»Dieser Roman ist unglaublich krass, von ungeheurer Sprachgewalt, es ist ein Thriller, eine Geschichte, die man gar nicht aus der Hand legen kann.« Stefanie Stahl, WDR 5, Bücher
Eine Reihenhaussiedlung am Waldrand, wie es viele gibt. Im hellsten der Häuser wohnt ein zehnjähriges Mädchen mit seiner Familie. Alles normal. Wären da nicht die Leidenschaften des Vaters, der neben TV und Whisky vor allem den Rausch der Jagd liebt. In diesem Sommer erhellt nur das Lachen ihres kleinen Bruders Gilles das Leben des Mädchens. Bis eines Abends vor ihren Augen eine Tragödie passiert. Nichts ist mehr wie zuvor. Mit der Energie und der Intelligenz einer mutigen Kämpferin setzt das Mädchen alles daran, sich und ihren Bruder vor dem väterlichen Einfluss zu retten. Von Sommer zu Sommer spürt sie immer deutlicher, dass sie selbst die Zukunft in sich trägt, wird immer selbstbewusster – ihr Körper aber auch immer weiblicher, sodass sie zusehends ins Visier ihres Vaters gerät.
Das Cover dieses Buches hat mich direkt angesprochen, zum Glück, denn dieses Buch hat mich nachhaltig begeistert und sehr bewegt!
Der Schreibstil lässt sich sehr flüssig lesen. Als Leser kann man sich ...
Das Cover dieses Buches hat mich direkt angesprochen, zum Glück, denn dieses Buch hat mich nachhaltig begeistert und sehr bewegt!
Der Schreibstil lässt sich sehr flüssig lesen. Als Leser kann man sich perfekt in das kleine Mädchen hineinversetzen und erlebt die Geschichte somit hautnah.
Die ganze Geschichte ist aus der Sicht eines kleinen Mädchens geschrieben, ihren Namen erfahren wir nicht. Ihr Vater ist ein wahrer Tyrann, der der Familie das Leben zur Hölle macht. Die Mutter hat sich ihrem Schicksal gefügt und lässt alles über sich ergehen. Das kleine Mädchen hat nur ihren Bruder, bis dieser plötzlich anfängt die Wesenszüge ihres Vaters zu übernehmen. Nun ist das kleine Mädchen auf sich allein gestellt. Sie weiß, dass sie niemals so enden möchte und beschließt sich selbst zu helfen, denn in ihrer Familie interessiert sich niemand für sie. Sie soll unauffällig bleiben und sich, wie ihre Mutter, ihrem Schicksal fügen. Doch das kleine Mädchen beschließt zu kämpfen.
Ein wirklich starker Debutroman einer jungen Autorin. Erzählt aus Sicht eines anfangs 10-jährigen Mädchens in einer ganz normalen Reihenhaussiedlung. Sie liebt ihren jüngeren Bruder Gilles und beschützt ...
Ein wirklich starker Debutroman einer jungen Autorin. Erzählt aus Sicht eines anfangs 10-jährigen Mädchens in einer ganz normalen Reihenhaussiedlung. Sie liebt ihren jüngeren Bruder Gilles und beschützt ihn vor dem gewalttätigen Vater.
Die Mutter hat Angst vor ihrem Mann der außer der Jagd nur seinen Whiskey und Fernsehen mag. Ein tragisches Ereignis im Sommer verändert alles. Das Mädchen sucht nach jemanden der sie in den Arm nimmt und die Welt wieder geraderückt. Der Bruder verändert sich zusehends. Er spricht nicht mehr und verbringt viel Zeit in dem Zimmer in dem der Vater seine Jagdtrophäen aufbewahrt.
Das Mädchen hat den sehnlichsten Wunsch eine Zeitmaschine zu bauen und die Zeit zurück zu drehen. Sie entwickelt einen starken Ehrgeiz für alles Naturwissenschaftliche. Etwas Normalität findet sie bei einem älteren Professor. Um die vor dem Vater geheimgehaltenen Stunden zu bezahlen, geht sie Babysitten bei einer jungen Familie in der Siedlung.
Als sie bemerkt das sie älter wird, fürchtet sie sich vor den Ausbrüchen des Vaters und fühlt sich zu dem Familienvater hingezogen.
Der Schreibstil ist schnörkellos und doch gewaltig. Man kann sich gut in die Gemütslage des Mädchens hineinversetzen und ist geschockt von dem Familienleben.
