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Veröffentlicht am 19.03.2023

Herzschmerz in der Haute-Provence

Mistral
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Es ist die Zeit kurz nach dem 1. Weltkrieg. Die junge Marie ist eine pure Schönheit mit ihren lavendelblauen Augen und ihrem krausen Lockenkopf. Gewissenhaft erledigt sie die Aufgaben auf dem elterlichen ...

Es ist die Zeit kurz nach dem 1. Weltkrieg. Die junge Marie ist eine pure Schönheit mit ihren lavendelblauen Augen und ihrem krausen Lockenkopf. Gewissenhaft erledigt sie die Aufgaben auf dem elterlichen Hof an einem nahegelegenen Hochplateau. Menschen und Natur sind geprägt vom titelgebenden Mistral.
Eines Tages begegnet Marie dem jungen und attraktiven Knecht Olivier. Anfangs tauschen sie nur Blicke. Bald Worte, es knistert gewaltig zwischen den Beiden. Auf einem Ausflug mit Freundinnen und Freunden küssen sich die beiden. Doch dann sieht Marie den Mann, welchen sie so sehr begehrt nicht wieder. Sie schreibt ihm, bekommt jedoch keine Antwort. Als sie erfährt, dass Olivier bereits an eine andere vergeben ist, bricht ihre Welt zusammen. Sie zieht sich immer mehr in ihren Kummer zurück. Die Eltern beginnen sich um ihre Tochter zu sorgen. Sie wird sich doch sicher nichts antun?
Amelie Thoma hat mit "Mistral" von Maria Borrély ein literarisches Gemälde aus dem Französischen ins Deutsche übertragen. Borrély erzählt malerisch von den Menschen in der Haute-Provence, deren einfaches Leben in der malerischen Landschaft geprägt vom Mistral, einem bekannten Wind in der Region. Die Leute reden dort nicht über Gefühle. Sie reden vom Wind und vom Wetter. Im Zentrum ein junges Mädchen mit unbändiger jedoch nicht erwiederter Liebe.
Mir hat der neuentdeckte Klassiker überaus gut gefallen, meine Erwartungen wurden übertroffen. Hoffentlich werden auch die anderen Romane von Maria Borrély bald ins Deutsche übersetzt - ich für meinen Teil möchte diese nun unbedingt auch lesen 🥰

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Eine besonders innige Beziehung

Besser allein als in schlechter Gesellschaft
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Adriana ist 60 Jahre alt, der Ehemann hat sie nach 30 Jahren verlassen, die Söhne sind flügge geworden. Die Schauspielerin und Regisseurin hat Schwierigkeiten sich damit abzufinden. Eine wertvolle Stütze ...

Adriana ist 60 Jahre alt, der Ehemann hat sie nach 30 Jahren verlassen, die Söhne sind flügge geworden. Die Schauspielerin und Regisseurin hat Schwierigkeiten sich damit abzufinden. Eine wertvolle Stütze und engste Vertraute ist ihre Teta Jele. Die 99-jährige Dame hat viel erlebt. Den Faschismus in Kroatien, die Flucht aus dem Konzentrationslager Rab und den Neuanfang mit ihrem Mann in Italien.
In ihrem Erzählband "Besser allein als in schlechter Gesellschaft - Meine eigensinnige Tante" lässt Adriana Altaras abwechselnd mit ihrer Tante die Erlebnisse Revue passieren, während die Corona-Pandemie die beiden Frauen vor neue Herausforderungen stellt. Die Tante ist in ihrem Seniorenheim in Italien quasi abgeschottet vor der Außenwelt. Gehör und Augenlicht verlöschen immer mehr. Die Nichte trauert dem Ex-Mann hinterher, kann ihn nicht Recht loslassen innerlich.
Die Erzählungen Adriana's und die ihrer Tante sind sehr vielschichtig, berührend, ergreifend und bildgewaltig. Aber es ist nicht nur die Geschichte von Nichte und Tante. Es ist auch eine Geschichte um jüdisches Leben in Europa. Denn der Holocaust hat nicht nur in Deutschland Menschen gequält, verfolgt und ermordet. Die Folgen wirken bis heute nach. Während die eine versucht damit ihren Frieden zu finden, kommen bei der anderen die Traumata der Vergangenheit immer wieder auf. Und dann Naht mitten in der Pandemie der 100. Geburtstag der Tante. Ich war sehr gespannt darauf, ob die beiden diesen gemeinsamen feiern können. Das Buch liest sich überaus warmherzig, die Eigenwilligkeit der Tante mag ich sehr, genauso wie Adriana's Humor. Lesen dringend empfohlen 🤗

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Ein feministischer Fausthieb...

Girlcrush
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...ist der Debüt-Roman von Influencerin, Aktivistin und Feministin Florence Given. In ihrem Buch "Girlcrush" lässt sie ihre Heldin viele Erlebnisse erfahren, welche immer wieder in feministischen Debatten ...

