Profilbild von Samtpfote

Samtpfote

Lesejury Star
offline

Samtpfote ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Samtpfote über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.07.2020

Unterhaltsam, packend, intelligent

Der Fall des Lemming
0

Inhalt:

Ein Lehrermord zieht ja schon genug Aufmerksamkeit auf sich. Dass das Opfer zum Zeitpunkt der Tat aber eigentlich von einem Privatdetektiv überwacht werden sollte und dass dieser Privatdetektiv ...

Inhalt:

Ein Lehrermord zieht ja schon genug Aufmerksamkeit auf sich. Dass das Opfer zum Zeitpunkt der Tat aber eigentlich von einem Privatdetektiv überwacht werden sollte und dass dieser Privatdetektiv niemand geringeres als der ehemalige Mordkommissar Leopold Wallisch mit dem Spitznamen "Lemming" ist, macht die Angelegenheit schon viel komplizierter. Zumal Lemming nun alles daran setzt, den Fall vor der Polizei zu lösen und dabei nicht nur heimlich ermitteln, sondern auch noch die unangenehme Vergangenheit einer ganzen Schulklasse in Erfahrung bringen muss. Wo Gewalt, Angst und Erniedrigung herrschten, finden sich schnell viele Menschen mit einem Motiv. Um so auffälliger ist es daher, dass die meisten dieser ehemaligen Schüler des Opfers aus diversen Gründen nicht mehr Leben oder vom Erdboden verschwunden sind...



Meine Meinung:

Endlich wieder einmal habe ich einen durch und durch intelligenten, unterhaltsamen und spannenden Krimi lesen dürfen und bereue es nun schon, dass ich den vierten Band der Reihe, der ebenfalls gebraucht im Brockenhaus zu finden war, nicht auch in meinen Einkaufskorb gepackt habe. Vielleicht ist er ja bei meinem nächsten Einkauf noch dort? Auf jeden Fall habe ich entschieden, die weiteren Bände der Reihe nach und nach bei mir einziehen zu lassen und freue mich schon darauf.

Besonders angetan hat es mir natürlich der Ermittler dieses Krimis, der aber kein Kommissar mehr ist - nach einer doch eher fragwürdigen und sehr feuchtfröhlichen Aktion ist er nämlich aus der Mordkommission entlassen worden - der aber als Privatdetektiv und ehemaliger Polizist die Methoden und Marotten der Polizei in- und auswendig kennt. Mit viel Wiener Lokalkolorit, der sich auch in der Sprache zeigt, Humor, Feinsinn und diversen skurrilen Fügungen und Dialogen hat dieser Krimi alles, was er braucht und noch mehr. Anders als einige Regionalkrimis, die mich doch auch manchmal enttäuscht haben, wirkt "Der Fall des Lemming" nie plump, ganz im Gegenteil. Sehr einfühlsam werden zum Beispiel die Erinnerungen eines jüdischen Arztes an die Gefangenschaft im zweiten Weltkrieg eingeflochten oder äusserst packend wird der Strudel aus Gewalt und Mobbing beschrieben, der unter Schülern herrschen kann. So klingen stets auch leise, kritische Töne an, welche meiner Meinung nach zur ganz grossen Stärke dieses Krimis gehören und für Auflockerung sorgt dann zum Glück immer wieder der kalbsgrosse Leonberger Castro, der versehentlich als Drogenschmuggler fungiert und kurzfristig zu Lemmings vierbeinigem Begleiter wird.



Meine Empfehlung:

"Der Fall des Lemming" ist ein packender, unterhaltsamer, rasanter und intelligenter Auftakt einer Krimireihe. Von mir gibt es eine herzliche Empfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.07.2020

Fesselnd, leidenschaftlich und melancholisch

Fünf Viertelstunden bis zum Meer
0

Meine Meinung:

Die erste grosse Liebe vergisst man nie, wird oft gesagt. Vor allem wohl, wenn einem von der vermeintlich geliebten Person das Herz nach allen Regeln der Kunst gebrochen wird. Genau so ...

Meine Meinung:

Die erste grosse Liebe vergisst man nie, wird oft gesagt. Vor allem wohl, wenn einem von der vermeintlich geliebten Person das Herz nach allen Regeln der Kunst gebrochen wird. Genau so ergeht es dem jungen Ezio, der sich Hals über Kopf in die wilde Giovanna mit dem neckisch hervorblitzenden Bauchnabel und dem umwerfenden Lachen verliebt. Mehrere Heiratsanträge lehnt sie ab und ihre Wege trennen sich. Doch was geschieht im Leben, wenn man dem "was wäre, wenn" eine Chance gibt? Wenn man sich nicht nur an eine drückende Sommerhitze, Zweisamkeiten in verlassenen Buchten und atemlose Sprints zum fünf Viertelstunden entfernten Meer erinnern, sondern sein Leben auf ein Neues in die eigenen Hände nehmen will?

