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Veröffentlicht am 14.07.2024

Der Sailer Leo und das Chaos am See

Die Farbe der Sterne
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Weil die junge Managerin Julia Dehne das Chaos liebt, übernimmt sie den Auftrag, das kolossal heruntergewirtschaftete und verschuldete einstige Grandhotel Seeblick am Kochelsee soweit zu ordnen, dass sich ...

Weil die junge Managerin Julia Dehne das Chaos liebt, übernimmt sie den Auftrag, das kolossal heruntergewirtschaftete und verschuldete einstige Grandhotel Seeblick am Kochelsee soweit zu ordnen, dass sich ein Käufer findet. Aber Leo Sailer, der Erbe des Hotels, widersetzt sich. Ein glücklicher Zufall spielt ihm ein verschollen geglaubtes Originalgemälde von Kandinsky in die Hände, und die fast identische Kopie dieses Meisterwerks soll durch ihren Verkauf das Hotel retten. Leos Plan würde aufgehen, wären da nicht zwei professionelle Kunstdiebe, ein habgieriger Münchner Galerist und ein skrupelloser österreichischer Spekulant ebenfalls hinter dem Kandinsky her. Eine haarsträubend-amüsante Katz- und Maus-Jagd beginnt.

Seit Herbert Plates Schelmenstück Pferde in des Pfarrers Stall habe ich bei keinem Roman mehr so herzlich gelacht. Jede einzelne Seite strotzt vor bajuwarischem Sprachwitz und Situationskomik, die Charaktere sind originell-liebenswert und das Grande Finale finde ich zum Piepen. Bemängeln könnte ich bestenfalls, dass in den einzelnen, nach meinem Geschmack etwas zu langen, Kapiteln der Erzähler oftmals wechselt, was keine echte Nähe zu den Figuren zulässt. Und ein schlüpfriger Sketch hätte ersatzlos gestrichen werden können.

Für mich ist Die Farbe der Sterne das Roman-Highlight des Jahres.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.07.2024

Monsieur Cluzet macht Ferien

Commissaire Cluzet und der Mann aus Stein
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Eigentlich will Urbain Cluzet, frisch pensionierter Pariser Commissaire de Police, Urlaub in seiner alten Heimat Auciel Haute in der Normandie machen, um sich zu erholen und den Festlichkeiten des bevorstehenden ...

Eigentlich will Urbain Cluzet, frisch pensionierter Pariser Commissaire de Police, Urlaub in seiner alten Heimat Auciel Haute in der Normandie machen, um sich zu erholen und den Festlichkeiten des bevorstehenden Nationalfeiertages beizuwohnen. Aber ein grässlicher Mord trübt die ländliche Idylle. Robert Menochet, der Hausbanker von Urbains Wahl-Enkelin Nathalie, wird zerschmettert am Fuße des Burgturms aufgefunden, nachdem er Nathalie um eine größere Geldsumme betrogen hat. Schon bald wird klar, dass der örtliche Polizeichef das Ganze als Unfall abtun möchte, um die Einweihung des frisch restaurierten Burgturms und die Würdigung des Chevalier de Cotillon, einem verdienten mittelalterlichen Ritter, nicht zu stören. Aber dann stößt Urbain auf einen Hinweis, der seine kriminalistischen Instinkte weckt.
Der Charme dieses Kurzkrimis liegt in den liebevollen Schilderungen der französischen Lebensart, den mitunter kauzigen Figuren und natürlich dem sympathisch-knurrigen Commissaire, der seiner Enkelin helfen möchte. Am Schluss dann nimmt die Handlung rasant Fahrt auf, als Urbain im Alleingang den Mörder stellt und sich damit selbst in Gefahr begibt. Dass der Autor die Normandie liebt, ist aus jeder einzelnen Zeile herauszulesen. Ich habe jede Seite dieses warmherzigen Krimis genossen, es hätten ruhig ein paar mehr sein können. Dazwischen hat der Autor ein paar unwiderstehliche humorvolle Einlagen gestreut, mit denen ich mich köstlich amüsiert habe. Überhaupt haben die farbenfrohen Schilderungen den Wunsch in mir erweckt, diese zauberhafte Region einmal selbst zu besuchen.
Ich hoffe, es folgen noch ein paar mehr Normandie-Krimis mit Urbain, Nathalie, dem Schwarzbrenner Bruno, der Polizistin Sandrine und dem ignoranten Major de Police.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung. Dieser Krimi regt an und nicht auf und punktet mit viel Gefühl.

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Veröffentlicht am 25.06.2024

An Spannung und Rasanz kaum zu überbietender Hochtaunus-Krimi mit viel Lokalkolorit

Taunusleid
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Diesmal wird die taffe Privatdetektivin Melanie Gramberg von einem Mann damit beauftragt, herauszufinden, wer seine verwitwete Mutter abzockt. Zur gleichen Zeit wird der 19jährige Ben, Schüler eines Gymnasiums, ...

Diesmal wird die taffe Privatdetektivin Melanie Gramberg von einem Mann damit beauftragt, herauszufinden, wer seine verwitwete Mutter abzockt. Zur gleichen Zeit wird der 19jährige Ben, Schüler eines Gymnasiums, an einer historischen Gedenkstätte, tot aufgefunden. Die Ereignisse überstürzen sich, als dessen Ex-Freundin, die 15jährige Leonie, das Opfer einer Entführung wird - nachdem sie von Ben fast vergewaltigt worden war. Jemand aus dem Umfeld der Jugendlichen hat den Vorfall gefilmt und ins Netz gestellt. Und plötzlich steht Melanies Auftraggeber unter Mordverdacht.


