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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.12.2017

Serienmorde statt Wiener Walzer

Mädchenauge
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serviert hier Christian David in seinem Erstling "Mädchenauge" - und zwar vom Allerfeinsten. Junge Mädchen werden im Abstand von zwei Wochen offenbar willkürlich umgebracht - oder etwa nicht. Der Wiener ...

serviert hier Christian David in seinem Erstling "Mädchenauge" - und zwar vom Allerfeinsten. Junge Mädchen werden im Abstand von zwei Wochen offenbar willkürlich umgebracht - oder etwa nicht. Der Wiener Politik ist an einer schnellen, möglichst glatten - heißt: gefälligen - Auflösung des Falles gelegen und dafür wird dem langjährigen Mitarbeiter der Wiener Ermittlungsbehörden, Major Belonoz, der gerade erst von Ungnaden wieder rehabiliert wurde, mit Lily Horn eine unerfahrene, noch nicht einmal dreißigjährige Staatsanwältin zur Seite gestellt. Ein Team mit Biss? Durchaus, auch wenn im Miteinander der beiden noch längst nicht das gesamte Potenzial von Animositäten, Sich-Bälle-Zuwerfens und, und, und ... ausgeschöpft ist.

Und die Story? Superspannend und durchaus originell, wenn sich auch der Autor ein klein wenig in Nebenschauplätzen und aus meiner Sicht zu vielen Nebendarstellern verheddert. Trotzdem ist dies ein Krimi mit allem Zipp und Zapp, der es wert ist, gelesen zu werden.

Meinerseits gibt es also durchaus ein paar Kritikpunkte anzumerken - und trotzdem gibt es ganze fünf Sterne? Jawohl, und zwar wegen des nicht zu übertreffenden Showdowns. Um es mit einem Reim zu sagen: Der Schluss ist ein Genuss! Absolut überraschend, originell und was mir in letzter Zeit immer mehr fehlt: es werden tatsächlich alle Erzählstränge aufgelöst... nur der nicht, wie es mit Lily und Belonoz weitergeht. Aus meiner Sicht umso besser: das lässt auf eine Fortsetzung hoffen!

Veröffentlicht am 29.12.2017

Drei Schwestern und ihre Oma

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern
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Drei - mehr oder weniger - kleine, - mehr oder weniger - freche Mädchen, eine reiche strenge und fast allmächtige Großmutter und die Wahrheiten - das sind die Ingredienzen dieses weihnachtlichen Jugendromans.

An ...

Drei - mehr oder weniger - kleine, - mehr oder weniger - freche Mädchen, eine reiche strenge und fast allmächtige Großmutter und die Wahrheiten - das sind die Ingredienzen dieses weihnachtlichen Jugendromans.

An jedem Weihnachtsfest besucht die in Boston ansässige Großfamilie Sullivan mitsamt allen Kindern - 3 Jungen und 3 Mädchen - die mächtige Erb-Oma, genannt Almighty. Und dieses Jahr spielt Almighty ihre Macht aus - unzufrieden mit einigen der Familienmitglieder droht sie gleicht mit der Enterbung der gesamten Familie. Sie lässt durchblicken, dass ihre Unzufriedenheit die drei Töchter trifft und dass sie durch umfassende Geständnisse eventuell von der Enterbung absehen würde.

Die Mädchen lieben ihre Familie und machen sich gleich ans Werk - die Sünden sollen bis Sylvester komplettiert und Almighty vorgelegt werden und es gibt einiges zu berichten. Norrie, die Älteste ist 17 und ihr Geständnis hat mit Liebesangelegenheiten zu tun. Die pfiffige Jane dagegen schreibt in einem Blog über die ganze Familie und macht somit geheim Geglaubtes öffentlich. Und Sassy, die Jüngste, hält sich gar für unverwundbar!