Giovanna schreibt Ezio sechzig Jahre nach ihrer Sommerromanze und der darauffolgenden Funkstille einen Brief, der Ezio zum Schwelgen und Trauern bringt und der dafür sorgt, dass er uns atemlos mitfiebernden Leser*innen seine und Giovannas Geschichte vom süssen Anfang bis hin zum bitteren Ende erzählt. Ein Brief aber auch, der wohl nie pünktlich angekommen wäre, wenn die Frau des Briefträgers ein wenig früher im Kreissaal gelandet wäre. Und genau so, wie manche scheinbar zufälligen Ereignisse ein ganzes Leben beeinflussen können, muss auch Ezio sich fragen, ob es sich lohnt, seine Lebensweichen noch einmal neu zu stellen.



Meine Empfehlung:

"Fünf Viertelstunden bis zum Meer" ist ein packender Sommerroman, der voller Herzschmerz an die erste grosse Liebe erinnert, an einen heissen Sommer und unerfüllte Träume und Wünsche. Von mir gibt es für dieses kleine Büchlein, das sich natürlich hervorragend entweder direkt am Meer (oder auch einfach vom Meer träumend) lesen lässt, eine sehr herzliche Empfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.05.2020

Ein köstliches musikalisch-literarisches Schmankerl

For You
0

Inhalt:
In diesem zweisprachigen Operlibretto stehen vor allem der Komponist und Dirigent Charles Frieth und seine Frauengeschichten im Zentrum. Immer mal wieder nämlich verspricht der Schürzenjäger seinen ...

Inhalt:
In diesem zweisprachigen Operlibretto stehen vor allem der Komponist und Dirigent Charles Frieth und seine Frauengeschichten im Zentrum. Immer mal wieder nämlich verspricht der Schürzenjäger seinen Orchestermusikerinnen, denen er dann ganz schnell sehr nahe kommt, ein zweiunddreissigtaktiges Solo in einem seiner nächsten Werke. Seine kränkliche Ehefrau Antonia weiss von seinen Ausschweifungen und stürzt sich in ihr eigenes Abenteuer, während die polnische Haushälterin Maria nur darauf wartet, dass sich das Paar endlich trennt, damit sie sich Charles Frieth, auf den sie schon lange ein Auge geworfen hat, krallen kann.

Meine Meinung:
Dieses Operlibretto spielt mit den üblichen grossen Bühnenthemen: Liebe, Sex, Intrigen und Eifersucht und beinhaltet natürlich auch die obligaten skurrilen Wendungen, ein wenig Situationskomik und Nähkästchengeplaudere aus dem Orchestergraben. Die englische Version liest sich sehr leicht und flüssig und durch die direkte Gegenüberstellung der Übersetzung und des Originals lassen sich auch ein paar sprachliche Spitzfindigkeiten, Finessen und Kunstgriffe erkennen, die man in einer Übersetzung sonst natürlich nicht so schön auf dem Silbertablett serviert bekommt. Ich flog nur so durch die Seiten dieses handlichen Büchleins und habe mich ausserdem köstlich über die Figuren und die Orchesterstereotypen amüsiert und die Handlungsidee sehr gerne gemocht.

Meine Empfehlung:
Für dieses musikalisch-literarische Schmankerl gibt es von mir eine sehr, sehr herzliche Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.05.2020

Eine Liebeserklärung ans Erzählen und die Schönheit der Sprache

Was dann nachher so schön fliegt
0

Kurz und knapp:
Volker arbeitet als Zivi im Seniorenheim und versucht dabei, gegen die Missstände im Heim vorzugehen und die alten Menschen mit Würde zu behandeln. Er schreibt aber auch Gedichte, die er ...

Kurz und knapp:
Volker arbeitet als Zivi im Seniorenheim und versucht dabei, gegen die Missstände im Heim vorzugehen und die alten Menschen mit Würde zu behandeln. Er schreibt aber auch Gedichte, die er für zahlreiche Wettbewerbe einreicht, wodurch er tatsächlich auch zu einem Treffen für Nachwuchsschriftsteller in West-Berlin eingeladen wird. Dort lernt er Thomas und Katja kennen, dort erinnert er sich zurück an eine einprägsame Reise nach Paris und dort entdeckt er das Berlin der 80er Jahre für sich.


