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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.03.2025

Sehr anschaulich

Der ewige Tanz
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Dieses Buch wirft die Leserinnen und Leser direkt hinein in die 1920er Jahre. Der Krieg ist vorbei, man beginnt wieder zu leben, nutzt jede Gelegenheit zum Vergnügen und schlägt auch oft genug über die ...

Dieses Buch wirft die Leserinnen und Leser direkt hinein in die 1920er Jahre. Der Krieg ist vorbei, man beginnt wieder zu leben, nutzt jede Gelegenheit zum Vergnügen und schlägt auch oft genug über die Stränge. Die junge Tänzerin Anita Berber, die wirklich gelebt hat, ist mittendrin. Sie hat zwar klassischen Tanz gelernt, fühlt sich aber viel mehr den neuen Ausdrucksformen nahe und tanzt Choreografien, die sie selbst erfindet und die für viele Menschen ein Skandal sind. Auch als Schauspielerin erlebt sie Höhen und Tiefen, dreht mit Fritz Lang und anderen berühmten Stummfilmregisseuren. Otto Dix malt sie in einem roten Kleid, das Bild ist berühmt.
Trotzdem endet ihr Leben tragisch und das ist auch der Hintergrund dieses Buches, denn Steffen Schroeder erzählt auf zwei Zeitebenen. Einmal ist da die erfolgreiche, skandalöse, drogenabhängige Frau und dann die schwerkranke 29jährige, die die Erinnerungen an ihre Erfolge und Niederlagen heraufbeschwört.
Schroeder gelingt es hervorragend das alles in ein sehr lebendiges Zeitpanorama einzufügen, man ist mitten drin in den Bars, Tanzlokalen und vornehmen Hotels, aber auch in den schäbigen Absteigen und auf der Krankenstation.
Ich habe einen zerrissenen Menschen kennengelernt, der die großen Erfolge nicht verkraftet hat, immer wieder an die falschen Männer gerät und dann tief abstürzt.
Ein erstklassiges Portrait einer heute fast vergessenen Frau!

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Veröffentlicht am 07.03.2025

Horrortrip

Seven Ways to Tell a Lie
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Wane ist eine typische amerikanische Kleinstadt, scheinbar heile Welt mit einem engagierten Bürgermeister, zwei Highschools, einem jährlichen Sportwettkampf, an dessen Ende ein großes Fest auf die Menschen ...

Wane ist eine typische amerikanische Kleinstadt, scheinbar heile Welt mit einem engagierten Bürgermeister, zwei Highschools, einem jährlichen Sportwettkampf, an dessen Ende ein großes Fest auf die Menschen wartet - Idylle pur. Eigentlich! Denn vor einem Jahr verschwand Enya, die Tochter des Bürgermeisters, bei einem Fest und ist nicht wieder aufgetaucht. Und nun taucht ein Video in den sozialen Netzwerken auf, in denen Schüler in einem Bus sitzen und dieser in eine Schlucht stürzt und in Flammen aufgeht. Doch alle Jugendlichen, die in dem Bus sitzen, leben noch. Nach und nach tauchen immer neue Videos auf und verunsichern die alte Clique, die sich nach der Entführung aus den Augen verloren hat und nun notgedrungen wieder zusammenfindet.

Was sich zuerst wie eine typische Coming-of-age-Geschichte anhört, entwickelt sich nach und nach zu einem Horrortrip. Das spannende Finale in den Ruinen einer alten Stadt ist brutal und grausam, aber überaus spannend. Enyas Freund Jonah erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive und so ist man mitten im Geschehen.

Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, es ist allerdings nichts für Menschen mit schwachen Nerven. Manchmal bleiben die Charaktere etwas flach und ob man so täuschend echte Deepfakes herstellen kann, das sei einmal dahingestellt. Aber um das zu beurteilen kenne ich mich in der Materie zu wenig aus.

Lesenswert!

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Veröffentlicht am 06.03.2025

Politisch aktuell

Echokammer
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Von Ingar Johnsrud hatte ich schon die vorige Reihe um den Hirten gelesen und fand sie sehr spannend. Auch dieses Buch hat mich wieder begeistert und ich bin gespannt auf die nächsten Bände.
Im Mittelpunkt ...

