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Veröffentlicht am 29.03.2021

Mehr als das, was man auf den ersten Blick sieht

Der große Sommer
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"Der grosse Sommer" von Ewald Arenz hat einfach alles, was ich von einem guten Jugendbuch erwarte. Von der ersten bis zur letzten Seite war dieser Roman keine Sekunde langweilig - hatte keinen einzigen ...

"Der grosse Sommer" von Ewald Arenz hat einfach alles, was ich von einem guten Jugendbuch erwarte. Von der ersten bis zur letzten Seite war dieser Roman keine Sekunde langweilig - hatte keinen einzigen Durchhänger. Im Gegenteil, einige dieser kurzen Kapitel las ich zweimal. Neben der Leichtigkeit der Jugend gelang es dem Autor auch die vielen Zwischentöne des Lebens einzufangen. "Der große Sommer" ist dem Genre "Coming of age" zuzuordnen.

Es ist der Sommer im Leben der vier Freunde: Friedrich, seiner Schwester Alma, Johann und Friedrichs erster großen Liebe - Beate. Wir kennen alle den Ausspruch: "Einer für alle, alle für einen". Für diese vier Freunde ist das nicht nur ein Lippenbekenntnis, sie leben diesen Satz in diesem großen Sommer.

Erzählt wird rückblickend aus der Sicht von Friedrich, der ein bestimmtes Grab auf dem Friedhof seiner Geburtsstadt sucht, in der er aufwuchs und die Schule besuchte. Während er durch die Grabreihen wandert, gehen seine Gedanken um Jahre zurück.

Ja, die Schule das war in diesem großen Sommer ein besonderes Thema. Friedrichs Versetzung war gefährdet und anstatt mit seiner Familie in Urlaub zu fahren, musste er zu Hause bei Oma und dem Großvater bleiben und für die Nachprüfung lernen. Die Oma war ja ganz o.k., jedoch der Großvater, den er auf keinen Fall Opa nennen durfte, war zu unterkühlt und unnahbar. Nicht unbedingt die Person, bei der ein 16jähriger Junge freiwillig seine Sommerferien verbringen möchte.

Aus anfänglicher Distanz zu diesem Medizin-Professor, der seinen Alltag im genauen Minutentakt einteilt, erwächst in Friedrich zuerst Achtung, die sich später in eine besondere Form tiefer Zuneigung verändert. Kein Wunder, denn der Sommer wurde sehr turbulent - aber auf Großvater war in jeder auch noch so schwierigen Situation absolut Verlass. Auch bei seiner größten "Dummheit" die Friedrich in diesem Sommer beging, war es sein Großvater der ihm half die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen und heil aus der Sache wieder raus zu kommen.

Gegensätzlich zur Unterkühltheit des Großvaters, die weiche und liebevolle Oma, die so phantastisch kochen konnte. Malerin wollte sie einst werden, doch die Kunst blieb Freizeitbeschäftigung. Zu schwierig war das Leben nach Flucht und Krieg. Sie war durch und durch eine Künstlerseele, die in ihren Bildern das zum Ausdruck bringen konnte, was über die vordergründige Realität hinaus ging und sich dem flüchtigen Betrachter nicht erschloss: Das Flair eines Bildes.

(Seite 28/29) Friedrich: "Manchmal würde ich gerne malen können", sagte ich. "Weil ich dann malen könnte was ich sehe". .... "Aber es ist doch sowieso da", sagte sie (Alma) einfach. "Du musste es nicht malen". Das stimmte. Aber das, was man sah, war nicht alles....

Erstmals in seinem Leben begegnet Friedrich die Liebe und erstmals in seinem Leben erlebt er den Tod eines alten Menschen, begleitet diesen bis zum letzten Atemzug. Dieser Sommer spiegelt das Leben in seiner ganzen Fülle - Glück und auch Verlust. Wunderbar hat dies der Autor in einer Szene ausgedrückt, als Friedrich mit dem Rad am Friedhof vorbei fuhr. "Auf meiner Seite roch es unter der Kuppel der Linden .... durchsichtig süß. Und von den Kastanien am Straßenrand mischte sich ein Hauch vom Herbst hinein. Dass in allem Anfang immer schon ein Ende lag.... Vielleicht musste es so sein, dass man immer schon wusste, dass das Schöne verging. Vielleicht war alles so." (Seite 59)

Dieser Roman spiegelt die Leichtigkeit der Kindheit und Jugend, doch das Erwachsenenleben mit seinen Höhen und Tiefen wirft schon seine Schatten voraus. Lustig und traurig - wie das Leben eben so ist.

