Nicht Fisch, nicht Fleisch
Das Meer von untenConnie lebt tagein, tagaus im gleichen Trott - Aufstehen, anziehen, die Arbeit als Küchenhilfe verrichten, heimgehen, schlafen. Dabei hätten ihr doch mit der Matura Tür und Tor offen gestanden. Das Aufregendste ...
Connie lebt tagein, tagaus im gleichen Trott - Aufstehen, anziehen, die Arbeit als Küchenhilfe verrichten, heimgehen, schlafen. Dabei hätten ihr doch mit der Matura Tür und Tor offen gestanden. Das Aufregendste ist wahrscheinlich, wenn eine Stiege mit Eiern zerbricht und Chaos in der Küche herrscht. Doch dieses monotone Einerlei wird jäh durchbrochen, als Connie das Nachbarskind von Tür 37 vor ihrer eigenen Wohnung findet. Ein bisserl seltsam ist das schon, denn das Kind mag wenig bis gar nichts von sich und seiner Familie preis geben, schon gar nicht den eigenen Namen. Und so ganz ohne Schuhe, aber mit einem immerwährenden Hunger steht das Kind nun häufiger vor Connies Tür...
"Das Meer von unten" hat mich mit seinem minimalistischen Cover und dem doch sehr poetisch anmutenden Titel dazu verführt, zu diesem Roman zu greifen und mit dem Lesen zu beginnen. Doch schon nach wenigen Seiten ist die Luft raus, denn ich kann zu Connie überhaupt keine Verbindung aufbauen. Sie wirkt in ihrem grauen, unaufgeregten Alltag auf mich mehr als zufrieden und weit davon entfernt, etwas ändern zu wollen. Es gibt eben Menschen, die richten sich in ihrem Leben so ein und finden es gut.
Auch passiert nicht wirklich viel, ausser, dass ich fast minutiös den Ablauf des Tagesgeschäfts im Rösch kennenlerne - Mis en place, Schnitzel panieren und Salat waschen werden über gut 100 Seiten fast exzessiv erzählt und tragen dazu bei, dass sich eine gewissen Leere und Langweile breit machen.
Auch finde ich es unglücklich gelöst, dass das Nachbarskind anonym und geschlechtslos bleibt. Es wird immer nur von "dem Kind" gesprochen, sodass die Leser;innen nur eine rein sachliche, aber keine emotionale Bindung aufbauen können. Auch ist die Erzählung eher in stakkatoartigen Sätzen verpackt, sodass kein richtiger Lesefluss aufkommen will. Das alles führt dazu, dass der Roman in sich unrund wird und mich die Geschichte rein gar nicht berührt. Ich lese alles wie durch eine dicke Trennscheibe, die mich davon abhält, Zugang zur Geschichte und den Protas zu finden. Auch wenn die Autorin von der Wandlung berichtet, dass aus Fremdheit und Anonymität Nähe und Verantwortungsgefühl werden, bliebt eben jene Fremdheit und Anonymität in Bezug auf ihre Figuren über die komplette Dauer des Romans erhalten.
Apropos finden: Den Bezug vom Buchtitel zum Inhalt habe ich leider nicht gefunden. Das Buch ist in meinen Augen nicht Fisch, nicht Fleisch und die sensible Erzählweise, die in der Buchvorstellung hervorgehoben wird, ist nur ansatzweise vorhanden.