...ist der Debüt-Roman von Influencerin, Aktivistin und Feministin Florence Given. In ihrem Buch "Girlcrush" lässt sie ihre Heldin viele Erlebnisse erfahren, welche immer wieder in feministischen Debatten besprochen werden. Protagonistin Eartha ist 25 und als sie eher zufällig erfährt, dass ihr Boyfriend Matt fremdgegangen ist, trennt sie sich endlich von ihm. Einen manipulierenden Pseudofeministen. Rasch folgt die Erkenntnis, dass Eartha schon immer bisexuell war und ist. Sie outet sich öffentlich auf ihrem Social Media Kanal, die FollowerInnenzahlen gehen durch die Decke. Sie verliebt sich ausgerechnet in das Mädchen, mit dem ihr Ex sie betrogen hat. Erkundet mit Freundinnen Rose und Mona die örtliche queere Szene, datet Frauen, aber auch gelegentlich Männer. Als die Coachin E.V. auf sie zu kommt unterschreibt Eartha bei ihr einen Vertrag und startet als Influencerin durch. Doch sie ahnt noch nicht wie sehr sie ihre steile Karriere im Internet und ihre privaten Aktivitäten sie zu zerrreißen drohen.
Für mich war das Buch ein wahrer Pageturner. Ich konnte es kaum weg legen, habe es regelrecht verschlungen. Die Autor*in verpackt in der Geschichte geschickt Themen wie toxische Beziehung, Coming Out, Bisexualität, Queerfeminismus, Metoo, Freundschaft, Liebe, sexuelle Sehnsüchte und vieles mehr. Stellenweise hat die Handlung ein wenig verrückt angemutet, die Heldin hat hin und wieder sehr leichtgläubig auf mich gewirkt. Und doch hat mich der Roman sehr gut unterhalten. Definitiv ein ganz anderes, ja ein besonderes Lesevergnügen.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Briefe an die Großmutter

Blutbuch
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Kim wächst in der Provinz von Bern auf. Während die Mutter viel im Friseurladen arbeitet kümmert sich die Großmutter um das Kind. In Briefen an die Großmutter erinnert sich Kim an diese Zeit. Die Kinder ...

Kim wächst in der Provinz von Bern auf. Während die Mutter viel im Friseurladen arbeitet kümmert sich die Großmutter um das Kind. In Briefen an die Großmutter erinnert sich Kim an diese Zeit. Die Kinder in der Schule bezeichnen das Kind wahlweise als Junge oder Mädchen. Aber wer sagt, wann und für welches Geschlecht es Sicht zu entscheiden hat? Rückzugsort ist oftmals die große Blutbuche im Garten der Familie. Eine Familie, in der Männer lediglich Randfiguren sind. Als erwachsene nichtbinäre, genderfluide Person beginnt Kim um den Familienbaum zu forschen. Unter anderem ist ebendiese Buche ein bedeutungsstarkes Symbol von Nationalisten, wie dem verstorbenen Großvater. Während der Recherche erkrankt die Großmutter an Demenz. Ihr Gedächtnis zerfällt. Kim stürzt sich in sexuelle Abenteuer mit wechselnden Partnerinnen. Jedoch eine feste Beziehung ist nicht das Ziel. Es ist ein körperliches Verlangen. Dann entdeckt Kim eine von seiner Mutter verfasste Chronik um die weiblichen Ahninnen der Familie. Sie reicht weit zurück bis in das Mittelalter.
@kimdelhorizon 's "Blutbuch" @dumontbuchverlag war für mich kein Pageturner. In Form von Briefen an die Großmutter setzt sich die schreibende Person mit seinem Leben auseinander. Es sind Sichtweisen einer nichtbinären, genderfluiden Person. Die experimentelle Verwendung von Wörtern wie "jemensch" haben mir sehr gefallen. Und doch ganz es beim Lesen Reibungsflächen. Die sexuellen Praktiken Kim's mit seinen Sexdates war mir zum Teil zu intensiv, jedoch die Tradition der Frauen- und Naturheilkunde in Kim's Familie hat mich sehr fasziniert. Insgesamt habe ich das Buch als Liebeserklärung Kim's an seine Großmutter, Mutter und die Urahn
innen der Familie gelesen. Ungewöhnlich aber definitiv lesenswert.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Beste Freundinnen

Die Unzertrennlichen
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Sie sind 9 Jahre alt als sie sich in der Schule kennen lernen: Sylvie und Andrée. Zwischen den beiden Mädchen entwickelt sich rasch eine innige Freundschaft. Eine Freundschaft, die ein ganzes Leben lang ...

Sie sind 9 Jahre alt als sie sich in der Schule kennen lernen: Sylvie und Andrée. Zwischen den beiden Mädchen entwickelt sich rasch eine innige Freundschaft. Eine Freundschaft, die ein ganzes Leben lang halten könnte. Doch Sylvie spürt bald mehr für ihre Gefährtin, es ist Liebe. Doch schon bald erkennt sie, dass diese nicht erwiedert wird. Sie akzeptiert es der Freundschaft zuliebe. Während Sylvie nicht (mehr) an Gott glaubt, hält Andrée an ihren Glauben fest. Obwohl sie an Gottes Güte stark zweifelt. Erst Recht als ihr Liebster Pascal die frühe Verlobung ablehnt. Während Sylvie um und für ihre Freundin kämpft, werden die familiären katholisch geprägten Verpflichtungen und ihr Freiheitsdrang für Andrée zu einer immer größeren Zerreißprobe. Ein tragisches Unglück nimmt seinen Lauf.

In ihrem sehr stark autofiktional gefärbten Roman "Die Unzertrennlichen" (aus dem Französischen übersetzt von Amelie Thoma) erzählt Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir eine berührende, jedoch nicht kitschige Freundschaftsgeschichte zwischen zwei heranwachsenden Mädchen. Bildgewaltig zeichnet sie die eigenen Erlebnisse mit ihrer Freundin Zaza anhand von Sylvie und Andrée nach. Es ist eine Geschichte um zwei beste Freundinnen, welche durch nichts zu trennen sind. Doch beide erfahren was es heißt, wenn die empfundene Liebe nicht erwiedert wird. Während die eine damit zu leben lernt, kann sich die andere von ihrem Herzensleid nicht lösen.
Ein wunderschönes Buch über Freundinnen Schaft und Liebe. Ich kann sie wärmstens empfehlen 🤗

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