Dies ist zwar ein Jugendbuch, doch auch Erwachsene sollten es lesen. Einfach nur großartig.

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Veröffentlicht am 03.03.2021

Verführung zum Krieg

Der Hütejunge
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Kann eine erwachsene Autorin aus der Sicht eines Kindes schreiben? Ja, sie kann! Mit diesem Buch "Der Hütejunge" erbringt Ulrike Blatter den Beweis. Als Leser schlüpfen wir in eine kindliche Haut, übernehmen ...

Kann eine erwachsene Autorin aus der Sicht eines Kindes schreiben? Ja, sie kann! Mit diesem Buch "Der Hütejunge" erbringt Ulrike Blatter den Beweis. Als Leser schlüpfen wir in eine kindliche Haut, übernehmen eine andere Wahrnehmung, sprechen eine anfangs kindgerechte Sprache, die sich später der Entwicklung des jugendlichen Protagonisten anpasst.

Der Junge, aus dessen Sicht die Zeit vor, während und auch noch nach dem WWII beschrieben wird, bleibt namenlos. Einfach nur der Junge. Er ist der Jüngste in der vaterlosen Familie. Seine Mutter verlor ihren Mann durch das Regime, dem sich dieser nie beugen wollte. Jedoch, alleinerziehende Mütter waren zu dieser Zeit nicht vorgesehen.

Das neue, tausendjährige Reich hält auch in diesem Dorf in der Eifel Einzug. Wie ein Wunder mutet es an, dass der Führer in einem Auto durch diesen vergessenen Landstrich, weit weg von Berlin fährt. Wie wichtig müssen sich da die Bewohner vorgekommen sein? Er, der große Führer lässt sich bei ihnen blicken und diese Beachtung durch diesen Übermenschen war für viele wohl wie die Begegnung mit einem Propheten. Endlich werden auch sie im hintersten Winkel der Eifel wahrgenommen, bekommen Versprechungen auf ein besseres Leben. Fallen darauf rein. Die Kinder winken begeistert mit den Fähnchen weil es alle tun. Nur die Mutter des namenlosen Jungen wird wütend, zerbricht die dünnen Holzstiele der Fähnchen und verbietet ihren Kindern diese Freude. Der Ärger ihrer heranwachsenden Kinder, dass ihnen dieser Spaß verdorben wird, bleibt nicht aus. Auch die Braunhemden der HJ sind ihr ein Dorn im Auge. Wogegen die Jungs sich nichts sehnlicher wünschen als dort zu ihren Freunden dazu zu gehören. Die Töchter freuen sich auf den Bund dtsch. Mädchen. Endlich kein Außenseiter mehr sein.

Der Krieg beginnt und die Menschen sind im Taumel. Höchstens wenige Wochen, dann einige Monate und der Sieg gehört dem Führer - sagt man ihnen und die Leute glauben es, wollen es auch glauben. Was niemand auf dem Schirm hatte, die ersten Männer aus dem Dorf fallen für Führer Freund und Vaterland. Noch immer geht es den Dörflern recht gut, bis alles Vieh gezählt wird und niemand mehr schlachten kann wie er will. Der Hunger kommt erst später. Lustig zu lesen, wie die Landbevölkerung es schafft, dem Regime ein "Schnippchen zu schlagen" und sich Essensrationen auf die Seite zu schaffen. Welch ein Festmahl, als die Kuh unerwartet ein nicht angemeldetes Kalb zur Welt bringt, das aber schon kurz nach der Geburt heimlich geschlachtet wird, damit es nicht abgegeben werden muss. Bauernschläue nennt man sowas.

Der Titel "Hütejunge" ergibt sich aus der Tätigkeit des Jungen. Den Sommer über hütet er die Kühe einiger Bauern auf der Weide, träumt davon schnell erwachsen zu werden, damit er das Abenteuer Krieg noch an vorderster Front miterleben kann.

Ist der Krieg zu Beginn auch noch so weit, irgendwann erreicht er auch diesen kleinen, grenznahen Ort in der Eifel, in dem dtsch. Soldaten Quartier haben. Die Nächte im Bombenhagel verbringt die Mutter mit ihren Kindern nun im Keller. Nur noch überleben wollen sie. Wo mag ihr Ältester sein, der trotz seiner Jugend eingezogen wurde? Lange kamen keine Briefe mehr. Da ist die Angst ihn zu verlieren für den Leser greifbar. Angriffsziel wird der Bahnhof und irgendwann auch ihr Haus. Obwohl es verboten ist, wird dort geplündert. Doch wer interessiert sich noch für die Verbote des Regimes: Jeder ist sich selbst der Nächste.

