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Veröffentlicht am 05.09.2024

Wut, Mut und Freiheit – Gilda Sahebi gibt den Frauen (und Männern) im Iran eine Stimme

»Unser Schwert ist Liebe«
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In "Unser Schwert ist Liebe" widmet sich Gilda Sahebi der aktuellen Protestbewegung im Iran, die durch den Tod von Jina Mahsa Amini im Jahr 2022 ausgelöst wurde. Der Untertitel des Buches „Die feministische ...

In "Unser Schwert ist Liebe" widmet sich Gilda Sahebi der aktuellen Protestbewegung im Iran, die durch den Tod von Jina Mahsa Amini im Jahr 2022 ausgelöst wurde. Der Untertitel des Buches „Die feministische Revolte im Iran“ deutet bereits an, dass es dabei vor allem um den mutigen Widerstand der Frauen geht, die für ihre Freiheit und Rechte kämpfen. Sahebi, selbst im Iran geboren und in Deutschland aufgewachsen, ist eine bekannte Journalistin und setzt sich intensiv mit Themen wie Rassismus, Frauenrechten und den Entwicklungen im Nahen Osten auseinander. Durch ihre enge Verbindung zu den Ereignissen im Iran und ihre Arbeit als Berichterstatterin ist sie eine wichtige Stimme in der Debatte.

Worum geht's?

Das Buch beleuchtet die vielfältigen Aspekte der Proteste im Iran und zeigt, wie tiefgreifend die Bewegung ist. Die Autorin beschreibt, wie der Tod von Jina Mahsa Amini zu landesweiten Protesten führte, die über alle Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten hinweg von Solidarität und dem Wunsch nach Freiheit geprägt sind. Neben den brutalen Repressionen des iranischen Regimes hebt Sahebi die Kraft der Liebe hervor, die den Widerstand antreibt. Dabei widmet sie sich sowohl der Rolle der Musik, die zum Ausdrucksmittel der Proteste geworden ist, als auch der langen Geschichte der Unterdrückung im Iran. Besonders eindrücklich ist, wie sie den Frauen, die an der Bewegung beteiligt sind, eine Stimme gibt und deren Perspektiven in den Mittelpunkt stellt.

Meine Meinung

Dies ist mein zweites Buch von Gilda Sahebi, nachdem mich ihr Werk "Wie wir uns Rassismus beibringen" bereits begeistert hat. Auch dieses Buch hat mich sehr bewegt, da es die mutigen Frauen und Männer im Iran in den Fokus rückt und ihre Geschichten authentisch und eindrucksvoll erzählt. Besonders schätze ich Sahebis nüchternen Schreibstil, der sachlich bleibt, obwohl das Thema extrem emotional ist. Das Buch hat eine angenehme Länge von 272 Seiten und lässt sich dank der Kapitelstruktur sehr flüssig lesen.

Was mir besonders gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass Sahebi immer wieder anderen Frauen ihre Stimme leiht. Diese persönlichen Berichte bringen das Geschehen näher und verleihen dem Buch eine besondere Tiefe. Sahebi selbst ergreift deutlich Partei für die Frauen im Iran, was sowohl eine Stärke als auch eine kleine Schwäche des Buches ist. Einerseits verleiht es dem Text Authentizität und Leidenschaft, andererseits fehlt dadurch manchmal die journalistische Distanz. Einige Kapitel basieren auf Reden/Texten (nicht nur ihre eigenen), die auf Demonstrationen gehalten wurden, was zwar sehr kraftvoll ist, aber für mich hin und wieder den roten Faden vermissen ließ. Besonders bei den Übergängen zwischen den Kapiteln hat mich das manchmal im Lesefluss gestört.

Es gibt auch einige Wiederholungen im Buch, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass unterschiedliche Texte zusammengeführt wurden. Dennoch bleibt jedes Thema für sich betrachtet spannend, wichtig und oft auch emotional aufwühlend – Wut ist ein Gefühl, das während der Lektüre immer wieder hochkommt. Sehr beeindruckend finde ich erneut die Liste der Todesopfer, die Sahebi anführt, um den Opfern der Bewegung ein Denkmal zu setzen – ähnlich wie sie es schon in ihrem Buch über Rassismus in Deutschland getan hat. Das Cover des Buches passt ebenfalls hervorragend zum Inhalt und hat mir auf Anhieb gefallen.

Fazit

"Unser Schwert ist Liebe" ist ein wichtiges und bewegendes Buch, das die feministische Revolte im Iran eindrucksvoll dokumentiert. Auch wenn es an manchen Stellen durch die fehlende Stringenz und Wiederholungen im Lesefluss etwas stockt, überzeugen die persönlichen Berichte, die Emotionalität und scharfen Analysen. Gilda Sahebi gelingt es, die Wut und den Mut der Protestierenden auf packende Weise zu vermitteln. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen und eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Ein Roman wie eine Performance – distanziert und schwer zugänglich.

Hey guten Morgen, wie geht es dir?
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In ihrem Roman "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" erzählt Martina Hefter von Juno, einer Frau, die tagsüber ihrem schwerkranken Mann Jupiter hilft und nachts mit Love-Scammern im Internet chattet. Es ...

In ihrem Roman "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" erzählt Martina Hefter von Juno, einer Frau, die tagsüber ihrem schwerkranken Mann Jupiter hilft und nachts mit Love-Scammern im Internet chattet. Es ist eine Geschichte über Bedürfnisse, Sehnsüchte und die Suche nach einem Ausweg aus dem eintönigen Alltag. Hefter, geboren 1965 in Pfronten, ist ausgebildete Tanzpädagogin, arbeitete als Tänzerin und studierte am Literaturinstitut in Leipzig. Ihre künstlerische Arbeit prägt ihren nüchternen und distanzierten Schreibstil, der auch in diesem Roman deutlich wird.

Um was gehts konkret?

Juno kümmert sich aufopferungsvoll um ihren kranken Ehemann, doch nachts flieht sie in eine andere Welt. Im Internet chattet sie mit Männern, die sie betrügen wollen, doch sie lässt sich nicht auf deren Tricks ein. Stattdessen nutzt sie diese Gespräche als Ventil für ihre eigenen Bedürfnisse und Sehnsüchte. In dieser anonymen Online-Welt kann sie sich frei entfalten, während sie in ihrem realen Leben gefangen zu sein scheint. Als sie auf Benu trifft, einen Mann, der sie durchschaut, beginnt eine unerwartete Verbindung, die Junos Leben und Gedanken weiter durcheinanderbringt.

Meine Meinung

Ich habe das Buch vor allem deshalb gelesen, weil der Klappentext vielversprechend klang und es auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2024 stand. Der Umfang des Buches ist überschaubar, was es theoretisch zu einer schnellen Lektüre macht, doch leider konnte mich weder der Schreibstil noch der Inhalt überzeugen. Der Schreibstil von Martina Hefter ist sehr nüchtern und distanziert, was es mir schwer gemacht hat, emotional einzutauchen oder eine Verbindung zu den Charakteren aufzubauen. Vieles bleibt zwischen den Zeilen verborgen, was an sich reizvoll sein kann, hier aber eher zu Verwirrung geführt hat.

Immer wieder wird auf griechische Mythologie angespielt, insbesondere auf die Namen Juno und Jupiter, doch ich konnte keinen klaren Bezug dazu erkennen. Auch blieb für mich unklar, welches das zentrale Thema des Romans sein sollte: Ist es eine Auseinandersetzung mit Rassismus, Kapitalismus, Sexismus oder Online-Identitäten? Oder doch eher eine Reflexion über das Leben als pflegende Angehörige? Diese Vielzahl an möglichen Themen führte für mich zu einer thematischen Überfrachtung, ohne dass eines wirklich vertieft wurde.

Die Charaktere blieben blass und ich konnte weder Sympathie noch echtes Interesse für sie entwickeln. Besonders Juno erschien mir distanziert und ihrem eigenen Leben gegenüber gleichgültig. Ihre Flucht in die Welt der Love-Scammer mag spannend klingen, aber die Umsetzung ließ für mich die nötige emotionale Tiefe vermissen.

Der Roman liest sich in gewisser Weise wie eine Theaterperformance, bei der man als Zuschauende:r außen vor bleibt und das Geschehen lediglich beobachtet. Ich konnte den Handlungen der Figuren nicht immer folgen, und der ständige Wechsel zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft machte es mir zusätzlich schwer, mich auf die Erzählung einzulassen.

Fazit

"Hey guten Morgen, wie geht es dir?" hat ein interessantes Konzept, bleibt aber in der Umsetzung leider distanziert und verwirrend. Die vielen angedeuteten Themen und die blassen Charaktere haben es mir schwer gemacht, eine emotionale Verbindung zu finden. Für mich hat der Roman nicht funktioniert, weshalb ich nur 2 von 5 Sternen vergebe.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Tabubrecherin mit Potenzial: Ein Blick auf Joy Delima

Komm doch mal
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In "Komm doch mal" spricht Joy Delima radikal offen und mit viel Humor über ihre persönliche Reise durch die Themen Sexualität, Orgasmusschwierigkeiten und Online-Dating. Dabei räumt sie mit gängigen Mythen ...

