Abruzzen, 1950er Jahre. Von Geburt an lebt Nina in einem von strengen Nonnen geführten Waisenhaus auf dem Land. Als sie sieben ist, wird Lucia aufgenommen, die gerade ihre Eltern verloren hat. Zwischen den beiden gleichaltrigen Mädchen entwickelt sich über viele Jahre hinweg eine enge Freundschaft. Bis ein dramatisches Missverständnis ihr Vertrauensverhältnis nachhaltig erschüttert und beide getrennte Wege gehen. Nina findet Arbeit in einer Tabakfabrik, erfährt dort Solidarität und schöpft neue Zuversicht für ihr weiteres Leben. Dann steht eines Tages Lucia vor ihrer Haustür. Und vertraut ihr ein für beide weitreichendes Geheimnis an ...
"Eine bewegende Geschichte über Freundschaft und weibliche Solidarität, eindringlich und voller Hoffnung"
La Repubblica
Ausgezeichnet mit dem PREMIO LETTERARIO NAZIONALE DONNA SCRITTRICE 2023
Wir lesen die Geschichte von Nina, die in einem Waisenhaus aufwächst wo eine sehr lieblose und kalte Atmosphäre herrscht. Einmal im Jahr werden die Kinder herausgeputzt und vorgeführt, so dass einige Kinder ...
Wir lesen die Geschichte von Nina, die in einem Waisenhaus aufwächst wo eine sehr lieblose und kalte Atmosphäre herrscht. Einmal im Jahr werden die Kinder herausgeputzt und vorgeführt, so dass einige Kinder neue Familien finden. Nina, die kränklich und blass aussieht, hat nur einen Wunsch: Ausgesucht zu werden. Trotz aller Widrigkeiten entwickelt Nina sich zu einem sozialen, einfühlsamen Wesen und ist mehr für andere da, als sie eigentlich will.
Der empathische und bildhafte Schreibstil gefällt mir sehr gut. Simona Baldelli hat es sehr schnell geschafft, die triste Atmosphäre des Waisenhauses vor meinem inneren Auge erstehen zu lassen. Vor allem gefällt mir sehr gut, wie die Autorin die Figur der Nina aufbaut, es ist alles nachvollziehbar und schlüssig und könnte auch im wahren Leben passieren. Ich konnte gut spüren, wie einsam und überflüssig sich die kleine Nina fühlt. Auch ihre Freundinnen werden gut charakterisiert, so dass sich bei mir gleich Zu- und Abneigung eingestellt hat. Allerdings hatte ich bedingt durch Titel und Klappentext eine andere Entwicklung der Geschichte erwartet, beides ist ein bisschen irreführend. Geheimnisvoll finde ich keine von Ninas Freundinnen und das angekündigte große Geheimnis ist eher ein kleines. Trotzdem hat mich dieses Buch sehr berührt, denn Ninas Entwicklung zu verfolgen war wirklich interessant. Deshalb kann ich „Die geheimnisvolle Freundin“ aus ganzem Herzen weiterempfehlen.
Bei italienischen Freunschaftsgeschichten muss ich sofort an Elena Ferante denken. Auch das ging mir durch den Kopf als ich den Titel dieses Romans las: „Die geheimnisvolle Freundin“ von Simona Baldelli. ...
Bei italienischen Freunschaftsgeschichten muss ich sofort an Elena Ferante denken. Auch das ging mir durch den Kopf als ich den Titel dieses Romans las: „Die geheimnisvolle Freundin“ von Simona Baldelli. Und dann bei der Lektüre war ich auch ab und an geneigt an die unterschiedlichen Freundinnen aus Ferantes Roman zu denken, aber hier sind zwar zwei Freundinnen auf dem Cover und der Titel lässt es zu, dass man meinen könnte das ist „nur“ ein Roman über Freundschaft und Geheimnisse. Und da muss ich (zum Glück!) sagen, dass da noch eine Menge mehr drin steckt. Es ist ein Roman über eine Frau und ihren steinigen Weg, der auch durch Freundschaften getragen wird, aber das ist bei weitem nicht alles. Im Original heißt das Buch: Il pozzo delle bambole und heißt so viel wie: „Der Puppe geht es gut“, wenn ich dem Übersetzungsprogramm trauen darf. Und das find ich ja schon mal treffender.
