Einfach nur WOW
Alef„Es liegt in der Natur des Verliebtseins, dass man am Anfang alles für überwindbar hält. Man lebt wie in einem Kokon, einer Blase, die das, was man gemeinsam hat, vor der Außenwelt schützt. Man sieht nur ...
„Es liegt in der Natur des Verliebtseins, dass man am Anfang alles für überwindbar hält. Man lebt wie in einem Kokon, einer Blase, die das, was man gemeinsam hat, vor der Außenwelt schützt. Man sieht nur einander, jede Trennung fühlt sich an, als würde man sich selbst in zwei Stücke zerreißen.“ (S. 301)
Als sie sich zum ersten Mal sahen, wusste sie beide, dass es Liebe ist. Dass sie zusammengehören und ihr Leben miteinander verbringen würden; Maja und Eitan, eine atheistische Deutsche und ein jüdischer Israeli. Für Eitans Mutter bricht eine Welt zusammen, als ihr Sohn, ihr Leben, Israel hinter sich lässt, um zu seiner Freundin nach Deutschland zu gehen, dem Land, das ihr und ihrer Familie so viel Leid zugefügt hat. Doch die anfängliche Euphorie schwindet bald, und Eitan sieht sich immer öfters Antisemitismus ausgesetzt, findet keinen Anschluss, verliert sich selbst. Maja schmerzt es, ihn so leiden zu sehen, führt sie doch selbst innere Kämpfe aus: Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen bat Eitan sie inständig, für ihn Jüdin zu werden, aber sie tut sich schwer damit, sich nur der Liebe wegen zu entscheiden, welches Leben sie führen möchte. Sie sieht sich gezwungen, zwischen Liebe und Zugehörigkeit, zwischen Deutschland und Israel zu entscheiden.
Katharina Höftmann Ciobotaru hat mit Alef – „der Beginn von allem und die Unendlichkeit“ (S. 397) – Großartiges geschaffen: Leise, bedacht wirft sie zunächst einen Blick in die Vergangenheit, die familiären Ursprünge Majas und Eitans und verwebt einschneidende, die beiden Länder und Kulturen prägende historische Ereignisse wie das Leben im Nationalsozialismus und die Grenzöffnung in der DDR auf der einen Seite und den Golfkrieg auf der anderen Seite mit den teils tragischen familiären Hintergründen. Der Ton wird eindringender, kraftvoller und schmerzhafter, und so lasten nun all der Schmerz und die Schuld, die Frage nach Opfer und Täter auf den jungen Schultern von Eitan und Maja. Bis zuletzt bemüht sich Maja, Eitan gerecht zu werden, die Giur, den Übergang ins Judentum, ihm zuliebe nach mehrmaligen Anläufen endlich durchzuziehen, so schwer der Weg, so groß ihre Zweifel auch sind.