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Veröffentlicht am 25.04.2021

Freiheit die ich meine ( P. Maffay)

Miss Marie
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Thea hat viele Träume, aber in Europa tobt der Erste Weltkrieg und dieser scheint ihre Wünsche und Sehnsüchte zunichte zu machen. Heiraten, Kinder und die Bäckerei ihres Vaters übernehmen - all das rückt ...

Thea hat viele Träume, aber in Europa tobt der Erste Weltkrieg und dieser scheint ihre Wünsche und Sehnsüchte zunichte zu machen. Heiraten, Kinder und die Bäckerei ihres Vaters übernehmen - all das rückt in weite Ferne, denn das Elend breitet sich immer mehr über Norwegen aus. Die rettende Lösung scheint ein Neuanfang in Amerika zu sein, denn Theas Tante hat dort bereits Fuß gefasst und bietet ihr mit einem Ticket und einer Stelle bei einer der reichsten Familien des Landes den Absprung aus der Armut. Aber selbst in Amerika ist nicht alles Gold was glänzt...


Ellen Vahr zeichnet mit "Miss Marie" sehr schöne historische Bilder, die das Gefühl von Downton Abbey vermitteln und so das richtige Feeling für die Zeitreise entstehen lassen. Die Figuren bewegen sich ihrer Zeit angemessen im passend ausgestalten Rahmen und man spürt regelrecht die Aufregung, die von der überfahrt bis zur Ankunft in Amerika von Thea Besitz ergreift.

Aber schon bald schlägt die kribbelige Vorfreude in Ernüchterung und Frust um, denn Thea muss feststellen, dass sie mit dem ersten Schritt in Amerika alles verliert, was sie ausmacht (man erteilt ihr bei der Einreise einfach den Namen Marie). Mit dem Überschreiten der Schwelle des Hauses Vanderbilts wird aus Thea ein Schatten, der fortan geräuschlos durch die Räume zu huschen hat. Wie man in diesem Haus die Dienstboten behandelt ist wirklich menschenverachtend (Abschneiden der langen Haare, Verlangen eines dauerhaft gesenkten Blickes, um ja nicht aufzufallen) und drückt sehr deutlich aus, was man von Dienstboten hält - nämlich nichts.

Und das ist noch nicht alles, denn die Freiheiten, die Thea in Norwegen kennen und schätzen gelernt hat, sind in Amerika noch lange nicht angekommen - Gleichberechtigung ist noch ein leeres Wort, das Wahlrecht für Frauen ist noch in weiter Ferne und die Ausbeutung von Dienstpersonal steht dafür an oberster Stelle.

Der Roman erzählt unverblümt über die Unterdrückung der Hausangestellten und sät so den Keim des Aufbegehrens, aber irgendwie springt bei mir der Funke nicht ganz so über, denn trotz aller Widrigkeiten habe ich ich manchmal das Gefühl, mich nicht richtig mit den Figuren identifizieren zu können und lese ihre Schicksal zwar aufmerksam, aber ohne große Emotionen. Theass eiserner Wille, wirklich durchzuhalten und ihren Lieben in Norwegen etwas Gutes zu tun, dringt zwar an, aber nicht in mich, weil ich mich ab und zu nicht wirklich verbunden mit ihr fühle.

Auch das Schicksal ihrer Tanten, das hier zur Sprache kommt, berührt mich nur bedingt, weil es mir, gerade zum Ende der Erzählung hin, einfach zu dick aufgetragen wirkt und ich das Gefühl habe, dass es hier um Effekthascherei geht...aber das ist meine persönliche Einstellung .

Ansonsten eine sehr angenehme Erzählung, die für nette Lesestunden sorgt.

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Veröffentlicht am 17.04.2021

Regional, saisonal, aber trotzdem nicht das Non-plus-ultra

Garden to Table
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Der Trend vom Anbau von Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten ist ungebrochen und Ben Perry reiht sich in die Ratgeber/Kochbuch-Veröffentlichungen ein, die es zu diesem Thema zu finden gibt.

Zugegeben, ...

Der Trend vom Anbau von Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten ist ungebrochen und Ben Perry reiht sich in die Ratgeber/Kochbuch-Veröffentlichungen ein, die es zu diesem Thema zu finden gibt.

Zugegeben, sein Buch ist anders, bietet schon eine gewisse Frische und Raffinesse bei den Gerichten, die optisch echte Hingucker sind (was wohl daran liegt, dass er aus der Sterneküche kommt und er ein Händchen fürs Anrichten hat), aber so ganz können mich die Rezepte nicht wirklich überzeugen.


Gegliedert in die einzelnen Jahreszeiten bekommt man hier einen bunten Mix auf den Teller, der von Tomatensalat als Beilage für Lachsforelle, über eingelegte Quitte zum Salzwiesenlamm oder Blumenkohlsalat mit Lebermousse und Waldmeistergarnitur bis hin zu selbstgemachtem Presskopf mit Weißkrautsalat geht. Nicht wirklich alltägliche Rezepte, die zwar die moderne Küche ins Haus bringen, aber ob alle Gerichte familien- bzw. kindertauglich sind, wage ich jetzt einmal zu bezweifeln.

