„Ich habe dich schon gehasst, als ich das erste Mal deinen Namen gehört habe. Ich habe dich schon mit fünfzehn Jahren gehasst, als ich im Scientific American gelesen habe, was du getan hast. Ich hasse dich leidenschaftlicher, ich hasse dich länger und ich habe bessere Gründe, dich zu hassen.“
(Elsie zu Jack in Love theoretically)
Worum geht’s?
Wissenschaftlerin Elsie lebt im Multiversum: Als Theoretische Physikerin quasi unbezahlt, verdient sie ihr Geld als Fake-Date-Begleitung. Bis ihre Parallelwelten kollidieren: Ausgerechnet der nervig attraktive Jack – der sie als Freundin seines Bruders und Bibliothekarin kennt – muss entscheiden, ob sie ihren Traumjob bekommt. Dazu führt er als kaltherziger Experimentalphysiker eine üble Fehde gegen die Theoretische Physik. So findet sich Elsie auf einem Wissenschaftsschlachtfeld wieder – und muss sich dagegen wehren, in Jacks Gravitationsfeld gezogen zu werden. Oder sollten etwa ganz neue Theorien über die Liebe in die Praxis umgesetzt werden?
Das irrationale Vorkommnis von Liebe ist ein Einzelband und in sich geschlossen.
Inhaltliche Hinweise
Die Geschichte wird durch Elsie Ich-Perspektive erzählt. Das Buch beinhaltet sexuellen Content.
Meine Meinung
Nachdem ich im letzten Jahr dem allgemeinen Tiktok-Hype erlegen bin und mir ein Buch von Ali Hazelwood geschnappt habe, habe ich für mich ein ganzes Feld neuer Romance entdeckt, in welches ich mich verliebt habe: Die Academic RomComs. Vor allem aber Ali Hazelwood konnte mich schon dreimal wirklich begeistern, weshal b es ein No Brainer war, dass ich auch dieses neue Buch lesen wollte. Auf dem Heimflug aus dem Urlaub war es soweit – und was soll ich sagen? Die fünf Flugstunden vergingen wie im Rausch.
In diesem Buch geht es um Elsie, Physikerin nach ihrer Promotion, chronisch erkrankt und chronisch pleite, weil sie zwischen schlecht bezahlten Jobs herumtingelt. Elsie ist eine People Pleaserin, womit sie mich direkt abgeholt hat, denn das bin ich in vielen Facetten (leider) auch. Und so konnte ich von Anfang an verstehen, was in ihr vorgeht, zumindest auf menschlicher Ebene. Elsie lässt den Leser an ihrem ungewöhnlichen Job teilhaben, wo sie sich als Fake-Freundin ausgibt. Hier schenkt Elsie jedem die Facette, die die Person und die zu Täuschenden gern hätten. Dass man sich hierbei selbst verlieren kann? Keine Frage. Ich mochte aber die kritische, witzige und vielseitige Aufbereitung des Themas sehr und habe mich hier schon verloren, noch bevor der akademische Teil kam. Bei dem muss ich gestehen, dass dieser ein wenig zäh gerät, denn es geht um den ewigen Streit zwischen theoretischen und experimentellen Physikern, um einen Artikel von Love Interest Jack, der viel Staub in Elsies Leben aufgewirbelt hat und um einen Job, den Elsie gern kriegen wollen würde, bei dem Jack aber eine entscheidende Rolle spielt. Ganz viel Trubel, gepaart mit witzigen Emails von Studenten (nein, eigentlich sind die hochgradig traurig und zeigen, was Elsie durchleben muss), kuriosen Momenten mit BFF und Mitbewohnerin Cece und natürlich der ein oder anderen sozialen Kritik, die die Autorin in ihren Büchern immer wunderbar verpackt. Ja, Love theoretically bringt sehr viel mit.
Die standardmäßige Ausrichtung Enemies to Lovers hat hier wieder sehr viel Freude bereitet, auch wenn gegen Ende hin Elsie mich ein wenig aufgeregt hat, weil sie doch einige Erkenntnisse (bewusst) in den falschen Hals kriegt. Leben und Liebe sind kompliziert, aber hier hat die Autorin für meinen Geschmack diese hochintelligente Person doch etwas zu sehr beschränkt. Die Lovestory braucht einige Zeit, bis sie richtig losgeht, aber sie ist von Anfang an – mit vielen Stolpersteinen! – angelegt. Ich muss gestehen, dass ich ziemlich schnell einen Crush auf Jack entwickelt habe, weil er Elsie einfach so sehr durchschaut und ihr Ehrlichkeit abverlangt, was Elsie so gar nicht kennt. Die charakterliche Entwicklung hieraus ist auch gut gelungen und hat mich ein wenig Stolz auf Elsie gemacht. Es gibt wirklich süße und super normale Momente, die die solide Beziehungsentwicklung aufzeigen. Ich habe viel gelacht, oft geschmachtet und mich mit Elsie (und Cece) auch gern mal aufgeregt. Ich mochte, dass einige vermeintlich böse Personen gar nicht böse sind, dass Wissenschaftler sich hier untereinander helfen und ich mochte die Moral von der Geschichte, dass nicht jeder, der einem nahesteht, nur das Beste für einen mochte. Es ist eine wunderschön bunte Mischung, mit einigen kleinen Überraschungen, ganz viel „es ist nicht, wie man glaubt“ und doch auch so einigen Aussagen, die zum Nachdenken führen.
Gegen Ende hin hat mich das Buch dann nur leider ein wenig verloren. Nach gut drei Vierteln startet der Part, der unangenehm wurde: Der sexuelle Content. Ich bin ja sowieso kein großer Fan davon, aber puh, hier fand ich es wirklich unangenehm zu lesen. Nicht, weil die Autorin nicht schreiben kann, sondern einfach, weil es für mich nicht gepasst hat – nicht zur Handlung, nicht zu den Charakteren, nicht zur Beziehung. So saß ich dort zahlreiche um zahlreiche Seiten, die ich peinlich berührt durchlas und einfach hoffte, dass es bald vorbei ist (Spoiler: erst auf den letzten etwa 10% des Buches gibt’s wieder mehr Handlung). Für mich wirkte es einfach zu sehr, als würde die Autorin den Wunsch der Community nach Spice bedienen wollen und dabei ihr Buch aus den Augen verlieren. Das führt nämlich auch dazu, dass die bedeutsamen Entwicklungen, Erkenntnisse und das gewohnte End-Drama sehr schnell kommen und noch schneller abgehandelt werden, obwohl hier noch so viel Potenzial herumlag. Das fand ich wahnsinnig schade, weil ich wirklich bis zu dem Beginn des Rummachens das Buch unfassbar geliebt habe.
Mein Fazit
Love theoretically überzeugt mit zwei tollen Protagonisten, von denen besonders Elsie viel gute Story und einen interessanten Nebenjob mitbringt, der für viel Aufregung sorgt. Die Liebesgeschichte gefiel mir gut, aber zum Ende hin verliert das Buch seinen Fokus und die entscheidenden Teile werden zu fix abgehandelt. Daher leider nur Leseempfehlung mit leichten Abzügen.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]