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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2017

Flache Geschichte

Das Lied der weißen Wölfin
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Ab und zu lese ich ja wirklich gerne diese historischen Auswanderer-Romane (oder wie ich kürzlich gelernt habe: Love-and-Landscape-Romane). Diese müssen auf keinen Fall literarisch hochwertig sein und ...

Ab und zu lese ich ja wirklich gerne diese historischen Auswanderer-Romane (oder wie ich kürzlich gelernt habe: Love-and-Landscape-Romane). Diese müssen auf keinen Fall literarisch hochwertig sein und es darf auch ruhig ein bisschen Herz-Schmerz darin vorkommen. „Das Lied der weißen Wölfin“ hat mich angesprochen, weil es die Protagonistin in diesem Roman nach Kanada verschlägt und der Klappentext versprach, dass ein Teil des Romans bei den Cree-Indianern spielt. So weit, so gut. Leider war die Geschichte so dermaßen flach und auch unglaubwürdig, dass ich mich zum Schluss echt zwingen musste, das Buch fertig zu lesen. In „Das Lied der weißen Wölfin“ geht es um die deutsche Marie Blumfeld, die im Jahr 1882 nach Kanada auswandert, um dort einen Reverend zu heiraten. Als der Auswanderer-Trek überfallen wird, bleibt Marie schwer verletzt zurück. Cree-Indianer pflegen sie gesund und nehmen sie in ihrem Lager auf. Als Marie bei ihrem Verlobten eintrifft, kommt allerdings ihre Begeisterung für die Indianer im Ort nicht gut an, denn die meisten Stadtbewohner halten nicht viel von den Cree. Und dann gibt es da noch den Pelzhändler Philipp Carter, für den Marie immer mehr Gefühle entwickelt. Eigentlich geht der Roman noch ganz nett und unterhaltsam los. Ich mochte auch den Aufbau: die Geschichte beginnt gleich in Kanada. Mit Hilfe von Tagebucheinträgen erfährt man, was Marie dazu gebracht hat, Deutschland zu verlassen. Schon recht bald wird die Handlung aber immer platter und konstruierter. Zudem habe ich selten einen so schlecht recherchierten Roman gelesen. Über Kanada erfährt man, dass es dort Wölfe, Bären und Indianer gibt. Die Indianer leben – wie erstaunlich – in Zelten. Auch wenn es gemein klingt: Diese Geschichte hätte sich ein Viertklässler ausdenken können. Letztendlich lädt der Roman weder zum Träumen ein, noch werden schöne Bilder einer kanadischen Landschaft gezeichnet. Fazit: Den Roman kann man sich sparen.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Mantel-und-Degen-Abenteuer mit Goethe und Co.

Das Erlkönig-Manöver
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Ein actiongeladenes Mantel-und-Degen-Abenteuer und in den Hauptrollen die Dichtergrößen des 18./19. Jahrhunderts. Klingt verrückt? Ist es auch ein bisschen, aber in positivem Sinn. Die Handlung: Im Jahr ...

Ein actiongeladenes Mantel-und-Degen-Abenteuer und in den Hauptrollen die Dichtergrößen des 18./19. Jahrhunderts. Klingt verrückt? Ist es auch ein bisschen, aber in positivem Sinn. Die Handlung: Im Jahr 1805 bekommt Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe von seinem Herzog den Auftrag, den tot geglaubten französischen Thronfolger Louis-Charles aus den Fängen Napoleons zu befreien und in Sicherheit zu bringen. Unterstützung bekommt Goethe von keinem geringerem als seinem Freund Friedrich Schiller sowie von Alexander von Humboldt, Bettine Brentano, Achim von Arnim und Heinrich von Kleist. Auf der Odyssee quer durch Deutschland wird natürlich geschossen, gefochten und auch mit spitzfindigen Sprüchen nicht gegeizt. Mir hat es unheimlich viel Spaß gemacht, den Roman zu lesen. Löhr schafft einen perfekten Spagat zwischen Fiktion und Historie. So absurd die Geschichte auch klingen mag, sie wird zu keiner Zeit albern. Im Gegenteil: Der Roman bietet ganz viel Wortwitz und Situationskomik. So gibt es herrliche Anspielungen auf das Leben oder die Werke der Dichter und man stolpert auch immer wieder über bekannte Zitate, zum Beispiel aus „Kabale und Liebe“ oder „Die Leiden des jungen Werther“. Sprachlich ist der Roman auf jeden Fall brillant, weil Löhr sein Buch klingen lässt, als wäre es im 19. Jahrhundert geschrieben worden. Das lässt die irrwitzige Geschichte fast schon authentisch wirken. An manchen Stellen waren mir die Actionszenen zwar oft ein wenig zu viel. Nichts desto trotz aber eine intelligent gemachte, unterhaltsame, geistreiche, komische Geschichte.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Zum miträtseln