Sprache:

Jeder Satz dieses Buches ist ein kleines Meisterstück. Die Sprache erzählt poetisch und sehr bildhaft. Sie ist voller Metaphern, voller detaillierter Beschreibungen von Äusserlichkeiten, wie dem Stadtbild und dem Aussehen der Personen, aber auch von Gedanken und Gefühlen. In diesem Buch kann man sich verlieren und immer wieder neu (er)finden und nimmt dabei noch an der Entwicklung eines jungen Dichters teil. Zudem wird für jede Umgebung die passende Erzählhaltung eingenommen. Die Szenen im Seniorenheim beispielsweise sind von einer krassen Nüchternheit und Brutalität geprägt und es hat mich angewidert, wie dort mit den Menschen umgegangen wird. Die Erinnerungen an Paris hingegen ziehen wie ein rauschhafter Schwarz-Weiss-Film vorbei, während die im Jetzt spielenden Handlungen in Berlin intensiv, überbordend, aber auch sehr melancholisch erzählt sind.


Meine Empfehlung:

"Was dann nachher so schön fliegt" ist eine sprachgewaltige, kraftvolle Liebeserklärung an die Schönheit des Erzählens und der Poesie und ein Selbstfindungsroman, der einen jungen Dichter und seinen Weg in die Erwachsenenwelt ins Zentrum stellt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.05.2020

Ein literarisches Vergnügen

Paris, ein Fest fürs Leben
0

Meine Rezension gilt für die ältere Ausgabe aus dem gleichen Verlag in der Übersetzung von Annemarie Horschitz-Horst:

Meine Meinung:

"Paris, ein Fest fürs Leben" ist ein fantastisches Zeitdokument, das ...

Meine Rezension gilt für die ältere Ausgabe aus dem gleichen Verlag in der Übersetzung von Annemarie Horschitz-Horst:

Meine Meinung:

"Paris, ein Fest fürs Leben" ist ein fantastisches Zeitdokument, das nicht nur zahlreiche Bekanntheiten der goldenen Zwanzigerjahre und ihre - mal mehr, mal weniger charmanten - Schrullen ins Zentrum rückt, sondern das auch von Hemingways Liebe zu seiner ersten Frau zeugt und aufzeigt, wie der nicht immer sehr gesunde (Arbeits-)Alltag des grossen Schriftstellers ausgesehen hat.

Die einzelnen lose zusammenhängenden Kapitel lassen sich grundsätzlich für sich alleinestehend lesen, was ich mehrheitlich auch so gemacht habe. Immer wieder habe ich im Buch geschmökert, pausiert und ein wenig recherchiert und dann später weitergelesen. Zahlreiche literarische Persönlichkeiten der damaligen Zeit sind mir zwar ein Begriff, von den meisten von ihnen habe ich allerdings immer noch nichts gelesen, was ich nun spätestens unbedingt nachholen möchte.

Nach der Lektüre hat mich Fernweh ergriffen nach einem Paris, das wir so nie mehr erleben werden, was sicher nicht nur schlecht ist. Aber ein Hauch der rauschenden Feste, der Unbeschwertheit und gleichzeitig tiefen Melancholie, die wohl untern der damaligen Bohème gang und gäbe war, würde wohl einigen von uns ab und an gut tun und zudem wäre es wirklich schön, das Paris jener Zeit für einen kurzen Moment wirklich erleben zu können, wobei "Paris, ein Fest fürs Leben" dieser Erfahrung schon sehr nahe kommt.

Sehr gerne empfehle ich als weiterführende Lektüre übrigens den biografischen Roman "Alabama Song", der versucht, Zelda Fitzgerald - die nicht nur bei Hemingway eher schlecht weggkommt - ein wenig vom Bild der psychisch kranken Frau reinzuwaschen und der vor allem ihre schriftstellerische Arbeit ins Zentrum rückt.


Meine Empfehlung:

Von Herzen empfehle ich euch diese unterhaltsame, liebevoll und klug erzählte und wehmütig stimmende Lektüre, die auf eine Zeit zurückblickt, die wir alle nur aus Filmen und Büchern kennen und die eine Liebeserklärung an diese Stadt Europas ist, welche zahlreiche einflussreiche literarische Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts zusammengeführt hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil