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Veröffentlicht am 11.07.2024

Die Ambivalenzen der Weiblichkeit erkunden: Von manipulativen Verhaltensweisen und Solidarität

Toxische Weiblichkeit
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"Nichts bringt die Sexistin in mir so zuverlässig hervor wie falsche Wimpern, Extensions, hohe Absätze — und eine desinteressierte Attitüde." - Buchzitat (S.132 - E-Book)

"Manchmal habe ich das Gefühl, ...

"Nichts bringt die Sexistin in mir so zuverlässig hervor wie falsche Wimpern, Extensions, hohe Absätze — und eine desinteressierte Attitüde." - Buchzitat (S.132 - E-Book)

"Manchmal habe ich das Gefühl, von keiner Beziehung so beschädigt worden zu sein wie von der Konditionierung, ein gutes Mädchen sein zu müssen. Der Anspruch, immer verständnisvoll, nett, aufmerksam, sanft und zuvorkommend zu sein, ist so tief in mir verwurzelt, dass ich ihn unmöglich von meinem Charakter trennen kann." - Buchzitat (S.26 - E-Book)

"Toxische Weiblichkeit" von Sophia Fritz ist ein Buch, das die Facetten der Weiblichkeit und deren Auswirkungen auf das gesellschaftliche Miteinander analysiert. Sophia Fritz, Jahrgang 1997, hat Drehbuch an der Filmhochschule in München studiert und ist bereits als Autorin und Journalistin für ZEIT ONLINE tätig. Ihr erstes Buch bei Hanser Berlin untersucht, wie Frauen verinnerlichte Misogynie reproduzieren und stereotype Verhaltensweisen als Waffe einsetzen.

Sophia Fritz begibt sich auf eine mutige Selbstbefragung und untersucht, wie Frauen durch ihre Anpassungsfähigkeit und ihr Harmoniebedürfnis unbewusst ein System unterstützen, das sie eigentlich verändern möchten. Sie beleuchtet Situationen, in denen Frauen entgegen ihrer eigenen Wünsche handeln – etwa wenn sie lächeln, obwohl sie eigentlich streiten möchten, oder wenn sie Konflikte vermeiden und stattdessen Freundinnen ghosten. Fritz diskutiert manipulative Partnerinnen, flaky Freundinnen und bitchige Arbeitskolleginnen, ohne diese zu bewerten. Der Essay zeigt, wie toxische Weiblichkeit unsere Lebenswelt prägt und gibt Impulse für eine feministische Zukunft.

Der Schreibstil von Sophia Fritz ist leicht lesbar und flüssig, was das Lesen sehr angenehm machte. Besonders beeindruckend fand ich, wie Fritz ihr eigenes Unbehagen darstellt, wenn sie auf ihre eigenen Dissonanzen stößt. Viele Frauen können sich sicherlich darin wiederfinden, etwa in der Angst vor Konflikten oder in der zitternden Stimme beim Setzen von Grenzen. Ihre Ehrlichkeit in Bezug auf das Ghosten von "Freundinnen" um Konfrontationen zu vermeiden, war für mich sehr nachvollziehbar.



Die Autorin untersucht, wie Frauen verinnerlichte Misogynie reproduzieren und stereotype weibliche Verhaltensweisen als Waffe einsetzen. Dies geschieht zu unserem eigenen Schaden und zum Schaden der Männer. Fritz thematisiert dabei nicht Victim Blaming, sondern legt den Fokus auf Handlungsfähigkeit und Solidarität. Sie zeigt Wege auf, wie wir toxische Muster durchbrechen können, und liefert dabei konkrete Beispiele für toxisches weibliches Verhalten. Das Anerkennen dieser Probleme ist der erste Schritt zur Lösung, auch wenn es unangenehm sein mag, sich selbst in einigen dieser Beispiele wiederzuerkennen.