Das Cover ist verwirrend und erinnert mit dem springenden Hasen eher an ein anderes bekanntes Buch. Auf jeden Fall ist es ein Hingucker und absolut lesenswert.
Das wirkliche Leben ist das gelungene Romandebüt von Adeline Dieudonné.
Wir erleben die Jugend eines Mädchens, dass mit ihrem Bruder und den Eltern in einer trostlosen Siedlung wohnt.
Eigentlich erscheint ...
Das wirkliche Leben ist das gelungene Romandebüt von Adeline Dieudonné.
Wir erleben die Jugend eines Mädchens, dass mit ihrem Bruder und den Eltern in einer trostlosen Siedlung wohnt.
Eigentlich erscheint alles perfekt, bis man hinter die Fassade blicken kann. Der Vater hat eine Vorliebe für TV und Whiskey, und besonders für sein Hobby die Jagd, die Mutter ist eine gebrochene Frau. Zu Beginn sind die Kinder noch sehr klein.
Ein Unglück erschüttert die beiden Kinder, und unsere Heldin beginnt zu kämpfen. Sie möchte sich und ihren Bruder retten. Durch ihre Intelligenz, ihre Denkweise und ihren Überlebenswillen, meistert sie die Perversionen ihres Vaters und gibt nicht auf.
Die Autorin schreibt in der Ich-Form, und so hat man das Gefühl, das Mädchen erzählt ihre Geschichte direkt einem Selbst. Die Charaktere sind klar gezeichnet, und haben alle ihre Rolle und eigene Denkweise, teilweise eine sehr Brutale. Von der ersten bis zur letzten Seite hält die Geschichte einem im Atem. Man wagt kaum durchzuatmen, und ist überrascht über den Verlauf und die Stärke der Heldin. Auch lange nach dem Lesen, bleibt der Kloß im Magen und das Gelesene im Kopf.
Das Buch ist großartig geschrieben, absolut lesenswert, aber nichts für schwache Nerven.
Sehr schnell fällt auf, dass sämtliche Akteure außer Gilles, dem kleinen Bruder des erzählenden Mädchens, namenlos bleiben. Diese Tatsache passt sehr gut zu der Geschichte ...
Die geheime Macht der Beute …
Sehr schnell fällt auf, dass sämtliche Akteure außer Gilles, dem kleinen Bruder des erzählenden Mädchens, namenlos bleiben. Diese Tatsache passt sehr gut zu der Geschichte um ein liebloses Elternhaus, in dem die Mutter völlig untergeht und der Vater ein gewalttätiger, saufender Kerl sich mehr Gedanken um die nächste Jagd als um seine Familie macht. Um Gilles dreht sich das Leben der Ich-Erzählerin, die mit ihm in einer grauen Siedlung am Rande der Stadt und nahe des Waldes aufwächst. Ein traumatisches Erlebnis verändert das Leben der beiden Kinder schlagartig. Während der kleine Gilles in eine Art Schockstarre und Teilnahmslosigkeit fällt, schwört sich das Mädchen, das Lachen ihres Bruders und seine Lebensfreude mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, zurückzuholen. Dabei steht sie ganz alleine, auf sich selbst zurückgestoßen, denn ihre Mutter fristet als eine Art menschliche Amöbe ein trostloses Leben zwischen Haushalt, Prügel und ihren wenig abwechslungsreichen Kochkünsten. Der Leser/die Leserin könnte die Mutter fast vergessen, wäre da nicht ihre Liebe und Sorge um ihre Ziegen, die sie im Garten des Hauses hält. Dadurch erhält sie etwas Menschlichkeit, die jedoch verblasst, da sie ihren Kindern nicht nur Seite steht. Der Vater … er ist ein von der Jagd besessener, langweiliger, Whiskey trinkender und schlagender Mann, der sich nur durch seine Trophäen im s.g. Zimmer der Kadaver identifiziert. Die schulischen Erfolge seiner Tochter wertet er durch so Aussagen wie „Fantastisch. Wir haben eine Intelligenzbestie in der Familie.“ ab. Im Laufe der Jahre, die sich vor allem auf die Sommer konzentrieren, gewinnt der Vater immer mehr Einfluss auf seinen Sohn und das macht dem Mädchen Angst, bestärkt sie aber trotzdem in ihrem Vorhaben, Gilles und auch sich selbst zu retten. Stets schwebt die Frage „Wird ihr Plan gelingen und kann sie ihren Bruder retten?“ über den Zeilen.
