Ein Blick hinter die Schlagzeilen
Fast 100 Jahre ist es her seit der grössten Krise des englischen Königshaus. Was damals die Krise auslöste, ist aus heutiger Sicht schwer verständlich: der britische Thronfolger liebt eine bürgerliche, ...
Fast 100 Jahre ist es her seit der grössten Krise des englischen Königshaus. Was damals die Krise auslöste, ist aus heutiger Sicht schwer verständlich: der britische Thronfolger liebt eine bürgerliche, geschiedene Frau und möchte sie heiraten, doch die Regierung ist dagegen. Edward VIII., von allen David genannt, zieht die Konsequenzen und tritt nach nur zehn Monaten als König ab.
Wendy Holden hat sich dieser Frau angenommen und legt mit "Wallis & Edward" einen Roman vor, der über diese grosse Liebe erzählt. Bereits in ihrem Buch "Teatime mit Lilibet" lässt sich erahnen, dass Wallis Simpson eine grosse Faszination auf die Autorin ausübt.
Diese Faszination bringt sie nun auch uns Leserinnen näher. Plastisch schildert Wendy Holden Wallis Leben: ihre tragische Vergangenheit, der Wunsch Fuss in der britischen High Society Fuss zu fassen und das Kennenlernen des Prince of Wales sowie die daraus entstehende Freundschaft, die bald zur tiefen Liebe wurde. Eine Liebe, die nicht gern gesehen wurde und schlussendlich wider gängigem Erwarten der damaligen Gesellschaft bis zum Tode Davids hielt.
Mit seinem Tod beginnt "Wallis & Edward". Ab diesem Zeitpunkt in ihrem Haus in Paris bis zu seinem Begräbnis, eine Woche später in Windsor, begleiten die Leserinnen Wallis. Von hier aus wird immer wieder chronologisch zurück geblickt auf die Lovestory der beiden. Oder umgekehrt: die chronologische Erzählung wird öfters durch die Begräbniszeremonie unterbrochen. Es ist aber keine störende Unterbrechung, sondern eher ein Atemholen - man weiss gar nicht, ob man von der Zeremonie und dem Verhalten der Royals eine Atempause braucht oder von der fesselnden Erzählung über Wallis und Co.
Sofort ist man in die Geschichte vertieft, bedauert Wallis, findet sie manchmal anstrengend, hofft mit ihr, bis man sie bewundert für ihr Aushalten, ihre Geduld und ihre Liebe. Beide, Wallis wie auch Edward, werden aber nicht verklärt, sondern mit ihren Fehlern dargestellt.
Mit ihren beiden Büchern über Frauen, die mit dem britischen Königshaus in Verbindung standen, hat mich Wendy Holden begeistert. So sehr, dass ich auch ihre zukünftigen Bücher sicher lesen werde, denn ihr Schreibstil ist enorm packend. Ich mag, dass Holden ihre Heldinnen nicht auf einen erhöhten Thron setzt, sondern ihre Protagonistinnen mit all ihren Seiten und mit all ihren Fehlern zeigt und zudem nicht auf den Tränenkanal drückt.
Einzig die Titel einiger damals lebender, aber inzwischen verstorbener Royals waren manchmal irritierend zu lesen, denn dieselben Titel tragen zur Zeit andere Mitglieder des britischen Könighauses.
Fazit: Der Blick hinter die Schlagzeilen der 30er Jahre gelingt Wendy Holden perfekt. Sie schuf einen mitreissenden Roman, den man nicht mehr aus der Hand legen mag.
5 Punkte.