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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.08.2019

Von Panik getrieben

ATME!
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Atme ist ein Thriller, der von Anfang an von der Panik der Protagonistin vorangetrieben wird. Ihr Freund ist während eines gemeinsamen Besuchs eines Geschäfts verschwunden. Nile glaubt sofort, dass Ben ...

Atme ist ein Thriller, der von Anfang an von der Panik der Protagonistin vorangetrieben wird. Ihr Freund ist während eines gemeinsamen Besuchs eines Geschäfts verschwunden. Nile glaubt sofort, dass Ben etwas passiert ist. Als Leser ist man sofort irritiert. Warum diese große Panik und warum übertreibt Nile so? Sie bedrängt sogar die Verkäuferin, die nichts weiß. Die hat Ben nicht einmal gesehen. War er überhaupt mit im Geschäft? Nile geht noch weiter, indem sie die Ehefrau ihres Freundes aufsucht und attackiert diese sogar.

So eine aufgeregte, aggressive Hauptfigur trifft man selten. Als Leser weiß man sofort, dass etwas mit ihr nicht stimmt und es eine heikle Vorgeschichte geben muss.
Man ist sich aber auch nicht ganz sicher, was Bens Frau Flo angeht, die sich auch etwas merkwürdig verhält.
Dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, ist interessant. Dennoch wirkt das ganze konstruiert und übertrieben. Es ist auch nicht ganz einfach diese Hektik, die den ganzen Roman nie nachlässt, auf Dauer zu ertragen.

Die deutsche Autorin Judith Merchant schreibt ein wenig in der Tradition einer Joy Fielding (Lauf Jane Lauf) und ist auch vergleichbar mit z.B. Melanie Raabe. Man darf gespannt auf ihre kommenden Thriller sein.

Veröffentlicht am 19.08.2019

intensiv

Moskito-Küste
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Paul Theroux ist für mich ein wichtiger amerikanischer Autor. Klasse, das nach langer Zeit dieser Roman wieder herausgebracht wird. Vor 30 Jahren hatte er für einigen Wirbel gesorgt und wurde auch verfilmt, ...

Paul Theroux ist für mich ein wichtiger amerikanischer Autor. Klasse, das nach langer Zeit dieser Roman wieder herausgebracht wird. Vor 30 Jahren hatte er für einigen Wirbel gesorgt und wurde auch verfilmt, sogar mit Harrison Ford.

Protagonist ist Ally Fox, ein wütender US-Amerikaner, der Paranoid wirkt und mit seiner Familie herumzieht und das Land Richtung Honduras verlassen will. Das hat einen Hauch von Das Herz der Finsternis (Joseph Conrad).

Erzählt wird aus der Perspektive seines 13jährigen Dohnes, der unter der Situation leidet. Er darf nocht zur Schule oder Fernsehen, die ständigen Wutreden seines Vaters verstören ihn (und den Leser!). Es ist teilweise schmerzhaft zu lesen, auch weil der Handlungsverlauf nicht unrealistisch ist.

Der Protagonist lehnt aber jegliche Obrigkeit ab und ist ziemlich unberechenbar. Ist er noch ein idealistischer Aussteiger, der das Maß verloren hat oder doch schon auf dem Weg zu einem amerikanischen Reichsbürger.

Die Schilderungen sind dermaßen intensiv, das man als Leser am Ende nahezu erschöpft ist, dennoch würde ich gerne mal die Verfilmung sehen.

Veröffentlicht am 19.08.2019

The lost South

Verratenes Land
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Schauplatz des Romans ist der US-Bundesstaat Mississippi. Das ist sehr reizvoll, auch weil ich nur selten Bücher aus dieser Gegend gelesen habe. Es wird atmosphärisch, aber auch verhältnismäßig ruhig und ...

Schauplatz des Romans ist der US-Bundesstaat Mississippi. Das ist sehr reizvoll, auch weil ich nur selten Bücher aus dieser Gegend gelesen habe. Es wird atmosphärisch, aber auch verhältnismäßig ruhig und ausführlich erzählt. Man kann nicht von einem harten Thriller sprechen, zum Glück. Dafür gibt es einen angenehmen Stil und eine ansprechende Handlung.

