Scary und subtil
Dr. Sleep ist die Fortsetzung von "Shining", aber man muss den ersten Teil nicht gelesen oder gesehen haben. Anfangs und auch zwischendrin werden die wichtigsten Eckdaten wiedergegeben.
Im Prinzip gibt ...
Dr. Sleep ist die Fortsetzung von "Shining", aber man muss den ersten Teil nicht gelesen oder gesehen haben. Anfangs und auch zwischendrin werden die wichtigsten Eckdaten wiedergegeben.
Im Prinzip gibt es 2 Protagonisten. Dan ist der Junge, der mit seiner Mutter die Horror- Geschichte im Overlook- Hotel in "Shining" überlebt hat. Zuerst wird sein Werdegang erzählt. Er wächst mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen auf, denn der Vater war damals in jenem Geisterhotel umgekommen. Der Hotelkoch hat ebenfalls überlebt und wird Dans Mentor, denn er besitzt ebenfalls das Shining, jene übersinnliche Kraft, um die es im ersten Teil geht. Dan versucht bereits als Jugendlicher seine mentale Gabe mit Alkohol zu dämpfen und wird zum Alkoholiker. Weil er dadurch immer wieder seine Jobs verliert, reist er von einer amerikanischen Stadt zur nächsten, bis er schließlich an der Ostküste landet und Arbeit in einem Freizeitpark findet. Hier finden sich Paralellen zu Stephen Kings Buch "Joyland". Dan findet nicht nur eine neue Heimat, sondern wird dank seines Chefs, einem Ex-Alkoholiker, wieder trocken. Dadurch nimmt sein Shining wieder an Stärke hinzu. Im nahegelegenen Hospiz findet er schließlich seine berufliche Bestimmung, indem er Sterbende beim "Hinübergehen" begleitet. Hier stößt er auf die zweite Protagonistin: Abra. Ein kleines Mädchen, das aus der benachbarten Kleinstadt mental Kontakt zu ihm aufnimmt. Ihre Eltern sind verzweifelt, weil sie Angst vor dieser übersinnlichen Kraft ihrer Tochter haben, denn sie hat im Gegensatz zu Dan sogar telekinetische Kräfte, welche sie z.B. auf einem Kindergeburtstag demonstriert, indem sie Besteck an die Decke hängt. Als Leser/Hörer ist man zuweilen genervt von der Unwissenheit und dem Leugnen der Eltern, was die Gabe ihrer Tochter betrifft. Durch diese enorme mentale Kraft schnappt Abra eines Tages den Mord an einem Jugendlichen in einem entfernt liegenden Bundesstaat auf. Sie erkennt, daß auch der Jugendliche mentale Kräfte hatte. Von nun an lässt sie dieser Mord nicht mehr los. Wieso konnte sie eine Verbindung zu den Mördern herstellen, die den Jungen zunächst noch brutal gefoltert haben? Sie kommt einer Gruppierung auf die Spur, die sich "Der wahre Knoten" nennt. Es handelt sich um eine Gruppe uralter menschlich aussehender Wesen, die von der Essenz verstorbener Menschen mit außergewöhnlich viel Shining, leben. Sie nennen es 'Steem". Durch diese Essenz können sie nicht nur ewig leben, sie stärkt sie auch mental und physisch. Da Abra offensichtlich sehr viel Steem zu besitzen scheint, beginnt die Jagd auf das Mädchen. Weil ihr mit so einer irren Geschichte weder ihre Eltern noch die Polizei Glauben schenken würde, wendet sie sich an Dan, ohne ihn jemals gesehen zu haben. Der erkennt die Gefahr und später auch Parallelen zum Overlook-Hotel, rauft ein paar mehr und weniger übersinnlich begabte Freunde zusammen und heckt mit Abra einen cleveren Plan aus. Als Abras Eltern dahinter kommen, was die beiden planen, sind sie natürlich strikt dagegen, weil sie um die Sicherheit ihrer Tochter fürchten und sich alles viel zu abstrakt abhört. Außerdem kennen sie Dans Rolle noch nicht. Daß die Aktion tatsächlich ziemlich gefährlich ist, zeigt sich am Ende im Showdown.
Im Film kann man mit Überraschungseffekten und gruselig aussehenden Figuren eine typische Stephen King-Geschichte zum Leben erwecken. Beim Lesen und Hören fehlen die visuellen Effekte. Figuren sind immer nur so gruselig, wie man sie sich selbst vorstellt. Dennoch schafft es dieses Buch/ Hörbuch nach einem sehr zähen Intro eine gewisse Spannung aufzubauen. Es geht hier nicht um Effekte, sondern vielmehr um die subtile Geschichte des Übernatürlichen, des " Anders-Sein" und wie man damit umgeht. Es geht auch um Loyalität, Vertrauen und Überwindung von Komplexen und den Umgang mit Sucht und deren Folgen. "Doktor Sleep" ist wieder mehr ein typischer Stephen King als das letzte King-Buch "Joyland", aber es finden sich gewisse Parallelen. Die Geschichte ist in sich schlüssig und logisch. Sie ist abgeschlossen, bietet aber dennoch Stoff für mehr Geschichten um Dan und Abra.