Dem namenlosen Junge wurde die Kindheit geraubt und niemand fand sich schuldig. Als er in dem Alter war mit seinen Freunden im Wald oder auf den Wiesen zu spielen, waren sie damit beschäftigt wachsam zu sein und im Bunker oder in einem Keller rechtzeitig Schutz zu suchen. Es war für sie wie ein "Abenteuer" sicher den Ortskern zu erreichen, ohne von Bordschützen der Tiefflieger erschossen zu werden. Sie wurden Meister darin, mit der Natur zu verschmelzen, damit sie aus der Luft nicht gesehen werden konnten. Für die Kinder ist der Krieg ihr Alltag.

Doch irgendwann ist der Krieg vorbei. Tagelang wurde um das Dorf gekämpft, bis endlich die Amerikaner einziehen. Endlich Frieden. Doch friedlich geht es unter den Bewohnern nicht zu. Für die Dorfbewohner geht der Kampf ums Essen weiter. Zuerst der Hunger und als wäre dies noch nicht genug, diese entsetzliche Kälte im Winter und nichts, mit dem man heizen könnte. "Fringsen" - war die Erlaubnis sich in der Not am Überfluss Anderer zu bedienen.

Dem Buch liegen wahre Begebenheiten zu Grunde - ist also eine Mischung aus Realität, angereichert durch Phantasie. Die Autorin formte viele kluge Sätze. Etwas möchte ich aufgreifen, der wohl immer Bestand haben wird (S. 316): "...Philippine wr keine Frau wie die anderen. Und der Junge lernte von ihr, dass es besser war, die oberflächlichen Erwartungen der Mitmenschen zu erfüllen, wenn man im Leben etwas erreichen und gleichzeitig seine Ruhe haben wollte. Hauptsache, die Nachbarn und Verwandten nahmen ihn so wahr, wie alle meinten, dass er sein müsste. Der Rest war dann egal. Dann hatte man seinen Frieden und konnte machen und denken, was man wollte. ..."

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Veröffentlicht am 18.02.2021

Rückblick

Ganz oben Ganz unten
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"Ganz oben ganz unten" von Christian Wulff vermittelt dem interessierten Leser einen guten Einblick, wie es hinter den Kulissen der Politik zuging - vielleicht noch immer zugeht. Wahrscheinlich hätte ...

"Ganz oben ganz unten" von Christian Wulff vermittelt dem interessierten Leser einen guten Einblick, wie es hinter den Kulissen der Politik zuging - vielleicht noch immer zugeht. Wahrscheinlich hätte dieses Buch gut 500 Seiten dick sein können und es wäre trotzdem nicht alles gesagt worden, was von Bedeutung war. Vor allem nicht über die Rolle der Medien/Journalisten. Inzwischen haben ja auch schon bekannte Journalisten öffentlich zugegeben, dass sie sich für das, was sie damals schrieben, heute zutiefst schämten. Hinterher ist man eben immer schlauer.

Natürlich schreibt Herr Wulff dieses Buch aus seiner Sicht, so wie die jeweiligen Journalisten damals aus ihrer Sicht berichteten. Ich denke, von niemandem kann man eine völlige Objektivität erwarten.

Zu Beginn geht Herr Wulff auf seinen Werdegang in der CDU, als auch die Vorbereitungen zur Wahl des Bundespräsidenten ein. Er war der Wunschkandidat von Frau Merkel. Ich habe mir zig aussagekräftige Sätze notiert, doch es würde den Rahmen sprengen, wollte ich diese komplett hier aufführen.

Christian Wulff war der bisher jüngste Bundespräsident. Sein Pech, Herr Gauck war der Favorit des Hauses Springer (S.44). Ch. W. geht zu Beginn des Buches auf die Medien und deren Berichterstattung ein. Auf S. 46 können wir lesen:"...Was den Spiegel und das Haus Springer jenseits aller Links-Rechts-Kategorie einte, war der Wunsch, Politik zu machen. Sie wollten nicht mehr über Stärken und Schwächen nominierter Kandidaten berichten, sondern selbst nominieren und Einfluss nehmen auf den Ausgang der Wahl. ...." Auf Seite 48 wird Frank Schirrmacher (FAZ) zitiert, "...Es fällt nicht schwer, in der aktuellen, völlig unpolitischen Debatte Züge des Selbshasses eines bürgerlichen Milieus zu sehen, dessen größtes Abenteuer das Bungee-Springen in Australien war". "Für dieses Publikum, das nach Unterhaltung lechze, sei Joachim Gauck der ideale Kandidat: Wie ein Romanheld lenke er das Publikum ab von seiner eigenen Bequemlichkeit: Der Selbstbetrug der Gesellschaft ist abenteuerlich".

