfehlung für Leser*Innen, die sich für die Geschichte des Automobils interessieren und alle, die gern Romanbiografien lesen.

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Veröffentlicht am 03.06.2024

Worauf es im Leben ankommt

Das Lied der Biene
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Ein schöner Roman über eine zweite große Liebe, Freundschaft und Trauerbewältigung.
Marga, Anfang 40, arbeitet als Haushälterin bei Paul Alprecht. Dieser besitzt mehrere Hotels und lebt auf einem großen ...

Ein schöner Roman über eine zweite große Liebe, Freundschaft und Trauerbewältigung.
Marga, Anfang 40, arbeitet als Haushälterin bei Paul Alprecht. Dieser besitzt mehrere Hotels und lebt auf einem großen Anwesen. Er ist mit Sybille verlobt, die einige Jahre jünger als Paul ist, Marga herumkommandiert und von oben herab behandelt. Dann verunfallt Sybille und Paul trauert um sie. Marga schreibt ihm anonym E-Mails, in denen sie von ihrer eigenen Trauer berichtet und wie sie es geschafft hat, trotz bzw. mit ihrem Verlust weiterzuleben. Marga hat Angst davor, Paul zu gestehen, dass sie es ist, die ihn dazu bringt, das Innerste seiner Seele in Worte zu fassen.
Als Paul auf Geschäftsreise nach Lissabon muss, bittet er Marga, ihn zu begleiten und ihm auch in seinem dortigen Ferienhaus den Haushalt zu führen. In Lissabon bietet er an, ihr die Stadt zu zeigen. Endlich sieht er die Frau, die in seiner Angestellten steckt, bisher war Marga für ihn immer nur die allzeit verlässliche Haushälterin, die quasi unsichtbar für sein Wohl sorgte. Er ist hin- und hergerissen, einerseits trauert er noch um Sibylle, die allerdings, was er erst nach ihrem Tod festgestellt hatte, ein Geheimnis vor ihm hatte, andererseits sind da die Schmetterlinge im Bauch, die er bei Margas Anblick verspürt.
Dann kommt überraschender Besuch nach Lissabon und Paul trifft eine Entscheidung, die ich nicht nachvollziehen konnte. Für Marga bricht eine Welt zusammen. Zum Glück gibt es da noch ihre beiden Freundinnen Kerstin und Eva und nicht zuletzt ihre erwachsene Tochter Conny. Die drei helfen Marga, wieder auf die Beine zu kommen und einen Neuanfang zu wagen.
Ich mag den Schreibstil der Autorin sehr, er ist sehr positiv und lebensbejahend. Sie schreibt über die Freundschaft und die Mutter-Tochter-Beziehung, die einen genauso hohen Stellenwert im Leben haben wie Liebesbeziehungen. In dem Buch und auch in Margas Ratschlägen zur Trauerbewältigung habe ich mir mehrere Stellen markiert. Zitieren möchte ich die folgende Passage: „Mitunter fühlt sich das Leben an, als stünde man an einer Bushaltestelle und warte auf den Bus, der mal wieder Verspätung hat. Und wenn etwas Erschütterndes passiert, ist man so mit der Bewältigung dieser Sache beschäftigt, dass man gar nicht mitbekommt, wie, sinnbildlich gesprochen, laufend Busse anhalten … Die Türen öffnen sich, man könnte einsteigen, und das Leben ginge weiter. Doch statt genau das zu tun, verharrt man wie festgetackert im Bushäuschen und lässt einen Wagen nach dem anderen vorbeifahren und wundert sich, dass das Leben stillsteht.“
Ich empfehle das Buch gerne weiter an die, die sich Gedanken über ihr Leben machen, diejenigen, die in einer Trauerphase stecken und an alle, die gern ein paar schöne Stunden mit Marga und Paul in Düsseldorf und vor allem in Lissabon verbringen möchten.

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Veröffentlicht am 29.05.2024

Erinnerungen und Erlebnisse einer Diplomatengattin

Gute Ratschläge
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Gute Ratschläge ist sowohl mein erstes Buch der Autorin als auch mein erster Briefroman.
1990er Jahre: Eliza Peabody ist Diplomatengattin. Als ihre Nachbarin Joan Mann und Kinder verlässt, schreibt sie ...