In "Komm doch mal" spricht Joy Delima radikal offen und mit viel Humor über ihre persönliche Reise durch die Themen Sexualität, Orgasmusschwierigkeiten und Online-Dating. Dabei räumt sie mit gängigen Mythen über weibliche Lust und Sexualität auf und schafft Raum für eine ehrliche Auseinandersetzung mit Tabuthemen. Sie erzählt von schmerzhaften Erfahrungen, wie Gewalt und Missverständnissen in sexuellen Beziehungen, und davon, wie wichtig Einvernehmlichkeit und Offenheit sind. Dabei ermutigt sie Frauen und Menschen mit Vulva, ihren sexuellen Appetit zu entdecken und darüber zu sprechen. In kurzen Kapiteln beleuchtet sie Themen wie Entjungferung, weibliche Lustlosigkeit und die Rolle des männlichen Gegenübers in der sexuellen Begegnung.

Delima, Jahrgang 1994, ist nicht nur Autorin, sondern auch Schauspielerin und Theatermacherin. Sie hatte Hauptrollen in Netflix-Produktionen wie „Dirty Lines“ und „Happy Ending“ und schreibt Kolumnen für die niederländische Zeitschrift Volkskrant.

Meine Meinung

Zunächst einmal muss ich die Offenheit von Joy Delima hervorheben. Es erfordert viel Mut, solch intime und oft schmerzhafte Erfahrungen öffentlich zu teilen. Ihr Ansatz, wichtige Tabuthemen anzusprechen und dabei ihre persönlichen Erlebnisse als Grundlage zu nutzen, ist beeindruckend und hat sicherlich das Potenzial, Gespräche anzustoßen, die lange überfällig sind.

Allerdings hat mir beim Lesen etwas gefehlt: Fakten und Zahlen, die Delimas Aussagen zusätzliches Gewicht verliehen hätten. Sie erwähnt zwar hin und wieder Studien, doch es fehlen die konkreten Quellenangaben. Ein Vergleich zu Anika Landsteiners Buch "Sorry not Sorry" zeigt, wie eine gute Mischung aus persönlichem Bericht und wissenschaftlichen Erkenntnissen aussehen könnte. Dort sind persönliche Erfahrungen mit fundiertem Wissen unterlegt, was den Aussagen zusätzliche Glaubwürdigkeit verleiht. Diese Ebene habe ich bei Delima vermisst.

Positiv hervorzuheben ist, dass die Autorin durchgehend gendergerechte Sprache verwendet, was mir gut gefallen hat. Auch der Schreibstil ist angenehm leicht und flüssig, die kurzen Kapitel machen das Buch sehr kurzweilig und leicht lesbar. Trotz der Leichtigkeit der Sprache werden extrem wichtige Themen zur weiblichen Sexualität angesprochen – von Lustscham bis hin zur Rolle des Partners oder der Partnerin. Es gibt viele wertvolle Stellen, die ich mir während des Lesens markiert habe.

Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sich einige Themen und Aussagen wiederholen, was dem Buch stellenweise etwas die Dynamik genommen hat. Es wirkte teilweise, als ob das Buch in einem Kreislauf feststeckt, ohne wirklich weiterzukommen. Dies führte bei mir dazu, dass sich gewisse Passagen langweiliger angefühlt haben.

Obwohl Delima viele relevante Themen behandelt und die Mischung aus Essay und Sachbuch ein interessantes Konzept ist, hat sie bei mir nicht vollständig funktioniert. Vielleicht lag es an meiner eigenen Erwartungshaltung, die sich mehr auf ein klassisches Sachbuch eingestellt hatte. Dennoch bleiben die angesprochenen Inhalte wichtig und wertvoll, weshalb das Buch durchaus lesenswert ist – auch wenn es für mich persönlich nicht vollends „klick“ gemacht hat. Ich vergebe daher 3 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 04.09.2024

Ein Bär, der nicht brüllt - Wenig Tiefgang, viel Langeweile

Cascadia
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Julia Phillips, Jahrgang 1989, ist eine US-amerikanische Schriftstellerin, deren Debütroman "Das Verschwinden der Erde" für den National Book Award for Fiction nominiert wurde. Cascadia ist das erste Buch, ...

