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Veröffentlicht am 09.03.2021

Kam leider nicht an Band Eins heran

Die Sterne über Falkensee
1

Im zweiten Teil von Gut Falkensee begleiten wir Isabella von Bargelow, die Nichte von Charlotte und Tochter von Alice aus dem ersten Teil. Isabella ist zu einer jungen hübschen Frau herangewachsen und ...

Im zweiten Teil von Gut Falkensee begleiten wir Isabella von Bargelow, die Nichte von Charlotte und Tochter von Alice aus dem ersten Teil. Isabella ist zu einer jungen hübschen Frau herangewachsen und verliebt in Arthur von Willinghausen. Dieser zeigt jedoch nicht das gewünschte Interesse. Als ihr der wohlhabende Getreidehändler Julius Kirchner den Hof macht und Arthur sich anderswertig verlobt, stimmt sie einer Hochzeit mit Julius zu - nichtsahnend, wie Julius wirklich tickt. Dieser ist Mitglied der NSDAP und von Hitlers Ideen überzeugt. Schon bald zeigt sich sein wahrer Charakter, der Isabelle und auch ihren Vater Konrad oftmals herausfordert und verzweifeln lässt.
Die Politik steht aber auch im zweiten Teil der Reihe nicht wirklich im Vordergrund. Mir fehlte auch diesmal der intensivere Blick auf die historischen Begebenheiten zu dieser Zeit, die eigentlich nur durch die Figur von Julius ein Gesicht bekommt. Viel mehr geht es um das Gut und um Isabellas Familie. Man trifft auf liebgewonnene Bekannte, aber auch auf einige neue Figuren, wie das Dienstmädchen Linda.
Für mich war der Blick in den Dienstbotentrakt diesmal allerdings zu wenig integriert - mit Ausnahme von Linda.

Bereits im ersten Teil hatte ich oftmals das Gefühl, dass die Zeitsprünge zu groß sind und einige Begebenheiten zu kurz kommen. Im zweiten Band ist es noch gravierender, da der Roman die gleich Länge von 400 Seiten hat, aber diesmal fast die doppelte Zeitspanne umfasst. Das finde ich schade, weil manche Punkte nur angerissen werden und an der Oberfläche bleiben. Einige Handlungsstränge werden zu schnell abgehandelt oder verlaufen im Sand.

Die Figuren sind lebendig, jedoch etwas zu schwarz-weiß gezeichnt. Viele entwickeln sich nicht wirklich weiter, wie Alice, die auch im zweiten Teil nichts dazugelernt zu haben scheint. Einzig Isabelle, als Hauptprotagonistin, wird von einer jungen naiven zu einer selbstbewussten Frau. Sie kämpft um ihre Eigenständigkeit und in späterer Folge um ihre Liebe. Sie hat mir gut gefallen.

Der Schreibstil von Luisa von Kamecke ist wieder sehr bildhaft und lebendig. Die Geschichte lässt sich leicht und flüssig lesen und wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Einige Wendungen konnte ich erahnen, manche hingegen überraschten mich. Das Ende bleibt ein bisschen offen und ich hoffe, dass wir im dritten Teil nicht wieder einen so großen Zeitsprung haben und meine Fragen beantwortet werden.

Wenn ich jetzt so drüber lese, hört sich meine Rezensions irgendwie negativ an, aber ich hatte - trotz meiner Kritikpunkte- sehr schöne Lesestunden und bin durch die Seiten geflogen. Natürlich möchte ich auch den nächsten Band noch lesen und erfahren, wie es weitergehen wird.

Ein großer Kritikpunkt ist allerdings das berühmte Problem mit dem Klappentext, der total am Inhalt vorbei geht. So etwas finde ich sehr schade für die Leser und die Autorin, weil einfach irreführend.

Fazit:
An den ersten Band kommt "Die Sterne über Falkensee" nicht heran. Die altbekannten Figuren entwickeln sich nicht wirklich weiter und die Zeitsprünge sind noch größer geworden. Dadurch wirken manche Handlungsstränge oberflächlich. Der Schreibstil ist wieder leicht und lebendig. Leichte Kost und ein typischer Mittelteil, der sich hoffentlich zum Ende hin noch steigern wird.

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Veröffentlicht am 05.03.2021

Spilezeuggeschichthe anno dazumals

Wo wir Kinder waren
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Vor 2 Jahren war Kati Naumanns Debütroman "Was uns erinnern lässt" eines meiner Jahres-Highlights und erhielt auch den "Lieblingsbuch-Status". Deshalb habe ich mich auf ihren neuen Roman sehr gefreut. ...