Es lohnt sich bestimmt, das ein oder andere Gericht nachzukochen und somit frischen und regionalen Wind in die eigene Küche wehen zu lassen, aber so ganz haben mich die Rezepte nicht überzeugt.

Auch hält der Buchautor zu Beginn des Kochbuches erstmal viele Praxistipps und Wissen für den Leser bereit, um Gartenkunde zu vermitteln. Da ist von Permakultur, Mikroklima, Mulchen, Anzucht und Sämereien, Hochbeet und Kräuterspirale die Rede - alles Themen, die man zwar in einem Gartenratgeber, nicht aber in einem Kochbuch für Genüsse aus dem eigenen Garten erwartet.

Alles in allem ein recht nett zu lesendes Buch mit der ein oder anderen Rezeptidee, einer schön anzuschauenden Bebilderung und appetitanregender Food-Fotografie, aber leider nicht der große Wurf.

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Veröffentlicht am 09.04.2021

Insellovestory mit wenig Schmetterlingen im Bauch

Herzensbrecher am Horizont
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Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein - mit diesem Lied von Reinhard Mey im Rücken düst Wanda als Flugbegleiterin durch die Weltgeschichte, jettet von einem traumhaften Ort zum nächsten ...

Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein - mit diesem Lied von Reinhard Mey im Rücken düst Wanda als Flugbegleiterin durch die Weltgeschichte, jettet von einem traumhaften Ort zum nächsten und ist doch nirgends so richtig Zuhause. Der Hinweis von Kumpel Tom, dass auf seiner Heimatinsel Borkum gerade eine Stelle als Tierarzthelferin frei ist, kommt ihr als Angebot zur sinnvollen Nutzung ihrer Auszeit gerade recht und so packt sie die Tasche, begibt sich auf die Insel und lässt sich eine Brise Nordseeluft um die Nase wehen. Sie ahnt nicht, dass mit Wellenglitzern und Dünenzauber auch die Liebe in ihr Leben Einzug hält...


Cornelia Engel hält mit dem Auftakt ihrer neuen "Verliebt auf Borkum"-Reihe einen sommerlich-frischen Roman für ihre Leser breit, der mit Nordseeflair, Inselcharme und einem Setting a la "Ein Heim für Tiere" für gute Laune und leicht zu lesende Unterhaltung sorgt.

Wanda ist mit ihren dreißig Jahren noch ein wenig wankelmütig, nicht ganz so entscheidungsfreudig und wirkt manchmal noch wie ein Teenie, der die ersten zaghaften Schritte im Erwachsenenleben versucht.

Mo hat noch an den Wunden seiner letzten gescheiterten Beziehung zu knabbern und ist daher recht zurückhaltend, was as Öffnen seines Herzens betrifft und so ist verständlich, dass er eher mit angezogener Handbremse durch die Szenerie geht.

Die anderen Figuren beleben das bunte Treiben am Strand und auf der Insel mit ihren Ecken und Kanten, die sie zu liebenswerten Inselbewohnern machen. Jede/r hat einen ganz besonderen Spleen und das sorgt mitunter für kleine Schmunzler.

Die sich entwickelnde Romanze auf der Nordseeinsel wirkt ein wenig unterkühlt und mit fehlen die Samba tanzenden Schmetterlinge im Bauch, der Kloß im Hals und das sich im ganzen Körper ausbreitende warme Gefühl, wenn sich Wanda und Mo gegenüberstehen. Beide Charaktere wirken etwas unbeholfen, mitunter gehemmt und ihr Verhalten ist manchmal in Liebesdingen recht kindisch - schade, denn es steckt so viel Potenzial in dieser Lovestory.

Für den Auftakt noch ein wenig holprig, aber die Lust auf mehr Inselfeeling und Meerweh ist definitiv vorhanden, sodass ich neugierig auf die Veröffentlichung weiterer Bücher schiele

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Veröffentlicht am 03.04.2021

Wandern und entdecken

Vergessene Pfade Deutschland
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Einmal die Wanderschuhe schnüren und Wege gehen, die nicht so überlaufen und trubelig sind, das ist wohl der Traum eines jeden Wanderers. Mit "Vergessene Pfade -Deutschland" soll man diesem Traum schon ...

Einmal die Wanderschuhe schnüren und Wege gehen, die nicht so überlaufen und trubelig sind, das ist wohl der Traum eines jeden Wanderers. Mit "Vergessene Pfade -Deutschland" soll man diesem Traum schon ein ganzes Stück näher kommen und heimischen Wälder, Wege und Aussichtspunkte neu entdecken.

Die Touren in meiner hessischen Heimat sind mir alle sehr vertraut und ich muss gestehen, dass die ein oder andere Wegstrecke dabei ist, die nicht ganz so ruhig und einsam ist, wie im Tourenführer geschildert. An den Eschbacher Klippen ist gerade an den Wochenenden ordentlich was los, wenn kleine und große Kletterer dort ihre Kletterkünste ausprobieren und der Feldberg im Taunus ist d a s Ausflugsziel schlechthin.

