Klappentext:
Frühjahr 1945. Aus Angst vor Übergriffen der Roten Armee verlässt die siebzehnjährige Helene ihre Heimatstadt Brünn.
Als sie nach Kriegsende mit ihrem jüngeren Bruder Karl und ihrer Mutter zurückkehrt, drängt sich eine unerbittliche Wirklichkeit aus Erniedrigung und Ausgrenzung in ihr Leben. Trotz aller Demütigungen kämpft sie um die Liebe zu ihrem Freund Jan und die Freilassung ihres inhaftierten Vaters. Dabei gerät das Mädchen in einen gefährlichen Strudel aus Heimtücke und Arglist.
Fazit:
Zitat: „Das Buch soll der Erinnerung dienen, soll weder anklagen noch verurteilen und ist den mutigen Frauen gewidmet, die diese Welt ein kleines Stückchen besser gemacht haben.“ Mit dieser Voraussetzung begann ich das Buch zu lesen und hoffte natürlich auch, dass die geschichtlichen Hintergründe gut recherchiert und in eine gute Handlung verpackt wurden.
Der Prolog erklärt, dass die inzwischen 90-jährige Helene ihrer Enkelin Selina erzählt, was nach der Kapitulation Hitlers mit der deutschen Minderheit in Brünn geschah. Die Personen sind zwar fiktiv, aber deren Leben hätte so stattfinden können.
Die Handlung orientiert sich am Todesmarsch von Brünn, der so tatsächlich stattfand und wird aus der Sicht der damals 17-jährigen Helene erzählt.
Zum Inhalt fasse ich mich kurz und verweise auf den Klappentext, der genügend Aussagekraft besitzt. Helene muss mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder fliehen, als die rote Armee in Brünn einmarschiert. Sie hoffen, nach dem Ende dieses Krieges wieder in ihrer Heimat leben zu können, wie vorher. Doch nach ihrer Rückkehr werden auch sie zu erneuten Opfern des Krieges und müssen sich mit Ausgrenzung, Hass und Erniedrigung auseinandersetzen. Der Hass der Sieger geht dann soweit, dass sie Frauen, Kinder und alte Männer, die den Krieg zwar erdulden mussten, allerdings keine aktiven Teilnehmer waren, vertreiben und zwar unter menschenunwürdigsten Bedingungen. Es gibt viele Opfer zu beklagen. Ja, ich höre auch den Aufschrei der Leser, die jetzt sagen, das haben sie doch verdient. Sie haben ja auch in den KZs Menschen vernichtet. Waren das wirklich die Frauen und Kinder und hatten sie Möglichkeiten einzugreifen? Natürlich haben die Gestapo und die SS in Brünn fürchterlich gewütet und so ist der Hass auf die Deutschen gut zu verstehen. Allerdings trifft dieser Hass wieder einmal die Falschen. Viel zu oft wird vergessen, dass viele Menschen in dieser Zeit zu Handlungen gezwungen wurden, die sie so nicht wollten. Dies wird in dem Buch sehr gut dargestellt.
Der Autor hat die Geschichte in kurzen und einfachen Sätzen erzählt, ganz so, als würde eine Oma ihrer Enkelin eine Geschichte erzählen. Der Sprachstil hat mir gut gefallen, da das Leid so erträglicher wurde. Die Protagonisten wurden für mich authentisch dargestellt, besonders bemerkenswert war für mich die Mutter von Helene, die für ihre Kinder stark blieb und ihnen beibrachte nicht in eine Opferrolle zu fallen. Helene und ihre Mutter haben die Kraft, anderen Menschen in Not zu helfen und deren Leben ein wenig besser zu machen, trotz der geringen Möglichkeiten. Mir hat auch imponiert, dass es Peter Mainka schaffte, immer wieder darzustellen, dass es auch bei den Siegern noch klar denkende und helfende Menschen gab.
Das Leid und die Sorgen begleiten Helene und ihre Familie, bis sie in Deutschland eine neue Heimat finden und sich ein neues Leben aufbauen können. Die Liebesgeschichte, die auf so viele Schwierigkeiten trifft, rundet das Geschehen für mich ab, da ich keinen trockenen Bericht über diese Zeit lesen wollte, sondern eine Geschichte, die so hätte sein können. Diese Erwartung wurde erfüllt. Mir ging die Geschichte unter die Haut und mir fehlen noch die Worte, um sie zu beschreiben.
Einziger Kritikpunkt ist für mich die Darstellung der Enkelin Selina, die mir extrem blauäugig und unwissend erschien, auch wenn sie nur eine sehr geringe Rolle in der Handlung spielt. Zitat dazu: „Ich habe gar nicht gewusst, Oma, dass es da etwas Schlimmes in deinem Leben gegeben hat.“
Der Autor hat sich eng an das Buch „Der Brünner Todesmarsch“ angelehnt, dessen Fakten belegt sind. Die Grausamkeit der Fakten wurden sehr einfühlsam in dem Barackenmädchen umgesetzt. Solche Geschichten tragen ohne den erhobenen Zeigefinger dazu bei, diese schrecklichen Geschehnisse unserer Vergangenheit in Erinnerung zu behalten.