Vor 2 Jahren war Kati Naumanns Debütroman "Was uns erinnern lässt" eines meiner Jahres-Highlights und erhielt auch den "Lieblingsbuch-Status". Deshalb habe ich mich auf ihren neuen Roman sehr gefreut. Leider kann er nicht ganz mit ihrem Vorgänger mithalten. Trotzallem hat mir auch dieses Buch gut gefallen.

In "Wo wir Kinder waren" habe ich endlich einen historischen Roman mit einem neuem Thema in diesem Genre gefunden. Kati Naumann erzählt in Anlehnung an ihre eigenen Vorfahren über die Spielzeugherstellung. Sie beschreibt das Leben der Familie Langbein, die seit Generationen Puppen und Plüschtiere erzeugen. Gegründet wurde sie 1910 von Albrecht Langbein, der damit das Ein- und Auskommen von drei Generationen gesichert hat.

Auch der zweite Roman der Autorin spielt im Sperrgebiet des Thüringer Waldes, in der ehemaligen DDR, wo sie den Großteil ihrer Kindheit verbracht hat. Auf zwei Zeitebenen, die sich gegeneinander annähern, erfahren wir sehr eindringlich über diese Region, die für die Spielzeugherstellung bekannt war. In Sonneberg und Umgebung lebt die ganze Gegend von diesem Wirtschaftszweig. So auch die Familie Langbein, deren Puppenerzeugung um die Jahrundertwende aufgebaut wird. Der Familienbesitz wurde immer wieder an die Nachfahren vererbt, bis die Politik der DDR die Fabrik und selbst das Wohnhaus verstaatlichte. Nach der Wende sind die Billigprodukte der DDR ebenfalls nicht mehr gefragt und Sonneberg verliert einen ganzen Wirtschaftszweig.
Im Strang der Gegegenwart stehen die Urenkel Eva, Jan und Iris vor den Scherben des ehemals florierenden Betriebes. Sie sind zusammengekommen, um das Wohnhaus asuszuräumen, das vermietet werden soll. Nach anfänglichen Streitereien durchleben sie nochmals ihre Kindheit und setzen sich mit ihren Erinnerungen auseinander. Die große Enthüllung, die zwar nirgends angekündigt wurde, die ich aber durch die Geschichte doch irgendwie erwartet habe, blieb am Ende aus.
Im Gegensatz dazu, legt die Autorin sehr viel Liebe in ihren Vergangenheitsstrang, der die Puppenherstellung im Wandel der Zeit äußerst lebendig und detailliert beschreibt.
Für mich war es tatsächlich neu, dass in der ehemaligen DDR bereits Puppen produziert wurden, die ich selbst zu dieser Zeit bei uns in Österreich nicht finden konnte oder nicht besaß. Als ich ein Kind war gab es weder Puppen, die bewegliche Arme hatten, noch welche, die man aufs Töpfchen setzten konnte. Ich muss aber auch sagen, dass ich ein Mädchen war, das nicht gerne mit Puppen spielte...erst als die Barbies immer bekannter wurden, fand ich mehr gefallen daran, war damals aber schon fast zu alt dafür. Ich habe lieber Indianer gespielt oder Spiele im Freien, wenn endlich Ferien waren und die Nachbarin Besuch von ihren Enkelkinder hatte.
Umso gespannter habe ich die Erzählung über die Anfänge der Puppenerzeugung gelesen und auf Instagram die Fotos der Autorin bestaunt, die Förmchen und Formen zeigte, in denen die Einzelteile einer Puppe hergestellt wurden
Zwei Kriege, die Hyperinflation, die Teilung Deutschlands und die Planwirtschaft haben die Familie Langbein nicht unterkriegen lassen - erst die Verstaatlichung und später der Fall der Mauer war ihr Untergang.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist lebendig und bildhaft. Mit viel Liebe zum Detail und toller Recherchearbeit erzählt Kati Naumann über eine Familie, deren Motto "Das Herz ist die Fabrik" und die Puppenherstellung ist. Die Charaktere in der Gegenwart blieben allerdings etwas blass und an der Oberflläche. Sie waren für mich nur schwer greifbar. Das kann die Autorin besser!
Im Gegensatz dazu sind die Figuren im Vergangenheitsstrang lebendig und authentisch. Besonders Flora ist mir ans Herz gewachsen, die vom armen Taglöhnerkind zur Firmenchefin aufsteigt und dennoch nie vergisst, woher sie kommt.
Zu Beginn des Buches gibt es einen Stammbaum der Familie, der einen tollen Überblick gibt und am Ende gibt es noch ein informatives Interview mit der Autorin.