Fritz beleuchtet manipulative Partnerinnen, unzuverlässige Freundinnen und intrigante Arbeitskolleginnen, ohne moralisch zu urteilen. Eine zentrale Frage des Buches ist, wie sehr wir durch unsere Anpassungsfähigkeit und manipulativen Fähigkeiten ein System unterstützen, das wir eigentlich verändern möchten. Besonders radikal ist die Aussage, dass das Ausdrücken von Verlangen, insbesondere nach Macht und Sex, für Frauen eine der größten Herausforderungen darstellt. Frauen kämpfen mit emotionaler Manipulation und der Angst, als schwierig abgestempelt zu werden. Fritz zeigt auf, wie Frauen Perfektion und Kontrolle suchen, um Bewunderung statt Liebe zu erlangen, aus Angst vor dem Verlust der Kontrolle.

Fritz zitiert eine Vielzahl von Quellen, darunter "King Kong Theory", "Art Monsters: Unruly Bodies in Feminist Art" und "Invisible Women: Data Bias in a World Designed for Men". Trotz der vielen Quellen bleibt der Text sehr persönlich und essayistisch. Zwar könnte man kritisieren, dass der Text stringenter und die zitierten Quellen kritischer sein könnten oder manche Aspekte noch tiefer beleuchtet werden müssten, dennoch fand ich das Buch äußerst bereichernd. Es soll aber hier noch erwähnt werden, dass das manche Leser:innen den ein oder anderen Begriff eventuell nachschauen müssen, da schon auch ein gewisses Vorwissen vorausgesetzt wird.

Alles in allem hat mir "Toxische Weiblichkeit" von Sophia Fritz gut gefallen. Das Buch wirft wichtige Fragen zur Selbstreflexion auf und dekonstruiert gesellschaftliche Strukturen. Der Spagat zwischen feministischen und anti-feministischen Aspekten ist der Autorin sehr gutgelungen. Ich vergebe daher 4 von 5 Sternen.

"Wir greifen in unserer Kritik am Patriarchat zu kurz, wenn wir nur immer wieder betonen, dass wir uns auf dem nächtlichen Heimweg nicht sicher fühlen und Nein ist Nein kein verlässliches Schutzschild ist." - Buchzitat (S.50 - E-Book)

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Veröffentlicht am 11.07.2024

Vielfalt und Gastfreundschaft auf 300 Seiten – fleischfrei und lecker

kali orexi - Deutscher Kochbuchpreis 2024 Gold
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"Kalí Órexi. Griechische Familienrezepte vegetarisch & vegan" von Kon und Sia Karapanagiotidis ist ein liebevoll zusammengestelltes Kochbuch, das die reiche kulinarische Tradition Griechenlands feiert. ...

"Kalí Órexi. Griechische Familienrezepte vegetarisch & vegan" von Kon und Sia Karapanagiotidis ist ein liebevoll zusammengestelltes Kochbuch, das die reiche kulinarische Tradition Griechenlands feiert. Übersetzt bedeutet der Titel "Guten Appetit". Kon Karapanagiotidis ist Anwalt für Menschenrechte und Gründer des Asylum Seeker Resource Centre in Australien. Zusammen mit seiner Mutter Sia hat er dieses Kochbuch geschrieben, um sich seinen griechischen Wurzeln zu nähern und die Kunst der griechischen Gastfreundschaft zu teilen.

Das Buch enthält über 100 Rezepte, die die Vielseitigkeit der griechischen Küche mit vegetarischen und teils veganen Variationen hervorheben. Von deftigen Pastitsio über erfrischende Avgolemono (Zitronen-Suppe) bis hin zu süßen Honigbällchen – die Rezepte kombinieren traditionelle Aromen mit einem modernen, fleischlosen Ansatz. Die Kapitelstruktur ist logisch und ansprechend gestaltet, sodass die Leser:innen
mühelos durch die verschiedenen Gerichte navigieren können. Das Buch beginnt mit einer Einführung in die griechische Küche und bietet dann Kapitel zu Mezze, Salaten, Suppen, Gemüsegerichten, Teigtaschen, Nudeln, Reis, Hülsenfrüchten und Desserts.

