Allgemeines
Titel: Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen
Autor/in: Ava Reed
ISBN: 978-3-7641-7089-9
Verlag: Ueberreuter
Genre: Jugendbuch
Seitenzahl: 320
Preis:16,95€
Klappentext
In jeder Dunkelheit brennt ein Licht. Man muss es nur finden! Der Abschluss. So viele Dinge, die zu tun sind. Und danach? Ein Studium? Eine Ausbildung? Reisen? Leni ist ein normales und glückliches Mädchen voller Träume. Bis ein Moment alles verändert und etwas in ihr aus dem Gleichgewicht gerät. Es beginnt mit zu vielen Gedanken und wächst zu Übelkeit, Panikattacken, Angst vor der Angst. All das ist plötzlich da und führt zu einer Diagnose, die Leni zu zerbrechen droht. Sie weiß, sie muss Hilfe annehmen, aber sie verliert Tag um Tag mehr Hoffnung. Nichts scheint zu funktionieren, keine Therapie, keine Medikation. Bis sie Matti trifft, der ein ganz anderes Päckchen zu tragen hat, und ihn auf eine Reise begleitet, die sie nie antreten wollte…
Meine Gedanken zum Buch
Depressionen… diese Krankheit betrifft heute viel zu viele Menschen und dennoch wird sie noch immer stigmatisiert. Mentale Gesundheit sollte genauso behandelt werden, wie die körperliche Gesundheit, doch viele Menschen schweigen dennoch darüber. Nehmen keine Hilfe an, aus Scharm, aus Angst. Ich muss zugeben, dass ich nur selten zu einem Jugendbuch greife, weil sie mich nur in den seltensten Fällen erreichen, doch von Avas Büchern habe ich schon viel Positives gehört. Als sie dann ein Buch zum Thema Mental Health – Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen – veröffentlicht hat, musste ich es lesen, denn ich bin auch Betroffene der Krankheit. Mir fiel es bisher immer schwer die richtigen Worte für diese Krankheit zu finden, doch Ava Reed hat es geschafft, der Krankheit und noch viel mehr den Betroffenen und Angehörigen eine Stimme zu geben. Ich habe mich verstanden gefühlt durch dieses Buch, durch Leni, die immer ein glückliches Leben hatte und dennoch in diese Krankheit fiel. Ich konnte mich durch Lenis Kampf identifizieren, mit ihren Ängsten, Sorgen, mit ihren dunklen Gedanken und habe mit ihr gelitten. Aber ich wurde auch mit ihr wieder stärker und war nur noch sicherer, dass ich den Kampf gegen diese Krankheit antreten will.
Leni ist eine wundervolle Persönlichkeit, etwas verrückt, humorvoll, sehr greif- und nahbar und durch und durch realistisch beschrieben. So stelle ich mir eine junge Frau vor, die kurz vor ihrem Abitur steht. Doch sie verändert sich, vielmehr die Krankheit verändert sie. Sie zieht sich langsam zurück, isoliert sich von ihrer besten Freundin und ihrer Familie. Hat Angst zur Schule zu gehen, hat Angst vor dieser kräftezerrenden Angst. Sie will den Erwartungen an sie entsprechen, doch setzt sie sich viel zu viel unter Druck… bis irgendwann gar nichts mehr geht. Es entwickelt sich eine Angststörung bei ihr, aus der eine Depression erwächst. Der Krankheitsverlauf ist sehr realistisch ausgearbeitet, man findet hier sowohl Ablehnung von jeglicher Hilfe, das nicht wahrhaben wollen, bis hin zur Akzeptanz und den Kampf zurück ins Leben.
Dazu muss man natürlich sagen, dass die Handlung im größten Teil nur auf den Krankheitsverlauf von Leni beschränkt ist. Erst als Matti, der eine Empfindungsstörung hat, mit dazu kommt, bekommt man nochmal eine andere Perspektive auf die Krankheiten und auf den Verlauf der Geschichte. Doch ich muss sagen, dass dieser Fokus auf die Krankheit wichtig ist und eine große Haupthandlung nicht nötig gewesen wäre und von dem eigentlichen Thema abgelenkt hätte. Die angesprochen Krankheiten werden hier sehr verständlich und emotional dargestellt, wodurch sie nochmal umso greifbarer gemacht werden. Gerade für Angehörige stelle ich mir das gut vor, weil man so einen sehr guten Einblick in die Gefühlslage eines psychisch Erkrankten bekommt. Die selbst gestalteten Tagebucheinträge von Leni (bzw. Ava) helfen insbesondere dabei die Krankheiten zu verstehen. Man merkt dabei sehr, wie viel Herzblut Ava in dieses Projekt gesteckt hat und das auch sie Betroffene ist. Umso mehr bewundere ich ihren Mut, den Leuten eine Stimme zu geben, die sich nicht trauen darüber zu sprechen.
Einen Kritikpunkt habe ich jedoch noch. Matti und Lena befinden sich später in einer psychiatrischen Anstalt. Matti ist aber eigentlich gar nicht so krank, wie alle annehmen. Das Problem bei ihm ist, dass er keinen Schmerz spüren kann und sich deshalb !VORSICHT!SPOILER! den Arm zerschneidet. Daraufhin wird er eingewiesen, was er aber überhaupt nicht einsieht. Er plant also zu flüchten und aus den Händen sehr übervorsichtigen Mutter zu entgleiten. Das setzt er also in die Tat um und Leni beschließt kurzerhand ebenfalls zu flüchten. Sie erleben viele Dinge miteinander, viele Dinge, die Lenis Weltanschauung nochmal verändern – zum Positiven. Doch ich weiß nicht, wie realistisch so ein Ausbruch ist und ob es gut ist, sowas zu vermitteln. Was ich aber gut finde ist, dass Leni einen neuen Willen gefasst hat und in die Klinik zurückkehrt und ihre Therapie beendet. Die Therapie wird ebenfalls sehr nachdrücklich beschrieben und man erhält einen Einblick hinter dem erst angsteinflößenden Begriff „psychiatrische Anstalt“. Dennoch hätte Leni auch anders einen neuen Lebenswillen entdecken können und nicht durch die Flucht, die ein falsches Bild auf solche Anstalten lenken könnte. Das hat mich als einziges etwas gestört, der Rest hat mir sehr gut gefallen.
Das Ende macht Mut und gibt Betroffenen, wie auch Angehörigen eine Perspektive und Hoffnung. Zudem empfehle ich jedem das Nachwort zu lesen, vor allem Betroffene. Letztlich möchte ich dieser emotionalen und realen Geschichte 5/5 Sternen geben, weil ich, wie ich bereits anfangs erwähnt habe, mich als Betroffene wiedererkannt und verstanden gefühlt habe. An jeden Betroffenen, der das hier liest: Es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels, auch wenn es manchmal noch so schwach ist, ist es da und man sollte versuchen, danach zu greifen. Ihr seid nicht alleine! Redet darüber und sucht euch Hilfe, wenn ihr betroffen seid. Ihr seid stark und könnt diesen Weg beschreiten! Ich glaube an euch!