Blut und Kupfer
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Eine Sache vorweg: Wer zu diesem Buch greift, sollte sich auf gar keinen Fall vom Cover und schon gar nicht vom Klappentext in die Irre führen lassen. Dort ist nämlich folgendes zu lesen: „Sie ist eine ...

Eine Sache vorweg: Wer zu diesem Buch greift, sollte sich auf gar keinen Fall vom Cover und schon gar nicht vom Klappentext in die Irre führen lassen. Dort ist nämlich folgendes zu lesen: „Sie ist eine junge Witwe. Drei Männer machen ihr den Hof. Doch wem kann Marie trauen?“ – klingt ein bisschen nach romantischer Historienschmonzette, dachte ich zunächst. Das ist der Roman aber auf gar keinen Fall. „Blut und Kupfer“ ist im Grunde ein historischer Krimi mit vielen überraschenden Wendungen, der bis zum Schluss spannend bleibt. Es gibt zwar schon auch eine kleine Romanze, die wird aber eher nebensächlich und sehr auf dem Boden geblieben erzählt. Der Roman spielt um 1617, kurz vor Ausbruch des 30-jährigen Krieges. Eine Zeit also, in der die Menschen ganz besonders von Aberglauben durchdrungen waren. Eine Zeit, in der auch die Hexenverfolgung einen neuen Höhepunkt erreichte. All diese Themen spielen in den Roman hinein. Die Geschichte beginnt in Prag: Der Alchemist Sallovinus wird ermordet und aus seiner Werkstatt verschwinden Kupferstiche – Vorlagen für vier kostbare Marmortafeln. Zur selben Zeit muss die jung verwitwete Marie auf ihr elterliches Gut in Bayern zurückkehren. Einen besonderen Draht hat sie zu ihrem Onkel Remigius, der allerdings ein gefährliche Geheimnis hütet und im Besitz einer der vier Tafeln ist. Schon bald taucht auch noch der mysteriöse Böhme Ruben auf dem Gut auf und macht Marie den Hof. Sie weiß aber nicht, ob sie ihm trauen kann oder ob er sie nur benutzt, um an die Tafel zu kommen. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, den Roman zu lesen und zusammen mit Marie das Geheimnis der Tafeln zu lüften. An manche Stellen – besonders zum Schluss hin – ist die Handlung ein wenig unübersichtlich geraten und man muss beim Lesen generell sehr aufpassen, um kein Detail zu verpassen. Im Großen und Ganzen aber ein unterhaltsamer historischer Roman mit Krimielementen, bei dem der Leser miträtseln kann.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Blutige Schnitzeljagd

Fünf
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Eine tote Frau mit eintätowierten Koordinaten, Leichenteile in Plastikbehältern, seltsame Rätselaufgaben: Es ist eine grauenvolle Schnitzeljagd, eine blutige Version des Geocaching, auf die sich das Salzburger ...