Die Kapitelaufteilung des Buches ist logisch, nachvollziehbar und ansprechend. Von "Willkommen an meinem Tisch" über "Die Basics der griechischen Küche" bis hin zu den detaillierten Rezeptkapiteln – alles ist klar strukturiert. Die schlichte Gestaltung des Buches lässt die Rezepte und Bilder im Vordergrund stehen, was ich sehr ansprechend finde. Wenn ich etwas kritisieren müsste, wäre es, dass es für meinen Geschmack gestalterisch ein bisschen mehr hätte sein dürfen. Mir hätte es auch besser gefallen, wenn die Leser:innen persönlich (in DU-Form) angesprochen worden wären statt mit SIE. Das sind aber wirklich auch die einzigen kleinen Kritikpunkte.

Das Buch ist dem verstorbenen Vater bzw. Ehemann gewidmet, was ich sehr berührend fand. Auch die Tatsache, dass Mutter und Sohn gemeinsam in der Küche stehen und ein Kochbuch entwickeln ist mir bislang eher selten untergekommen. Mit 300 Seiten ist es ein sehr umfangreiches Werk, was ich besonders schätze. Die Rezepte sind größtenteils vegetarisch, wobei bei jedem Rezept auch angegeben ist, wie es vegan gestaltet werden kann. Außerdem sind Hinweise vorhanden, wie die Rezepte glutenfrei und für Menschen mit Reizdarmsyndrom angepasst werden können. Ein starkes Zeichen in Richtung inklusive Küche für alle.

Die Zutaten der Rezepte sind in den meisten Fällen in handelsüblichen Supermärkten erhältlich, und optionale Zutaten sind gekennzeichnet. Hilfreich sind auch die genauen Mengenangaben, beispielsweise dass ein Esslöffel 20g und nicht 15g entspricht. Im Sinne der Nachhaltigkeit bietet das Buch auch Tipps zur Resteverwertung. Die Bilder im Buch sind nicht die überprofessionellsten, sondern punkten durch Authentizität und direkte Einblicke aus der Familienküche. Fast jedes Gericht hat ein Foto, was die Nachkochbarkeit erleichtert.

Neben den Rezepten lernt man auch viel über Griechenland und "Philoxenia" (Gastfreundschaft). Zudem erfährt man einiges über die Familiengeschichte der Autor:innen, ihr Engagement für geflüchtete Menschen und ihr Interesse an Nachhaltigkeit, das sich auch in der Küche widerspiegelt.

Fazit: "Kalí Órexi: Griechische Familienrezepte vegetarisch & vegan" ist ein umfangreiches und liebevoll gestaltetes Kochbuch, das die Vielfalt und den Reichtum der griechischen Küche feiert. Die Rücksichtnahme auf verschiedene Ernährungsbedürfnisse und die Einbindung persönlicher Geschichten machen es zu etwas Besonderem. Ich gebe diesem Buch 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Schockierend, packend, moralisch herausfordernd und sprachlich beeindruckend – nichts für schwache Nerven

Trophäe
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"Er mag Afrika nicht: Es ist ihm zu laut, zu staubig, zu warm. Aber weil der Kontinent nun mal die besten Jagdgebiete der Welt beherbergt, hat er gelernt, es zu respektieren, ja, es sogar entgegen seinem ...

"Er mag Afrika nicht: Es ist ihm zu laut, zu staubig, zu warm. Aber weil der Kontinent nun mal die besten Jagdgebiete der Welt beherbergt, hat er gelernt, es zu respektieren, ja, es sogar entgegen seinem Instinkt zu lieben, wie man ein Kind liebt, das man nicht wollte, das aber zu der Frau gehört, die man auserwählt hat. Und von dem man gerne die positiven Seiten mitnimmt, die Last aber lieber nicht trägt. Für ihn ist Afrika ein großes Naturreservat, von Gott geschaffen, um ihm Freude zu bereiten; dass dort auch Menschen leben, richtig leben, hat er nie wirklich bewusst realisiert, geschweige denn, dass er sich für sie oder ihre Lebens- umstände interessiert hätte. Afrika ist sein Vergnügungspark, sein Jagdgebiet. Mehr nicht." - Buchzitat (S. 91/92)

