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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.09.2021

Schönes Kinderbuch

Spielst du mit, kleines Schaf?
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„...Auf der großen Wiese hinter der Stadt treffen sich die Tiere zum Spielen. Alle sind da: der starke Bär, der müde Elefant, die Katze, der Hund und die Tanzmaus, das Schlauschwein, der freche Rabe – ...

„...Auf der großen Wiese hinter der Stadt treffen sich die Tiere zum Spielen. Alle sind da: der starke Bär, der müde Elefant, die Katze, der Hund und die Tanzmaus, das Schlauschwein, der freche Rabe – und das kleine Schaf...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Kinderbuch, das eine wichtige Botschaft vermittelt. Jeder ist anders, jeder hat andere Begabungen und das Recht, über sich selbst zu bestimmen.
Kurze Sätze und ein kindgerechte Sprache zeichnen das Buch aus.
Als die Tiere miteinander spielen wollen, stellen sie fest, dass jeder was anders möchte. Da kommt die Katze auf die Idee, dass man doch Zirkus spielen könne. Da kann jeder das machen, wozu er Lust hat. Es ist spürbar, dass alle viel Spaß am Geschehen haben.
Alle üben fleißig Kunststücke, nur das Schaf schaut interessiert von der Bank aus zu. Als es aufgefordert wird, sich selbst zu beteiligen, sagt e, dass es das nicht möchte. Lieber verlässt es den Kreis der Tiere. Was nun?
Sehr schöne farbige Illustrationen veranschaulichen die Geschichte. Die Texte sind dabei gekonnt meist auf den unteren Teil der Seite in die Zeichnung integriert.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 08.09.2021

Ein bewegtes Leben

Der Kneipenpastor
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„...Der Schreiner aus dem Osten kommt zwar aus einer frommen Familie, doch auf der Kanzel steht er erst seit Kurzem. Und in der Kneipe ist er erst wieder aktiv geworden, als er aus dem Knast entlassen ...

„...Der Schreiner aus dem Osten kommt zwar aus einer frommen Familie, doch auf der Kanzel steht er erst seit Kurzem. Und in der Kneipe ist er erst wieder aktiv geworden, als er aus dem Knast entlassen wurde. Das ist seine Geschichte...“

Mit diesen Sätzen endet der Prolog des Buches. Der Autor erzählt seine Lebensgeschichte. Packend, ehrlich, nichts beschönigend.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er ist bei aller ernstes Thematik durchzogen von einem feinen Humor.
Aufgewachsen in Sachsen liebt Titus schon in seiner Kindheit den Aufenthalt in der freien Natur. Sein Großvater war Pfarrer, der Vater arbeitete an einer freien Tankstelle. Das hatte in Zeiten von Mangelwirtschaft manche Vorteile. Als sie ein geerbtes Haus ausbauen mussten, liest sich das so:

„...Er kannte jeden und jeder kannte ihn – so bekamen wir durch Vitamin B vieles an Baumaterial, was wir sonst nie erhalten hätten….“

Die besseren Wohnverhältnisse hatten ihre Schattenseiten. Titus musste die Schule wechseln und nun begann das, was man heute als Mobbing bezeichnen würde. Nach der Schule lernt er das Handwerk eines Schreiners.
Sehr amüsant wird die Bulgarienreise beschrieben.

„...So einsam wie gedacht war unser Campingplatz gar nicht. Wir hatten unsere Zelte oberhalb ihrer Kaserne aufgestellt. Richtig! Alle Bierflaschen des vergangenen Abends waren in den Kasernenhof geflogen...“

Aus dem Abenteuer sind sie ziemlich glimpflich herausgekommen.
Dann kam die Wende. Das Angebot im Westen löste einen Schock aus. Titus zieht in die alten Bundesländer, findet Arbeit und will seinen Meister machen. Schnell lernt er die Schattenseiten des Bürokratismus kennen. Und er macht seinen Mund auf, wenn ihm etwas nicht passt.
Er wird zum Unternehmer – und damit beginnt sein Abstieg. Die Firma wächst, aber von Betriebswirtschaft hat er wenig Ahnung. Das ruft die Steuerfahndung auf den Plan. Natürlich hat er eine Menge falsch gemacht.

