Cover-Bild Westwind
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Atrium Verlag AG
  • Themenbereich: Belletristik - Krimi: Historisch
  • Genre: Krimis & Thriller / Historische Kriminalromane
  • Seitenzahl: 350
  • Ersterscheinung: 18.09.2020
  • ISBN: 9783855350773
Samantha Harvey

Westwind

Roman
Steffen Jacobs (Übersetzer)

1491. In dem kleinen Dorf Oakham, ein Ort in dem es Ziegen gibt, die reicher sind als die Bewohner, bereitet man sich gerade auf die bevorstehende Fastenzeit vor, als eines Nachts ein Unglück geschieht: Thomas Newman, der wohlhabendste und einflussreichste Mann im Dorf, wurde von der tödlichen Strömung des Flusses mitgerissen. War es ein Unfall, Selbstmord oder gar Mord? Dies herauszufinden, obliegt dem örtlichen Priester John Reve, einem geduldigen Hirten seiner eigensinnigen Herde. Während sich durch die Beichten der unterschiedlichen Dorfbewohner langsam ein Porträt der Gemeinde zusammensetzt, kommen immer dunklere Geheimnisse ans Licht – und die Schuldfrage wird immer dringlicher.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2020

Purgatorium

1

Kurz vor der Fastenzeit im Jahre 1491: In Oakham, einer kleinen Gemeinde irgendwo in England, in der manche Ziegen reicher sind als die Bewohner, stirbt unvermittelt der wohlhabendste Bewohner. Tom Newman ...

Kurz vor der Fastenzeit im Jahre 1491: In Oakham, einer kleinen Gemeinde irgendwo in England, in der manche Ziegen reicher sind als die Bewohner, stirbt unvermittelt der wohlhabendste Bewohner. Tom Newman wurde leblos im reißenden Fluss treibend gesichtet, und da er sich in der Blüte seiner Jahre befand, stellt sich die Frage, wie er zu Tode kam. Ein Unfall? Nicht ausgeschlossen, das Wetter ist schlecht Mitte Februar, man hätte leicht ausrutschen können. Oder Selbstmord? Vielleicht gar Mord? Der nächsthöhere Kirchendiener, der Dekan, verlangt Aufklärung. Und so sieht sich John Reve, der ansässige Priester, gezwungen, aufmerksamer den Beichten seiner Schäfchen zu lauschen, um das Puzzle zusammenzusetzen.

Bei diesem Buch handelt es sich weder um einen klassischen Thriller noch einen Krimi. Stattdessen könnte man es eher als eine Milieustudie des ausgehenden 15. Jahrhunderts betrachten, und so findet sich der Leser zusammen mit dem Priester in einem deprimierend armen Dörfchen wieder, in dem die Bewohner kaum mehr besitzen als das, was sie am Leib tragen. Dazu kommt die Februarkälte, der Wind, der anstehende Hunger der Fastenzeit. Es ist ein entschleunigendes, fast schon gemächliches Buch, das sich Zeit dafür nimmt, die einzelnen Charaktere zu beleuchten, und es wird auf eine außergewöhnliche Art erzählt, nämlich rückwärts. Wir lernen John Reve am Tag 4 nach dem Tode Newmans kennen und begleiten ihn dann rückwärts bis zu dem Tag, an dem Newman umkam, wobei nur so nach und nach die Details des Geschehens aufgeklärt werden. Für reine Krimileser mag das vielleicht zu lange dauern, zu wenige echte Krimielemente enthalten, aber wer sich für das Entwickeln und langsame Aufklären einer Handlung sowie historische Hintergründe interessiert, ist mit diesem Buch gut bedient.

Veröffentlicht am 23.11.2020

Authentisch, aber auch sehr langatmig

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Ein historischer Roman, der im 15 Jh. in einem kleinen Walisischen Dorf spielt, wird sehr ungewöhnlich erzählt. Denn der Roman wird rückwärts erzählt. Einer der reichsten Bürger des Dorfes wird getötet. ...