Wie wird die Großmutter reagieren. Der gespannte Leser darf zumindest in den ersten beiden Geständnissen genüsslich schwelgen, denn leider nimmt das Erzähltempo danach rapide ab und lässt den Leser mit einem eher beiläufigen Ende enttäuscht zurück. Wer gut geschriebene Mädchenbücher mag, wird zumindest die ersten zwei Drittel des Buches in vollen Zügen genießen können. Stimmungsvolle (Vor)weihnachtsliteratur, die leider nicht ganz hält, was sie verspricht.

Veröffentlicht am 29.12.2017

Genosse Wang fragt öfter mal

Genosse Wang fragt
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das ist nämlich ein wichtiger Bestandteil seines Berufsalltags als Journalist. Aber da er diesen Beruf im kommunistischen China bei einem der staatlichen Organe ausübt, werden seine Fragen bereits im ...

das ist nämlich ein wichtiger Bestandteil seines Berufsalltags als Journalist. Aber da er diesen Beruf im kommunistischen China bei einem der staatlichen Organe ausübt, werden seine Fragen bereits im Vorfeld durch politische Gremien festgelegt. Er jedoch will das ändern, will die eine, die entscheidende Frage stellen, die ihn mit sich und der Welt ins Reine bringt - jedenfalls aus seiner eigenen Sicht. Er ist sich im Klaren, dass esfür ihn aus politischen Gründen Konsequenzen geben wird. Trotzdem stellt er sie ... und alles kommt ganz anders...

Ein kurzer, knackiger, aussagekräftiger und trotz einiger Längen - ja, die gibt es auch in kurzen Büchern schon mal - spannender Roman der ehemaligen China-Korrespondentin des ORF Cornelia Vospernik. Wir erhalten Einblick in Wangs beruflichen Alltag, in dem er nicht selten mit seinem Kollegen Li, einem Wendehals des aus totalitären Regimes nicht unbekannten Typus, hadert, auf eine stille, ihn selbst überraschende Art, die Kollegin Zhang verehrt, auf diese und jene Art die Wirren des Lebens meistert und am Ende dann doch die richtige Frage stellt - aber ist sie es wirklich?

Die Sprache der Autorin ist klar, eloquent und auf eine anspruchsvolle Art gefällig - sie lässt das Buch zu einem Lesegenuss werden. Schade ist nur, dass die zahlreichen eingestreuten chinesischen Begriffe an keiner Stelle erklärt werden.

Wir erkennen, dass auch Chinesen ähnliche Probleme mit Kollegen haben, wie wir sie aus deutschen Büros kennen, dass anderes wie Mentalität und politische Strukturen jedoch recht fremd ist. Ein nicht unrealistischer Roman, der China-Interessierten wie auch anderen Mitmenschen, die gern über den eigenen Tellerrand blicken, sehr zu empfehlen ist!

Veröffentlicht am 29.12.2017

Ein Patriarch und seine Familie

Hero
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Der Patriarch Hero, Oberhaupt einer Großfamilie mit fünf Kindern, dazu Enkeln und Urenkeln, ist an Krebs erkrankt. Die Geschichte seines Leidens und der Hoffnungen wird vor allem aus zwei Perspektiven ...

Der Patriarch Hero, Oberhaupt einer Großfamilie mit fünf Kindern, dazu Enkeln und Urenkeln, ist an Krebs erkrankt. Die Geschichte seines Leidens und der Hoffnungen wird vor allem aus zwei Perspektiven erzählt. Aus der Sicht von Hero und aus der seiner mittleren Tochter Nele, der eigentlichen Ich-Erzählerin in diesem Roman. Doch auch andere Familienmitglieder kommen zu Wort und so wird der Leser nach und nach vertraut mit dem Setting, den Positionen und Interessen der Familienmitglieder. Und dabei schreitet die Krankheit fort....