„...Persönlich empfinde ich den Umgang der Behörden mit meinen Mitarbeitern als unnötig grob. Alle, die allein zu den Vernehmungen fuhren, sind gebrochene Menschen. Manche erzählten mir, dass ihnen gedroht wurde...“

Wohlgemerkt, wir befinden uns etwa im Jahre 2000. Die Schilderung der Zustände in der Untersuchungshaft hätte ich bisher für unmöglich gehalten.
Im Gefängnis bekommt Titus eine Bibel in der Hand. Nach seiner Kindheit hatte ihn Religion nicht mehr interessiert. Jetzt liest er. Und als er ganz unten ist, geht er ins Gebet und findet zum Glauben.
Damit beginnt eine innerliche Veränderung, die auch andere spüren. Sein Leben bekommt wieder Sinn. Er kann besser mit den Schwierigkeiten umgehen.
Nach seiner Entlassung öffnet er zwar seine Kneipe wieder, bemüht sich aber nebenbei um Weiterbildungen auf theoretischen Gebiet. Nicht alles geht glatt. Manche können mit einem Wirt auf der Kanzel nicht umgehen, andere stört seine Vergangenheit.
Da er den letzten Jahren gespürt hat, dass er sich gut in andere Menschen einfühlen kann und die Vertrauen zu ihm aufbauen, nimmt er an einem Seelsorgekurs teil. Erneut aber steht die Steuerfahndung vor der Tür. Es ist die gleiche Beamtin wie vor Jahren…
Einige private Fotos veranschaulichen das Gesagte.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, dass manch krummer Lebensweg im Auge Gottes seinen besonderen Sinn hat.

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Veröffentlicht am 07.09.2021

Was, wenn du plötzlich Opfer bist?

Hans im Gift
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„...Es hatte sich so viel verändert. Das traditionelle Leben in festen Strukturen war wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Der sogenannte Fortschritt zog eine seiner maroden Spielkarten und brachte den ...

„...Es hatte sich so viel verändert. Das traditionelle Leben in festen Strukturen war wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Der sogenannte Fortschritt zog eine seiner maroden Spielkarten und brachte den Alltag zum Einsturz...“

Dies sehr bildhaft formulierten Sätze befinden sich im ersten Kapitel des Buches. Dann wird genau beschrieben, wie fünf junge Menschen mit den Problemen der Zeit umgehen.
Die Autorin möchte mit ihren Buch aufrütteln. Es geht ihr darum, junge Leute für die Gefahren der Radikalisierung zu sensibilisieren. Dazu hat sie eine Kombination aus Realität und Traum gewählt.
Wir befinden uns in einer Kleinstadt im Nirgendwo. Thorsten ist der Älteste der Gruppe. Und er hat einen Großvater, für den die Zeit anno 1945 stehengeblieben ist. Zwei haben keinen Job gefunden, einer lebt bei einem gewalttätigen Vater. Nur Hans wächst behütet auf. Doch die Vier anderen beeindrucken ihn. Er möchte dazu gehören. Dafür tut er alles – und fühlt sich groß und gewaltig.

„...Hans genoss den Beifall. Es war ja so leicht gewesen. Niemand hatte ihn gehindert!...“

Eines zeigt das Zitat auch. Fehlende Zivilcourage ermutigt die jungen Leute. Ihnen kann keiner was.
Doch dann erleidet Hans einen Unfall. Im Traum oder Koma steht er plötzlich auf der anderen Seite. Er wird zum Opfer. Was macht das mit ihm?
Gut gefallen hat mir der Einstieg mit dem Lied der Toten Hosen.
Das Buch ist nicht nur zum Lesen gedacht. Nach jedem Kapitel gibt es freie Seiten. Dort wird der Leser aufgefordert, seine Gedanken zu dem Dargelegten zu formulieren. Damit ist er gezwungen, sich mit dem Geschehen auseinander zu setzen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist durchaus als Schulstoff zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 07.09.2021

Aus dem Leben Kierkegaards

Wie ein Gewitter gegen den Wind - Etappen auf Sören Kierkegaards Lebensweg - Sein Sekretär Israel Levin erzählt - Historischer Roman
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„...Schon manche haben mich gebeten oder sogar aufgefordert, einmal etwas mehr über meinen Meister Sören Kierkegaard zu schreiben, dem ich jahrelang als Sekretär dienen durfte und dem ich zur Seite stand. ...

