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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.12.2017

Scheibchenweise zur Wahrheit

Die Witwe
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Eine Zweijährige verschwindet spurlos. Warum und von wem wurde das Mädchen entführt? Lebt sie noch? Die Ermittlungen über Jahre werden aus verschiedenen Blickwinkeln geschildert. Immer deutlicher scheint ...

Eine Zweijährige verschwindet spurlos. Warum und von wem wurde das Mädchen entführt? Lebt sie noch? Die Ermittlungen über Jahre werden aus verschiedenen Blickwinkeln geschildert. Immer deutlicher scheint es zu werden, dass Glen Taylor das Mädchen entführt hat - aber stimmt das oder ist er eine Art Justizopfer?

Das Buch berichtet aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln und Zeiten das Geschehen, sodass sich erst nach und nach ein Gesamtbild ergibt. Lange Zeit hat man nur eine vage Ahnung um was es gehen wird und was wirklich gespielt wird. Dafür bekommt man tiefe Einblicke in die Gefühlswelt der handelnden/erzählenden Personen. Mir gefiel das sehr gut – allerdings muss man schon bei der Sache sein und das entsprechende Interesse aufbringen, um das Geschehen komplett zu verstehen. Der Fall als solcher ist nicht leicht verdaulich und die Auflösung, der Ermittlungsweg und vor allem die Berichterstattung über den Fall, haben mich überzeugt.
Das Buch wird unter anderem damit beworben, dass es Lesern, denen „Gone Girl“ oder „Girl on train“ gefiel, gefallen wird und das würde ich so auch unterschreiben. Heißt im Umkehrschluss aber auch, dass es wahrscheinlich denen nicht gefallen wird, die damit auch schon ihre Schwierigkeiten hatten. Außerdem würde ich eine Leseprobe empfehlen, denn man wird schnell merken, ob man gepackt wird oder nicht.

Veröffentlicht am 27.12.2017

Erschreckend, unterhaltsam und raffiniert

Die Optimierer
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Überwachungskameras, Datenlinsen für jedermann und eine Vielzahl von helfenden Robotern sind Alltag im Jahr 2052. Dies ermöglicht die absolute Wohlfühlökonomie, die jedem Individuum seinen richtigen Platz ...

Überwachungskameras, Datenlinsen für jedermann und eine Vielzahl von helfenden Robotern sind Alltag im Jahr 2052. Dies ermöglicht die absolute Wohlfühlökonomie, die jedem Individuum seinen richtigen Platz anweist, möglichst klimafreundlich ist und den Alltag eines jeden komplett optimiert. Samson ist ein rundum überzeugter Anhänger des Systems, bis es sich plötzlich gegen ihn wendet…

„Ich habe nichts zu verbergen, also machen mir Überwachungskameras, das Auslesen meiner Daten, etc. nichts, wenn es meiner Sicherheit dient“ so oder so ähnlich argumentieren viele Menschen, doch stimmt das wirklich? Ist es tatsächlich egal, wenn jede Behörde weiß, wie oft ich wo Spazieren gehe, ob ich Kaugummis auf die Straße spucke oder was genau in meinem Einkaufswagen landet? Ich glaubte das vorher schon nicht, doch nach der Lektüre noch weniger. Wird der Mensch nicht irgendwann zum Opfer der Technik? Wie weit darf künstliche Intelligenz den Alltag bestimmen? Alles Fragen, die sich unweigerlich nach der Lektüre stellen.

Diese Zukunftsvision hat mich sehr nachdenklich gestimmt und auch wenn ich mir keine Sorgen mache, es selbst so erleben zu müssen, so könnte es meinen Nachfahren blühen – denn unter dem Deckmäntelchen der Sicherheit, der Optimierung oder auch der schlichten Bequemlichkeit werden immer mehr Daten gesammelt. Wenn man diese dann nutzt, wie in der vorliegenden Geschichte, ist das definitiv kein schöner Gedanke…

Die ersten zwei Drittel hatten mich auf Anhieb überzeugt. Die Autorin erklärt die neue Weltordnung anschaulich, mit all ihren technischen Finessen, die sowohl Vor-, als auch eine riesen Menge Nachteile mit sich bringen. Auch soziale und wirtschaftliche Entwicklungen sind gut nachvollziehbar und manches wäre vielleicht auch gar nicht so übel. Das Ende der Geschichte hatte mich zunächst nicht ganz überzeugen können. Vieles ging mir zu schnell, meine Einstellung war zwiespältig (Details würden in Spoilern enden, daher hier nicht mehr Info), aber mit etwas Abstand konnte ich dem noch einiges abgewinnen und bin schon gespannt, wie es im zweiten Teil fortgesetzt wird.

Ich fand das Buch super durchdacht, mich hat es häufig überrascht, manche Wendung hatte ich so nicht erwartet und ich vermute, dass es nicht nur daran liegt, dass ich gewöhnlich nicht zu diesem Genre greife (ausgenommen 1984, welches mir sehr gut gefallen hatte – was auch einer der Hauptgründe war dieses Buch zu lesen), sondern es einfach nur richtig gut geschrieben war. Die meist recht kurzen Kapitel haben zum Weiterlesen animiert, Samson ist ein interessanter, wenn auch ein wenig spezieller Protagonist und der Schreibstil sehr flüssig. Abgerundet mit einem gewissen Witz und eine gesunde Portion Drama, hat mich das Buch überzeugt.