Gute Ratschläge ist sowohl mein erstes Buch der Autorin als auch mein erster Briefroman.
1990er Jahre: Eliza Peabody ist Diplomatengattin. Als ihre Nachbarin Joan Mann und Kinder verlässt, schreibt sie ihr Briefe, in denen sie von ihrem jetzigen und früheren Leben berichtet. Joan antwortet nie, trotzdem hält Eliza am Briefeschreiben fest. Andere schreiben Tagebuch, Eliza schreibt Briefe.
Sie hat viele Jahre an der Seite ihres Mannes Henry im Ausland verbracht. Zurück in der Heimat arbeitet sie ehrenamtlich in einem Hospiz und freundet sich mit dem jungen an AIDS erkrankten Barry an. Sie berichtet viel vom Leben der Nachbarn, ausführlich über die Erlebnisse einer Kinderbuchautorin, die unbedingt in den USA bekannt werden und Bücher für Erwachsene veröffentlichen möchte.
Kinder spielen eine große Rolle in ihrem Leben, obwohl oder gerade weil sie keine eigenen hat. Sie engagiert sich bei der Vermittlung von ungewollten Babys und passt auf die Nachbarskinder auf.
Als Henry sie verlässt und mit Joans Mann zusammenzieht, wird es richtig grotesk, zumal zwischendurch immer wieder Passagen und Geschichten auftauchen, in denen Henry auftaucht.
Der Sprachstil hat mir gut gefallen, der Inhalt leider weniger. Die Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Realität und Fantasie haben mich verwirrt. Für mich war es nicht das richtige Buch.

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Veröffentlicht am 29.05.2024

Ermittlungen im Drogen- und Rotllichtmilieu in Ostfriesland

Die Stille der Flut
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Ein kurzweiliger und unterhaltsamer Regionalkrimi, der in Ostfriesland spielt.
Lina wird aus Osnabrück nach Aurich versetzt. Im ostfriesischen Kommissariat scheint es einen Maulwurf zu geben, da alle ...

Ein kurzweiliger und unterhaltsamer Regionalkrimi, der in Ostfriesland spielt.
Lina wird aus Osnabrück nach Aurich versetzt. Im ostfriesischen Kommissariat scheint es einen Maulwurf zu geben, da alle Aktionen und Razzien zur Aufdeckung eines Drogenkartells ins Leere laufen. Lina soll nun herausfinden, wer vertrauliche Informationen an die Drogendealer weitergibt.
Kaum dass sie in Aurich angekommen ist, wird am Meer die Leiche eines jungen Mädchens namens Mia gefunden. Zusammen mit Kea, Hauke, Lars, Jörn und Frank ermittelt Lina in Mias Umfeld. Das Mädchen kommt aus gutem Hause, der Vater ist Arzt, die Mutter Immobilienmaklerin, der Bruder studiert Medizin (zumindest glauben das die Eltern). Von Mias kleinem Bruder kommt der Hinweis, dass Mia Tagebuch geschrieben hatte, leider sind die Tagebücher aus den relevanten letzten Monaten jedoch zunächst nicht auffindbar.
Die Kapitel sind in der Ich-Form geschrieben, und zwar abwechselnd aus Linas und Keas Sicht. Kea ist frisch geschieden und Mutter von zwei Teenagern. Ihre Tochter Freya geht auf das gleiche Gymnasium wie Mia und kannte sie, wenn auch nur flüchtig. Überhaupt scheint Mia keinen großen Freundeskreis gehabt zu haben, auch von einem Freund weiß niemand etwas. Trotzdem werden in ihrem Zimmer Hinweise darauf gefunden, dass sie sexuell aktiv war.
Die Suche nach Mias Mörder fand ich spannend, die Aufklärung war gelungen. Mit Lina und Kea haben die beiden Autorinnen zwei sympathische Protagonistinnen geschaffen, wobei ich mich insbesondere mit Kea in ihrem Dauerkonflikt zwischen Job und Familie gut identifizieren konnte. Wer der Maulwurf im Kommissariat ist, erfahren wir erst in einem der Nachfolgebände, da Die Stille der Flut der Auftakt einer neuen Krimireihe ist. Ich habe das Buch gern gelesen und empfehle es gern an andere Krimileser*Innen weiter.