Fazit:
Kati Naumann hat wieder eine besondere Geschichte erzählt, die einen Rückblick in die Spielzeugherstellung in der ehemaligen DDR gibt. Leider kommt ihr zweiter Roman nicht ganz an ihr Debüt heran, das mich damals begeisterten konnte. Trotzdem hat mich dieser Generationenroman gut unterhalten und ich habe viel Neues erfahren dürfen.

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Veröffentlicht am 04.03.2021

Gelungener Trilogie-Abschluss

Die Rache des Lombarden
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Nachdem ich die letzten historischen Romane, die im Mittelater spielten, alle eher mittelmäßig bis schlecht bewertet habe, hatte ich schon die Befürchtung, dass ich keinen Gefallen mehr an dieser Epoche ...

Nachdem ich die letzten historischen Romane, die im Mittelater spielten, alle eher mittelmäßig bis schlecht bewertet habe, hatte ich schon die Befürchtung, dass ich keinen Gefallen mehr an dieser Epoche finden kann. Petra Schier hat mich vom Gegenteil überzeugt, denn ihr dritter Band der Lombarden Reihe konnte mich wieder genauso fesseln, wie schon Band 1 und 2.
Wer vor hat "Die Rache des Lombarden" alleinstehend zu lesen, dem empfehle ich unbedingt die Reihenfolge einzuhalten, da die Geschichten aufeinander aufbauen.

Bereits der Prolog hat es in sich. Waffenknechte dringen in Aleydis Haus ein und entführen die Schwestern Ursel und Marlein. Ein Alptraum für die gutherzige Witwe, die ihre Mündel wie eigene Kinder liebt. Dahinter steckt Hartmut de Piacenza, der das Testament seines Onkels nicht anerkennen will. Aleydis kämpft mit Hilfe des Gewaltrichters Vinzenz van Cleve gegen dieses Unrecht. Aber vorallem bringen sie diesmal die ehemals undurchsichtigen Machenschaften ihres verstorbenen Mannes in arge Bedrängnis.

Dies ist der Ausgangspunkt des leider letzten Bandes dieser Trilogie. Wie von der Autorin gewohnt, bereitet sie uns Leser wieder äußerst spannende Lesestunden. Die knapp über 400 Seiten lesen sich weg wie nichts.
Die Figuren sind lebendig und facettenreich beschrieben. Man begegnet vielen alten Bekannten aus den Vorgängerbänden, die einem das Gefühl geben auf "Familienmitglieder" zu treffen. Zu Beginn des Buches findet man außerdem ein Personenregister.

Die damalige Zeit wurde von Petra Schier perfekt eingefangen. Man wandert durch die Gassen des mittelalterlichen Köln. Die zu Beginn gedruckte Karte der Stadt im 15. Jahrhundert ist dabei noch eine zusätzliche Hilfe.
Die Sprache ist der Zeit angepasst. Die Autorin verwendet oftmals Worte, die vielleicht Leser, die Einsteiger in historische Romane sind, nicht so sehr bekannt sind. Hier wäre vielleicht ein Glossar hilfreich. Die Dialoge zwischen Aleydis und Vinzenz sind wieder ein richtiger Genuss zu lesen. Ob die beiden sich im Abschlussband endlich näher kommen oder nicht, verrate ich euch nicht. Das müsst ihr schon selber lesen.

Die Autorin lässt zum Ende eine Frage offen, die zum Rätseln einlädt. Im Nachwort erzählt sie mehr darüber und ich fand diese Idee äußert gut gelöst.

Fazit:
Ein gelungenes Finale der Trilogie, die mich vom ersten Band weg begeistern konnte. Gerne hätte ich Aleydis noch bei weiteren Abenteuern begleitet. Von mir gibt es eine Leseempfahlung für die gesamte Reihe für Leser, die gerne spannende Mittelalterromane lesen.

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Veröffentlicht am 03.03.2021

Eine duftige Geschichte

Die Douglas-Schwestern
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Das Autoren-Duo Eva-Maria Bast und Jørn Precht, die unter dem Pseudonym Charlotte Jacobi schreiben, haben sich der Geschichte rund um die Parfümerei Douglas, der größten Parfümerie-Kette Europas, angenommen. ...