Erschreckend, unterhaltsam und raffiniert – ein Zukunftsroman, den ich gerne weiterempfehle!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Idee/Originalität
  • Spannung
Veröffentlicht am 27.12.2017

Ein Bild überdauert...

Ein Bild von dir
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Sophie lebt in Frankreich während des ersten Weltkriegs. Ihr Mann kämpft für ihre gemeinsame Heimat gegen die Deutschen, während Sophie alles tut, um ihre Familie durch die schwierige Zeit zu bringen. ...

Sophie lebt in Frankreich während des ersten Weltkriegs. Ihr Mann kämpft für ihre gemeinsame Heimat gegen die Deutschen, während Sophie alles tut, um ihre Familie durch die schwierige Zeit zu bringen. Was immer schwieriger wird, denn sie bekommen nicht nur zu wenig zu essen und werden von den Deutschen ständig schlecht behandelt, nein auch in der Dorfgemeinschaft machen sich Neid und Missgunst breit, denn sie und ihre Schwester werden gezwungen für die deutschen Besatzer zu kochen. Dabei kommt es immer wieder zu Kontakten zwischen Sophie und dem Kunstliebhaber und deutschen Kommandanten, der ein Porträt Sophies immer und immer wieder betrachten muss – eine schicksalshafte Begegnung, die einiges an Spannung und Dramatik bietet…100 Jahre später trauert Liv noch immer um ihren Mann David, der bereits vor vier Jahren verstarb. Sie hat finanzielle Probleme und Freunde ermuntern sie immer wieder nach vorne zu schauen. Das tut sie auch, ahnt aber noch nicht, dass ihr liebstes Gemälde, welches ihr David bei einer Hochzeitsreise schenkte, in Gefahr ist. Wird Liv das Bild behalten können oder wird sie ihre finanziellen Probleme mit einem Schlag loswerden können?
Nachdem mir „Die Tage in Paris“ vor einiger Zeit schon sehr gut gefallen hatte, war es nur folgerichtig auch „Ein Bild von dir“ zu lesen und vorab: ich wurde nicht enttäuscht! Das Wiedersehen mit den beiden, sehr starken Frauen, die in völlig verschiedenen Welten leben, aber trotzdem jede ihren Kampf kämpfen muss, hat mir gefallen. Sie sind emotional, haben ein großes Herz und stehen für sich und ihre Überzeugung ein – koste es, was es will.
Mit dem Buch hat Moyes mich wieder komplett überzeugt. Sie beschrieb sowohl die Irren Wirren im ersten Weltkrieg, als auch die aktuelle Zeit mit den jeweiligen Herausforderungen sehr gut. Faszinierend fand ich die Verbindung der beiden Frauen über ein Bild und wie alles miteinander zusammenhing. Was die Deutschen der französischen Bevölkerung zugemutet haben, wurde sehr eindrucksvoll beschrieben, hat gefesselt und das Weglegen des Buches fast unmöglich gemacht. Der gegenwärtige Handlungsstrang war zunächst ein wenig schwächer, da sich Liv zu sehr um ihre Trauer und sich selbst sorgte, aber es entwickelte sich schnell zu einem ebenfalls unterhaltsamen Strang.
Ein Generationenroman, der geschichtliches und künstlerisches wunderbar kombiniert und mich immer wieder positiv überrascht hat. Der Schreibstil ist typisch Moyes gut zu lesen, spannend und fesselnd, gespickt mit einer Prise Humor und vielen unterhaltsam verpackten Informationen beispielsweise zum ersten Weltkrieg, Kunstraub und seine Folgen.

Veröffentlicht am 22.12.2017

Das einzigartige Ermittler-Duo hat überzeugt!

Dunkel Land
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Verena hat nach dem überraschenden Tod ihrer Schwester, ihre Nichte aufgenommen, was weitreichende Folgen für die Literaturdozentin. Sie verlieren ihren Job, ihre Beziehung zerbricht und sie ist finanziell ...