Eine Familie am Abgrund , könnte man meinen, doch die Autorin erzählt mit einer solchen Leichtigkeit und zeichnet die Figuren so eindringlich, dass es eine Freude ist. Zu letzterer trägt auch der feine Humor, die sanfte Ironie bei, von der das ganze Buch durchzogen ist, das I-Tüpfelchen jedoch, das ist Root Leebs Sprachempfinden, ja, trotz des eher stillen Eindrucks, den das Buch hinterlässt, nenne ich es ihre Wortgewalt. Dabei geht es nicht um vordergründige Emotionen, nein, das Stilmittel der Autorin ist der Abstand - die Distanz: wie durch eine Lupe betrachtet, werden Charaktere, Beziehungen und weitere Strukturen immer deutlicher und verweben sich zu einer fesselnden Geschichte. Liebhabern von Familienromanen, Freunden der deutschen Sprache und der leichten, niemals gehässigen Ironie wärmstens zu empfehlen!

Veröffentlicht am 29.12.2017

Ein Gebäude als Hauptdarsteller

Torstraße 1
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ist das Haus in der Berliner Torstraße 1 in Sybil Volks' gleichnamigen Roman - und bildet gleichsam den Punkt, an dem alle Fäden zusammenlaufen. Die Autorin begleitet das Schicksal des Hauses seit seiner ...

ist das Haus in der Berliner Torstraße 1 in Sybil Volks' gleichnamigen Roman - und bildet gleichsam den Punkt, an dem alle Fäden zusammenlaufen. Die Autorin begleitet das Schicksal des Hauses seit seiner Entstehung 1929 bis zur Gegenwart und flankiert dies durch die Lebensgeschichte zweier Familien, die quasi durch Geburt miteinander verbunden sind: auf der einen Seite die kleine Kaufhausangestellte Vicky - Mitarbeiterin des Kaufhauses Jonass, der ersten Station des Hauses in der Torstraße 1, die, schwanger vom Juniorchef, auf der Einweihungsfeier des neuen Geschäftshauses entbindet und auf der anderen Seite der Handwerker Wilhelm, der das Haus miterbaut hat und zufällig als Vickys Geburtshelfer fungiert. Er wird, so erfahren er und auch die Leser es später, zur gleichen Stunde Vater eines Sohnes. Diese beiden Kinder, Elsa und Berhard sind ihr Leben lang mal mehr, mal weniger miteinander verbunden und es sind ihre beiden Leben, ergänzt von denen ihrer Familien, die im Mittelpunkt der Handlung stehen und über Jahrzehnte die Geschichte Berlins in Ost und West auf ganz persönliche Weise präsentieren.

Ein Roman, der Atmosphäre schafft: Sybil Volks vermag es, jede einzelne von ihr aufgezeichnete Epoche lebendig werden, den Leser quasi in die Handlung eintauchen zu lassen. Auch wenn die einzelnen Phasen - sowohl in Bezug auf die historische Entwicklung als auch auf das Leben der beiden Familien - teilweise nur beiläufig abgehandelt werden, habe ich die Lektüre durchgehend genossen, denn an jeder Stelle kann der Leser sich in die geschilderte Situation einfühlen, die Begebenheiten quasi miterleben bzw. nachempfinden. Ein Roman für alle, die gerne auf farbigste Art und Weise in die neuere und neueste deutsche Geschichte eintauchen, ohne sich dabei an Sachbücher zu halten.

Allerdings sollten aufgrund der sehr charakteristischen Erzählweise gewisse Vorkenntnisse bereits vorhanden sein: der Leser muss sich darauf gefasst machen, dass er hier die Historie in Form von kurz aufleuchtenden Blitzlichtern auf sich wirken lässt. Dadurch können bei seiner Rezeption des Buches Lücken auftauchen, die er selber zu füllen hat, doch aus meiner Sicht ist es das wert, nein, es macht den Roman aus.

Für Liebhaber anspruchsvoller historischer Literatur und natürlich für Berlin-Fans genau die richtige Lektüre!