Als ich das erste Mal über „Voll verkackt ist halb gewonnen“ gestolpert bin, wusste ich sofort, dass ich das Buch unbedingt lesen muss. Das Cover mit diesem knalligen Gelb und dem lustigen Schriftzug hat irgendwie was, mir gefällt es richtig gut. Noch viel besser aber finde ich den originellen Titel, der ist einfach nur genial. Von Tom Limes hatte ich bisher leider noch kein Buch gelesen, sein zweiter Jugendroman sollte also mein erstes Werk von ihm werden.
Julian, Liza, Tariq und Max werden sich das erste Mal in einer Bildungsmaßnahme begegnen. Zusammen mit einigen anderen Jugendlichen, die den Titel Schulversager tragen, wollen sie versuchen, ihren Schulabschluss nachzuholen. Die Begeisterung hält sich sehr in Grenzen, Motivation sieht definitiv anders aus. Sie alle haben ihre Träume längst aufgegeben und jegliche Hoffnung verloren.
Nur Liza scheint die Einzige zu sein, die das Ganze ernst nimmt und die
Qualifikationsmaßnahme nicht als Zeitverschwendung ansieht. Ganz im Gegensatz zu Julian, für den sich das alles nur mit jeder Menge Kifferei ertragen lässt. Als Julian, Liza, Tariq und Max dazu verdonnert werden, gemeinsam ein Schulprojekt auszuarbeiten, wird allerdings so langsam ein Umdenken stattfinden. Die vier bekommen das Thema Träume aufgebrummt, in ihren Augen ein total bescheuertes Thema. Sie und Träume? Welche Träume? Sie beschließen, genau das in einem Video zu verdeutlichen. Sie wollen zeigen, warum sie in der Schule nie eine Chance gehabt hatten. Während dieser gemeinsamen Zeit werden die vier Jugendlichen merken, dass vielleicht doch nicht alles so hoffnungslos ist, wie sie immer dachten. In ihnen schlummern doch noch Träume, die nicht unerreichbar sind und für die es sich lohnt zu kämpfen.
Ich bin hier eindeutig nicht mit den falschen Erwartungen an das Buch herangegangen: Mir hat „Voll verkackt ist halb gewonnen“ unheimlich gut gefallen, sogar besser, als von mir erhofft. Ich war bereits nach den ersten Seiten ganz begeistert von der Story und wollte gar nicht mehr aufhören mit dem Lesen. Für meinen Geschmack habe ich das Buch dann auch viel zu schnell wieder beendet. Die gut 250 Seiten flogen bei mir wirklich nur so dahin.
Als Leser dürfen wir hier die Bekanntschaft einer ziemlich bunten Truppe an Jugendlichen machen, die allesamt total verschieden sind, aber eines gemeinsam haben: Sie haben es verkackt und tragen den Stempel Versager auf der Stirn. Vier der Jugendlichen dürfen wir genauer kennenlernen und zwei von ihnen werden in die Rollen der Ich-erzählenden Charaktere schlüpfen.
Julian und Liza erzählen uns die Geschichte im Wechsel, was mir wahnsinnig gut gefallen hat. Durch den mitreißenden, jugendlichen und wirklich großartigem Schreibstil von Tom Limes gelingt es einem als Leser spielend leicht sich in Julian und Liza hineinzufühlen. Ich könnte da auch gar nicht sagen, welche Kapitel mir lieber waren. Liza war mir zwar etwas sympathischer, aber auch Julian habe ich beim Lesen richtig liebgewonnen.
Die Charaktere wurden allesamt ausgezeichnet ausgearbeitet. Ob die Jugendlichen oder die Erwachsenen – alle wirken sie absolut authentisch. Generell wirkt hier einfach alles wie aus dem Leben gegriffen. „Voll verkackt ist halb gewonnen“ führt uns Lesern auf eine schonungslos ehrliche Art die harte Realität vor Augen. Wie man der Buchklappe hinten entnehmen kann, gelingt es bei uns in Deutschland über 50.000 Schülern im Jahr nicht, ihren Schulabschluss zu machen. Das war mir gar nicht so bewusst gewesen, wie krass viele das doch sind. Und hinter jedem Schulabbruch verbirgt sich eine Geschichte, es gibt die verschiedensten Gründe, warum jemand seinen Abschluss nicht geschafft hat. Vier solcher Geschichten werden wir hier kennenlernen und das auf eine schockierende, humorvolle, witzige, einfühlsame und einfach nur total geniale Weise.