Alleine wie die Autorin den Zustand von Gilles beschreibt, in dessen Kopf sich „Geschmeiß“ ausbreitet und nur ein „kleines, gallisches Dorf“ Widerstand gegen den Einfluss der Hyäne im Zimmer der Kadaver auflehnt, ist sensationell. Zitat von Seite 72: „Solange dieser Stamm am Leben blieb, war mein kleiner Bruder noch nicht ganz verloren.“ Ihre bildliche Sprache zog mich nicht nur in den Bann, so dass ich durch das Buch geradezu geflogen bin, sondern machte mich atemlos und hinterließ ein unangenehmes Kribbeln im Nacken. Ein ums andere Mal merkte ich meine körperliche Anspannung und mein Bangen mit dem Mädchen, in das ich mich so gut hineinversetzen konnte und mit dem ich mitfühlte und bangte bis zum Schluss des Romans. Das Heranwachsen des Mädchens zeigt sich auch im Erzählstil, der immer erwachsener und auch nüchterner wird. Während der Pubertät, als andere Mädchen sich immer mehr durch Äußerlichkeiten definieren, stellt sie Protagonistin fest: „In meinem genetischen Code waren Zurückhaltung und Anmut hingegen nicht angelegt, so viel stand fest.“ An ihrer Geschwisterliebe hält sie unverbrüchlich fest und geht dabei ihren ganz eigenen Weg.
Dieses Buch ist gnadenlos, hart, angsteinflößend, grausam, brutal, dabei poetisch, voller Mut und einem Funken Hoffnung und ganz viel Geschwisterliebe. Tierfreunde werden in diesem Buch auf eine harte Probe gestellt.
Bereits auf der ersten Seite hatte mich Adeline Dieudonné gepackt und in das Buch hineingezogen. „Bei uns zu Hause gab es vier Schlafzimmer. Meines. Das meines Bruders Gilles. Das meiner Eltern. Und das der Kadaver.“ Dieser erste Satz sagt so viel aus, lässt Schlimmes ahnen und zeigt, dass es sich hier keineswegs um einen Wohlfühlroman handelt. Im Laufe des Lesens habe ich einige Post-Ist ins Buch geklebt, da es so viele ergreifende Sätze enthält, dass ich sie am Liebsten alle aufzählen würde.
„Das wirkliche Leben“ ist nicht immer fair, schon gar nicht einfach und erfordert Opfer. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie mich dieses Buch beeindruckt hat. Kein Wunder also, dass es er „Liebling der französischen Buchhändlerinnen“ genannt wird.
Ich kann das Zitat von Pierre Maury vom „Le Soir“ nur bestätigen: „Dieser Roman ist anders als alles, was sie bisher gelesen haben.“
Ein Mädchen und ihr kleiner Bruder leiden unter der häuslichen Gewalt des Vaters und dem Desinteresse der Mutter. Als etwas Schreckliches passiert, das alles verändert, ...
Spoilerfreie Rezension!
Inhalt
Ein Mädchen und ihr kleiner Bruder leiden unter der häuslichen Gewalt des Vaters und dem Desinteresse der Mutter. Als etwas Schreckliches passiert, das alles verändert, schwört sich die Schwester, dass sie ihren Bruder retten wird. Koste es, was es wolle…
Übersicht
Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz
Tiere im Buch: -! Im Buch werden Tiere verletzt, gequält und getötet. Achtung, fast alle diese Dinge werden bis ins Detail beschrieben! Ein Wellensittich und ein Chinchilla leben zudem in einem Käfig in Einzelhaltung (bitte diese Tiere immer mindestens zu zweit halten!).
Triggerwarnung: Tierquälerei (!!!), Tod von Menschen und Tieren, Gewalt, Gewalt gegen Frauen, sexualisierte Gewalt, Missbrauch (? - Grenzfall, wer wissen möchte warum bzw. wer Fragen dazu hat, kann mich gerne anschreiben), Blut, Trauma, Jagd (Hetzjagd, Großwildjagd und ausgestopfte Tiere)
Warum dieses Buch?
Ganz einfach: Wenn die Rezensionen (oder eher Liebeserklärungen!) zu einem Buch dich schon fast zu Tränen rühren, musst du es einfach lesen!
Meine Meinung
Ich habe schon viele Liebeserklärungen an dieses Buch gelesen – hier kommt meine.
Einstieg (5 Lilien ♥)
„Bei uns zu Hause gab es vier Schlafzimmer. Meines. Das meines Bruders Gilles. Das meiner Eltern. Und das der Kadaver.“ Seite 7
Ich habe sofort und absolut problemlos ins Buch gefunden. Bereits auf den ersten Seiten entwickelt die Geschichte einen richtigen Sog!