Von Ingar Johnsrud hatte ich schon die vorige Reihe um den Hirten gelesen und fand sie sehr spannend. Auch dieses Buch hat mich wieder begeistert und ich bin gespannt auf die nächsten Bände.
Im Mittelpunkt steht ein norwegischer Wahlkampf. Die Arbeiterpartei hat eine multinationale Beraterfirma engagiert, die sie im Wahlkampf beraten und unterstützen soll. Als ein schlimmer Terroranschlag aufgedeckt wird, gerät auch diese Firma in den Fokus des Ermittlerteams. Liselott Benjamin und Martin Tong müssen tief in die Strukturen der Partei und der Terrorgruppe eintauchen, trotzdem sind die Terroristen immer einen Schritt voraus.
Das Buch ist eines der seltenen Exemplare, die die Leser von Anfang bis Ende fesseln. Gut geschrieben, mit immer neuen und spannenden Wendungen, ein ungewöhnliches Ermittlerpaar und ein sehr aktueller politischer Hintergrund, da passt alles!
Man fragt sich, was sich bei uns vor den Wahlen an Einflussnahme abspielt und wer im Hintergrund die Strippen zieht. Das macht das Buch zu viel mehr als einem Krimi, denn den aktuellen Bezug kann man nicht ausblenden.

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Veröffentlicht am 27.02.2025

Berührendes Märchen

Für Polina
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Der Titel "Für Polina" erinnert sicher nicht ohne Grund an Beethovens "Für Elise", denn die Musik spielt im neuen Roman von Takis Würger eine sehr große Rolle.
Der "Held" der Geschichte ist Hannes Prager, ...

Der Titel "Für Polina" erinnert sicher nicht ohne Grund an Beethovens "Für Elise", denn die Musik spielt im neuen Roman von Takis Würger eine sehr große Rolle.
Der "Held" der Geschichte ist Hannes Prager, der viele tiefe Täler durchschreiten und viele Gefahren bestehen muss, bis er endlich mit seiner geliebten Polina vereint ist.
Hannes ist ein typischer Antiheld, schüchtern, klein, aber musikalisch hochbegabt. Er wächst im Moor in einer verwunschenen Villa auf, Polina ist seine beste Freundin. Auf einem uralten Klavier spielt er komplizierte Stücke nach Gehör, komponiert, doch als seine Mutter plötzlich stirbt, wird es aus seiner kleinen heilen Welt herausgerissen. Sein Vater möchte unbedingt, dass er Karriere macht, aber Hannes wird Klavierträger, fährt kostbare Instrumente von hier nach da, Schrottklaviere zum Schrottplatz und sehnt sich doch immer nach der einen Frau, für die er vor vielen Jahren eine Melodie erfunden hat.
Man muss die Vielseitigkeit von Takis Würger bewundern. Während sein erstes Buch "Der Club" das Innenleben in einem englischen Internat untersuchte und sein zweites Buch "Stella" die historische Geschichte der Jüdin Stella Goldschlag aufarbeitete, ist er nun in einem ganz anderen Genre gelandet.
Das Buch ist so liebevoll und zart, aber in einer recht sachlichen Sprache geschrieben, dass ich es gleich ins Herz geschlossen habe. Ein Buch, das aufbaut in diesen schlimmen Zeiten und einen Hoffnungsschimmer am Horizont zeigt. Um es mit Hölderlin zu sagen: "Wo aber Gefahr ist, da wächst das Rettende auch!"

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Veröffentlicht am 23.02.2025

Panama

Der große Riss
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Der Panamakanal ist mit den Begehrlichkeiten Trumps wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Da kommt dieses Buch über den Bau des Kanals genau zum richtigen Zeitpunkt.
Viele Menschen wurden ...

Der Panamakanal ist mit den Begehrlichkeiten Trumps wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Da kommt dieses Buch über den Bau des Kanals genau zum richtigen Zeitpunkt.
Viele Menschen wurden vor über hundert Jahren gebraucht, um das riesige Bauwerk zwischen Atlantik und Pazifik zu errichten. Es gab noch nicht die technischen Möglichkeiten und kraftvollen Maschinen, die wir heute kennen, vieles musste in mühsamer Handarbeit erledigt werden. Den Menschen, die diese Maschinerie am Laufen hielten, ist dieses Buch gewidmet.
Da ist Omar, der Fischer wir sein Vater werden soll, aber das Meer nicht erträgt, nachdem sich seine Mutter dort umgebracht hat. Und da ist Ada, deren Schwester schwer krank ist und operiert werden muss, aber es fehlt das Geld und so zieht sie von Barbados nach Panama, wo sie die kranke Ehefrau eines amerikanischen Mitarbeiters der Kanalbaugesellschaft pflegt. Die beiden jungen Menschen begegnen einander, verlieren sich wieder und so tauchen viele Personen im Laufe des Buches auf, ziehen an den Lesern vorbei wie in einem Kaleidoskop.
Das liest sich sehr abwechslungsreich und macht das Buch sehr interessant. Man bemerkt aber auch schnell den Riss in der Gesellschaft, der durch die amerikanische Einflussnahme noch verstärkt wird. Die Amerikaner sind "Gold", alle anderen Menschen nur "Silber", haben getrennte Geschäfte, in denen sie einkaufen müssen, wer zahlt schafft an.
Das Buch ist ein faszinierendes Gemälde der damaligen Zeit mit vielen bunten, aber auch dunklen Farben. Es hat mich begeistert.

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