Julia Phillips, Jahrgang 1989, ist eine US-amerikanische Schriftstellerin, deren Debütroman "Das Verschwinden der Erde" für den National Book Award for Fiction nominiert wurde. Cascadia ist das erste Buch, das ich von dieser Autorin gelesen habe, und ich war sehr gespannt darauf, nachdem mich das stimmungsvolle Cover sofort angesprochen hat.

In Cascadia erzählt Julia Phillips die Geschichte von Sam und ihrer Schwester Elena, die zusammen mit ihrer schwerkranken Mutter auf einer Insel im Nordwesten der USA leben. Beide Schwestern träumen von einem besseren Leben fernab ihrer aktuellen, bescheidenen Verhältnisse. Während Sam auf einer Fähre arbeitet, die wohlhabende Urlauber zu deren Feriendomizilen bringt, kellnert Elena in einem exklusiven Golfclub. Eines Nachts entdeckt Sam einen Bären, der durch die dunklen Gewässer vor der Küste schwimmt. Dieses wilde Tier wird zur Metapher für die unvorhersehbaren Veränderungen, die das Leben der beiden Schwestern auf den Kopf stellen. Während die Kulisse der rauen Natur und das angedeutete Drama viel Potenzial haben, bleibt die Erzählung größtenteils in Andeutungen und vagen Beschreibungen stecken.

Meine Meinung

Das Cover von Cascadia hat mich sofort neugierig gemacht, und so habe ich das Buch im Rahmen einer Leserunde begonnen. Leider muss ich sagen, dass es mich inhaltlich nicht wirklich überzeugt hat. Zwar merkt man der Autorin an, dass sie grundsätzlich eine schöne Sprache hat, doch aus den Ortsbeschreibungen hätte man viel mehr machen können. Statt die raue und faszinierende Landschaft der Insel lebendig werden zu lassen, bleiben die Beschreibungen flach und wenig eindrucksvoll.

Die Storyline selbst war für mich eine große Enttäuschung. Es passiert so wenig, dass ich mich beim Lesen oft gefragt habe, wann endlich etwas Spannendes passiert. Spoiler: Erst auf den letzten fünf bis sieben Seiten kommt so etwas wie Spannung auf. Bis dahin hat sich das Buch extrem gezogen, und ich habe mehrmals ernsthaft überlegt, es abzubrechen. Einzig die Verpflichtung gegenüber der Leserunde hat mich davon abgehalten.

Was mich zusätzlich gestört hat, war die Distanz zu den Charakteren. Sam und Elena blieben mir bis zum Ende fremd und unnahbar. Ihre Beziehung zueinander empfand ich als problematisch, ja fast toxisch, was es mir schwer machte, Sympathie für eine der beiden aufzubauen. Auch ihre Handlungen waren für mich oft schwer nachvollziehbar, was vielleicht auch daran liegt, dass die Figuren schlicht nicht genug Tiefe hatten, um ihre Motive wirklich zu verstehen.

Vielleicht sollte der Bär als Metapher einen tieferen Sinn im Buch haben, doch diese Symbolik hat sich mir jedenfalls nicht offenbart. Insgesamt fehlte mir einfach der Zugang zu dieser Geschichte, und das Buch hat meinen Geschmack nicht getroffen. Es ist wenig passiert, und die wenigen Ereignisse, die stattfanden, konnten mich nicht fesseln. Aus diesen Gründen kann ich Cascadia leider nicht weiterempfehlen.

Fazit

Cascadia von Julia Phillips konnte mich leider nicht überzeugen. Trotz einer vielversprechenden Ausgangsidee und einem atmosphärischen Cover blieb die Geschichte hinter meinen Erwartungen zurück. Die Handlung zog sich, die Charaktere blieben mir fremd, und die angedeutete Symbolik des Bären hat mich nicht berührt. Insgesamt vergebe ich 2 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 02.09.2024

Blue Sisters: Ein bewegender Roman über Trauer, (Schwestern-)Liebe und Neuanfang

Blue Sisters
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"Jemanden am Anfang und am Ende zu lieben, war einfach; die Zeit dazwischen war das, was so schwierig war. "Ich liebe dich auch", sagte Avery. "Ohne das Auch." Lucky lächelte. Das war etwas, was Nicky ...

"Jemanden am Anfang und am Ende zu lieben, war einfach; die Zeit dazwischen war das, was so schwierig war. "Ich liebe dich auch", sagte Avery. "Ohne das Auch." Lucky lächelte. Das war etwas, was Nicky immer gesagt hatte. Kein Auch. Nur Liebe."