Ebenso die Touren im Allgäu, die längst nicht mehr zu den Geheimtipps gehören und doch schon recht überlaufen sind. Gerade die Strecke Tegelberg -Schloss Neuschnstein ist nicht ganz so ruhig und beschaulich, wie im Buch angegeben.

Ansonsten ein schön bebildertes und informatievs Buch, das alle notwendigen Informationen zu den vorgeschlagenen Routen enthält. Auf einen Blick sind Tourencharakter, Ausgangs-/Endpunkt, Gehzeit und kleine Kartenausschnitte zusammengefasst und die wichtigsten Merkmale der Strecke in einem aufschlussreichen Text aufgeführt.

Wer noch nicht so oft wandernd unterwegs gewesen ist, dürfte hier die ein oder andere interessante Strecke abseits der Touren aus "normalen" Wanderführern entdecken - ansonsten aber eher nichts Neues und leider doch schon bekannte und von von Wanderfreunden geliebte Strecken, die zwar nicht ganz so überlaufen, aber längst keine Insidertipps sind.

Schade, ich hatte mir hier etwas mehr erhofft.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Wie alltäglich darf der Umgang mit dem Holocaust sein ?

Hi Hitler!
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In den letzten Jahren hat sich der Umgang mit der Schreckensherrschaft von Hitler unglaublich gewandelt und seinen Einzug in den Alltag gefunden. Was auf der einen Seite für Aufklärung und bewusstem Nachfragen/Hinterfragen ...

In den letzten Jahren hat sich der Umgang mit der Schreckensherrschaft von Hitler unglaublich gewandelt und seinen Einzug in den Alltag gefunden. Was auf der einen Seite für Aufklärung und bewusstem Nachfragen/Hinterfragen sorgt, ist auf der anderen Seite eher lax und hat schon den Anschein der Verharmlosung. Der Grund dafür liegt, laut Auffassung des Autors, im Internet, denn diese für alle zugängliche Informationsquelle bietet nicht nur seriösen Nutzern eine Fläche, um Informationen zu verbreiten, sondern auch eben sogenannten Freaks, die mit Satire, Parodien und Karikaturen das alles verharmlosen und ins Lächerliche ziehen. Und dann ist da auch noch die dritte Gruppe, die immer noch unverhohlen ihre Bewunderung zum Ausdruck bringen kann/darf.

Rosenfeld widmet sich all diesen Themen, geht der Bagatellisierung nach und versucht zu erklären, warum das neue Interesse an dem dunkelsten Kapitel der Weltgeschichte plötzlich so allgegenwärtig ist.

Eine mögliche Antwort darauf macht er daran fest, dass sich die Generation der Kriegs-(Ur)Enkel mit der Aufarbeitung der Geschichte befasst und für sie eben durch die Nutzung der neuen Medien der "Schrecken" verloren geht, da nicht mehr alles verschwiegen, sondern öffentlich zugänglich gemacht wird. Dieses Überangebot verführt dazu, ständig neue Klicks zu tätigen und sich (meist) oberflächlich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Auch finden immer mehr literarische und filmische Auseinandersetzungen mit diesem Thema statt, die es möglich machen, einen Einblick in die Kriegs- & Nachkriegsjahre zu erhaschen und Hitler als weniger dämonisch darstellen. Filme wie "Der Untergang" und "Inglourius Basterds" werden von den Cineasten gefeiert, TV-Mehrteiler wie "Unsere Mütter, unsere Väter" und "Die Flucht" sorgen für hohe Einschaltquoten bei den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern.

Ist es tatsächlich so, dass dieser öffentliche Umgang, auch zu Unterhaltungszwecken (u.a in Comics und Memes), den kritischen Blick auf das Gewesene trübt ? Bekommt der Nationalsozialismus eine sogenannte Alltagsnormalität, nur weil das Internet eine schier unerschöpfliche Möglichkeit an Präsenz bietet, ohne dass jemand hier die Bremse tritt ? Wo liegt die Grenze zwischen harmlosen Späßen, Normalisierung und Missbrauch ? Es sind so viele Fragen, die auftauchen, aber nicht wirklich beantwortet werden.

Obwohl das Buch mit 410 Seiten unglaubliche viele Möglichkeiten der Interpretation bietet, wird vieles nur angerissen und nicht wirklich vertieft. Dafür bekommen manche Themen einen übergroßen Spielraum eingeräumt, die man ruhig hätte straffen können.

Eines steht aber fest: Die Verballhornung und Normalisierung dieses brisanten Themas bietet unglaublich viel Diskussionsstoff und regt zum Nachdenken an.

Das Buch bietet unglaublich viele gute Ansätze, kann in weiten Teilen mit akribischer Recherche beeindrucken, aber da viele Fragen offen bleiben, kann es mich nicht so ganz überzeugen - daher 3 Sternchen.

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