Ein Thriller von vielen
Es hat Tradition, dass kurz vor Jahresende ein neuer Thriller von Ruth Ware erscheint und sofort von mir gelesen wird. Mit ONE PERFECT COUPLE springt Ruth Ware nun auch noch auf den Thriller-Zug rund um ...
Es hat Tradition, dass kurz vor Jahresende ein neuer Thriller von Ruth Ware erscheint und sofort von mir gelesen wird. Mit ONE PERFECT COUPLE springt Ruth Ware nun auch noch auf den Thriller-Zug rund um Reality-Formate auf. Dann schauen wir mal, ob die Reise gelingt…
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Darum geht’s: ONE PERFECT COUPLE ist der Titel der Realityshow, an der Lyla und ihr Freund Nico teilnehmen. Auf einer einsamen Insel im Indischen Ozean sollen sich fünf Paare diversen Challenges stellen. Bevor es richtig losgeht, wird das Paradies zum Albtraum. Ein Sturm schneidet die Teilnehmer von der Zivilisation und allen Kommunikationsmöglichkeiten ab. Der Kampf ums Überleben beginnt…
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Mich hat das Ganze eklatant an DIE INSEL von Sarah Goodwin erinnert. Diesen Thriller mochte ich leider so gar nicht. Und auch Ruth Ware hat es nicht geschafft, mich für die Plotidee zu begeistern. Die ist ja von der Grundvoraussetzung her nicht schlecht. Fesseln konnte sie mich aber auch hier nicht.
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Das Setting an sich ist filmreif. Und weil man solche TV-Formate eben kennt, hat man als Leser*in auch direkt Bilder im Kopf und kann sich die Riege der Teilnehmer gut vorstellen. Die muss man natürlich alle auch erst mal kennenlernen. Und das sorgt gleich zu Beginn für Längen. Aber: Ruth Ware kann die Anlaufschwierigkeiten mit ihrem Schreibstil geschickt überbrücken. Mich hat sie vor allem mit kurzen Einschüben, die das weitere Geschehen bereits vorwegnehmen, bei Laune gehalten. Als die Gruppe auf der Insel ankommt und dann tatsächlich in die Katastrophe schlittert, nimmt die Geschichte endlich Fahrt auf. Naja, zumindest etwa - denn Ruth Ware schafft es leider nicht, dass die von ihr erdachte Handlung besonders aus der Masse ähnlich gelagerter Plots hervorsticht. Die Charaktere bleiben für diese Art von Geschichte viel zu flach und wenig individuell. Mich hat das Schicksal der Personen deshalb größtenteils kalt gelassen. Spannung ist für meinen Geschmack hier eher latent und nur punktuell vorhanden. Am spannendsten waren für mich tatsächlich die kurzen kursiven Zwischenabschnitte, in denen die Geschehnisse etwas anders dargestellt werden als in der Haupthandlung. Das hat mich aufmerken lassen und neugierig gemacht, was wohl dahintersteckt. Ich hatte hier noch auf einen echten Knalleffekt zum Schluss gebaut. Stattdessen ist die Auflösung aber ziemlich ernüchternd und hat bei mir einen eher faden Beigeschmack hinterlassen.
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Ruth Ware hat sich bei mir über die Jahre einen gewissen Bonus aufgebaut. Damit und mit viel gutem Willen meinerseits kann sie sich nochmal in eine mittelprächtige Bewertung retten. Jeder Bonus ist aber mal aufgebraucht. Nächstes Mal muss sie jetzt wirklich mal wieder einen raushauen…