Um seinem gewalttätigen Vater zu entfliehen hatte Dorian sich entschieden sein Zuhause zu verlassen und lebt seitdem auf der Straße. Tag für Tag muss er versuchen etwas zu essen aufzutreiben und Nacht für Nacht nach einem geeigneten Schlafplatz suchen, der ihm zumindest ein wenig Schutz vor Kälte oder Übergriffen durch andere bietet.
Bisher ist ihm das ganz gut gelungen, doch eines Morgens wacht Dorian neben einem toten Obdachlosen auf, der offenbar mit seinem Taschenmesser erstochen wurde. Hat er selbst etwas mit der Tat zu tun, obwohl er sich an nichts erinnern kann? Ein Fremder, der angeblich für eine gemeinnützige Organisation arbeitet, bietet ihm unerwartet seine Hilfe an und Dorian nimmt das Angebot schließlich an. Aber kann er ihm wirklich vertrauen? Und muss er im Gegenzug für ein neues Heim, Kleidung, Essen und sogar regelmäßigen Unterricht tatsächlich bloß Flyer und harmlose Werbegeschenke verteilen?
Kritik
Im Vergleich zu anderen Jugendthrillern ist Layers vielleicht noch ein relativ gutes Buch, unter den Jugendromanen von Ursula Poznanski ist es aber wohl leider das bisher schwächste. Wenn man Erebos, Saeculum oder die Eleria-Trilogie, die eben einfach besser sind, schon kennt, sollte man also lieber nicht mit zu hohen Erwartungen an das Buch herangehen.
Die Handlung ist insgesamt zwar einigermaßen fesselnd, doch es mangelt ihr beinahe durchgängig an echter Spannung. Dorian sucht natürlich nach Hinweisen, ist ansonsten allerdings die meiste Zeit nur auf der Flucht und es passiert nicht viel, sodass die Geschichte schlicht zu ereignisarm ist. Stattdessen überwiegt eine quälende Ungewissheit und die vielen offenen Fragen, auf die man erst ganz zum Schluss Antworten erhält, sind schlicht frustrierend. Manche Spekulationen stellen sich letztlich als falsch heraus und einige wenige bewahrheiten sich, während man über vieles anderes dagegen viel zu wenige Informationen bekommt um auch nur Vermutungen anstellen zu können. Man kriegt somit nur sehr langsam ein klareres Bild und alle Zusammenhänge erschließen sich einem wirklich erst auf den letzten Seiten.
Die größte Frage bleibt, wem man trauen kann und diesbezüglich wird unglücklicherweise mehrfach die falsche Wahl getroffen, da viele Charaktere sich im Endeffekt als ganz anders herausstellen als gedacht. Vor allem Bornheim verhält sich in vielerlei Hinsicht sehr verdächtig und mysteriös. Es fällt einem schwer ihn einzuschätzen, wobei sein Charakter selbst am Ende eher zwiespältig zu betrachten ist; er ist nicht nur böse, aber eben auch nicht nur gut. Dadurch sorgt er für viele Missverständnisse, die schließlich schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.
Das Ende ist Ursula Poznanski wiederum sehr gut gelungen und sie schafft es mit einem packenden Showdown, unerwarteten Wendungen und einer raffinierten Auflösung zu überraschen. Bedauerlicherweise vermag es die vielen Längen in der Mitte und die anderen negativen Aspekte jedoch nicht alle aufzuwiegen. Zudem ist der finale Ausgang ein wenig zu glimpflich für viele Beteiligte verlaufen.
Durch die personale Erzählperspektive bleibt zwischen dem Protagonisten und dem Leser darüber hinaus immer eine gewisse Distanz bestehen. Dorian ist nicht unbedingt unsympathisch, aber man wird auch nicht so richtig warm mit ihm und fühlt sich ihm nicht besonders verbunden. Seine Gedanken und Gefühle kann man größtenteils dennoch sehr gut nachvollziehen und man hat Verständnis für die Ängste und Zweifel, die an ihm nagen, beispielsweise wegen des toten Emils, der eine wichtigere Rolle spielt als zunächst gedacht. Man kann gut nachvollziehen, dass er manchmal mit der Situation überfordert ist und nicht weiß, was er tun soll, denn das ginge jedem in seiner Lage so.
Die später aufkommende Liebesgeschichte ist leider ebenfalls eher missglückt, weil man die Gefühle, die Dorian und Stella angeblich für einander entwickelt haben, bzw. die Gründe dafür überhaupt nicht nachempfinden kann. Ihre Beziehung berührt einen nicht und so etwas wie eine romantische Stimmung kommt zu keinem Zeitpunkt auf.
Stella ist allenfalls ganz nett und viel zu naiv, gehorsam und leichtgläubig um echte Sympathien zu wecken. Sie nimmt stets alles als gegeben hin ohne jemals etwas zu hinterfragen oder misstrauisch zu sein. Ihre Dankbarkeit für alles, was Bornheim ihr gibt und ermöglicht, ist verständlich, doch das ist keine ausreichende Begründung für ihr blindes Vertrauen in ihn, insbesondere, wenn man ihre Vergangenheit bedenkt. Im Grunde dient sie lediglich dazu Dorian davon abzuhalten die Stadt zu verlassen; sie selbst würde man hingegen nicht vermissen.
Die futuristische Datenbrille sowie die verschiedenen Layers sind im Gegensatz dazu sehr faszinierende Ideen. Ein paar der Täuschungen sind grandios, manche liefern nützliche Informationen über verschiedenen Personen, andere sind angsteinflößende Botschaften oder einfach nur krank und abartig. In jedem Fall ist diese Technologie ein zweischneidiges Schwert, was Ursula Poznanski gut veranschaulicht. Sie bietet viele Vorteile, kann aber auch sehr gefährlich werden, wenn sie in die falschen Hände gerät und gegen einen verwendet wird.
Im Mittelpunkt steht außerdem die Frage nach gut und schlecht bzw. richtig und falsch, der Differenzierung sowie den Grautönen dazwischen. Bornheim verfolgt ehrenwerte Ziele, die die Welt objektiv betrachtet wirklich besser machen würden. Doch heiligt der Zweck deshalb tatsächlich alle Mittel? Ist es gerechtfertigt anderen dafür körperlichen oder finanziellen Schaden zuzufügen? Manchen gar das Leben zu nehmen?
Des Weiteren zeigt die Autorin durch Dorian auf, wie hart das Leben auf der Straße ist und wie der Tagesablauf eines Obdachlosen aussieht. Um den wärmsten und trockensten Schlafplatz entsteht zum Beispiel schnell eine große Rivalität, weshalb man gute Plätze am besten für sich behält. In den Notunterkünften darf man nämlich nur wenige Nächte im Monat verbringen und muss zusätzlich aufpassen dort nicht von anderen bestohlen zu werden. Umso unverständlicher ist es in Ermangelung eines plausiblen Grundes daher, warum sich Dorian, obwohl er ziemlich klug ist, nicht ans Jugendamt gewandt hat um Schutz vor seinem gewalttätigen Vater zu suchen statt gleich allein auf der Straße zu leben. Dann hätte er sogar problemlos weiterhin zur Schule gehen können.
Fazit
Layers ist zwar kein schlechtes Buch, aber leider auch keines, das wahre Begeisterung auszulösen vermag und den Leser so an die Seiten fesselt wie andere Romane von Ursula Poznanski. Wer ihre anderen Jugendbücher schon gelesen hat, sollte also besser nicht zu viel erwarten um nicht enttäuscht zu werden. Einen Versuch ist es allerdings durchaus wert.