Denn es geht um Nina, ein Mädchen, dass in einem ländlichen Waisenhaus aufwächst in den 50er Jahren in den Abruzzen. Von Nonnen streng und sittlich geführt, wenig Bildung, viel Demut und wenig Zuwendung jeglicher Art. Seit ihrer Geburt in diesem System gefangen, kommt zwar in der Tat Lucia mit 7 Jahren dazu und es gibt auch noch andere wie Marcella, aber Nina kämpft sich durch die Tristesse ihres Daseins. Muss auch einige herbe Schläge verdauen, steht aber immer wieder mental auf. Nach dem Waisenhaus arbeitet sie in der örtlichen Tabakfabrik.
In Summe ein bescheidenes Frauenleben und hier stecken so viele tiefgreifende Themen drin, die Simona Baldelli äußerst treffend beschreibt. Wie dieses Kind eine Resilienz entwickelt trotz der Umstände, wie Klassenunterschiede zu Handlungen oder eben auch nicht führen, der emanzipatorisch steinige Weg dieser Zeit gefangen im Patriachat und den starren traditionellen Ansichten. Vor allem schafft die Autorin einen besonderen Blick auf den Habitus durch Zugehörigkeit und ermöglichenden Bedingungen. Das was Nina fehlt, immer klein gehalten, systematisch vieler Möglichkeiten beraubt.
Wie schon der Roman „Die Rebellion der Alfonsina Strada“ ist auch „Die geheimnisvolle Freundin“ ein sehr lesenswerter Roman von Simona Baldelli. Großartig übersetzt für uns aus dem italienischen von Elisa Harnischmacher. Nur der Titel, na ja, da hätte man sich noch mehr Mühe geben können.
Es sind die 1950er Jahre in den Abruzzen. Hier lebt die kleine Nina in einem christlichen Waisenhaus, in dem sie kurz nach der Geburt als Findelkind abgegeben wurde. Der Ton ist so rau wie die einheitliche ...
Es sind die 1950er Jahre in den Abruzzen. Hier lebt die kleine Nina in einem christlichen Waisenhaus, in dem sie kurz nach der Geburt als Findelkind abgegeben wurde. Der Ton ist so rau wie die einheitliche Kleidung der Kinder. Liebe, Zuwendung und Nähe erfahren die Kinder kaum, die Regeln sind streng, die Perspektiven düster. Hier erscheint für Nina das Eintreffen der jungen Waise Lucia zunächst wie ein Hoffnungsschimmer. Doch auch in der älteren Marcella entdeckt sie schließlich eine Komplizin und ein Vorbild. Mit viel Feingefühl und einem wachen Blick für Mechanismen der Ab- und Ausgrenzung beschreibt Baldelli den Alltag im Waisenhaus und den Versuch Nähe durch Freundschaft in diesem Umfeld zu erfahren.
Der Roman entwickelt sich entlang von Ninas Aufwachsen in alternierenden Perspektiven aus ihrer Kindheit im Waisenhaus und als junge Erwachsene und Arbeiterin in einer Tabakfabrik. Baldelli gelingt es die bedrückende, verzweifelte Stimmung im Waisenhaus auf besonders eindringliche Weise einzufangen und vermittelt so ein sehr authentisch wirkendes Bild des Lebens in einem von Nonnen geführten Haus im ländlichen Italien der 1950er. Im Mittelpunkt der Erzählung stehen stehts Frauen und die Zwänge in denen diese agieren, agieren müssen und von denen sie begrenzt werden, aber auch ihr Versuch sich diesen Zwängen zu entreißen und ein selbstbestimmtes, glückliches Leben zu führen.
Die Geschichte um Nina und ihre Gefährtinnen ist nicht nur eine Erzählung weiblicher Selbstermächtigung sondern auch von Klassengrenzen, dem Wert und der Notwendigkeit von Bildung, um die eigene Klassenlage zu erfassen und sie zu verbessern und nicht zuletzt überhaupt ein Weltverständnis, im Sinne der eigenen Verortung in einem Gesellschaftssystem zu erlangen - dies als Grundbedingung für echte Emanzipation, Selbstwirksamkeit und Freiheit. Wort für Wort erarbeitet sich Nina dieses Weltverständnis und sprengt damit die engen Mauern des Waisenhauses und der körperlich wie geistig einengenden Doktrinen der Nonnen.