Eine tote Frau mit eintätowierten Koordinaten, Leichenteile in Plastikbehältern, seltsame Rätselaufgaben: Es ist eine grauenvolle Schnitzeljagd, eine blutige Version des Geocaching, auf die sich das Salzburger Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenniger einlassen muss. Mit „Fünf“ hat Poznanski einen spannungsgeladenen, durchdachten und gelungenen Thriller vorgelegt, der sich auf jeden Fall von der Masse abhebt. Zunächst einmal finde ich Poznanskis Schreibstil einfach toll. Sie erzählt sehr fesselnd und stilsicher. Ich war sofort in der Geschichte gefangen und konnte das Buch überhaupt nicht mehr zur Seite legen. Obwohl ich Thriller aus Ermittler-Sicht eigentlich gar nicht mag, weil mir das oft zu eintönig ist, hat mich das in diesem Fall überhaupt nicht gestört. Denn die Charaktere waren einfach sehr vielschichtig und interessant, aber auch greifbar und real. Gerade zu Beatrice konnte man eine starke Bindung aufbauen. Der Plot war nicht nur originell, sondern auch logisch aufgebaut. Lange weiß man nicht, wer der Mörder ist. Fast gleichzeitig mit Beatrice – aus deren Sicht die Geschichte hauptsächlich erzählt wird – kommt man ihm auf die Schliche. Die Auflösung fand ich einfallsreich und – im Vergleich zu anderen Thrillern – mal etwas anderes. Überraschend ist auch das Motiv des Mörders. Ein intelligent gemachter, innovativer Psychothriller, spannend bis zur letzten Seite.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Ein Roman mit zwei Gesichtern

Die Frau des Zeitreisenden
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Selten hat mich ein Buch so zwiegespalten zurückgelassen wie „Die Frau des Zeitreisenden“. Mir fällt es
tatsächlich sehr schwer zu sagen, was ich von dem Buch halte. Nur eines ist für mich klar: Der Roman ...

Selten hat mich ein Buch so zwiegespalten zurückgelassen wie „Die Frau des Zeitreisenden“. Mir fällt es
tatsächlich sehr schwer zu sagen, was ich von dem Buch halte. Nur eines ist für mich klar: Der Roman wird maßlos überschätzt. Gleich von Anfang an wird deutlich: dieses Buch ist ein Liebesroman. Er handelt von der Beziehung zwischen Clare und Henry. Das Besondere daran: Henry ist ein Zeitreisender. Weil er an einem Gendefekt leidet, verstellt sich immer wieder seine innere Uhr und er landet irgendwo in der Vergangenheit oder der Zukunft. Als Clare Henry zum ersten Mal sieht, ist sie sechs Jahre alt. In Henrys Gegenwart sind da beide aber schon lange verheiratet. Die Zeitreisen sind es, die Clares und Henrys Beziehung so spannend, aber auch so schwierig machen. Von den Kritikern wurde der Roman ja zur „schönsten Liebegeschichte des Jahrhunderts“ gekürt. Diese Meinung kann ich nicht teilen. Mir ist wirklich schleierhaft, was an Clares und Henrys Liebe so speziell und außergewöhnlich sein soll. Eigentlich fand ich die Beziehung der beiden zum Teil sogar etwas gruselig. Es macht nämlich fast den Anschein, als ob der erwachsene Henry die sehr junge Clare geradezu manipuliert hat, damit sie ihn später so sehr liebt und nur noch ihn haben will. Generell fand ich Henrys Besuche bei seiner Frau, als sie noch ein Kind war, etwas befremdlich und die Szenen hinterließen bei mir eher ein unbehagliches Gefühl. Clare wirkt teilweise extrem frühreif. Hätte das Buch ein Mann geschrieben, man könnte da geradewegs auf Gedanken kommen.

Der Schreibstil ist zwar sehr flüssig und leicht, dennoch musste ich mich manchmal regelrecht zum weiterlesen zwingen. Mehrheitlich besteht der Roman nämlich aus langatmigen Beschreibungen von Alltagsabläufen und Wiederholungen. Emotionen bleiben nur zu oft auf der Strecke. Bis zum letzten Viertel des Romans habe ich sehr oft mit dem Gedanken gespielt, das Buch einfach abzubrechen. Doch dann kam alles anders, denn plötzlich hat der Roman all das, was ich vorher vermisst habe. Die Geschichte wird auf einmal sehr spannend: Henry findet einen Arzt, der ihn heilen will. Wir leiden mit Clare, die so gerne Kinder haben möchte und wir ahnen, dass da noch etwas kommen wird, etwas Dunkles, Düsteres. Plötzlich sind da auch die gefühlvollen, aufwühlenden und sehnsüchtigen Passagen, auf die man die ganze Zeit gewartet hat. Und es wird deutlich, um was es in dem Roman gehen soll: die eine richtige, bedingungslose Liebe. Schließlich hat mich das Buch sogar zu Tränen gerührt.