Ein historischer Roman, der im 15 Jh. in einem kleinen Walisischen Dorf spielt, wird sehr ungewöhnlich erzählt. Denn der Roman wird rückwärts erzählt. Einer der reichsten Bürger des Dorfes wird getötet. Es beginnt mit dem Auffinden der Leiche und nach und nach erfährt man aus der Sicht des ortsansässigen Pfarrers was die 4 Tage davor passiert ist.
Ich brauchte sehr lange in einen Lesefluss zu kommen. Das lag zum einen an der ungewöhnlichen Erzählweise und zum anderen, dass es oft langatmig war. Es passierte einfach sehr wenig. Gelungen sind die Beschreibungen des damaligen Lebens in so einem kleinen Dorf. Es wirkt oft trostlos mit wenigen Highlights im Leben. Die ganze Atmosphäre des Buches wirkt sehr oft düster.
Der Protagonist John Reve war mir wenig sympathisch. Er ist sehr zurückhaltend und seine Gedankengänge waren für mich nicht ganz nachvollziehbar. Im Laufe der Geschichte klärte sich das aber. Er tut nicht viel, um den Tod aufzuklären. Ich würde deswegen nicht sagen, dass es sich um einen Kriminalroman handelt. Dafür steht der Mord zu wenig im Vordergrund. Viel geht es um das Leben im Dorf. Die anderen Bewohner lernt man nur aus Sicht von John kennen und ihren Beichten bei ihm. Das fand ich etwas einseitig.
Dennoch der Roman ist sehr authentisch, die Beschreibungen des Dorflebens aus Sicht des Geistlichen empfand ich als sehr realistisch. Mir hätte es gefallen, wenn der Mord mehr in den Fokus gekommen wäre. Auch durch die etwas einseitige Erzählung von Seiten des Geistlichen hätte etwas abwechslungsreicher gestaltet sein können. Die anderen Bewohner bleiben etwas blass. Insgesamt ein atmosphärisch realitätsnaher historischer Roman, der eine Seite Englands aus dem 15. Jh. beschreibt, über die ich bis jetzt wenig kannte.

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Veröffentlicht am 13.11.2020

Historisches Drama, das raffiniert rückwärts erzählt wird, aber etwas langatmig ist

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Im Februar 1491 wird in dem kleinen walisischen 100-Seelen-Dorf Oakham die Leiche von Thomas Newman, einem der reichsten Männer des Ortes gefunden. Ein Dekan wird von der Kirche entsandt, um den Todesfall ...

Im Februar 1491 wird in dem kleinen walisischen 100-Seelen-Dorf Oakham die Leiche von Thomas Newman, einem der reichsten Männer des Ortes gefunden. Ein Dekan wird von der Kirche entsandt, um den Todesfall aufzuklären. Der örtliche Priester John Reve sieht sich als Beschützer seiner Gemeinde und glaubt nicht an einen Selbstmord durch Ertrinken. Genauso wenig glaubt er den beiden Dorfbewohnern, die ihm beichten, Newman umgebracht zu haben.

Der Roman wird rückwärts erzählt und beginnt vier Tage nach dem Tod von Thomas Newman, bevor er mit dem Todestag endet. Die Schilderungen erfolgen aus der Perspektive des Geistlichen John Reve, der sich in dem abgelegenen Dorf, das bisher daran gescheitert ist, eine Brücke über den Fluss zum nächsten Ort zu bauen, um seine Schäfchen kümmert. Er hält sie zur Beichte an und so handelt ein großer Teil des Romans im Beichtstuhl, der neu errichtet wurde, um eine gewisse Anonymität zu wahren. Die Beichten sind überwiegend trivial und ein Ablass schnell gewährt. Darüber hinaus ist die Handlung geprägt von den Unterredungen Reves mit dem Dekan, der die Arbeit des Priesters kritisch beäugt.
Die Atmosphäre des Romans ist düster und von Kälte, Armut und Hunger, dem einfachen Leben im Spätmittelalter, geprägt.
Im Vordergrund stehen die Gedanken von Reve, so dass der Roman zumal wie ein ewiger Monolog wirkt. Die Dorfbewohner werden nur gewahr durch die Beichten ihrer Sünden, darüber hinaus erfährt man nichts davon, was in dem Dorf vor sich geht, was gesprochen wird und ob jemand verdächtigt wird, an dem Tod von Newman Schuld zu sein.