"Westliche Moral ist ein Luxusprodukt, das man sich leisten können muss. Der Rest der Welt muss mit Pragmatismus auskommen." - Buchzitat (S. 103)

"Trophäe" von Gaea Schoeters ist ein aufwühlender Roman über die Abgründe der menschlichen Natur und die Grausamkeit der Trophäenjagd. Schoeters, 1976 geboren, ist eine flämische Autorin, Journalistin, Librettistin und Drehbuchautorin, die für ihren kreativen Umgang mit Sprache mehrfach ausgezeichnet wurde. 2024 erschien ihr preisgekrönter Roman "Trophäe", der bereits von der niederländischen Presse hochgelobt wurde, in deutscher Übersetzung bei Zsolnay.

Hunter, ein steinreicher Amerikaner und leidenschaftlicher Jäger, hat fast alles erlegt, was vor den Lauf seiner Waffe kam. Sein Freund Van Heeren bietet ihm nun die Möglichkeit, ein Nashorn zu schießen, und Hunter reist nach Afrika, um die Big Five zu vervollständigen. Doch Wilderer durchkreuzen seine Pläne, und getrieben von Rachegelüsten erfährt Hunter von den Big Six. Das unmoralische Angebot Van Heerens schockiert ihn zunächst, doch bald darauf ist er fasziniert von den jungen Afrikanern, die geschickt und flinken Schrittes jagen. Die Geschichte nimmt eine radikale Wendung, die Hunters und die Moral der Leser herausfordert.

Dieses Buch stand schon lange auf meiner Leseliste, und letzte Woche habe ich es spontan in der Bibliothek mitgenommen. Was soll ich sagen? Ich war überrascht und vor allem schockiert angesichts der beschriebenen Brutalität. Gaea Schoeters erzählt die Geschichte aus der Perspektive des modernen Raubtiers (aka Mensch) und schafft es auf eindrucksvolle Weise, dass die eigene Moral ins Wanken gerät. So wie der Protagonist Hunter sich selbst von seiner Handlungsweise überzeugt, führt er auch die Leser:innenschaft auf dünnes Eis und lässt uns an den eigenen Moralvorstellungen zweifeln. Die bildgewaltige Sprache des Buches ist beeindruckend, ohne dabei übertrieben pompös zu wirken. Hunters Reaktion auf das unmoralische Angebot, seine Big Six zu vervollständigen, hat mich zutiefst schockiert. Es zeigt, wie mühelos eine Person dazu gebracht werden kann, ihre Moral über Bord zu werfen. Für mich, als Vegetarierin, die die Jagd aus Spaß ablehnt, war das Buch besonders schwer zu lesen. Es ist definitiv keine Gute-Nacht-Lektüre und nichts für zartbesaitete Leser:innen.

Was mir nicht sogut gefiel: Ab etwa der Hälfte des Buches verliert die Geschichte etwas von ihrem Drive, und besonders die letzten beiden Kapitel fand ich sehr anstrengend. Die Kapitel waren insgesamt recht lang gehalten, was möglicherweise als Stilmittel (ausdauernde Jagd) gedacht war, aber für mich den Lesefluss erschwert hat.

"Trophäe" von Gaea Schoeters ist ein kraftvoller und herausfordernder Roman, der in die tiefen Abgründe der menschlichen Natur und der Trophäenjagd führt. Die eindrucksvolle Sprache und die moralische Komplexität des Buches sind faszinierend, auch wenn der Roman in der zweiten Hälfte etwas an Schwung verliert. Trotzdem ist es eine fesselnde Lektüre, die ich mit 4 von 5 Sternen bewerte.

