„Du bist ihr Ehemann. Gia ist ihr Kind. Und sie ist tot. Dieses Bild sorgt nicht dafür, dass mir ganz warm ums Herz wird. Es sorgt dafür, dass ich mich wie eine… Diebin fühle. Wie eine Betrügerin.“
(Mercedes zu Noah in All the pieces of my heart)
Worum geht’s?
Seit ihrer Kindheit waren Mercedes und Noah unzertrennlich. Auch als Cora dazukam, die wunderschön und zerbrechlich war und in jedem den Wunsch weckte, sie zu beschützen. Und weil Cora Noah liebte, verleugnete Mercedes ihre Gefühle für ihn. Seitdem war sie beste Freundin, Brautjungfer, Patentante, der Fels in der Brandung für die beiden wichtigsten Menschen in ihrem Leben - bis zu dem Augenblick, als das spröde Fundament ihrer Welt in sich zusammenbricht ... Auch jetzt ist Mercedes für Noah da, doch ihre wahren Gefühle zu offenbaren erscheint nun noch viel unmöglicher als zuvor ...
All the pieces of my heart ist Band 3 der Laws of Love-Reihe. Das Buch ist in sich geschlossen, es werden keine Vorkenntnisse benötigt. Das Buch hat minimale Bezugspunkte zu den Vorbänden.
Inhaltliche Hinweise
Die Geschichte wird aus Erzählersicht erzählt. Das Buch beinhaltet triggernde Thematiken wie Depressionen und Suizid.
Meine Meinung
Amy Harmon ist eine der Autorinnen, die sich immer an etwas Neues heranwagt. An das Unbegreifliche. An das Schmerzhafte. In jedem ihrer Bücher gibt es wieder etwas Neues zu entdecken und entsprechend hab ich mich auch drauf gefreut, in diesem Buch wieder etwas Außergewöhnliches zu finden. Dieses Mal geht es um Second Chances, die Verarbeitung von Trauer und Tod sowie als übernatürliches Element die Kommunikation mit Leuten aus dem Totenreich.
Die Geschichte startet ohne große Umwege direkt mit dem großen Ereignis: Cora kommt bei Mercedes vorbei und lässt ihr die kleine Tochter Gia da. Dies ist nicht ungewöhnlich, da Cora und Mercedes beste Freundinnen sind und Mercedes auch die Patentante der kleinen Gia ist. Ungewöhnlich ist dann aber, dass Cora ihre Tochter später nicht abholt beziehungsweise überhaupt nicht zurückkehrt. In großer Sorge versucht Mercedes, Noah – ihren besten Freund und Ehemann von Cora – zu erreichen. Voller Entsetzen muss sie nun aber fahren, dass Cora einen tödlichen Unfall hatte. In Folge dessen beginnt die erste Hälfte des Buches mit Thematiken, bei denen es um Trauer, Verarbeitung der Trauer, Überforderung des nunmehr alleinerziehenden Vaters und den drängenden Fragen um die Todesumstände von Cora geht. In zahlreichen Rückblicken erfährt der Leser, wie sich die drei kennengelernt haben, wie die Verbindung zwischen Noah und Mercedes schon immer übernatürlich stark war und wie es dazu kam, dass sich Noah am Ende doch in Cora verliebte und mit ihr eine Tochter bekam. Es sind schöne Ausflüge in eine gemeinsame Vergangenheit, die dem Leser aber auch (mal mehr, mal weniger) subtil zeigen, wie komplex die Dreierfreundschaft war und wie Cora die gewisse Tendenz hatte, alles haben zu wollen, was Mercedes hatte. Nach und nach zeichnet sich ein Bild von einer liebevollen Frau, die aber auch durchweg manipulative Tendenzen hatte. Und auch hiermit befassen sich Mercedes und Noah in der Gegenwart, was von der Autorin ein starkes Stück ist und mich begeistern konnte. Sonst steht im Fokus, wie Noah und Mercedes versuchen, sich an das neue Leben zu gewöhnen, wie Mercedes schrittweise einen wichtigen Platz in Noahs und auch in Gias Leben einnimmt, aber auch, wie die Schuldgefühle sie belasten, weil sie die Abgründe ihrer Freundin nicht erkannt hat und sie sich wie eine Betrügerin fühlt, jetzt teilweise ihren Platz einzunehmen. Der Leser merkt aber auch zunehmend, dass eigentlich schon immer Mercedes den Platz an Noahs Seite hätte haben sollen. Die erste Hälfte des Buches würde ich als emotional, aber eher seicht bezeichnen. Die Autorin berührt mit ihrem Schreibstil, der gewohnt poetisch ist, aber im Vergleich zu ihren Vorbüchern doch nicht ganz so überladen rüberkommt.
Die zweite Hälfte des Buches hingegen zieht ordentlich an Tempo an. Es kommen einige rätselhafte Elemente zusammen, die für viel Spannung, einige kleinere und größere (aber auch eher vorhersehbare) Twists sorgen. Hier steht dann aber auch die übernatürliche Thematik sehr im Fokus. Noah arbeitet in der Klinik mit einem Jugendlichen, der mit den Toten kommunizieren kann und so Botschaften aus dem Jenseits übermittelt. Es sind Hinweise, die der Leser teilweise schneller deuten kann als die Charaktere, die aber oftmals für relevante Entwicklungen in der Geschichte sorgen. Es gibt zudem einen Obdachlosen, der eine relevante Rolle spielen wird, der auch in irgendeiner Form Botschaften empfängt. An dieser Stelle scheiden sich wahrscheinlich die Geister (Anspielung auf das Buch natürlich komplett ungewollt…) denn jeder muss für sich wissen, wie er mit diesen Erkenntnissen umgeht. Ich fühlte mich unterhalten und mich konnte auch das große Finale des Buches durchaus überzeugen, aber natürlich leidet die Erklärbarkeit des Buches zu 100% darunter, dass es eben keine Erklärung gibt. Hier muss man wissen, ob dies für einen selbst geeignet ist. Ich bin jemand, der eigentlich immer nachvollziehbare Erklärungen braucht, aber es war in Ordnung für mich, weil es irgendwie gepasst hat und ich von der Autorin auch nichts anderes gewöhnt bin. Vielleicht ist es aber auch die Erkenntnis, dass es durchaus Sachen geben kann, die manchmal vielleicht nicht erklärbar sind. Ob man darauf glauben mag oder nicht, sei mal dahingestellt. Jedenfalls ist All the pieces of my heart ein durchaus emotionales, gut gelungenes Buch, bei dem es viel um Schuldgefühle, Hoffnung und Kraft geht, aber auch darum, dass man manchmal Verstorbene auf ein Podest stellen möchte, was nicht existiert. Die Charaktere sind liebenswert und entwickeln sich gut, vor allem Mercedes hat man sofort ins Herz geschlossen mit ihrer liebenswerten und aufopfernden Art. Im Finale gibt es die ein oder andere Enthüllung, die für mich jetzt nicht nötig und vielleicht auch nicht immer so passend war, aber insgesamt hat das alles schon ganz gut zusammengepasst.
Mein Fazit
All the pieces of my heart ist ein Buch, was man nur mögen oder nicht mögen kann. Wie immer arbeitet die Autorin mit übernatürlichen Elementen, die handlungsfördernd sind, sich aber eben auch jeglicher Erklärbarkeit entziehen. Die Liebesgeschichte ist ganz in Ordnung, der Schmerz der Charaktere greifbar und die zweite Hälfte überzeugt mit Spannung und kleineren Überraschungen. Unterhaltsames Buch für Zwischendurch, wenn man nicht für alles eine Erklärung sucht.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]