Schreibstil (5 Lilien ♥)
Innerhalb weniger Kapitel habe ich mich in den wunderbaren Schreibstil von Adeline Dieudonné verliebt! Die Sprache ist roh, kraftvoll, atemberaubend und poetisch – mit einer authentischen kindlichen Note, die zur jungen Protagonistin passt. Großartig fand ich, dass man dem Schreibstil und der Innenwelt der Protagonistin anmerkt, wie sie langsam älter und reifer wird. Viele Vergleiche und Metaphern sind so innovativ, bildhaft und wunderschön, dass ich manchmal einfach nur dasaß und sprachlos war! Man will sich manche Stellen ausdrucken, einrahmen und an die Wand hängen!
„Das, was im Inneren der Hyäne gehaust hatte, war nach und nach in den Kopf meines kleinen Bruders gewandert. Eine Kolonie böser Kreaturen hatte sich dort eingenistet wie Geschmeiß und vermehrte sich wie wild, fraß die grünen Walder seines kindlichen Geistes und verwandelte sie in eine düstere, modernde Sumpflandschaft.“ Seite 46
Idee, Inhalt, Themen & Ende (5 Lilien ♥)
„Meine Wirklichkeit hatte sich aufgelöst, war zu einem schwindelerregenden Nichts geworden. Zu einem Nichts, aus dem ich kein Entkommen sah.“ Seite 28
Als VielleserIn liest man oft gute und manchmal sogar sehr gute Bücher – aber nur ganz selten gerät man an eine Geschichte, bei der man nicht weiß, wo man anfangen soll, weil sie so großartig ist. Es überrascht daher nicht, dass ich das Schreiben dieser Rezension tagelang hinausgezögert habe. „Kann ich überhaupt eine Rezension schreiben, die diesem Buch gerecht wird?“, fragte ich mich. Wahrscheinlich nicht, aber ich werde mein Bestes geben!
Adeline Dieudonné hat ein Romandebüt geschaffen, das eine unglaubliche Wucht hat! Ein Debüt, das den Verstand verzaubert und einem das Herz bricht. Einen Erstling, der unheimlich wütend macht und der zugleich schmerzhaft zu lesen und zu verdauen ist. Tierquälerei und die körperlichen Misshandlungen der Mutter werden bis ins kleinste Detail beschrieben, was mich beim Lesen sehr mitgenommen hat und teilweise fast unerträglich für mich war. Diese Triggerwarnung (im Buch selbst fehlt eine!) solltet ihr bei diesem Buch deshalb (zu eurem eigenen Schutz) auf jeden Fall ernst nehmen!
„Das wirkliche Leben“ spricht neben Aspekten wie Liebe, Wissensdurst und Kindheit wichtige Themen wie Sexismus, häusliche Gewalt, Missbrauch (?), Traumata und Tierquälerei an und behandelt diese tiefgründig und auf eine Weise, die sich einem für immer ins Gedächtnis brennt. Adeline Dieudonné schafft Bewusstsein für und kritisiert toxische Männlichkeit (inklusive ihrer furchtbaren Folgen) und häusliche Gewalt und zeigt auf, wie schnell die Situation eskalieren und sogar lebensbedrohlich werden kann. „Das wirkliche Leben“ ist eine kraftvolle, schockierende Warnung und Ermutigung für alle Opfer, sich Hilfe zu suchen, bevor es zu spät ist. Glücklicherweise gibt es jedoch auch immer einen Hoffnungsschimmer; zwischen den vielen düsteren und deprimierenden findet man immer wieder intensive Glücksmomente, die man mit der Protagonistin teilt. Die aufwühlende Geschichte mündet in ein gelungenes, hoch dramatisches, emotionales Ende.
„Das wirkliche Leben“ ist kurz, intensiv und ein kleiner Schock – so wie ein Bungee-Sprung – nach dem Ende ist man voller Adrenalin und begeistert, aber die Knie sind weich und die Hände zittern. Für mich ist „Das wirkliche Leben“ jetzt schon das beste Buch des Jahres – und damit ein absolutes Must-read, das ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen solltet!