Während Nina, Marcella und die neue Kollegin in der Tabakfabrik, Carla, Komplizinnen im Geiste sind, zeigt die Autorin über die unterschiedliche Herkunft und Prägung von Nina und Marcella auf der einen und Carla auf der anderen Seite die Macht von Klassengrenzen und die Wirkung der Klassenlage auf nicht nur die materielle Situation sondern auch das Denken und internalisierte Glaubenssätze. So muss Nina bei aller Liebe und Solidarität unter den Freundinnen feststellen, dass sich Carla bestimmte großzügige und kämpferische Positionen schlicht auch einfach leisten kann, da sie aufgrund ihrer Herkunft stets weich fallen wird. Obgleich der Kampf um weibliche Emanzipation in einer patriarchalen Gesellschaftsordnung Carla und Nina wie Marcella eint, werden an Nina und Marcella die intersektional wirkenden Diskriminierungsstrukturen, als Frauen, aus der Arbeiterschicht, und ehemalige Findelkinder ohne Familie deutlich. Auch wie Klassenlage den Habitus bestimmt zeichnet die Autorin anhand der feinen Unterschiede zwischen Carla und Lucia auf der einen und Nina und Marcella auf der anderen Seite sensibel hervor.
Sprachlich hat mich der Roman vom Anfang bis zum Ende überzeugt. Baldelli findet für die schwierigen und komplexen Themen, eine einnehmende, bildliche Sprache, ohne dabei kitschig zu klingen.
Schwächen zeigt der Roman lediglich zum Ende hin, das vor dem Hintergrund des sozialkritischen Ansatz und Anspruchs des Romans etwas zu sehr in Wohlgefallen konstruiert ist. Zum anderen sind Klappentext und Titel aus meiner Sicht etwas missverständlich. Die Freundschaft zwischen Nina und Lucia ist nur ein (Neben)Schauplatz von mehreren der Geschichte. Ich würde den Roman als sozialkritische, emanzipatorische Entwicklungsgeschichte von Nina beschreiben, mit tiefen Einsichten in die Strukturen eines christlichen Waisenhauses im ländlichen Italien der 50er Jahre, einer gelungenen Darstellung gesellschaftlicher Ungleichheitsstrukturen in Bezug auf Klasse und Geschlecht und nicht zuletzt der Notwendigkeit und Macht weiblicher Solidarität. Mein Tipp daher: unbedingt die Leseprobe lesen, und im Idealfall direkt in den Bann der Geschichte ziehen lassen.
Simona Baldelli liefert mit die geheimnisvolle Freundin nicht nur einen beeindruckenden Roman in wundervoll bildlicher Sprache und das ohne jeden Anflug von Kitsch, sie beweist gleichzeitig ein feines Gespür und Ausdrucksvermögen für gesellschaftliche Distinktionsmechanismen anhand von Geschlecht, Klasse und Habitus. Auch unter Berücksichtigung der genannten leichten Schwächen ist die Geheimnisvolle Freundin für mich ein echtes Highlight in diesem Lesejahr!
Nina wächst in einem katholischen Waisenhaus in den Abruzzen in den 1950er Jahren auf. Schon als Baby wurde sie dort abgegeben und kennt kein anderes Leben als in der Gemeinschaft mit den anderen Kindern ...
Nina wächst in einem katholischen Waisenhaus in den Abruzzen in den 1950er Jahren auf. Schon als Baby wurde sie dort abgegeben und kennt kein anderes Leben als in der Gemeinschaft mit den anderen Kindern und strengen Nonnen. Nur selten kann sie Mitleid mit den anderen Kindern empfinden, die nachts häufig von Sehnsucht nach ihren verstorbenen Eltern geplagt werden, denn Nina kennt kein Leben außerhalb dieser Mauern. Deshalb beherzigt sie auch den Rat einer älteren Bewohnerin, die ihr immer wieder sagt, sie solle niemals ihr Herz an einen anderen Menschen hängen. Als aber die gleichaltrige Lucia neu im Waisenhaus aufgenommen wird, hat sie das erste Mal das Gefühl, in ihr eine Freundin gefunden zu haben. Umso schlimmer trifft es sie, als Lucia irgendwann dank Ninas Verzicht in einer Familie aufgenommen wird und nun tut, als wäre Nina eine Unbekannte...
Simona Baldelli erzählt in diesem Roman über das Leben in den Waisenhäusern der 1950er Jahre in Italien. Anhand von Nina erlebt der Leser hautnah das Schicksal eines Findelkindes mit und sieht die gesellschaftlichen Normen deutlich. Nina ist ein Mädchen, dem vieles unbekannt ist, was andere Kinder für selbstverständlich erachten. Durch Lucia erfährt sie vieles, auch ein wenig körperliche Wärme. Sie ist ab dem ersten Tag ihre Freundin und Nina tut alles für ihr Wohlbefinden, verzichtet sogar auf ein Leben in einer eigenen Familie.