Als Präsident war Ch. W. die Außenpolitik und ein gutes Miteinander der Staaten wichtig. Viele seiner Begegnungen mit anderen Staatsmännern kommen in dem Buch zur Sprache. Im Mai 2011, im Rahmen einer Informationsreise mit dem Diplomatischen Korps auf das Hambacher Schloss machte er auf einige Parallelen zwischen dem arabischen Frühling und dem langen beschwerlichen Weg Deutschlands zur Einheit in Freiheit und Frieden aufmerksam. " Deutschland ist eine junge Nation, die auf dem Weg zur Demokratie viele Rückschläge hinnehmen musste. Wir vergessen das gelegentlich, wenn wir draußen in der Welt mit erhobenem Zeigefinger aufteten". (S. 104)

Sehr interessant und verbindend seine Worte zu den Religionen. Ch. W. weist auf S. 154 des Buches darauf hin, "...dass Joseph Kardinal Frings 1965 türkischen Arbeitsmigranten die Seitenschiffe des Kölner Doms für ihre Gottesdienste zur Verfügung stellte. Damals gab es nicht genügend Moscheen in Köln, und so breiteten hunderte Muslime Ihre Gebetsteppiche im Kölner Dom aus, um das Ende des Fastenmonats Ramadan mit einem Gottesdienst zu feiern...." Ich glaube, den meisten Menschen in diesem Land war dies - genau wie mir - bis dato unbekannt.

Mit großem Interesse las ich seine Sicht auf die damalige Wirtschaftskrise. Vieles hat Ch. Wulff als Bundespräsident angestoßen, was von den Nachfolgern in diesem Amt vollendet wurde. Vielleicht war er dem Denken der damaligen Zeit einfach schon voraus.

Spannend wie ein Krimi lesen sich die Kapitel "Die Jagd" als auch "Die letzte Kugel". Es wird (S.177) eine überlieferte Anekdote des verstorbenen Spiegereporters Jürgen Leinemann zitiert, die das Verhältnis Journalisten - Politiker aufzeigt. Interessant auf der gleichen Seite:"....Als Hans Leyendecker im Namen der Redaktion der Süddeutschen Zeitung im Mai 2012 den Henri-Nannen-Preis für investigativen Journalismus ablehnte, um so gegen die gleichzeitige Auszeichnung der Bild-Zeitung für ihre angebliche Rechercheleistung in meinem Fall zu protestieren - eine Auszeichnung, die nach Meinung der Süddeutschen allen journalistischen Standdards Hohn sprach -, wurde dies von der Zunft als unsolidarisch gebrandmarkt. Die Jury sah sich mit der grundsätzlichen Frage konfrontiert, wie man eine journalistische Leistung bewertet und was mehr zählt: Die Solidarität der Recherche oder die beabsichtigte Wirkung."

Wie heißt es allgemein, "später ist man immer schlauer". So auch Ch. W., der auch seine eigenen Fehler darlegt, zu späte erkannte, dass er Situationen falsch einschätzte und in einigen Fällen auch falsch reagierte.

Inzwischen weiß man, dass Herr Wulff in langwierigen Prozessen völlig rehabilitiert wurde. Siehe das Kapitel "Das Recht". Auf Seite 256 findet dieser Polit-Krimi ein Ende und im letzten Absatz dankt Christian Wulff von ganzem Herzen allen Menschen, die ihm in dieser schwierigen Zeit beigestanden haben Christian Wulff hat inzwischen neue Betätigungsfelder gefunden. U. a. ist er im Auftrag der Kanzlerin für die Bundesrepublik Deutschland im Ausland unterwegs.

Ein Bildteil in der Mitte des Buches zeigt viele seiner politischen Stationen. Das letzte Bild wurde nach dem Freispruch am 27. Februar 2014 aufgenommen.

Während des Lesens dieses fesselnden Buches kam mir immer wieder ein altes deutsches Sprichwort in den Sinn, welches mein Opa - ein politisch interessierter und begeisterter Tageszeitung-Leser - sehr oft im Munde führte: "Einer ist dem Anderen sein Teufel".