Protagonistin (5 Lilien ♥) & Figuren (5 Lilien ♥)
Die tragische Protagonistin bleibt im ganzen Buch namenlos – und doch war da keine Distanz zu ihr. Ich habe intensiv mit ihr mitgefühlt und mitgelitten, habe mit ihr gehofft und bin mit ihr verzweifelt! Ihre Intelligenz, ihre Empathie, ihr gutes Herz, ihr Mut und ihre Kraft haben mich nachhaltig beeindruckt. Sie ist wie ein blühender Löwenzahn, der sich unter den widrigsten Umständen seinen Weg durch eine Spalte im Asphalt an die Sonne gekämpft hat.
Auch die anderen Figuren haben mich vollkommen überzeugt. Sie alle sind auf ihre Weise sehr präsent, interessant, dreidimensional, einmalig und liebevoll ausgearbeitet. Besonders gelungen sind meiner Meinung nach die passive Mutter, der traumatisierte Bruder und der übermächtige Vater.
Spannung (5 Lilien ♥) & Atmosphäre (5 Lilien ♥)
Ihr dachtet, wenigstens jetzt würde ein wenig Kritik kommen? Pustekuchen! Denn „Das wirkliche Leben“ beginnt schon auf den ersten Seiten, Spannung aufzubauen, und hält diese bis zum überzeugenden Ende! Man fliegt nur so durch die Seiten, kann sich dem Sog nicht entziehen und verschlingt die Geschichte gierig – wenn man sich nicht bremst, liest man alle 240 Seiten an einem Tag.
Vielleicht war es aber auch die unglaublich dichte Atmosphäre, die mich an die Seiten gefesselt hat. In Kombination mit dem bildlichen Schreibstil waren es die düsteren Beschreibungen der Hyäne, die unheimlichen Szenen, die atemlose Angst um die Protagonistin und die Gänsehautmomente, die es mir unmöglich machten, das Buch wegzulegen. Ich liebe es außerdem, wie die kindliche Phantasie und die Ängste der Heldin kreativ und kunstvoll in die Geschichte eingewebt und dadurch (im wahrsten Sinne des Wortes!) lebendig wurden.
„Doch wer oder was sich immer auf der anderen Seite des Baumes befand: Er oder es hatte keine Lust, das makabre Spiel zu beenden. Die Furcht floss von meiner Seele zu seiner und lustvoll und in aller Ruhe weidete er oder es sich daran.“ Seite 171
Feministischer Blickwinkel (5 Lilien ♥)
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Schlam++ (2x)
Zuerst habe ich die passive Mutter, die immer wieder als Amöbe beschrieben wird, als etwas problematisch angesehen, doch schnell wurde mir klar, dass es nötig war, sie so zu beschreiben, um zu zeigen, welche Auswirkungen häusliche Gewalt auf einen Menschen haben kann. Da die Protagonistin so stark, wild und intelligent ist, da das Buch den Bechdel-Test besteht und wichtige Themen wie Sexismus, Gewalt gegen Frauen und toxische Männlichkeit behandelt und kritisiert, bekommt „Das wirkliche Leben“ (trotz klischeehafter Rollenverteilung) auch hier alle Punkte.
„Und hin und wieder richtete er sogar das Wort an meine Mutter. Aber eigentlich hätte man sie auch durch einen Ficus ersetzen könne, er hätte den Unterschied nicht bemerkt. Denn meine Mutter hatte Angst. Angst vor meinem Vater.“ Seite 9
Mein Fazit
„Das wirkliche Leben“ ist kurz, intensiv und ein kleiner Schock – so wie ein Bungee-Sprung – nach dem Ende ist man voller Adrenalin und begeistert, aber die Knie sind weich und die Hände zittern. Ich liebe den rohen, kraftvollen und poetischen Schreibstil der Autorin, ihre wunderschönen Vergleiche und Metaphern, die liebevoll ausgearbeiteten, einmaligen Figuren, die großartige, intelligente und starke Protagonistin, die durchgehende Spannung und die unglaublich dichte Atmosphäre! Adeline Dieudonné hat ein Romandebüt geschaffen, das eine unglaubliche Wucht hat! Ein Debüt, das den Verstand verzaubert und einem das Herz bricht. Einen Erstling, der unheimlich wütend macht und der zugleich schmerzhaft zu lesen und zu verdauen ist. „Das wirkliche Leben“ hält einer feministischen Analyse stand, weil es Bewusstsein für toxische Männlichkeit und häusliche Gewalt schafft, diese Probleme kritisiert und sie auf eine Weise behandelt, die sich einem für immer ins Gedächtnis brennt. Für mich ist „Das wirkliche Leben“ jetzt schon das beste Buch des Jahres – und damit ein absolutes Must-read, das ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen dürft!