Sabine Kuegler erzählt hier ihre zweifellos faszinierende Lebensgeschichte. Sie berichtet von ihrer Kindheit und Jugend, die sie großteils beim Volk der Fayu im Dschungel West-Papuas verbracht hat, und von den Schwierigkeiten, die sie hatte, nachdem sie im Alter von 17 Jahren in die „Zivilisation“ zurückkehren musste.
Die Schilderungen des Lebens unter den Eingeborenen und der Abenteuer, die Sabine und ihre Geschwister mit ihren Fayu-Freunden erlebt haben, sind durchaus spannend und oftmals auch amüsant – wenn beispielsweise die Mutter vergeblich versucht, zumindest Reste westlicher Lebensart aufrecht zu erhalten. Auch kann man die innere Zerissenheit zwischen verschiedenen Kulturen sehr gut nachempfinden, welche die Autorin zuerst anlässlich eines „Heimaturlaubs“ und dann vor allem als 17jähriger Neuankömmling in einem Schweizer Internat spüren musste. Es ist interessant zu sehen, wie ganz normal erscheinende Verrichtungen wie ein Einkauf im Supermarkt oder die Überquerung einer stark befahrenen Straße auf jemanden wirken, der eine ganz andere Welt gewöhnt ist. So zeigt sich auch, dass die wesentlichen Differenzen zwischen Europa und Neuguinea nicht allein darin bestehen, dass es bei uns fließendes Wasser und bessere medizinische Versorgung gibt, sondern dass vor allem tiefgreifende Unterschiede in der Mentalität der Menschen existieren.
Allerdings handelt es sich hier über weite Strecken eher um eine Aneinanderreihung von Anekdoten, die bisweilen von allgemeinen Betrachtungen durchsetzt werden, es fehlt ein bisschen der „rote Faden“. Außerdem werden manche Begebenheiten doppelt erzählt.
Auch sonst ist die Kritik an diesem Werk zumindest teilweise berechtigt. So wird tatsächlich sehr wenig darüber gesagt, welchen konkreten Zweck der Aufenthalt von Sabines Vater bei diesem Eingeborenenvolk hatte. Er wird immer wieder als „Sprachforscher und Missionar“ bezeichnet, Ablauf und Auswirkungen seiner Missionierungstätigkeit bleiben allerdings fast völlig im Dunkeln. Weiters hatte ich den Eindruck, dass die Autorin manche Dinge zu schön und einfach darstellt und die Gefahren, welche das Leben im Dschungel mit sich bringt, eher bagatellisiert. Doch muss man hierzu zum einen bedenken, dass dieses Buch eben von Sabine Kuegler, nicht ihren Eltern handelt, und zum anderen, dass wohl jeder Mensch, der positive Erinnerungen an eine glückliche Kindheit hat, dazu neigt, diese Zeit zu idealisieren.
Wenn man über die genannten Mängel hinwegsehen kann und vor allem berücksichtigt, dass es sich hierbei nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung, sondern um einen ganz persönlichen Erlebnisbericht handelt, ist dies jedenfalls ein lesenswertes Buch, das Einblicke in eine Welt bietet, die den allermeisten Europäern verborgen ist.