Das Buch ist kein Kriminalroman, da es sich weniger um die Aufklärung des Todesfalls und um Ermittlungen dreht, sondern eher ein historisches Drama, das von Glaubensfragen geprägt ist. Der Roman wird als Spannungsroman bezeichnet, doch ich empfand die Geschichte lange als etwas langatmig. Durch die einseitige Perspektive und die wenigen Informationen zu dem Leben im Dorf ist es schwierig zu spekulieren, was an Tag 1 passiert sein mag.
Es ist ein atmosphärischer Roman, der den Leser sehr anschaulich in einen kleinen Ort Ende des 15. Jahrhunderts versetzt und der zeigt, welches wesentliche Rolle die Kirche im Leben der Menschen zur damaligen Zeit spielte. Ein Bezug zu den handelnden Personen bleibt dabei jedoch auf der Strecke.

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Düsterer Blick hinter "Kulissen"!

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Historienbuch mit feinziselierter Sprache und ungewöhnlicher Erzählstruktur - eine großartige intellektuelle Herausforderung.

"Bin ich auch Staub und Asche, so schlafe ich doch den Schlaf der Engel. Nichts ...

Historienbuch mit feinziselierter Sprache und ungewöhnlicher Erzählstruktur - eine großartige intellektuelle Herausforderung.

"Bin ich auch Staub und Asche, so schlafe ich doch den Schlaf der Engel. Nichts weckt mich nachts auf, nicht, ehe ich bereit bin. Aber in jener Nacht war mein Schlaf unruhig und morgens wurde er von angstvollen Rufen zerschnitten."

So fängt dieses Buch der englischen Autorin Samantha Harvey an, die 1975 geboren ist und Vorlesungen an der Bath Spa University gibt. Dies ist ihr viertes Buch der Fiktion und 2018 im Original erschienen. 

1491, Spätmittelalter.

Die Fastenzeit im Dorf Oakham steht unmittelbar bevor.

Dann passiert eines Nachts etwas, das gravierende Folgen haben wird. 

Thomas Newman, der reichste und wohl mächtigste Mann des Fleckens ist tot - im Fluß. 

Was ist passiert? Wurde er ermordet, beging er Suizid oder war es ein schnöder Unfall? Alle drei Optionen sind möglich. 

Der Dekan macht Druck auf den Priester des Ortes, John Reve. Er soll aus den verstreuten Mosaiksteinchen sich ein Gesamtbild legen, um das Enigma zu lösen. 

Ein kollektives Psychogramm des Dorfes ergibt sich aus den Beichten diverser Dorfanrainer. Düstere Dinge werden ans Tageslicht gespült und der Druck das Mysterium zu lösen steigt ...

Das ist kein Krimi - dieses Element ist nur ein Aspekt dieses raffiniert konstruierten Buches. Es ist eine opulente Ausleuchtung hinter die "Kulissen" eines bitterarmen kleinen Örtchens und nicht nur das. 

Der Charakter des John Reve wird ebenfalls mit Röntgenstrahlung durchdrungen sowie sein Verhältnis zum Toten. 

Es ist ein frostigkalter Februar, der Wind droht im übertragenen Sinne das Fleisch von den Knochen zu stanzen und die dräuende Fastenzeit macht die mürrischen Leute nicht gerade fröhlicher.

Es ist auch ein Porträt des psychosozialen Zeitgeistes jener Epoche sowie ein Echo auf unsere Moderne in einer nur scheinbar fernen Zeit, weit weg wie ein exotischer fremder Planet, verortet. 

Das Bigotte, Repressive, und Freudlose, was mit dem Glauben einhergehen kann. Kein bißchen Lebenslust, wie man es zum Beispiel bei Gottesdiensten mit anwesenden Gospelchören sieht. 

Offenbar glauben diese Leute tatsächlich, daß die Belohnung im Paradies wartet, weswegen sie im Grunde genommen nur als verschwommene Schemen ihrer selbst vegetieren. 