In "Blue Sisters" erzählt Coco Mellors die bewegende Geschichte von drei Schwestern, die ein Jahr nach dem tragischen Unfalltod ihrer ältesten Schwester Nicky in New York zusammenkommen, um den Verkauf ihres Elternhauses zu verhindern. Während sie versuchen, ihre Trauer zu bewältigen und ihre Leben wieder in den Griff zu bekommen, zeigt sich, wie tief die Wunden sind, die Nicky hinterlassen hat. Coco Mellors, die in London und New York aufgewachsen ist, hat bereits mit ihrem Debütroman "Cleopatra und Frankenstein" große Erfolge gefeiert. Mit "Blue Sisters" beweist sie erneut ihr Talent, vielschichtige und emotional tiefgehende Geschichten zu erzählen.

Worum geht's?

Der Roman beginnt ein Jahr nach Nickys Tod, als die Schwestern Avery, Bonnie und Lucky sich in New York treffen. Avery, die älteste der verbleibenden Schwestern, versucht, die Familie zusammenzuhalten, kämpft aber selbst mit den Folgen von Nickys Tod. Bonnie, die mittlere Schwester, ringt mit ihren eigenen Schuldgefühlen und der Frage, ob sie jemals die Familie haben wird, die sie sich wünscht. Lucky, die jüngste, versucht, ihre Trauer durch exzessiven Lebensstil und riskantes Verhalten zu verdrängen. Jede der Schwestern hat ihre eigene Art, mit dem Verlust umzugehen, und im Verlauf des Romans werden ihre individuellen Geschichten und Kämpfe beleuchtet. Durch Rückblenden und Erinnerungen wird auch Nickys Präsenz im Leben der Schwestern spürbar, und langsam zeigt sich, wie jede von ihnen versucht, aus dem Chaos einen neuen Weg zu finden.

Meine Meinung

Nachdem mich Coco Mellors' erster Roman - obwohl ziemlich gehypt - inhaltlich nicht besonders angesprochen hatte und ich ihn deshalb auch nicht gelesen hab, war ich bei "Blue Sisters" aufgrund des vielversprechenden Klappentexts sehr gespannt – und wurde nicht enttäuscht. Der Roman hat mich tief bewegt, ja regelrecht überwältigt. Besonders beeindruckend fand ich, wie es der Autorin gelungen ist, eine Vielzahl komplexer Themen wie Familie, Trauer, Schuldgefühle, Suchterkrankung, Verantwortung und Mutterschaft in die Geschichte zu verweben. Jedes Kapitel wird aus der Perspektive einer der drei Schwestern erzählt, was es ermöglicht, eine enge Verbindung zu jeder der Figuren aufzubauen. Die Charaktere sind so lebendig und authentisch beschrieben, dass ich das Gefühl hatte, echte Menschen kennenzulernen. Besonders Avery, die älteste Schwester, hat mich durch ihre Geschichte und Persönlichkeit gefesselt – vielleicht, weil ich selbst die älteste Schwester bin.

Der Roman umfasst über 400 Seiten - also kein dünnes Büchlein - aber der Spannungsbogen bleibt konstant, sodass ich das Buch in nur zwei Tagen verschlungen habe. Die Handlung spielt in verschiedenen Städten wie London, Paris, New York und Los Angeles - quasi für jede der Schwestern eine Stadt und New York, das alle miteinander verbindet. Die Dynamik zwischen den Schwestern, die einerseits kaum unterschiedlicher sein könnten, aber gleichzeitig tiefe emotionale Verbindungen zueinander haben, wird sehr feinfühlig und scharfsinnig beschrieben. Besonders gelungen fand ich die Art und Weise, wie die verstorbene Nicky trotz ihres physischen Fehlens im Buch präsent bleibt – durch die Erinnerungen und Emotionen ihrer Schwestern. Der Schreibstil von Coco Mellors ist flüssig und wunderbar zu lesen, was das Buch zu einem echten Lesevergnügen macht. Auch wenn ich das Cover der deutschen Ausgabe schön finde, gefällt mir das englische Cover, auf dem alle vier Schwestern abgebildet sind, noch besser.

Fazit

"Blue Sisters" ist ein fesselnder und tiefgründiger Roman, der mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat. Die Autorin schafft es, schwere Themen mit einer solchen Feinfühligkeit und Ehrlichkeit zu behandeln, dass man sich den Charakteren sehr nah fühlt. Für mich ist es definitiv ein 5-Sterne-Buch, das ich jedem empfehlen kann, der Geschichten über Familie, Verlust und das Finden neuer Wege liebt. Ihr 1. Buch werde ich nach diesem Banger auf jeden Fall auch noch lesen.

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