Die Geschichte geht weiter und der Leser gerät in eine neue Liebesgeschichte mit alten Bekannten und dennoch bleiben die vorherigen Geschichten nicht vergessen, sondern bilden ein solides Fundament für dieses Buch. Thea Harrison zeigt geschickt wie man eine Welt so gestaltet, dass es scheint als würde der Leser mit jedem Buch eine ganz neue entdecken und doch sind wir noch immer in der Welt der sieben Reiche unter Wyr, Fae, Vampiren und Co. Auf unterhaltsame und sehr überraschende Art und Weise führt die Autorin dieses Mal den Wyr-Wächter Rune und die magiebegabte, mächtige Vampirin Carling zusammen. Dass letztere zu den ältesten der Vampire zählt hat hierbei überraschenderweise wenig Gewicht, denn Rune ist als Greif seit Anbeginn der Zeit auf der Welt und hat mehr gesehen als sich jemals jemand vorstellen kann (außer vielleicht die anderen Greifen und natürlich the one and only Macho-Wyr-Drache Dragos).
Wer sich auf diese Geschichte einlässt bekommt eine ganz neue Seite der Welt der Elder Races zu Gesicht, denn Rune und Carling schmeißen sich einander nicht gerade in die Arme, nein, vielmehr geht es darum zu verhindern, dass die älteste Vampirin nicht ihrem Alter erliegt. Doch wie soll das klappen, was noch niemand zuvor geschafft hat? Doch Dickkopf Rune legt nicht nur eine außergewöhnlich Geduld an den Tag, er hat neben einem flotten Verstand auch noch eine besondere Begabung, die sich erst im Zusammenhang mit Carling zeigt und was die beiden dann entdecken ist ungeheuerlich hilfreich, gefährlich und erschreckend zugleich.
Thea Harrison schafft eine unglaublich komplexe Welt mit unglaublich vielfältigen Charakteren und vergisst Geschehenes aus Vorbänden nicht. Es ist nicht zu viel gesagt, zu behaupten, Thea Harrison sei in ihrem Genre sehr begabt, denn das ist sie und ihre Geschichten machen Lust auf mehr. Immer wieder kommen neue Komponenten oder Personen/Wesen dazu, die die Neugier des Lesers anstacheln. Es ist ein wahres Vergnügen.
Einziger Kritikpunkt ist, dass mir Rune für einen dominanten Mann in manchen Momenten eine gewisse Leidenschaft fehlte bzw. kam diese nicht immer ganz bei mir an. Es fühlte sich stellenweise so an als werde sein Handeln im Buch ihm selbst als Charakter nicht gerecht. Als hätte der kreierte Rune eigentlich ein wenig anders gehandelt. Dann ist da die starke Carling mit ihrer Erfahrung und ihrem Ehrgeiz, die sich nichts gefallen lässt und doch ist sie bei Rune manchmal zu sehr Klein-Mädchen, was einfach nicht zu ihr passt. Dass sie ihre Schilde ihrem Geliebten gegenüber fallen lässt ist eine Sache, doch dermaßen Schwach zu sein passt ebenfalls nicht in ihr Charakterprofil.
Insgesamt bietet Der Kuss des Greifen eine außergewöhnlich überraschende Geschichte mit hinreißenden Wendungen. Die Wahl zwischen alten Freunden und dem eigenen Gefährten, der Verrat derer die als Familie gelten und so vieles mehr. Die Autorin schafft es auf jeden Fall zu begeistern.