Das Autoren-Duo Eva-Maria Bast und Jørn Precht, die unter dem Pseudonym Charlotte Jacobi schreiben, haben sich der Geschichte rund um die Parfümerei Douglas, der größten Parfümerie-Kette Europas, angenommen. Daraus ist eine mehr oder weniger spannende Geschichte entstanden, die sich interessanten Themen widmet: Der Welt der Düfte und Frauen, die nach der Jahrhundertwende nach Unabhängigkeit streben - Pionierinnen der damaligen Zeit.

Die Geschichte des Unternehmens Douglas, bis hin zur Eröffnung der Parfümerie am Neuen Wall im Herzen Hamburgs, ist hervorragend erzählt. Über die Schwestern Carsten selbst ist allerdings sehr wenig bekannt. Die wenigen historischen Fakten haben die Autoren nach längerer Recherche in Hamburg und Paris deswegen mit einer fiktiven Geschichte verwoben.
Der Roman spielt von 1909 bis 1920 in Hamburg. Marie Carstens ist schon als Kind verzaubert von der Welt der Düfte. Ihr Traum ist es später ein ein eigens Geschäft gemeinsam mit ihrer Schwester Anna zu gründen. Das damalige Frauenbild und die damit verbundenen Schwierigeiten der Carstens Schwestern diesen Traum zu erfüllen, wurde sehr authentisch beschrieben. In einer zeit, wo Frauen nur Beiwerk eines Mannes sind und noch keinerlei Rechte haben, war es für Marie und Anna alles andere als leicht sich zu behaupten. Eine große Hilfe war ihnen Beate Kolbe, die sich mit den Schwestern zusammen getan hat und auch den Namen Douglas
beisteuerte.
Sehr schnell taucht man in die Welt der Düfte ein und verfolgt wie Maries und Annas Traum wahr wird. Dabei werden den beiden Frauen allerlei Hürden in den Weg gelegt, schließlich sind nur Männer Geschäftsmänner.
Wir begleiten Marie nach Grasse in Frankreich, wo sie die Grundlagen der Parfümherstellung kennenlernt. In der berühmten Stadt der Düfte oder bei der Weltausstellung in Brüssel trifft sie einige historische Persönlichkeiten, wie Coco Chanel oder Helena Rubinstein. Auch die Zarenfamilien oder Gertrude Stein spielen eine Rolle und geben der Geschichte einen zusätzlichen Reiz.

Die Charaktere sind facettenreich und lebendig gezeichnet. Sie entwickeln sich im Laufe des Romans weiter. Marie ist eine selbstbewusste und impulsive Frau, während ihre jümngere Schwester Anna eher zurückhaltend ist, aber oftmals die richtigen Entscheidungen trifft.

Ein bisschen wehmütig wird mir, wenn ich daran denke, dass die beiden Schwestern im wahren Leben kein Liebesglück finden konnten. Dafür ist die Parfümerie Douglas auch noch 100 Jahre später eine der führenden Marken der Welt.

Schreibstil:
Der Schreibstil des Autorenduos ist sehr lebendig, flüssig und bildhaft. Die Charaktere sind allesamt bis hin zu den kleinsten Nebenfiguren sehr lebendig und authentisch beschrieben.
Die Hansestadt Hamburg hatte ich sehr bildhaft vor Augen. Obwohl der Roman vor hundert Jahren spielt, habe ich einige Plätze wiedererkannt, die ich vor fast 2 Jahren besucht habe.

Im Nachwort erklären die Autoren, was ihren Ideenreichtum entsprungen und was historisch belegt ist. Ein sehr interessanter Nachtrag, der mich noch weiter mit der Parfümerie Douglas beschäftigt hat.

Fazit:
Ein unterhaltsamer Roman über die Gründungsgeschichte der Parfümerei Douglas. Das Autorenduo hat dabei fiktive Geschichten mit historischen Begebenheiten vermischt und daraus eine spannende, leicht zu lesende Lektüre geschrieben, bei der man den Duft von Parfüm in der Nase hat.

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Veröffentlicht am 27.02.2021

Eine intensive Geschichte über eine toxische Freundschaft

Dunkelgrün fast schwarz
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Es fällt mir ziemlich schwer zu diesem außergewöhnlichen Roman eine Rezension zu schreiben, der vorallem durch die Atmosphäre und der poetischen Sprache glänzt.
Der Roman bewegt sich auf mehreren Zeitebenen ...

