Bisher das beste Buch der Reihe
Kriminalinspektor August Emmerich und sein junger Kollege Ferdinand Winter ermitteln wieder. Es ist ein eiskalter November im 20iger Jahr des letzten Jahrhunderts. In Wien hungern und frieren die Menschen ...
Kriminalinspektor August Emmerich und sein junger Kollege Ferdinand Winter ermitteln wieder. Es ist ein eiskalter November im 20iger Jahr des letzten Jahrhunderts. In Wien hungern und frieren die Menschen auch zwei Jahre nach Kriegsende immer noch. Hoffnungslosigkeit macht sich breit. Die Republik ist noch jung und alles andere als stabil. Banden, politische Gruppierungen und Verbrecher jeder Coleur machen die Stadt unsicher. Die Inflation ist enorm und Valutenschmuggler sind die gefragtesten Männer im Reich, während der Großteil der Menschen hungert und friert. Das Verbrechen hat Hochkonjunktur!
Alex Beer hat diese düstere und hoffnungslose Stimmung wieder hervorragend eingefangen. Von der ersten Seite an war ich mit August Emmerich und Ferdinand Winter sofort wieder im historischen Wien. Die Beiden haben es diesmal mit einem brutalen Mordfall zu tun. Dem Opfer wurde die Zunge entfernt und anschließend wurde es mit Wasser übergossem. Durch die tiefen Temperaturen hat sich eine dünne Eisschicht über den Toten gebildet. Die abgeschnittene Zunge taucht kurze Zeit später bei der Journalistin Alma Lehner auf. In einem Belgeitschreiben steht: "Lassen Sie die Welt wissen, dass ich mir seine Seele geholt habe". Die unkonventionelle Frauenaktivistin, die mit ihren Artikel über Missstände den Frauen gegenüber aufrütteln will, kommt dieser Aufforderung nach. Bald wird eine weitere Leiche mit abgeschnittener Zunge gefunden, die jedoch auf eine andere Art ermordet wurde. Trotzdem weisen einige Merkmale, wie ein Zettel mit einer römischen Ziffer, auf einen Serienmörder hin. Die Zeit drängt und so beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Die Telefonnistinnen und Sekretärinnen im Büro, etwas spöttisch und trotzdem liebevoll von Emmerich "Die Hühnerarmee" genannt, sind den beiden Ermittlern eine große Hilfe. Gemeinsam versuchen sie die Zusammenhänge zwischen den Mordfällen herauszufinden. Wer ist der von Alma Lehner genannte "dunkle Bote", der Rache zu nehmen scheint?
Neben den Ermittlungen führt Emmerich noch einen privaten Kampf mit Xaver Koch, dem Ehemann von Luise, August's großer Liebe. Koch galt als gefallen, als er plötzlich wieder auftaucht. Der Krieg hat ihn gewalttätig und zu einem Mann gemacht, der vor nichts zurückstreckt. Er ist politisch aktiv und privat sind Luise und die Kinder, die er entführt hat, seinem Jähzorn vollkommen ausgeliefert. August Emmerich schwört sie zu finden und zu "retten". Er wendet sich an einen alten Bekannten, Veit Kolja, der ihm ebenfalls vor Koch warnt. Ob sich Emmerich wieder auf einen gefährlichen Handel einlässt?
Das müsst ihr schon selbst herausfinden! Der Spannungsbogen bleibt im Laufe des Krimis konstant und zieht zum Schluss hin nochmals rasant an. Das Ende bleibt sicherlich jedem Leser in Erinnerung, denn es ist sehr emotional.
Schreibstil:
Alex Beer schreibt so wunderbar atmosphärisch, dass man sich immer wieder mitten im historischen Wien fühlt. Man hungert und friert mit den Menschen mit, man spürt die Hoffnungslosigkeit förmlich durch die Zeilen und trotzdem versteht es die Autorin dem Leser damit nicht hinabzuziehen, sondern mit Emmerich und Winter mitzuermitteln und der Zeit zu trotzden.
Die Charaktere sind wieder sehr lebendig beschrieben und Ferdinand Winter entwickelt sich neben Emmerich langsam zum ebenbürtigen Ermittler.
Fazit:
Für mich war "Der dunkle Bote" das bisher beste Buch der Reihe! Spannend, düster und atmosphärisch. Wer Alex Beer noch nicht kennt, dem kann ich ihre historischen Wien-Krimis wirklich sehr empfehlen!