„...Schon manche haben mich gebeten oder sogar aufgefordert, einmal etwas mehr über meinen Meister Sören Kierkegaard zu schreiben, dem ich jahrelang als Sekretär dienen durfte und dem ich zur Seite stand. Ich weiß demnach eine Menge von Details aus seinem Leben...“

Mit diesen Worten beginnt ein Buch, das einen Einblick in das Leben und Wirken des Theologen und Philosophen Sören Kierkegaard gibt. Erzähler ist sein jüdischer Sekretär Israel Levin.
Das Buch gliedert sich in 12 Kapitel, wobei es jeweils um eine speziellen Aspekt aus Kierkegaards Leben geht.
Der Schriftstil ist ausgereift und nicht immer einfach zu lesen, weil viel Wert auf die Vermittlung von Kierkegaards Gedankengut gelegt wird. Das bedeutet auch, dass viele Dialoge und Streitgespräche über theologische und philosophische Fragen im Buch enthalten sind. Nicht immer ist klar, wo die Grenze zwischen Tatsache und dichterischer Freiheit liegt. So gibt es heftige Diskussionen zwischen ihm und Frau Heiberg zu seinem Buch „Entweder – oder“. Ihr hält er entgegen:

„...Ich wiederhole aber, dass ein Übermaß des Ästhetischen doch zum Untergang der Persönlichkeit führt, die Weisungen der Bibel in den Zehn Geboten bleiben für alle Zeit bestehen und sie sind Anleitungen zum glücklichen Leben...“

Spannend fand ich auch die Begegnung von Kierkegaard mit den Jesuitenpater Raphael Böttighausen. Beide waren ihrer Zeit weit voraus. Sie interessierten sich nicht nur für den Glauben des jeweils anderen, sondern diskutierten über die Gleichnisse Jesu und hatten Gespräche, deren Inhalte wir heute als Ökumene bezeichnen würden.

„...“Ich gebe Ihnen recht“, sagte der freundliche Pater nun, „dass das Christentum zu sehr aus Äußerlichkeiten besteht, was Jesu braucht, ist eine Revolution der Herzen, wie ich meine“...“

Deutlich wird, dss Kierkegaard kein einfacher Charakter war. Es spaltete nicht nur die Familie und seinen Freundeskreis, sondern auch die Gesellschaft. Das Für und Wider zeigt sich insbesondere, als er sich um eine Stelle als Pfarrer bemüht.
Andererseits zeigt der begüterte Theologe viel Empathie mit den unteren Schichten der Gesellschaft. Wenn nötig, setzt er sich persönlich für einzelne.
Was ihn sein Leben lang begleitet, ist eine Art von Schwermut. Mit viel Arbeit und einem großen Freundeskreis versucht er, diese in Griff zu bekommen.
Ein Verleger will ihn auf andere Literaturgattungen umlenken. Das begründet er so:

„...Das ist ein dickleibiger Band mit schweren philosophischen Thesen, wer soll das lesen? Die Menschen wollen etwas Leichtes, Beschwingtes, Romane sind gefragt oder Lyrik...“

Ich darf Kierkegaard auf einigen seiner Reisen nach Berlin begleiten, erlebe seine Auseinandersetzung mit dem Atheismus und dem Gedankengut der Revolution und seine Probleme mit der Presse.
Das Buch hat mir gut gefallen.


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Veröffentlicht am 06.09.2021

Das Leben der Unschuldigen

Die Mäusekönigin
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„...Sie sah mich, hob mich auf und steckte mich unter ihre Bluse. Niemand sollte mich entdecken und keiner durfte mir etwas zuleide tun. Das war ihr Credo...“

Das sind die Gedanken der Maus Bo. Die war ...

„...Sie sah mich, hob mich auf und steckte mich unter ihre Bluse. Niemand sollte mich entdecken und keiner durfte mir etwas zuleide tun. Das war ihr Credo...“

Das sind die Gedanken der Maus Bo. Die war beim Umzug ihrer Mutter in das neue Nest auf der
Strecke geblieben. Das Mädchen Nhi hatte sie gefunden und sich ihrer angenommen.
Der Autor hat eine zauberhafte Geschichte geschrieben. Der Ausdruck trifft es allerdings nicht ganz. Es geht auch um Verletzung und Gier. Die Maus Bo erzählt, was sie zusammen mit Nhi erlebt.
Das Buch besticht durch eine ausgefeilte Sprache. Die macht zum einen das Geschehen erlebbar, gibt ihm aber auch eine gewisse Unverwechselbarkeit.
Nhi lebt in Vietnam. Sie gehört zu den Opfern des Krieges. Sie wurde als Folge des Einsatzes von Agent Orange ohne Beine geboren. In dem Haus der Güte wird sie auf das Leben vorbereitet. Sie lernt, sich mit Krücken zu bewegen. Sie ist intelligent und hat eine besondere Gabe. Ihre Erzieherin gibt ihr manchen Ratschlag mit.