Das Bigotte und Heuchlerische ergibt sich daraus, daß viele Menschen zwar gottesfürchtig tun, aber dennoch Dinge "begehen", die nun wahrlich nicht religionskonform sind. 

Zu John Reve habe ich ein gespaltenes Verhältnis wie das Atom in der Bombe. Er ist ein äußerst ambivalenter Protagonist, wohl selbst nicht ganz koscher, so scheint es, aber durch und durch menschlich. Hat er etwas zu verbergen? Und wenn ja, was? 

Aber daß die Menschen, inklusive Johns, so fehlbaren sind, macht sie authentisch und greifbar. Keiner ist vollkommen oder göttlicher als Gott. 

Die Erzählperspektive des Buches verläuft antizyklisch ( also rückwärts ) von Tag 4 bis Tag 1, vergleichbar der Struktur des Filmes " Memento" ( sehr zu empfehlen! ). 

Das Buch hat eine opulente Blüte, die sich nach und nach auffächert in einem eher langsamen, aber intensiven Plot. 

Die Sprache ist reich von expressiven, poetischen Metaphern, anspruchsvoll, eine intellektuelle Herausforderung für den Leser, der sehr involviert mitdenken möchte. Kein Buch für nebenher. 

Philosophie, historische Reflektion, Psychogramm, metaphysisches Sinnieren, eine kongeniale Mischung und am Ende schließt sich der Cyklos, auch wenn einige Fragen offenbleiben.         





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Veröffentlicht am 11.11.2020

Nass und kalt und unangenehm

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In ihrem Roman "Westwind" entführt Samatha Harvey ihre Leser in eine längst vergangene Zeit. Eine naturgemäß junge Dorfgemeinschaft wird vom Tod eines bedeutenden Mitglieds erschüttert und versucht, damit ...

In ihrem Roman "Westwind" entführt Samatha Harvey ihre Leser in eine längst vergangene Zeit. Eine naturgemäß junge Dorfgemeinschaft wird vom Tod eines bedeutenden Mitglieds erschüttert und versucht, damit klarzukommen. Gleichzeitig versuchen aber aus auswärtige, die Lage aufzuklären - denn dieser Tod kann kein Zufall gewesen sein! Im Zwiespalt der Interessen steckt John Reve, Priester der Gemeinde, der als Sheriff ermitteln soll, wer für den Tod von Thomas Newman verantwortlich ist. Doch geht das so leicht?

Sowohl das Wetter als auch die Begebenheiten in diesem Buch sind nicht schön. Vielleicht ein wenig wie in "Sturmhöhe" sind die guten Charaktere rar und wohl kaum eine Figur mag oder hasst man am Ende des Buches so sehr wie zu Beginn. Die Welt, die Harvey zeichnet, ist eine düstere, erfüllt mit Kälte und Nässe, mit Grautönen und durch und durch unangenehm. Anders vielleicht als bei manch anderem historischen Roman möchte in diesem Mittelalter niemand leben.

Von den anderen Mittelalter-Romanen unterscheidet sich dieses Buch auch durch seine Sprache. Mit gekonnten Formulierungen lässt Harvey einen gebildeten Ich-Erzähler sprechen, der noch dazu seine Geschichte von hinten aufwickelt und chronologisch rückwärts berichtet.

Gemeinsam hat es, dass man an einigen Stellen die Augen zudrücken muss, was die historische Akkuratheit anbelangt. Auch aus theologischer Perspektive passt nicht alles ganz zusammen - so scheint John Reve zwar tief gläubig zu sein und wenn es nötig ist ein paar passende theologische Finten parat zu haben, ein tieferes Verständnis für die Grundansichten der Kirche der damaligen Zeit fehlt jedoch.

Trotz allem ist der Roman unterhaltsam und spannend. Manche Passagen sind etwas langatmig und erdrücken einen regelrecht, insgesamt lässt er sich jedoch gut lesen. Empfehlen würde ich das Buch allen Fans der Zeit und allen, die gern eindrücklich erzählte Geschichten lesen.

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