Julian, Liza, Tariq und Max – die vier Außenseiter werden sich in einer Bildungsmaßnahme „für Flachpfeifen“ das erste Mal begegnen. Bei Julian ist es seine Rechenschwäche, seine Dyskalkulie, die dazu geführt hat, dass er seinen Schulabschluss verbockt hat. Er war sogar mal auf dem Gymnasium gewesen, aber da Mathe einfach noch sie sein Ding war („Ab der Siebten buchte ich in Mathe ein stabiles Sechserabo […]“ - Zitat von Julian, S. 8), hat er schließlich noch nicht einmal seinen Hauptschulabschluss geschafft.
Bei Liza sind es gesundheitliche Gründe, warum sie in der Schule gescheitert ist. Sie hat das Tourette-Syndrom. Ihre Tics (Zucken, Räuspern, Bellen,…) haben es ihr irgendwann einfach unmöglich gemacht, weiter in den Unterricht gehen.
Tariq fehlte viel in der Schule, weil er seinem Vater ständig in der Autowerkstatt helfen musste und Max war einfach gelangweilt und total unterfordert.
Da Julian und Liza die Hauptprotagonisten in diesem Buch sind, werden uns ihre Geschichten besonders nahe gebracht. Mich persönlich hat Lizas Schicksal am meisten getroffen. Mir tat es richtig weh zu sehen, wie sehr die arme Liza unter dem Tourette-Syndrom (von ihr stets nur Luzifer genannt) leidet.
Die Geschichten der anderen möchte ich aber natürlich nicht kleinreden. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und bei allen wiegen sie sehr schwer.
Obwohl das Buch viele ernsthafte und wütend machende Themen behandelt, ist es dennoch total witzig. Ich hatte hier stellenweise wirklich ein Dauergrinsen auf den Lippen und musste sogar öfters laut loslachen. Wie es Tom Limes gelungen ist, schweren Stoff so gekonnt auf eine humorvolle Art zu verpacken ist einfach nur grandios, Hut ab!
„Voll verkackt ist halb gewonnen“ lädt von den ersten Seiten an zum Mitfiebern ein und lässt einen die verschiedenste Gefühle durchleben. Wut, Trauer, Hoffnung, Angst, Mitleid, Schmetterlinge im Bauch – das Buch ruft wirklich eine Menge Emotionen in einem hervor. Es zeigt auf, ohne dabei verurteilend zu wirken, es regt sehr zum Nachdenken an, es bewegt einen, schenkt einem Mut und Hoffnung und macht einfach total gute Laune.
Mein Lesespaß war hier rundum perfekt. „Voll verkackt ist halb gewonnen“ war also mein erstes Buch von Tom Limes und es wird garantiert nicht mein letztes gewesen sein!
Fazit: Hier ist nicht nur der Titel absolut genial, auch die Geschichte, die einen hier erwartet, ist einfach nur grandios! „Voll verkackt ist halb gewonnen“ ist ein ganz wundervolles Buch über Freundschaft, Mut, Zusammenhalt, Hoffnung, Träume und den Glauben an sich selbst. Die Story regt sehr zum Nachdenken an, sie bewegt und schockiert, reißt einen von den ersten Seiten an mit und sorgt für jede Menge laute Lacher. Einfach nur großartig, wie es Tom Limes gelungen ist, schwere Themen auf eine so leichte, humorvolle und absolut authentische Weise zu verpacken. Ich bin hellauf begeistert von dem Buch und kann es jedem sehr ans Herz legen, sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen. Von mir gibt es nur zu gerne volle 5 von 5 Sternen!