Verena hat nach dem überraschenden Tod ihrer Schwester, ihre Nichte aufgenommen, was weitreichende Folgen für die Literaturdozentin. Sie verlieren ihren Job, ihre Beziehung zerbricht und sie ist finanziell arg in Bedrängnis, sodass sie einen gutbezahlten Job als Kindermädchen annimmt – doch vor Ort stellt sich heraus, dass das „Kind“ ein erwachsener Kriminalist ist, der nach einem Attentat sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat. Da Verena das Geld dringend benötigt, beginnt sie mit Carl zu ermitteln, obwohl sie keinerlei Erfahrungen hat…
Mir war die Ich-Erzählerin Verena direkt sympathisch (es gibt nur wenige Seiten, die aus anderen Perspektiven geschildert werden), auch die anderen Charaktere sind meist sehr interessant. Allen voran natürlich Carl, der schlicht außergewöhnliche Kriminalist ohne Kurzzeitgedächtnis, dafür mit einem besonderen Memosystem, sodass verhältnismäßig gut klar kommt, doch allein wäre er ziemlich aufgeschmissen gewesen…Der Fall spielt hauptsächlich im Strichermilieu, war unterhaltsam und spannend. Auch Humor und ein wenig Gefühl kamen nicht zu kurz.
Der Schreibstil ist von Beginn an sehr ansprechend, flüssig zu lesen und dank Spannung sowie kurzer Kapitel war es mir kaum möglich das Buch aus den Händen zu legen. Ich bin jetzt schon gespannt, wie es weitergehen wird.
Jedoch hatte das Buch auch einige Schwächen, die mich erst im Nachgang etwas „stören“. Da ist das ziemlich altkluge Kind, welches für 5 ½ Jahre einfach zu “erwachsen“ erscheint. Ebenso fand ich Verena an mancher Stelle zu überzeugend. Ob jemand, der nie in dem Kriminalisten-Metier zu tun hatte, so gut reagieren kann, ein wahres Naturtalent ist? Außerdem frage ich mich, ob externe Berater der Staatsanwaltschaft tatsächlich solche „Befugnisse“ haben. Naja, ich habe so meine Zweifel, aber das Buch muss keinen Faktenwettbewerb gewinnen, sondern gut unterhalten und das war weitgehend der Fall. Leider hatte ich schon so eine gewisse Vermutung, die sich am Ende auch als richtig erwiesen hat, aber unter dem Strich hat es trotzdem gestört, denn die genauen Hintergründe waren zeitweise unklar, ich hatte nur so ein diffuses Gefühl, welches durch einige Hinweise auch verstärkt wurde. Die speziellen Ermittlungen von Verena und Carl waren in jedem Fall mal was ganz anderes, erfrischend, einzigartig und ich habe die beiden gerne bei ihrem ersten Fall begleitet.
Aufgrund der oben genannten Schwächen kann ich nur vier Sterne vergeben, obwohl ich im Lesemoment wirklich bestens unterhalten wurde. Ich empfehle es auf jeden Fall weiter!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Ein neues Lieblingsbuch - historisch, spannend und schlicht empfehlenswert

Und unter uns die Welt
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Christian Nielsen war ein Offizier auf dem Zeppelin Hindenburg und einer der Überlebenden des Unglücks. Seine Enkelin hat seine Lebensgeschichte niedergeschrieben, angereichert mit zahllosen realen historischen ...

Christian Nielsen war ein Offizier auf dem Zeppelin Hindenburg und einer der Überlebenden des Unglücks. Seine Enkelin hat seine Lebensgeschichte niedergeschrieben, angereichert mit zahllosen realen historischen Gegebenheiten, aber auch manchen fiktiven Geschehnissen und Figuren. Die Geschichte über eine spannende Zeit mit überzeugenden Charakteren, wird mir bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben.
Mich hat das Buch einfach unheimlich beeindruckt. Es ist ein wirklich großer Roman, der sich der Zeppelin-Ära widmet, der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Und vor allem von einem besonderen Mann – dem Sylter Christian Nielsen, dem Großvater der Autorin – der nicht nur das Hindenburgunglück überlebte, sondern auch Menschen rettete und seine Träume verwirklichte. Der bildhafte Schreibstil ist rund, gut zu lesen, wartet mit einem gewissen Witz und Emotionalität auf. Beim Lesen vergaß ich nicht selten die Zeit und mein Kopfkino wollte gar keine Ruhe mehr geben.
Die meisten Personen sind nicht fiktiv, was dem Buch eine besondere Note verliehen hat. Aber ob nun mit oder ohne reales Vorbild, überzeugten auch die kleinen Nebenfiguren auf ganzer Linie. Ein größeres Interesse ich weder an der Schifffahrt, noch an Zeppelinen oder allgemein der Fliegerei, sodass ich leicht skeptisch die Lektüre aufnahm und die ersten rund 40 Seiten hatte ich mit den zahlreichen Personen so meine Schwierigkeiten, aber die legten sich dann und ich wollte unbedingt mehr erfahren. Die Geschichte entwickelte eine unheimliche Sogwirkung, das Schicksal der wunderbar ausgearbeiteten Protagonisten und Nebenfiguren hat mich bewegt und die Einblicke in die Zeit beeindruckten mich, auch wenn es da natürlich keine Überraschungen für mich gab. Toll beschrieben wurden auch andere historische Momente, wie der Börsencrash, die Verbindung zwischen Amerika und Deutschland aufgrund der Zeppeline und vieles mehr. Der Roman ist unheimlich dicht und trotzdem nicht überladen. Die Geschichte zwischen der (leider) fiktiven Lil und dem realen Christian ist nicht zu verkitscht, sondern einfach nur wunderbar gelungen. Das überzeugende Ende hat mir einen Kloß im Hals verschafft…
Das Buch hat sich überraschend zu einem meiner Lieblingsbücher entwickelt und ich empfehle es sehr gerne weiter.