„...Was man tun darf und was nicht, bestimmt jetzt unsere Regierung und damit das Volk. Aber nie mehr wird eine anderes Volk über unser Schicksal bestimmen. Wohin ein jeder geht, um sein Leben zu gestalten, und womit er seinen Unterhalt verdient, hat man selbst in der Hand...“

Bald wird Nhi merken, dass dies doch nicht ganz so einfach ist, denn mit 18 Jahren muss sie die geschützte Umgebung verlassen, um zusammen mit dem Jungen Thang, der ohne Augen geboren wurde, zu ihrer einzigen Verwandten zu ziehen. Diesen Abschnitt nennt der Autor das Haus der Sehnsucht.
Sehr bildlich beschreibt der Autor das Leben in dem Dorf. Eingestreute Briefe zeugen davon, dass die Tante gar nicht begeistert ist, die jungen Menschen aufnehmen zu müssen. Im Dorf hat sich ein lukrativer Wirtschaftszweig etabliert, deren Produkte vor allem bei den chinesischen Nachbarn gefragt sein. Heimlich geht Nhi ihre eigenen Wege. Eine alte ehemals französische Villa ist ihr Zufluchtsort.

„...“Aber so ist es nun mal“, schloss Hien. „Willst du Erfolg haben, musst du etwas wagen.“ „Das will ich mir merken“, sagte Nhi und für ihre Tante klang es bestimmt pflichtbewusst. Aber für mich klang es irgendwie anders...“

Thang kümmert sich um Opa Thuc. Er lebt von seinen Erinnerungen an Onkel Ho. Gemeint ist Ho Chi Minh. Opa Thuc gehört das Land rings um das Dorf. Das gefällt nicht jeden, denn man möchte gern expantieren.
Sehr schön beschrieben wird, wie sich die Natur die alte Villa zurückerobert hat. Gleichzeitig wird die Schönheit der Natur in bildhafter Sprache wiedergegeben.

„...Als wir oben ankamen, war die Sonne aufgegangen, aber trotzdem hielt sich der Morgendunst hartnäckig im Tal. Auch in den Nachbartälern und überhaupt in allen hohen Wipfeln bildete er weiße Wolken wie seidene Nester von riesigen Spinnen...“

Während der erste Teil eher ruhig verläuft, wird es im zweiten Abschnitt spannend. Nhi braucht viel Phantasie und Energie, um ihren eigenen Weg gehen zu können. Thang nimmt sie auf diesen Weg mit. Die Maus Bo ist ihr dabei eine Hilfe.
Dass es Probleme gibt, weiß ich als Leser schon, als sie sich so noch gar nicht abzeichnen. Der Autor hat nämlich als besonderes Stilmittel Polizeiberichte in das Geschehen eingeflochten. Sie sind fett gedruckt und von kleinerer Schriftart. Gleiches gilt für kurze Gesetzestexte.
Kursiv wiedergegeben wird Nhis Korrespondenz mit ihrer ehemaligen Erzieherin. Dort stellt sie genau die richtigen Fragen.

„...Tante Hien hat uns zwar eine Beschäftigung gegeben, aber ist das wirklich als Chance gemeint, oder ist es nur eine Chance für sie selbst, um das Geschäft anzukurbeln…?...“

Zum letzten Kapitel, dem Haus der Demut, möchte ich hier nichts schreiben. Das darf der Leser selbst auf sich wirken lassen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Nhis Gedanken haben oft eine philosophische Tiefe, die ihr kaum jemand zutraut. Die meisten sehen nur ihre Behinderung. Sie aber will leben. Hier darf sie nochmals zu Wort kommen.

„...Ist es falsch, wenn ich denke, dass die Welt uns etwas schuldet? Sie hat uns verletzt, da waren wir noch nicht einmal geboren. Wer nimmt diejenigen in Verantwortung, die uns das zugefügt haben?...“

Gekonnt wird in das Geschehen eine Spur Magie eingefügt, die am Ende – und erst dann – der Geschichte einen leicht märchenhaften Charakter gibt.

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