Der Journalist Marshall McEwan ist eine gute Hauptfigur, da sein Denken und Fühlen dem Leser Nähe ermöglicht. Außerdem ist Marschall der Icherzähler.
Als sein väterlicher Freund Buck Ferris, ein Archäologe, ermordet wird, recherchiert Marschall in dem Fall.
Das weckt auch Erinnerungen.
Ein Ereignis aus der Vergangenheit belastet ihn bis heute. Als Kind starb sein älterer Bruder, der sehr beliebt war und Marschall trug eine Mitschuld, so empfindet er es zumindest und das Verhältnis zum Vater hat es geschädigt.
Jahre später folgte ein weiterer Schicksalsschlag. Marschalls kleiner Sohn ertrinkt.
In seiner Heimatstadt will er neu anfangen.

Es ist offensichtlich, dass mächtige Interessengruppen von Buck Ferris Tod profitieren. Dann wird Marschall persönlich involviert, da der Poker Club seine Zeitung schließen will, Dann gibt es auch noch Verwicklungen um Jet, die Frau seines Freundes, mit der er seine heimliche Liebschaft hat. Mit der sympathischen Buchhändlerin Nadine versteht er sich aber auch gut.

Iles lässt sich Zeit, seine komplexe Handlung zu entwickeln und davon profitiert der Roman letztendlich.
Greg Iles gelingt mehr als nur einen Thriller, es wird auch ein Gesellschaftsportrait der Bewohner eines der ärmsten Bundesstaaten der USA.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Plädoyer für Offenheit

Roadtrip mit Gott
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Mira Ungewitters Roadtrip ist eine Autobiografie der jungen Autorin und da sie Pastorin ist, gleichzeitig ist es ein hoffnungsvolles Portrait einer jungen, progressiven Kirche, das Glauben befürwortet, ...

Mira Ungewitters Roadtrip ist eine Autobiografie der jungen Autorin und da sie Pastorin ist, gleichzeitig ist es ein hoffnungsvolles Portrait einer jungen, progressiven Kirche, das Glauben befürwortet, unsinnige Verbote aber aushebelt. Auch Christen dürfen leben und lieben und feiern.
Mira Ungewitters Schreibstil ist humorvoll, locker und unbeschwert.
Die Kindheit war behütet, ihr Vater glaubte nicht, kümmerte sich aber als Hausmann sehr um sie. Ihre Mutter war gläubig. Mira wuchs also mit verschiedenen Ansichten auf. Es gab auch Probleme, Miras schulische Leistungen waren nicht die besten, später schaffte sie es doch, zu studieren. Auch das werte ich wieder so, dass die Autorin den jungen Lesern Hoffnung geben will, das man nicht perfekt sein muss.

Veröffentlicht am 18.08.2019

Portrait der Einsamkeit

Alles okay
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Die aus Kalifornien stammende, junge Autorin Nina LaCour stellt den Lesern ihre Protagonistin auf leicht distanzierte Art vor und die Aufgabe des Lesers ist es, sich Gedanken um Marin und ihr Leben zu ...

Die aus Kalifornien stammende, junge Autorin Nina LaCour stellt den Lesern ihre Protagonistin auf leicht distanzierte Art vor und die Aufgabe des Lesers ist es, sich Gedanken um Marin und ihr Leben zu machen. Das ist der Reiz des Romans.

Es ist ein sehr amerikanisches Buch, das spürt man zum Beispiel auch an den Entfernungen zwischen Marins Heimat Kalifornien und dem College in New York, auf das sie dann geht. Das sind 4000 Kilometer.

Marin ist an ihrem College in der Fremde anscheinend völlig allein und nahezu isoliert. Den Grund für ihre momentane Situation erfährt man erst allmählich.
Die Eltern sind tot und der Großvater, bei dem sie aufwuchs vermutlich auch.
Man spürt ihre Verletztheit und ihre schmerzhafte Einsamkeit.
Durch den Besuch ihrer Freundin Mabel und einigen Rückblicken gelingt es dann aber doch Zugang zu ihrer Persönlichkeit und ihren Gefühlen zu finden.