Ein spannendes Sci-Fi Abenteuer
Die ersten Sätze zogen mich automatisch in den Bann – ausgetrocknete Nordsee? Jagd auf eine Stadt? Ich musste unbedingt erfahren, was es damit auf sich hat. Und ich kann euch sagen, dass ich die Idee unfassbar ...
Die ersten Sätze zogen mich automatisch in den Bann – ausgetrocknete Nordsee? Jagd auf eine Stadt? Ich musste unbedingt erfahren, was es damit auf sich hat. Und ich kann euch sagen, dass ich die Idee unfassbar gelungen finde. Die Städte in der postapokalyptischen Zukunft müssen durch das Ödland, hier Außenlande genannt, fahren, um Nahrung zu suchen – Nahrung bedeutet in diesem Fall Teile anderer Städte. Das Setting ist zu Beginn London, eine der größeren Städte die in verschiedene Schichten geteilt ist, oben an der Spitze die wohlhabenden, danach die Mittelschicht, unten die Unterschicht, die Kriminellen im Gefängnis und die Arbeiter für die eher minderen Aufgaben. Die Idee der räumlichen Klasseneinteilung fand ich gut umgesetzt, so wurde der Unterschied erst recht deutlich und sorgte für ein beklemmendes, unangenehmes Gefühl. Neben fahrenden Städten gibt es auch Luftschiffe, inklusive Luftpiraten, und einzelne Städte, die sich im Außenland eingerichtet haben und hoffen, dass sie dort überleben können, ohne weiter zu ziehen. Besonders cool fand ich die Antitraktionsfront, eine Rebellengruppe, die gegen die Traktion, also gegen das Umherfahren und Bekämpfen der Städte ist.
Die Charaktere waren vielseitig und sehr unterschiedlich, alleine bezüglich ihres gesellschaftlichen Standes. Sie hatten alle ihr Päckchen zu tragen und waren alles andere als heldenhaft. Sie trafen falsche Entscheidungen, wurden von Emotionen geleitet und scheiterten. Zu viel möchte ich nicht verraten, schließlich ist es am interessantesten, die einzelnen Figuren und ihre Eigenschaften selbst kennenzulernen. Der Protagonist Tom besaß seiner Stadt London gegenüber ein großes Maß an Loyalität, welches er nur schwer ablegen konnte, selbst als er erfahren musste, dass der Schein trügt. Katharine, als Mitglied der oberen Schicht, besaß eine wichtige Rolle in dem ganzen Geschehen, vor allem aber war sie ein wichtiges Bindeglied zwischen reich und arm. Sie war unglaublich mutig, neugierig und selbstlos, sie hinterfragte, reflektiere und traf Entscheidungen, I love her. Mein Liebling war Hester, die aufgrund eines dramatischen Ereignisses in der Vergangenheit auf Rache aus war und eigentlich eine Gegenspielerin von Tom war. Wieso eigentlich? Das müsst ihr natürlich selbst herausfinden – es lohnt sich. Auch die böswilligen Charaktere waren meiner Meinung nach toll dargestellt, da sie in mir viele negative Emotionen auslösten. Interessant war, dass nich jeder davon ausschließlich böse war, manch einer machte eine wichtige Entwicklung durch. Charaktere, die mir zu Beginn suspekt waren, konnten mich wiederum zum Schluss positiv überraschen.
Die Integration gesellschaftlicher Themen und Probleme fand ich gelungen, ebenso die Darstellung von angepasster Gesellschaft gegen die Rebellion und die Entwicklung davon, die Einfluss auf einzelne Charaktere und Handlungen hatte. Es war spannend zu erfahren, was bestimmte Entscheidungen des (oberen) Systems für Auswirkungen auf die Einstellung einzelner Bewohner hatten sowie zu sehen, welche Konsequenzen dies für alle hatte – obere wie untere Schicht, niemand blieb davon verschont, niemand konnte sich zurück nehmen, jeder musste irgendwie handeln, Entscheidungen treffen, Gewohntes aufgehoben, Neues dazu gewinnen. Zentrale Aspekte davon waren demnach natürlich Zusammenhalt, Freundschaft und Selbstlosigkeit.
Der Verlauf der Geschichte war durchgehend spannend, aber nicht zu aufdringlich, zwischendurch gab es Momente, in denen man als Leser verschnaufen und das erlebte verarbeiten kann. Zwischendurch gab es ein paar sehr dramatische, schockierende Situationen, meiner Meinung nach wurden die meisten davon jedoch recht knapp und distanziert dargestellt, wenig emotional. Zwar sorgten sie dafür, dass ich mitfühlen konnte, aber manches wirkte dadurch ein wenig unauthentisch. Dies ist aufgrund der Tatsache, dass ich ansonsten total begeistert bin, aber nur ein kleiner Mini-Kritikpunkt.
Ich freue mich unendlich doll auf die Fortsetzung, die bereits Ende des Monats in der neuen Aufmachung im Fischer Verlag erscheint. Der Abschluss des ersten Bandes stimmte mich zufrieden, auch wenn einige Fragen offen geblieben sind. Ich bin sehr gespannt darauf, wie es mit den Charakteren weiter geht, was die Städte erwarten wird und was in den Außenlanden passieren wird, denn die Reihe besteht aus vier Bänden. Auch auf den Film freue ich mich sehr, ich kann mir gut vorstellen, dass die Geschichte ein großartiges Kinoerlebnis ist.
Fazit:
Mortal Engines konnte mich vor allem mit dem interessanten Setting in einer postapokalyptischen Zukunft begeistern. Auch die vielseitigen, authentischen Charaktere gefielen mir gut, vor allem aber die Entwicklung einzelner, welche primär durch Entscheidungen des Systems und entstehende moralische Fragen angeregt wurde.