Eine Kommissarin zwischen Genuss und Verbrechen
Eigentlich beginnt "Verhängnisvolle Provence", dritter Krimi um die frankoaffine Kölner Kommissarin Hannah Richter, vielversprechend und recht spannend - trotz des Prologs, den viele Schriftsteller scheinbar ...
Eigentlich beginnt "Verhängnisvolle Provence", dritter Krimi um die frankoaffine Kölner Kommissarin Hannah Richter, vielversprechend und recht spannend - trotz des Prologs, den viele Schriftsteller scheinbar für unumgänglich halten, der Hoffnungen weckt, die dann nur zu oft nicht erfüllt werden oder dessen Bezug zur Handlung, wie auch in diesem, als Kriminalroman apostrophierten Buch, erst sehr spät in der Geschichte ersichtlich wird.
Die Kenntnis der Vorgängerbände ist, so wird schnell klar, nicht nötig, um der Handlung folgen zu können, denn die Protagonisten lernt man bald ausführlich kennen. Da sie, bis vielleicht auf den französischen Gefährten der Hauptfigur, keine sonderlich vielschichtigen oder gar tief gehenden Personen sind, kann man sich bald ein ziemlich genaues Bild von ihnen und ihrem Leben machen. Ja, sie sind sympathisch, ohne Abstriche. Lieb sind sie auch, und nett gehen sie miteinander um. Das muss doch erfreuen, zumal sie sich in einem Umfeld bewegen, dessen Schönheit und Reichtum an Farben und Düften die Sinne betören, denn, wie schon der Titel sagt, wir sind schließlich in der Provence, erklärte Lieblingslandschaft zumindest vieler deutscher Urlauber!
Nun, die Sinne dürfen sich auch nach Herzenslust erfreuen, denn es wird gegessen, getrunken, das Kochen wird zelebriert - und darüberhinaus darf es auch tüchtig "menscheln". All dies ist schön und gut und es hätte der perfekte Krimi werden können, wenn der Fall, beziehungsweise die Fälle, die die Kölner Kommissarin gemeinsam mit ihren Kollegen sowohl in Deutschland als auch in Frankreich aufzuklären hat, im Gleichgewicht gewesen wären mit dem Zwischenmenschlichen, dem Genusspart.
Leider aber zeigt sich schon recht bald, viel zu bald nach meinem Empfinden, dass dem nicht so ist, denn die Ermittlungen sind genauso langweilig und nichtssagend wie der Fall, um den es hier geht. Und die Auflösung schließlich mag ja überraschen, aber keineswegs befriedigen, denn sie erscheint mir in einigen Punkten weder logisch noch nachvollziehbar und lässt die eine oder andere Frage gänzlich unbeantwortet. Letzteres darf sein, es regt zum Weiterdenken an, passt aber nicht zu dem "privaten" Teil, der mit unnötiger Ausführlichkeit eben keine Frage unbeantwortet gelassen hat!
Reichlich viele Informationen gibt die Autorin, die sich offenkundig tief in die hintergrundrelevanten Recherchen gestürzt hat über die sogenannte und von vielen zelebrierte und propagierte Naturkosmetik und deren Wust an erlaubten, geduldeten und ganz und gar unerlaubten Inhaltsstoffen. Dass da mitunter tüchtig gemauschelt wird, kann man sich gut vorstellen, vor allem dann, wenn es darum geht, den Profit zu steigern.
Und wenn, wie hier in der Geschichte, ein kleiner, sich der Biokosmetik verschriebener Familienbetrieb mit einem der großen Pharmakonzerne fusioniert, darf man doch berechtigte Zweifel daran hegen, dass alle Richtlinien wirklich befolgt und nicht doch das eine oder andere Hintertürchen gefunden wird, um die Bestimmungen zu umgehen, ja geradezu verbrecherische Manipulationen vorzunehmen.
Aber es gibt, natürlich, auch noch das kleine Volk der Aufrechten - und zu jenen gehört Monsieur Ramon, Mitarbeiter im ehemaligen Familienbetrieb und, man darf es ahnen, das erste Mordopfer, aufgefunden in einem Kölner Stadtpark, womit gleich auch die Ermittlungen der deutschen Kommissarin bei der Kosmetikfirma in Vaison-la-Romaine gerechtfertigt werden.
Häufig abgelenkt von ihrem und ihrer französischen Freunde Liebes- und Familienleben, kommt sie dem, man kann es so bezeichnen, Skandal auf die Spur, für den der ermordete Yannick Ramon Beweise hatte, die allemal fürs Morden herhalten können. Ja, und dann plätschert die Handlung so vor sich hin, die Spannung ebbt ab, selbst dann, als ein weiterer Mord geschieht und sich darüberhinaus ein Unglücksfall ereignet, der gut auch ein dritter Mord sein könnte.
Zur Auflösung, die wirklich nicht zu erwarten gewesen war und für die die Autorin einen Haken schlagen musste wie ein agiler Hase, kommt es in Cannes, wo die neue Produktlinie des Naturkosmetikunternehmens aus der Provence unter der Schutzherrschaft einiger Stars vorgestellt werden soll.
Und ja, das muss man ihr lassen, die Welt des schönen Scheins hat die Autorin recht plastisch gemacht - und entzaubert! Hinter der Fassade herrscht gähnende Langeweile, die sich, nebenbei gesagt und beklagt, auch nach dem x-ten Frankreichkrimi einschleichen kann!