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Veröffentlicht am 28.05.2024

Ernste Themen erotisch verpackt

Bonjour Agneta
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Das Cover und der Titel mit der Kombination aus Frankreich und Schweden haben mich sofort für sich eingenommen. Leider konnte mich der Inhalt jedoch nicht überzeugen.
Agneta, benannt nach Agnetha Fältskog, ...

Das Cover und der Titel mit der Kombination aus Frankreich und Schweden haben mich sofort für sich eingenommen. Leider konnte mich der Inhalt jedoch nicht überzeugen.
Agneta, benannt nach Agnetha Fältskog, da ihre Eltern sich auf einem Konzert der ABBA-Sängerin kennengelernt haben, ist 49 Jahre alt und mit ihrem Leben sehr unzufrieden. Sie langweilt sich in ihrem Job, die Kinder sind zum Studium ausgezogen und melden sich nur, wenn sie Geld brauchen. Ihr Mann Magnus ist ein Fitness- und Gesundheitsfanatiker. Zucker und Weißmehl duldet er nicht in seinem Haus, Käse und Wein gönnt sich Agneta abends allein in ihrem Zimmer.
Ihre Lieblingsbeschäftigung ist das Anschauen von Dokus über französische Landhäuser. Jegliche Art sportlicher Betätigung mit ihrem Mann lehnt sie ab. Ihr negatives Selbstbild hat sich auf ihr Umfeld übertragen, es scheint, dass sie weder von ihren ArbeitskollegInnen noch von ihren Eltern geschätzt wird. Die Eltern rufen oft per Facetime an und schwärmen ihr vom Leben zwischen Golfplatz und Champagner-Bar vor.
Eines Tages fällt ihr Blick auf eine Zeitungsannonce, es wird eine schwedischsprachige Betreuung für einen Jungen in der Provence gesucht. Ohne lange zu überlegen, packt sie ihren Koffer und steigt in den Zug nach Frankreich. Magnus erklärt sie für verrückt und prophezeit, dass sie in einer Woche wieder da sein wird, was für Agneta die größte Motivation ist, auf jeden Fall länger in Frankreich zu bleiben.
Bis zur Abreise nach Frankreich habe ich mich köstlich über Agneta und ihre Dialoge mit Magnus und ihren Eltern amüsiert.
Ab der Ankunft in Frankreich wurde es äußerst skurril und grotesk. Der Junge, den sie betreuen sollte, erweist sich als der 80jährige Einar, der an Demenz leidet. In seinen (vielen) lichten Momenten schwärmt er ihr von den sexuellen Abenteuern mit seinem Lebensgefährten Armand vor. Die erotischen Erzählungen übertragen sich auf Agneta, auch sie denkt fast nur noch an Sex, zuerst sind es erotische Fantasien, später lebt sie sie auch aus. Und alles dank der erotischen, lavendelfarbenen Unterwäsche, die sie von ihrer Nachbarin Bonnibelle bekommen hat.
Gestört hat mich die Kommunikation via Google Übersetzer, bei der oft ziemliches Kauderwelsch herauskam. Schade, dass sich Agneta keine Mühe gegeben hatte, Französisch zu lernen, wo sie doch von klein auf für Frankreich geschwärmt hatte.
Bei dem Buch hatte ich andere Vorstellungen, es war mir nicht klar, dass es hauptsächlich um sexuelle Fantasien, zweitrangig um Demenz und nur peripher um Agnetas Neubeginn und ihre Selbstverwirklichung in einem provenzalischen Dorf geht. Das Ende war vorhersehbar. Im Herbst erscheint Merci Agneta, das ich jedoch nicht lesen möchte. Nichtsdestotrotz bin ich sicher, dass das Buch vielen Leser
Innen gefallen wird.

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