"Hunters Abenteuer ist eine Illusion, aber eine Illusion, an die man aufrichtig glaubt, ist oft reizvoller als die Wirklichkeit; auf dieser Gesetzmäßigkeit beruht sein Reichtum. Genau wie das von van Heeren, denn auch Berufsjäger handeln mit Illusionen: The Erfolg hängt nicht so sehr von der Bereitstellung des richtigen Jagdwilds ab, sondern von der richtigen Inszenierung des afrikanischen Traums seiner Kunden. - Buchzitat (S. 36)

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Starke Themen, schwache Umsetzung

Die geheimnisvolle Freundin
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"Die geheimnisvolle Freundin" von Simona Baldelli erzählt die Geschichte von Nina und Lucia, die in einem Waisenhaus in den Abruzzen der 1950er Jahre aufwachsen. Die Autorin, 1963 geboren, hat Theater ...

"Die geheimnisvolle Freundin" von Simona Baldelli erzählt die Geschichte von Nina und Lucia, die in einem Waisenhaus in den Abruzzen der 1950er Jahre aufwachsen. Die Autorin, 1963 geboren, hat Theater und Kreatives Schreiben studiert und lebt heute als freie Autorin in Rom. Sie wurde für mehrere ihrer Werke in Italien mit Literaturpreisen ausgezeichnet.

Zum Inhalt

Nina lebt von Geburt an in einem von strengen Nonnen geführten Waisenhaus. Als sie sieben Jahre alt ist, wird Lucia, die gerade ihre Eltern verloren hat, aufgenommen. Zwischen den beiden Mädchen entwickelt sich über die Jahre eine enge Freundschaft. Ein dramatisches Missverständnis erschüttert jedoch ihr Vertrauensverhältnis, und sie gehen getrennte Wege. Nina findet später Arbeit in einer Tabakfabrik, wo sie Solidarität und Zuversicht erfährt. Eines Tages steht Lucia vor ihrer Haustür und vertraut ihr ein weitreichendes Geheimnis an, das beide Leben verändert.

Meinung

Ich bin anfangs sehr gut in das Buch hineingekommen, und die Beschreibung der bedrückenden Stimmung im Heim zu Beginn fand ich sehr bildhaft. Trotzdem catchte mich die Geschichte schlussendlich leider gar nicht. Nach etwa einem Drittel des Buches wird Lucia (aka die zweite Freundin) erst eingeführt und wirkt von Anfang an für mich unsympathisch, da sie Nina nicht gut tut. Die angekündigte Freundschaft zwischen Nina und Lucia kam auch im weiteren Verlauf nicht wirklich zur Geltung, und ich konnte die beiden weder als Kinder noch als Erwachsenen wirklich als Freundinnen erkennen - im Gegenteil: Die Beziehung fand ich sehr toxisch. Schwester Immacolata, die sich rührend um Nina kümmert, fand ich ebenfalls toll. Die historischen Details rund um das Streikthema fand ich aber spannend.

Ich hätte mir allgemein gewünscht, dass das Buch aus verschiedenen Blickwinkeln geschrieben wäre. Zum Beispiel hätten auch Marcella, Schwester Immacolata (die Nonne) oder Olmo, der Sohn des Fotografen, ihre Perspektiven einbringen können. Die Zeitsprünge sind irritierend, und Unterüberschriften mit Monats- und Jahresangaben hätten geholfen, sich besser zu orientieren. Die abrupten Wechsel zwischen Ninas Gegenwart und ihrer Vergangenheit im Kinderheim sind verwirrend. Ninas Entwicklung ist jedoch positiv hervorzuheben, sie befreit sich allmählich aus ihrer Opferrolle und gewinnt an Selbstbewusstsein. Die Darstellung der prägenden Auswirkungen einer lieblosen Kindheit und der Isolation von der Außenwelt ist wahnsinnig traurig und lässt Ninas anhaltende Selbstzweifel als Erwachsene nachvollziehbar erscheinen. Wobei Ninas Suche nach ihrer Mutter für mich unverständlich blieb.