Ich war sehr neugierig auf diesen Roman, denn ich habe mir aufgrund des Covers und des Klappentextes auf eine Geschichte über Freundschaft gefreut. Der Inhalt hat mich aber leider etwas negativ überrascht, denn es drehte sich vorallem um Nina und ihr Leben im Waisenhaus und danach. Lucia könnte man als einzigen Charakter als Freundin bezeichnen, trotzdem wirkt sie beinahe immer unsympathisch, egoistisch, verwöhnt und manipulativ, denn Nina gibt alles in dieser "Freundschaft", während Lucia alle nur zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzt und auf die anderen Kinder herabblickt, dabei hat sie das gleiche Schicksal ereilt, wie auch die anderen Waisen. Insgesamt war das Buch zwar bewegend, aber doch ganz anders als erwartet und im Klappentext beschrieben und ich bin immer noch zwiegespalten, was ich von diesem Roman halten soll...
Klappentext:
Abruzzen, 1950er Jahre. Von Geburt an lebt Nina in einem von strengen Nonnen geführten Waisenhaus auf dem Land. Als sie sieben ist, wird Lucia aufgenommen, die gerade ihre Eltern verloren ...
Klappentext:
Abruzzen, 1950er Jahre. Von Geburt an lebt Nina in einem von strengen Nonnen geführten Waisenhaus auf dem Land. Als sie sieben ist, wird Lucia aufgenommen, die gerade ihre Eltern verloren hat. Zwischen den beiden gleichaltrigen Mädchen entwickelt sich über viele Jahre hinweg eine enge Freundschaft. Bis ein dramatisches Missverständnis ihr Vertrauensverhältnis nachhaltig erschüttert und beide getrennte Wege gehen. Nina findet Arbeit in einer Tabakfabrik, erfährt dort Solidarität und schöpft neue Zuversicht für ihr weiteres Leben. Dann steht eines Tages Lucia vor ihrer Haustür. Und vertraut ihr ein für beide weitreichendes Geheimnis an …
„Die geheimnisvolle Freundin“ von Simona Baldelli erzählt die Geschichte zweier unterschiedlicher Mädchen, die in einem Waisenhaus aufwachsen.
Die Leser*innen begleiten Nina und Lucia beim Erwachsenwerden.
Nina lebt schon immer in dem Waisenhaus, wo Nonnen ein strenges Regiment führen.
Auf eine Adoption hat sie wenig Chancen. Mir kam es so vor, als sorgten die Nonnen schon dafür. Den Nina war ein Findelkind.
Als Nina 7 Jahre war, kam das Waisenkind Lucia ins Waisenhaus.
Nina will dem Neuankömmling helfen und freundet sich mit Lucia an. Hier war es aber kein Geben und Nehmen. Die Freundschaft beruhte mehr auf der Initiative von Nina, die sich sagte, dass sie endlich eine Freundin gefunden hat.
Ich denke, Lucia hat das nicht so empfunden.
Später findet Nina Arbeit in einer Tabakfabrik und die Mädchen gehen getrennte Wege. Hier erfährt sie das erste Mal Solidarität mit Gleichgesinnten.
Eines Tages steht Lucia plötzlich vor Ninas Tür mit einem Geheimnis das Folgen haben wird.
Simona Baldelli beschreibt die jeweiligen Lebensabschnitte der Mädchen sehr anschaulich. Dabei wird abwechselnd aus der Perspektive von Nina und Lucia erzählt.
Die Beschreibung von Leben der Kinder in dem italienischen Waisenhaus hat mich oft erschüttert. Es gab schon erste Klassenunterschiede bei den Kindern zwischen Waisenkinder und Findelkinder. Warum sind Findelkinder weniger wert?
Auch so, haben mich die Zustände manchmal entsetzt. Nonnen, die ja eigentlich für das Wohl sorgen sollen, sind mehr als streng und machen auch vor Schlägen kein Halt.
Auch als die Mädchen erwachsen sind, spürt man die Klassenunterschiede. Nina, die in einer Tabakfabrik arbeitet, gehört zur Arbeiterschicht.
Simona Baldelli verwendet für ihre Geschichte eine richtig bildliche Sprache. Die Charaktere sind gut gezeichnet und kamen sehr realistisch bei mir an. Der Schreibstil ist flüssig und leicht verständlich.
Einzig die Zeitsprünge zwischen Kindheit, Erwachsensein und wieder zurück in die Kindheit machten es manchmal schwer der Handlung flüssig zu folgen.
„Die geheimnisvolle Freundin“ ist ein Gesellschaftsroman, den ich gerne gelesen habe.