Oma und ihre Weltsicht
Oma Hildegard und der Spielplatz des Schreckens„...Lebensabend auf dem Spielplatz. Ja, das hatte ich mir anders vorgestellt. Und so sitze ich da, während die Apfelschnitze oxidoeren, denn die will auch keienr, und frge mich, was hier falsch gelaufen ...
„...Lebensabend auf dem Spielplatz. Ja, das hatte ich mir anders vorgestellt. Und so sitze ich da, während die Apfelschnitze oxidoeren, denn die will auch keienr, und frge mich, was hier falsch gelaufen ist...“
Eigentlich wollte die 74jährige Hildi von Henn, geschieden und verarmter Adel, mit ihrer besten Freundin nach Indien. Dann aber bekam ihre Tochter ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnte, weil es einen Karrieresprung nach oben bedeutet. Also war die Oma als Kinderbetreuerin gefragt. Ein Kindergartenplatz ist in weiter Ferne und der Schwiegersohn bekommt seine Selbstständigkeit nicht in den Griff
Die Autorin hat eine humorvolle Geschichte geschrieben. Sie nimmt fast alles auf die Schippe, was man auf die Schippe nehmen kann, hält nicht nur ihrer Generation, sondern auch der Jugend einen Spiegel vors Gesicht und sorgt für viele amüsante Lesemomente.
Schon die Namen der Kinder auf dem Spielplatz sind vom Feinsten. Ihr Enkelsohn Fritz – Ferdinand trifft Leif – Lucas und Igor - Hugo . Auch Olive – Estelle finde ich köstlich. Arme Kinder!
Natürlich gibt es im Sandkasten Streit. Oma steht voll auf der Seite der Enkeltochter.
„...Sophie, lass dir niemals die Butter von der Brezen nehmen und schon gar nicht die Schaufel aus der Hand. Zur Not hau ihm eins mit dem Eimer über...“
Kindermund darf ebenfalls nicht fehlen. Bei einem Waldspaziergang erzählt die Oma, was sie früher gespielt haben. Darauf entgegnet der Enkelsohn:
„...Aber hier ist kein Bach, das Moos ist noch feucht, und Indianer sagt man nicht mehr. Du hast indigene Völker gespielt...“
Das Leben in dem Alter hat auch Schattenseiten. Von manch guten Freund muss man sich verabschieden. Außerdem gilt es zu akzeptieren, dass ja die jüngere Verwandtschaft von tödlicher Krankheit betroffen sein kann. Tai, Hildis Freundin, sieht das so:
„...Lebenskunst ist die Kunst des richtigen Weglassens. Lass den Schmerz gehen...“
Dann bekommt Ferdi für wenige Stunden einen Kigaplatz. Oma geht mit zur Eingewöhnung und hat ihre eigene Meinung zu dem Geschehen.
Oma fährt Porsche. Als ihr ein Lastenradfahrer dumm kommt, kontert sie:
„..Leben Sie Ihr Bio-Programm, und ich genieße mein Leben, nachdem ich den Grundstein für Ihr Luxus-Weltretterdasein gelegt habe!...“
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Leicht überspitzt werden die ach so wichtigen Probleme unserer Zeit gut in Humor verpackt wiedergegeben. Ein letztes Zitat, was eher ein ernstes Thema als Hintergrund hat, soll meine Rezension abschließen.
„...Freiräume, um sich auszuprobieren, um zu entdecken und eigene Erfahrungen zu machen, gibt es heute viel weniger als früher. Kinder sind heute besser überwacht als ein DDR-Bürger. Sie haben mindestens ein AirTag oder einen GPS-Tracker im Rucksack […] Sie tragen ihre eigene Wanze freiwillig mit sich rum...“