Das große Geheimnis, das im Klappentext angepriesen wird, kommt für mich nicht klar heraus. Auch habe ich im letzten Teil kein Gefühl dafür, wie viel Zeit wirklich zwischen den Ereignissen vergangen war. Die Charaktere bleiben unnahbar, und ich konnte für keine Figur Sympathie entwickeln, vor allem nicht für Lucia. Schwester Immacolata hingegen verdient Respekt angesichts ihrer Überzeugung, das Richtige zu tun, selbst wenn es ihrem Glauben widerspricht. Feministische und klassistische Themen schwingen im letzten Teil mit, was ihn für mich zum besten Abschnitt des Buches machte. Der Zusammenhalt der Frauen angesichts des Streiks und die Mädels-WG mit Nina und Marcella fand ich schön dargestellt.

Fazit

"Die geheimnisvolle Freundin" von Simona Baldelli bietet eine einfühlsamen Darstellung einer schwierigen Kindheit im Waisenhaus und den Auswirkungen auf das Erwachsenenleben. Die Geschichte und die Charaktere blieben jedoch distanziert und wenig fesselnd, was zu meiner Bewertung von 2 von 5 Sternen führt. Trotz einiger starker Momente fehlt es dem Buch an emotionaler Tiefe und kohärenter Erzählweise.

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Schöne Illustrationen, aber die Geschichte bleibt hinter den Erwartungen zurück.

Stolz und Vorurteil
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"Stolz und Vorurteil" ist ein Klassiker der Literatur, den Jane Austen vor über zweihundert Jahren verfasste. Die Graphic Novel Adaption von Claudia Kühn und Tara Spruit, erschienen bei Loewe Graphix, ...

"Stolz und Vorurteil" ist ein Klassiker der Literatur, den Jane Austen vor über zweihundert Jahren verfasste. Die Graphic Novel Adaption von Claudia Kühn und Tara Spruit, erschienen bei Loewe Graphix, bietet eine neue, visuell ansprechende Variante der Geschichte. Jane Austen ist bekannt für ihre scharfsinnige Gesellschaftskritik und feinfühligen Charakterstudien, während Tara Spruit mit ihren bezaubernden Illustrationen den klassischen Text auf eine neue Ebene hebt.

Worum geht's? Elizabeth Bennet hat vier Schwestern und eine Mutter, deren größte Sorge es ist, alle Töchter unter die Haube zu bringen. Als der vermögende Mr. Bingley und sein attraktiver Freund Mr. Darcy das benachbarte Anwesen Netherfield beziehen, ist Mrs. Bennet außer sich vor Aufregung. Doch schon beim ersten Tanz wird Elizabeth klar, dass sie niemals einem so stolzen und arroganten Mann wie Mr. Darcy ihr Herz schenken könnte. Oder doch? Diese Graphic Novel lädt dazu ein, den zeitlosen Klassiker neu zu erleben, unterstützt von Tara Spruits wunderschön gestalteten Illustrationen.

Ich hatte bisher weder viel mit Jane Austen (ich weiß - shame on me) noch mit Graphic Novels zu tun, weshalb dieses Buch für mich Neuland war. Während mir die Geschichte an sich wenig zusagte und einige Fragen offenblieben, konnte mich die Graphic Novel dennoch überzeugen. Ich freute mich auf das Buch, da ich ein großer Bridgerton-Fan bin. Leider kam dabei keine vergleichbare Stimmung auf. Grundsätzlich ist die Graphic Novel schön illustriert. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass im Sinne der Diversität mehr darauf geachtet wird, diverse Menschen abzubilden. Das ist aus meiner Sicht eine vertane Chance. Da ich die ursprüngliche Geschichte nicht kenne, kann ich dazu wenig sagen, außer eben, dass sie mich leider nicht umgehauen hat.

Fazit: Die Graphic Novel "Stolz und Vorurteil" von Jane Austen, adaptiert von Claudia Kühn und illustriert von Tara Spruit, bietet eine visuell ansprechende Neuinterpretation des Klassikers. Während die Illustrationen schön gestaltet sind, hätte mehr Diversität berücksichtigt werden können. Insgesamt fand ich die Geschichte aber wenig fesselnd, was zu meiner Bewertung von 3 von 5 Sternen führt.

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