Zwischen Trauer und Freude
„...Lange betrachtete er das Foto, das den gesamten Bildschirm ausfüllte. Ein hübsches junges Mädchen von 17 Jahren mit langen, dunklen Zöpfen und blauen Augen, die vor Lebensfreude leuchteten...“
Der ...
„...Lange betrachtete er das Foto, das den gesamten Bildschirm ausfüllte. Ein hübsches junges Mädchen von 17 Jahren mit langen, dunklen Zöpfen und blauen Augen, die vor Lebensfreude leuchteten...“
Der letzte Band der Saga beginnt mit Sanins Erinnerungen. Das junge Mädchen ist seine Schwester Salma. Sie lebt im Haus des Friedens, dass er vor sieben Jahren verlassen hat, um sich fanatischen Kämpfern anzuschießen. Obwohl er sich einredet, dass die Entscheidung richtig war, kommen ihn doch manch positive Erinnerungen.
Auch der letzte Teil der Saga lässt an Spannungen keine Wünsche offen.Außerdem beantwortet er die noch offenen Fragen und sorgt für einen runden Abschluss.
Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Und die sind im Kashmir sehr vielfältig. Obwohl die Geschichte in der nahen Zukunft spielt, sind Attentate eher die Regel als die Ausnahme. Dabei kann es durchaus völlig Unbeteiligte treffen. Andererseits gibt es viele ruhige und besinnliche Szenen. Natürlich gehören in einen Abschlussband die eine oder andere Rückblende, auch um zu zeigen, wie sich mancher der Protagonisten entwickelt hat.
„,,,“Weist du“, fuhr Vishal fort, „ich denke oft an diese Zeit zurück. Nicht nur wegen Raja. Ich erinnere mich vor allem daran, wie wir dieses Haus nach den Sturmschäden wieder aufgebaut haben.“...“
Mittlerweile leitet Yussuf das Kinderheim. Natürlich stehen ihm Vikram, Sameera und Raja mit Rat und Tat zur Seite. Und dann gibt ihm eine selbstbewusste Frau zu verstehen, dass sie mit ihm leben will.
Eine gehörige Prise Humor darf an passenden Stellen nicht fehlen. Gerade ist Vikram von einer Leietr gestürzt.
„...Sameera starrte auf das Corpus Delicti und schüttelte den Kopf. „Dir ist schon klar, dass ich damit eigentlich Tabletten aus dem Medizinschrank gemeint habe, ja?“ „Klar ist mir das klar“, antwortete Raja […]. „Aber so wie ich den alten Löwen kenne, nimmt er Schmerzmittel lieber in flüssiger als in fester Form zu sich.“...“
Das Buch lebt auch von den vielen Gesprächen, die immer etwas Besonderes sind und in die Tiefe gehen. Ich denke hier zuerst an den Dialog, den Vikram mit seinem Sohn Mohan führt. Auch das Gespräch zwischen Raja und seinem Enkel auf einer Bergtour ist sehr inhaltsreich. Nicht unerwähnt möchte ich Rajas weise Sprüche lassen. Hier ist einer davon:
„...Wenn du nach vorne schaust, kannst du nicht über Dinge stolpern, die hinter dir liegen...“
Die Geschichte geht über einige Jahre. Trauer und Freude wechseln mit Tod und Geburt. Hochzeiten sind Höhepunkte im Haus des Friedens. Aus Kindern werden Leute, die zum Teil ihr Bestimmung in den verschiedenen Ländern der Welt finden. Nicht jeder Traum geht sofort in Erfüllung.
Dann wiederum gibt es Sätze, die eine Situation mit beklemmender Wucht beschreiben.
„...Ein weitere Engel des Schweigens ging zwischen ihnen vorüber. Erst nach langen Sekunden hob Salma vorsichtig den Kopf….“
Es gäbe noch manches zu dem Buch zu sagen. Die Reihe der möglichen Zitate übersteigt die Anforderung einer Rezension. Möge der zukünftige Leser die Feinheiten der Geschichte selbst erspüren.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es erzählt eine Geschichte von bedingungsloser Freundschaft, die auch in schwierigen Zeiten hält, von Hoffnung und stetem Neuanfang und von Toleranz in einem Land, das das Wort wenig kennt. Das letzte Wort darf noch einmal Raja haben:
„...Denk daran: Immer wenn die Nacht am kältesten und dunkelsten ist, steht die Morgendämmerung unmittelbar bevor, und die Sonne geht wieder auf...“