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Veröffentlicht am 06.02.2021

Weder Kitsch noch Klischee

Miss Bensons Reise
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Das Buch "Miss Bensons Reise" von Rachel Joyce beginnt in einem englischen Pfarrhaus - mit einem lauten Knall. 1914 war Margery Benson 10 Jahre alt, ihre vier Brüder waren alle im Krieg, als sie von ihrem ...

Das Buch "Miss Bensons Reise" von Rachel Joyce beginnt in einem englischen Pfarrhaus - mit einem lauten Knall. 1914 war Margery Benson 10 Jahre alt, ihre vier Brüder waren alle im Krieg, als sie von ihrem Vater in dessen Arbeitszimmer gerufen wurde und erstmals von dem goldenen Käfer in Neukaledonien hörte. Sofort war ihre Neugierde geweckt. Kurze Zeit später klingelt es an der Haustür und ein Bote brachte ihrem Vater die Schreckensnachricht. (Seite 13) > "Alle?", sagte er. "Wie? Alle vier?" Er nahm etwas aus der Schublade und ging durch die Terrassentür hinaus, und bevor Margery begriff, was passiert war, hatte er sich erschossen.<

Beim Lesen dieses Buch hatte ich die Empfindung, dass diese ganz lapidar erzählte Episode im Hintergrund Margerys Leben mitbestimmte. Bei allem was sie in ihrem Leben antrieb, führte dieses Erlebnis auf eine hintergründige Art Regie.

Der Roman beginnt 38 Jahre später. Margery ist Hauswirtschaftslehrerin - ein Beruf, den sie im Grunde gar nicht mochte. Ihr tatsächliches Interesse gehörte seit diesem denkwürdigen Tag im Pfarrhaus ausschließlich den Insekten.

Unter ihren Schülern kursierte an diesem Morgen eine Karikatur von ihr, die so präzise ihr skurriles Wesen und ihre verschrobene Persönlichkeit abbildete, dass sie selbst über das was sie sah, erschrak. So sahen ihre Schüler also Margery Benson! Es war einer dieser Aha-Momente, die ein ganzes Leben verändern können. Margery beschloss, ihr bisheriges Leben zu verlassen und den goldenen Käfer in Neukaledonien zu suchen. Ein wenig erinnert mich das an Mundus in "Nachtzug nach Lissabon", der auch von einem Moment zum anderen aus seinem Leben ausstieg.

Ganz gezielt ging Margery von nun an vor. Ihr war klar, allein konnte sie diese Expedition nicht schaffen. Also suchte sie mit einer Annonce eine Begleitung für ihre Reise. Am Tag der Abreise hat Margery keine andere Wahl als Enid Pretty mitzunehmen, die in ihrem Hütchen und dem engen, pinkfarbenen Kostüm eher einer Sexbombe gleicht als einer Abenteurerin.

Marge und Enid - gegensätzlicher können zwei Frauen gar nicht sein. Und doch sind sie sich in ihrem Innersten sehr ähnlich. Allerdings entspinnt sich dies erst im Laufe des Romans, als die beiden Frauen Freundinnen werden und sich gegenseitig sowohl traurige als auch glückliche Momente ihres Lebens anvertrauen. Man sollte als Leser eine Faible für skurrilen, englischen Humor mitbringt, damit man diesen - in einigen Passagen - völlig überzogenen Roman genießen kann.

In Neukaledonien zeigt sich Enids Organisationstalent als es gilt, auf sehr unkonventionelle und nicht legale Art die Ausrüstung für die Expedition zu beschaffen. Das Rechtsbewusstsein von Marge bekommt gewaltige Risse.

Hier, am anderen Ende der Welt finden wir uns auf Partys der snobistischen Kolonialherren, der Upperclass von Neukaledonien wieder. Deren gelangweilte Gattinnen müssen irgendwie die Zeit totschlagen, dabei gleichzeitig die Hoffnung hegen, ihrem öden Alltag einen Kick verpassen zu können. Detektiv spielen bietet sich da geradezu an. Und da ist auch Mundic, ein Kriegsveteran aus England, der in den geheimsten Winkeln seines Hirns noch immer glaubt in einem Gefecht in Burma zu kämpfen. Mundic ist das Paradebeispiel des vom Militär vergessenen Kriegsteilnehmers, für den das Land keine Verwendung mehr hatte und um dessen Probleme die Regierungsseite glaubte, sich auch nicht mehr kümmern zu müssen. Anfangs war mir nicht klar, wie dieser durchgeknallte Mann in das gesamte Geschehen passen sollte. Immer wieder taucht er wie ein Schatten von Enid und Marge auf und gibt sich seinen skurrilen Gedankengängen hin, entwickelte Strategien, die nur er verstand. Doch für das Ende dieses Romans ist Mundic unverzichtbar.