Es fällt mir ziemlich schwer zu diesem außergewöhnlichen Roman eine Rezension zu schreiben, der vorallem durch die Atmosphäre und der poetischen Sprache glänzt.
Der Roman bewegt sich auf mehreren Zeitebenen und spielt in Hallein bei Salzburg. Marie kommt aus der Stadt und zieht gemeinsam mit ihrem Mann Alexander in das Haus seiner Großeltern. Es befindet sich abgelegen und etwas außerhalb der Kleinstadt und Marie fällt es dadurch noch schwerer als Zugezogene Freunde zu finden. Ihr Mann studiert in Wien Medizin und sie verbringt die Tage alleine mit ihrem vierjährigen Sohn Moritz und ihrem Baby Sophia. Eines Tages trifft sie auf dem Spielplatz die ebenfalls Zugezogene Sabrina mit dem göleichaltigen Sohn Raffael und dem Babybruder Samuel. Raffael und Moritz werden beste Freunde, wobei Raffael immer derjenige ist, der den Ton angibt und Moritz ihm folgt. Raf und Motz nennen sie sich und sind ab nun unzertrennlich, selbst als im Gymnasium Johanna dazustößt und aus ihnen ein Trio wird. Doch kurz nach der Matura bricht alles auseinander und die drei ehemals besten Freunde haben keinerlei Kontzakt mehr....bis Raffael sechzehn Jahre später eines Tages vor Moritz Tür steht....

Mareike Fallwickl erzählt aus verschiedenen Perspektiven aus der Sicht von Marie, Moritz, Johanna und Raffael. Um nicht zu verwirren, stehen jeweils Jahreszahl und Name zu Beginn des Kapitels. Die Stimmung ist von Beginn an düster und beklemmend. Raffael ist bereits als Kleinkind manipulativ und hat später Anzeichen eines Psychopaten. Er drangsaliert seine Mitschüler und beeinflusst mit seinem gespielten Charme und seinem Aussehen die Menschen in seiner Umgebung. Er bleibt, obwohl er der rote Faden in der Geschichte ist, allerdings gegenüber den anderen Figuren etwas an der Oberfläche. Wir lernen seine Tiefen nicht kennen und ich bekam kein Gesamtbild von ihm. Er spielt mit dem Leser genauso, wie mit den Charakteren. Ich denke aber, dass dies die Autorin so gewollt hat.

Moritz ist ihm von Anfang an ausgeliefert, denn er ist ein schüchternes und zurückhaltendes Kind und Jugendlicher. Sein Zeichentalent und seine Gabe die Auren der Menschen zu sehen, machen ihn ebenfalls zu einem sehr interessanten, aber passiven Charakter. Er ist harmoniesüchtig und entwickelt eine emotionale Abhängigkeit gegenüber Raffael, aus der er sich nicht lösen kann.
Johanna hat als Jugendliche ihre Eltern verloren und durchschaut die beiden Jungs von Beginn an. Sie hat etwas selbstzerstörerisches an sich und begibt sich in eine ungesunde Abhängigkeit. Sie lebt ihr Leben immer kurz vor dem Abgrund.

Die Autorin hat die zwischenmenschlichen Abgründe und die toxische Beziehung zwischen den drei Freunden sehr authentis wiedergegeben. Die Sprache ist wunderbar poetisch, wird jedoch oftmals von ziemlich derben und obszönen Sätzen oder Wörtern unterbrochen. Dabei fühlt man sich, als ob man mit dem Hammer einen Schlag auf den Kopf bekommen würde. Es ist sicherlich von der Autorin so gewollt, fand es aber nicht immer positiv.

Ich hatte während des Lesens immer das Gefühl, dass jeden Moment die Bombe platzen könnte. Ich wusste nicht, was damals passiert ist, doch die anhaltende angespannte Atmosphäre, die mir wie die Ruhe vor dem Sturm vorkam, hat mich oftmals an einen Psychothriller erinnert. Langsam setzten sich alle Puzzlestücke zusammen und Moritz muss sein Leben nochmals gründlich überdenken. Nur das Ende konnte mich leider nicht wirklich überzeugen. Deswegen bekommt "Dunkelgrün fast schwarz" keine 5, sondern "nur" 4 1/2 Sterne von mir. Ich empfehle dieses Debüt allerdings sehr gerne weiter und bin begeistert von dieser ganz speziellen Geschichte, die Mareike Fallwickl erschaffen hat.

Fazit:
Ein intensiver Roman, der unter die Haut geht. Die anhaltendene subtile Spannung und die Furcht, dass jederzeit die Bombe platzen könnte, erinnert an einem Psychothriller. Gekonnt setzt die Autorin die Fäden zusammen, konnte mich aber mit dem Ende nicht ganz überzeugen. Ein eindringlicher Roman, der einem noch länger beschäftigt.

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