Dieser fünfte Fall für Melanie Gramberg lässt keine Leserwünsche offen. Nicht nur, dass das Tempo der Geschichte von Kapitel zu Kapitel rasant ansteigt, auch die Spannung wächst ins Unerträgliche. Es tun sich immer mehr menschliche Abgründe auf, und sowohl Melanie, als auch ihre Kollegen von der Kripo Bad Homburg drehen am Rad. In einem aufregenden Showdown klärt sich alles auf. Und die Frage ist: Wer ist wirklich Opfer, wer Täter?


Mir persönlich gefallen die Figuren dieser Krimireihe sehr gut, ebenso das Setting. Ich habe "Taunusleid" in zwei Tagen gelesen und fühlte mich hervorragend unterhalten. Osvin Nöller versteht es, Spannung aufzubauen und authentische Figuren zu schaffen.


Von mir eine klare Leseempfehlung und fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 24.06.2024

Tragische Fehlentscheidung

Die Vermisste von Holnis
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Wer ermordete die 20jährige Sophia Jepsen, die vier Jahre zuvor auf der Halbinsel Holnis spurlos verschwunden war? Weil ihre Leiche nahe der dänischen Stadt Odense gefunden wurde, arbeiten die Kommissarinnen ...

Wer ermordete die 20jährige Sophia Jepsen, die vier Jahre zuvor auf der Halbinsel Holnis spurlos verschwunden war? Weil ihre Leiche nahe der dänischen Stadt Odense gefunden wurde, arbeiten die Kommissarinnen Lena Lorenzen und Naya Olsen mit der dänischen Polizei zusammen. Dabei dringen sie immer tiefer in den damaligen Vermisstenfall vor und stoßen auf viele seinerzeit vernachlässigte Fakten. Der Fall gewinnt an Dramatik, als festgestellt wird, dass die Tote ein Kind zur Welt gebracht hatte. Eine fieberhafte Suche beginnt.
Die beiden Ermittlerinnen sind mir auf Anhieb sympathisch. Sie und ihr dänischer Kollege arbeiten Hand in Hand, auch wenn ihr Agieren lange Zeit einem Stochern im Nebel gleicht. War ich zu Beginn der Meinung, in diesem Krimi gäbe es wenig Emotionales, so konnte ich diese Fehleinschätzung nach dem ersten Drittel getrost revidieren. Ein spektakulärer SEK-Einsatz mit Helikopter, eine rasante Verfolgungsjagd, religiöse Eiferer, die man am liebsten mit einem gezielten Fußtritt in die Wüste schicken würde und ein Verdächtiger, der sich in der U-Haft umbringen will, sorgen für atemlose Spannung. Und plötzlich platzt der Knoten, und die Ermittlungen zeigen erste Erfolge. Und was für ein tragisches und doch herzergreifendes Ende. Auch wenn für mich eine Frage offen blieb.
Ich mag den unaufgeregten Schreibstil von Anna Johannsen total gern. Die Autorin versteht es, die Spannung bis zum Schluss zu halten, keine Szene ist überflüssig, und die Kapitel sind angenehm kurz.
Für mich ist Die Vermisste von Holnis der bislang beste Krimi dieser Autorin.

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Veröffentlicht am 06.06.2024

Plötzlich Influencerin

Fucking Famous
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Lotte Hohenfeldt sieht sich mit ihren 39 Jahren gescheitert, sowohl mit ihrem Start-up, als auch mit ihrem ersten Buch. Ihre Freundin Tessa, eine erfolgreiche IT-Beraterin, weiß Rat: Sie will aus Lotte ...

Lotte Hohenfeldt sieht sich mit ihren 39 Jahren gescheitert, sowohl mit ihrem Start-up, als auch mit ihrem ersten Buch. Ihre Freundin Tessa, eine erfolgreiche IT-Beraterin, weiß Rat: Sie will aus Lotte eine Marke machen, will sie bei Instagram & Co. zu Berühmtheit bringen. Das Experiment gelingt, auch wenn es die beiden Mädels dabei mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Doch dann kommt das dicke Ende.

Der Schreibstil der Autorin ist locker und mit kleinen Bosheiten und Seitenhieben gespickt – das einzige, das mich bei der Stange gehalten hat. Im ersten Drittel des Buches dominieren die sich teilweise überlappenden, ausufernden Rückblenden, rettende Dialoge fehlen. Als Leser werden wir detailliert davon in Kenntnis gesetzt, in welchen angesagten Klamotten sich Lotte für ihren Social Media Auftritt ablichten lässt, wie sie sich medienwirksam schminkt, zu welchen Partys sie eingeladen wird – und das in Dauerschleife. Erstaunlich, wie wenig man mit so vielen Worten auf so vielen Seiten aussagen kann. Dafür kommt das Ende dann überfallartig und für mich nicht wirklich nachvollziehbar.

Insgesamt hätte ich mir weniger sich ständig wiederholende Beschreibungen und dafür mehr Dialoge gewünscht. Man kann dieses Buch lesen, muss aber nicht.

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