Das Buch beinhaltet viele kluge Sätze, wie z. B. auf Seite 247: "Was immer an vernichtender Traurigkeit in einem steckte, reiste mit."

Ach ja, das Ende! Irgendwie gefiel es mir als Leser nicht sonderlich. Doch wäre es anders, würde ich von Kitsch oder Klischee reden. Beides wäre in diesem Buch fehlt am Platz. Versöhnlich dagegen das letzte Kapitel als Anhang.

Dies ist ein Buch für Leser die das Abenteuer lieben. Nichts ist alltäglich was hier geschieht. Der ganze Roman ist auf seine spezielle Art außergewöhnlich. Wäre dieses Buch - insbesondere gegen Ende zu - nicht diesen Touch zu stark überzogen, ich würde 5 Sterne dafür geben. So sind es 4,5.

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Veröffentlicht am 22.01.2021

Was "Douglas" tatsächlich so groß machte, bleibt verborgen

Die Douglas-Schwestern
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Bei der Bewerbung für dieses Hörbuch hatte ich leider ganz andere Vorstellungen. Dass auch Liebe eine Rolle spielen würde dachte ich mir zwar und nahm es billigend in Kauf. Aber man muss ja nicht gleich ...

Bei der Bewerbung für dieses Hörbuch hatte ich leider ganz andere Vorstellungen. Dass auch Liebe eine Rolle spielen würde dachte ich mir zwar und nahm es billigend in Kauf. Aber man muss ja nicht gleich so auf die Pauke hauen.

Allein der Schriftzug "Douglas" erzeugte schon bestimmte Bilder in meiner Vorstellung und wunderbare Düfte in meiner Nase. Ich hatte gehofft, etwas mehr von dem Erfolgs-Geheimnis dieser Parfümerie-Kette zu erfahren. Doch in erster Linie geht es bei diesem Hörbuch dann doch um Herz-Schmerz. Am Ende erfährt die Hörerin - ich glaube nicht, dass Männer dieses Hörbuch wählen - dann auch, dass von dem Werdegang "Douglas" und den Personen die von Beginn an hinter diesem Lable stehen, nicht sehr viel bekannt ist. Also musste die Autorin ihre Phantasie bemühen, eine Geschichte zu kreieren. Was "Douglas" tatsächlich ausmacht, bleibt mir nach wie vor verborgen. Schade!

Viel Phantasie hat die Autorin aufgebracht, diesen Frauen-Roman zu schreiben. Was dabei herauskam ist nicht so mein Ding. Doch jetzt das große ABER, weshalb ich doch bis ans Ende hörte: Ab dem 2. Weihnachtstag lag ich krank im Bett und konnte die Augen zum Lesen nicht aufhalten. Auch mit der Konzentration haperte es. Und da kam dieses Hörbuch gerade zur richtigen Zeit ins Spiel. Der Inhalt ist recht banal und ich musste mich nicht konzentrieren - konnte mich von der Sprecherin einfach mit Worten berieseln lassen. Wenn ich mal einen Satz lang weg döste machte es auch nichts. Allerdings muss ich zugeben, dass ich die erste CD zweimal hörte, damit ich nicht zu sehr den Faden verlor. Aber auch beim 2. Hören empfand ich das Hörbuch nicht unbedingt als meins. Liebe, Herz, die ganze Inhaltspaletten der Frauenromane sind hier vereint. - Für meine Begriffe zu viel davon. Aber das ist ja bekanntlich Geschmackssache. Allerdings, dadurch passt es nicht in mein bevorzugtes Genre. Wobei ich allerdings einräumen muss, dass dieses Hörbuch wiederum ideal war, die Genesungszeit im Bett tot zu schlagen. Beim Hören verlangte es mir nichts ab. Ich könnte mir auch vorstellen, dieses Hörbuch auf einem Langstreckenflug zu hören oder auf einer langen Autofahrt.

Deshalb kommen von mir 3 Sternchen.

Jedoch, wer auf herzerweichende Frauen/Liebesromane in Hörbuchform steht, der wird wahrscheinlich mehr auf seine Kosten kommen als ich. Denn davon bietet dieser Roman sehr viel.

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