Realität oder Täuschung?
AMNESIA - Ich muss mich erinnernVon der Autorin habe ich bereits "Hotline" und "Schuld bist du" gelesen - beides Thriller, die ich mit fünf Sternen bewertet habe und die mich total begeistern konnten. Auch "Amnesia" konnte mich wieder ...
Von der Autorin habe ich bereits "Hotline" und "Schuld bist du" gelesen - beides Thriller, die ich mit fünf Sternen bewertet habe und die mich total begeistern konnten. Auch "Amnesia" konnte mich wieder überzeugen, doch kam bei mir nicht so viel Spannung auf, wie bei den Vorgängern. Ich kann allerdings nicht sagen woran es lag, denn meine Mitleser waren allesamt begeistert! Deswegen macht euch selbst ein Bild von diesem Psychothriller, bei dem sich Realität und Sinnestäuschung abwechseln.
Gleich zu Beginn erfahren wir von Helens Lungenkrebserkrankung und der minimalen Chance auf Heilung. Durch ihren höchst bedenklichen Tablettenkonsum hat sie immer wieder Aussetzer, die sie verwirren und in der sie Realität und Sinnenstäuschung nicht auseinanderhalten kann. Deswegen verlässt sie auch ihr Freund Sven und Helen findet es an der Zeit ihrer Mutter und ihrer Schwester von der Krebsdignose zu erzählen. Das Verhältnis zu den beiden Frauen war nie besonders gut und so möchte sie sich mit Beiden noch vor ihrem Tod aussöhnen. Während ihre Schwester Kristin Helen überraschend freudig empfängt, ist ihre Mutter wie immer distanziert. Jedoch erwartet Helen ein Schock, denn Kristin ist mit Leon verheiratet und schwanger. Dieser Mann hat vor Jahrzehnten ihre beste Freundin Gela vergewaltigt und wenige Tage nach Helens Ankunft ist er tot....
Die Geschichte kommt mit wenigen Figuren aus, die jedoch sehr detailliert und bildhaft beschrieben sind. Die eiskalte Mutter, die immer Helens Schwester Kristin bevorzugt und deren Exmann sich wegen ihrer Gefühlskälte getrennt hat; sowie Kristin, die kleine Schwester, die immer wieder gerne im Mittelpunkt steht und im Gegensatz zu Helen auf Menschen zugeht, jedoch dabei nur ihr eigenes Wohlergehen im Sinn hat. Aber vorallem Helens Wahrnehmungsstörungen und Erinnerungslücken werden phantastisch und überzeugend dargestellt. Ihre Selbstzweifel, ihre Ängste und ihre Panik sind so lebendig dargestellt, dass man als Leser diese durch die Zeilen hindurch spüren kann. Man rätselt die ganzen 300 Seiten über, was real ist und was sich allein in Helens Kopf abspielt. Diese Wahrnehmungen, die durch die unkontrollierte Einnahme ihrer Angstlöser laufend passieren, lassen auch Helen selbst an ihren Taten zweifeln. Hat sie Leon etwa getötet? Oder ist ihr jemand zuvor gekommen?
Dieses Rätselraten und psychologische Spiel beherrscht die Autorin meisterhaft. Man wird in den Bann gezogen und fühlt mit Helen mit oder rätselt ob sie nicht doch die Mörderin sein könnte.... Überraschende Wendungen, die an den richtigen Stellen eingebaut wurde, lassen die Spannung erhalten.
Warum trotzdem keine 5 Sterne? Ich fand den Anfang ein bisschen zu schleppend. Es kam für mich noch keine richtige Spannung auf. Auch das Ende lässt einige Fragen offen, die jedoch genauso dosiert sind, dass ich damit klar komme. Ich mag nämlich offene Ende überhaupt nicht. Hier bietet die Autorin aber noch genauso viel Spielraum an, dass es für mich passt.
Schreibstil:
Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive geschrieben und aus der Sicht von Helen erzählt. Wie schon in ihren vorangehenden Thrillern schreibt Jutta Maria Herrmann fesselnd, eindringlich und temporeich. Die kurzen Kapitel tun ihr übriges, dass man nur so durch die Seiten fliegt.
Cover:
Noch ein Wort zum Cover. Im Original ist das Cover wirklich grandios gestaltet. Es ist rauh und spürt sich kratzig an, während die Buchstaben des Wortes "Amnesia" glänzen und erhaben sind. Toll gemacht!
Fazit:
Wieder ein grandioser Psychothriller der Autorin, der für mich aber nicht ganz an ihre beiden Vorgänger anschließen kann. Den Beginn fand ich etwas zu schleppend. Danach wird es aber spannend undgewohnt fesselnd mit überraschenden Wendungen.